Test: Roland JX8P Polyphoner Analogsynthesizer

Roland JX8P Polyphoner Analogsynthesizer
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roland jx8p
Ja, simmer den heut scho’ Vintage?

Es begab sich in 1984, dem Orwell Jahr. Die Oberflächen der Synthesizer veränderten sich. Eingabe der Parameter mittels eines Datenreglers und 7-Segment-LED-Anzeigen waren nun „in Mode“ gekommen. Dies machte Firmen möglich, bisher teure Geräte günstiger herzustellen. Konkurrenten seinerzeit waren andere Polyphone wie der 2 Jahre zuvor erschienene Korg Polysix, SCI Prophet 600 etc.
Just in der Welle, da sich die Junos und Jupiters größter Beliebtheit erfreuten und Yamaha seit kurzem den DX7 vorstellten war nun der Wunsch der Musiker nach neuen Begehrlichkeiten da: Anschlagdynamik, polyphon, Digitalklänge und damit „realistisch“ sollte es sein.
Roland hat auf den Erfolg der Jupiter-Serie , also dem Jupiter 6 und 8 (1981 und 1983) und zuvor dem Jupiter 4 (1979),dem ersten polyphonen Synthesizer der Firma. Dazu waren die Junos günstiger zu bekommen und einfachst zu bedienen.

Damit man die Klangmaschinen nun günstiger anbieten konnte hat die Firma von Herrn Ikutaro Kakehashi bei ihrem Modell JX3P die Klangerzeugung von den Reglern getrennt. Diese waren als sogenannte „Programmer“ dann extra erhältlich (Tipp: Kakehashi-Biographie gibt es grade aktuell beim PPV Verlag). Leider nahm Roland von Planetennamen allgemein, vorallem von „Jupiter“ und ein Mond (daher „Juno“) Abstand. Aber wir wissen,das mit dem Alpha Juno noch 2 Jahre später die freundlichen Namen nocheinmal verwendet wurden.
So der Nostalgiker.
jx8p synthesizer controls
Ein elektronischer Vielklang-Synthesizer: JX8P
So beschrieb Rolands deutsche Anleitung für den Jupiter 6 noch, was sechs Stimmen tun.

Bitte nur im Wachzustand diesen Abschnitt lesen:
Wie der Name sagt, hat der JX8P dem gegenüber sechs (6!) Stimmen (sic!)!
Wieso denn „ACHT“ im Namen?
Jeder folgende Rolandsynthesizer wurde stets mit dem grossen Bruder Jupiter 8 verglichen, selbst beim JP8000 (1996, grade so noch nicht „vintage“) wurde dies sicher auch nicht ganz unbewusst mittels „8“ im Namen suggeriert. Daher auch 1984 nicht anders beim JX8P. Ist er denn nun ein „Zweiter“ oder ein Eigenständiger? Er ist einen nahen Blick wert:

Ein solider 5 Oktaven Synthesizer mit dem „roländischen“ Bender, den man sanft nach vorn drücken kann, um Modulation (Vibrato) zu erzeugen. Auf der rechten Seite finden sich Lautstärke, Aftertouch-Empfindlichkeit, Portamentoeinstellungen sowie die Bend-Range. Letztere dient der Einstellung des Tonbeugungsbereiches des Pitchbenders von 2-7 Halbtönen. Auch der wichtigste Regler ist hier zu finden: Edit! Hiermit werden sämtliche Parameteränderungen eingestellt.

Das Gehäuse ist roadtauglich. Man findet auf der rechten Seite eine Liste aller erreichbaren Parameter. Zentral platziert eine Reihe von 32 Folientasten, welche vor allem der Klangwahl und Parameterwahl dienen. Man tippt einfach die Nummer des Parameters und sieht diese in einem LED-Display darüber und ändert diese mittels besagtem Editregler. Wer dazu keine Lust hat, sollte den Programmer (PG800) direkt mit einplanen. Er hat einen speziellen Anschluß (also nicht via MIDI, sondern eine 6pol DIN-Buchse) an der Rückseite und bietet ausnahmslos jeden Parameter, der für den Klang verantwortlich ist als Fader (Schieberegler) oder Drehknopf.
Natürlich kann man auch per Sounddiver oder ähnlicher Verwaltungs-Software arbeiten. Die Implementation von SysEx war zu JX-Zeiten noch etwas Neues und leider nur in der Lage einzelne Klänge zu übertragen. Beim Empfangen ist allerdings eine 32er Bank en bloc kein Problem, beim Senden muss man jeden Klang anwählen, um ihn im Editor zu speichern (kein Midi-Request kann ihn also dazu überreden). Man sollte also einfach glücklich sein, einen midifähigen Synthesizer vor sich zu haben und die maximal 32 Klänge sind auch schnell durchgesteppt.
Um nun endlich zum Kern zu kommen, noch die Eckdaten zum äusseren Einwirken des JX8P auf den menschlichen Wahrnehmungsapparat in Form von weiteren Folientastern:
Da der JX8P einen Cardslot hat, kann man nocheinmal 32 Klänge speichern, zudem gibt es 32 Presets, welche auf den genannten 32 Tasten aufgedruckt zu finden sind und notfalls als „Anfangsklang“ für neue Kreationen dienen können. Pianos aus einem Analogen! Da sieht man schnell, welch Frage 1984 dominierte „wie klingt denn das Klavier“.

