Wenn es wirklich Kunst ist

Ich möchte leidenschaftlich widersprechen. Die Güte der Kunst und ob etwas überhaupt Kunst ist oder nicht, hat nichts mit der Komplexität oder der Imitierbarkeit zu tun. Die Bilder von Mondrian, Erzählungen von Kafka oder manche Kompositionen von Terry Riley sind in ihrer Herstellung sehr leicht zu durchschauen und nachzumachen, trotzdem aber unzweifelhaft Kunst, und ich möchte auch behaupten: Große Kunst. Letzteres ist diskutabel, ersteres nicht.

Und man muss es auch nicht selbst gemacht haben, um es zu schätzen. Meine praktische Balletterfahrung ist gleich null, trotzdem kann ich gutes Ballett schätzen. Es hilft sicherlich beim Verständnis, wenn man eigene Erfahrungen einbringen kann, aber unabdingbar ist das nicht.

Ich möchte auch Bernies Satz widersprechen, dass erst die Gesellschaft ein Werk zu einem Kunstwerk macht. Die Gesellschaft kann ein Werk zu einem viel rezipierten, einflussreichen oder sonst wie relevanten Werk machen, aber ob es Kunst ist oder nicht, bestimmt alleine der Urheber. Da halte ich es mit Frank Zappa, der sinngemäß sagte: Der Rahmen macht die Kunst. Wenn sich John Cage ein Mikro an die Kehle hält, während er Orangensaft trinkt, und sagt, dies sei seine neue Komposition, dann macht diese Rahmung sein Gegurgel zur Kunst. Ob wir wollen oder nicht: Das ist sein Kunstwerk und keiner kann etwas dagegen tun. Ohne diesen Rahmen haben wir es nur mit einem Typen zu tun, der Saft trinkt.

Bei Leutchen wie Bach oder Van Gogh haben die Menschen erst weit nach dem Tod gerafft, welche Genies das waren. Und wäre es nach Kafka gegangen, wäre sein zu Lebzeiten gering geschätztes Gesamtwerk nach seinem Tode vernichtet worden. Hätte sein befreundeter Verleger Max Brod diesen Wunsch respektiert, hätte Kafkas Werk niemals Anerkennung bekommen. Hätte das seine künstlerische Leistung weniger groß gemacht? Natürlich nicht. Es hätte nur keiner davon erfahren. Sein Werk wäre groß, dessen Wirkung aber gleich null.

Kunst freut sich über Anerkennung, ist davon aber nicht abhängig, um große Kunst zu sein oder überhaupt nur irgendwie Kunst zu sein. Das ist meine feste Überzeugung. Und nebenbei ziemlich tröstlich für verkannte Genies wie viele von uns hier im Forum. ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
...und persönlich gehen mir die Leute auf den Sack, die meinen moderne Kunst ist Geschmiersel, das kann ich auch, ohne