Nun zu den interessanten Dingen:
Der JX8P hat verschiedenste Abspielmodi. Solo, Poly oder Unison. Dabei gibt es pro Modus 2 Varianten, hier können ohne Probleme während des Spielens alle 6 Stimmen auf einen Tastendruck erklingen oder aber 2 Stimmen, auch wahlweise um eine Oktave versetzt. Natürlich kann man den Grad der Gegenanderverstimmung einstellen (-50 bis +50 Cent). Einen Mono Mode gibt es nicht, dafür aber Poly (mit last-note-Vorrang, gut für Legato-Portamento).
roland jx8p parameter
Es gibt 2 DCOs. Damit aber keine Missverständnisse auftauchen, ein Hinweis: DCO ist ein digital CONTROLLED Oscillator. Dies bedeutet also digital gesteuert. Es handelt sich entgegen einiger kursierender Aussagen bei DCOs hier um analoge Klangerzeugung, welche eben digital GESTEUERT wird, was Vorteile hat, wie zB. Stimmstabilität.

Unabhängig voneinander können die DCOs durch einen der 2 Hüllkurven moduliert werden. Dazu gibt es einen LFO, der ebenfalls diesem Zweck dient. Sie können je Rechteck, Pulse, Noise (weisses Rauschen) und Sägezahn generieren. Das besondere: Es gibt in der Tat zwei Rauschgeneratoren. Wozu eine Pulswelle zum Rechteck? Ein Rechteck, nur mit einer anderen Symmetrie (Pulsbreite) erzeugt ein etwas obertonreicheres „etwas dünneres“ Klangspektrum. Sehr gut, um keine Phasenlöschungen bei gleichen Einstellungen zu erhalten, der breite Sound kann kommen. Übrigens ist dies auch im Minimoog so (feste Pulsweiten). Die DCOs können von 2´ bis 16´ eingestellt werden, dazu ist noch genau eine Oktave mehr nach oben und unten mit dem „Tune“-Parameter erreichbar (also effektiv 1-32´). Der DCO2 hat dazu noch einen FineTune-Parameter. So bekommt man eine enorme Reichweite, die sich noch als sehr spannend rausstellen wird, denn es gibt nicht nur Synchronisation, sondern auch Crossmodulation der beiden DCOs. Ungewöhnlich dabei nur, wie diese aktiviert werden. Mittels eines Parameters kann man XMOD, SYNC1 oder SYNC2 erreichen.
Das Geheimnis ist einfach: SYNC2 ist XMOD und SYNC zusammen. Damit kann ich Befürchtungen direkt entgegenwirken: Es geht alles einzeln oder auch gleichzeitig!
Zur Erinnerung: Das Synchronisieren bringt schöne (auch heftige) und vorallem viele Obertöne („verschwende deine Jugend“!) Crossmodulation („Kreuzmodulation“) erzeugt die bösen dreckigen Unreinheiten, welche man für Glockiges oder Schräges gut brauchen kann.

Die Mischsektion, (um die beiden DCOs zusammenzubringen) bietet ein Hüllkurvensteuerbares Einfaden des zweiten DCO.
Die beiden ADSR-Hüllkurven können an ein Keytrack gebunden werden, und so abhängig von der gespielten Tonhöhe die Zeiten der Hüllkurve verändern. Es gibt nicht nur „on“ und „off“,sondern 2 weitere Stufen..
Dabei ist an allen Modulationszielen die Polarität der Hüllkurve wählbar und natürlich auch welche der beiden verwendet werden soll. Damit hat man in jedem Falle mehr Möglichkeiten, denn das Envelope-Invertieren ist hier schon mal eine Hilfe. Beim VCA kann man natürlich keine negativen Hüllkurven wählen, dafür aber die Alternative „Orgelhüllkurve“. Ein einfaches „Gate“ (Taste drücken=volle Lautsträrke bis zum Loslassen) kann bei einigen Klängen helfen, die beiden Hüllkurven noch abwechslungsreicher erscheinen zu lassen, denn so kann man zB. Filter und Sync-Klang-Obertonverlauf getrennt steuern (Tonhöhenmodulation des synchronisierenden Oszillators).

Natürlich hat der JX8P auch einen VCF an Bord. Der 24dB/Oktave Tiefpassfilter hat Resonanz, welche allerdings nicht wie seine Jupitervorbilder in die Selbstoszillation reicht. Dafür gibt es aber ,wie eigentlich typisch bei älteren „Roländern“ einen Hochpassfilter, der aber nicht dynamisch steuerbar ist. Er kann in 3 Stufen zum ausdünnen des Klanges herangezogen werden.
Natürlich gibt es ein Keytracking. Wie die meissten Parameter, gibt es auch hier 100 Stufen (0-99) Auflösung.

Der LFO ist etwa bei 30Hz an seinem oberen Ende angelangt und kann Sinus, Random oder Rechteckwellenformen abgeben. Wie bei besseren LFOs üblich, kann man dessen Einsatz langsam per Delay-Parameter einfaden lassen.

Velocity (Anschlagdynamik) und Aftertouch war zur Zeit des JX8P wirklich etwas besonderes, so kann man hier sogar zwischen 3 Kennlinien wählen. Filter, DCO(s) oder Mixer können so hervorragend dynamisch gesteuert werden und bringen die JX8P-Sounds zum Atmen. Für Aftertouch gibt es 3 gelbe Tasten, wo man einfach zwischen Brilliance (Cutoff), Vibrato oder Laufstärke wählen kann. Die Empfindlichkeit wird mit besagtem Schieberegler eingestellt.

Ein paar Worte zu Midi seien noch gesagt: Für ein Instrument dieser Zeit, kann man nicht allzuviel erwarten. Allenfalls der Vorzeigesynthesizer Oberheim Xpander hatte damals schon eine vollständige Steuerung, dennoch gibt es für alle üblichen Controller einen Menüeintrag (Pitchbend, Aftertouch, Program Change etc. und sogar Active Sensing, ein regelmässiges „ich bin noch da“-Signal – alles getrennt einstellbar). Midi-Poly Mode natürlich schon implementiert (alle 6 Stimmen haben denselben Sound). Multitimbralität ist besonders bei analogen Synthesizern dieser Zeit eher selten.
Damit ist der JX8P im Sequencer aufzeichenbar. Bei Modulationen sollte man aber bei gewünschter Filtersteuerung möglichst auf die Dynamik oder Aftertouch zurückgreifen, denn spezielle Controller kann man nicht zuweisen. Dennoch sind alle Parameter sinnvoll „vorverdrahtet“. Schade nur, das der Modulationhebel nicht alternativ für die Filtereckfrequenz nutzbar ist. Hier muss man eben ein wenig mit dem PG800 spielen.

Nebenbuhler? Es gibt die so genannten „Patch Chains“. Der Name ist auch hier Programm: Es ist hier möglich, eine Reihenfolge von 8 aufeinander folgenden Programmschritten zu definieren. Eine Art „Live-Umschaltung“-Performance Mode. Dabei werden auch die Key Modes und LFO-Vibrato-maximal-Werte für den Modulationshebel gespeichert. Auch „Unisono Detune“ und Portamentozeit kann hier gespeichert werden. Das „Unison Detune“ ist dazu da, die beiden Stimmen noch einmal gegeneinander zu verstimmen, Im Unisono oder Solo Mode (50 Cent sind hier maximal nach oben oder unten einstellbar. 50 Cent sind nicht die Hälfte von einem Euro, es ist ein Halbton. (100 Cent =ein Ganzton)).

Neben dem JX8P gibt es noch den JX10 (auch als Super JX bekannt), dieser

Roland JX10 synthesizer
jx10 pic thx joerg!!! (link)

entspricht genau 2 JX8P in einem Gehäuse, damit sind 12 Stimmen nutzbar. Auch kann man mit dem JX10 zwei unterschiedliche Klänge nutzen (ist dann also 2fach multitimbral, kann auf Tastaturhälten gelegt werden). Der Unisono- und Solo-Mode kann also Stimmendopplung oder Verzwölffachung erreichen. Also 24 DCOs auf einen Tastendruck! Beim JX8P sind es eben bereits derer 12. Ausserdem gibt es einen der ersten Roland-Midi-Expander mit Namen MKS70 und hat dieselbe Eigenschaften wie der JX10 bzw. eines doppelten JX8P. Alle genannten Geräte sind mittels PG-800 Programmer editierbar.

Gebrauchtsituation: Einen JX8P findet man immer noch hin-und-wieder bei den einschlägigen Foren und Sites (die bekanntesten habe ich zur Hilfe mal gelistet www.sequencer.verkauf.html – unten). Da der Preis immer wieder variiert, kann man nichts konkretes über diesen schreiben. Generell ist aber damit zu rechnen, das ein Programmer durchaus 150E kosten kann. Am günstigsten dürfte der JX8P zu bekommen sein, da der JX10 in geringereren Stückzahl verkauft wurde.

Das ein JX8P immer noch aktuell klingen kann und nicht langweilig ist,ist in hohem Maße dem typischen Roland-Analogklang zu verdanken (warm,füllig aber immer klargespült und im Arrangement gut passend). Wie schon gut angedeutet: Das besorgen des Programmers macht Sinn! Dient vor allem dem höheren Spass und dem schnellen Arbeiten.

Highlights sind sicher Anschlagdynamik (die Jupiter-Serie konnte das noch nicht), die unerreicht schön-schneidenden, warmen Syncsounds (VA, zieh dich warm und klar an!) und Crossmodulation (für den „wohlklingenden analogen Dreck“)!
Die Konkurrenz im eigenen Hause? Ein Jupiter8 hat sicher noch etwas mehr Druck und Selbstoszillation der Filter sowie echte PWM (Pulsbreitenmodulation) und 12dB/Okt. Flankensteilheit. Der Jupiter6 hat alternativ einen Multimodefilter, allerdings ist er nicht ganz so „phätt“ wie der Jupiter8. Der JX ist irgendwo dazwischen.

Der typische Roland „on/off“ Chorus und bisschen mehr als on (also 2 Stufen oder „aus“) stehen zum anwärmen bereit. Irgendwo ist dies ja auch immer Bestandteil des Roland Poly-Sounds gewesen, zumindest bei bei den „digitalgesteuerten“ Modellen (Juno, Alpha Juno, JX).

Sync, Xmod und andere Klänge als Audiodemo..
hier:


programmer? geht das nicht auch mit software? es geht!! fürn pc gibts neben sounddiver für mac eine emulation des programmers bei http://www.synthzone.com/~mschreier/html/pcjx8p.htm

Ein kleiner Trick zum Abschluß: Nutzt man Rechteckwellen auf beiden DCOs im Syncmode, so kann man PWM-ähnliche Klänge mittels muten des ersten DCOs und Maximallautstärke auf DCO2 nachbauen. Moduliert man nun die DCO2-Frequenz, kann man sehr ähnliche Ergebnisse erzielen. Sogar mit LFO und ENV-Modulation, invertiert ist hier der Frequenz auf den Pelz zu rücken.

Viel Spass beim anreichern der affektiven Bindung zum JX8P und beim Soundhören. Offenbar gibt es Klänge,die man in jeder Musik brauchen kann..
weichfilter_moogulator.mp3 flaechenbrand_moogulator.mp3 der milchsweeper.mp3 xmod_glockomat_moogulator.mp3 sweeper in metropolis.mp3 xmod_vari2_moogulator.mp3 klassischerSYNC.mp3 crossmod_moogulator.mp3 schwirbelklang_moogulator.mp3 moreXMOD_mogulator.mp3 der rolaender velo.mp3 resoroland_moogulator.mp3 jx_pwm_trick.mp3
Her(t)zlichst Der Moogulator
wenns nicht reicht an klang: hier noch sound vom mks70 (doppelter jx8p / einfacher jx10 als rack)
Roland MKS70 synthesizer
roland mks-70

sind aber nur presets (das ist meist nicht das beste einen synth zu bewerten) ;)
zum jx10 gibt es ein ROM-Tausch für modder-Freaks (SysEx Implementation)
Infos: Roland Jupiter und Juno Serien und Expander – Lesenswertes:
Standards: vintagesynth.org und sonicstate.com für die ersten Infos.
MKS80 – Rackvariante des Jupiter8 (Test in Amazona.de! von Stefan Merkel)

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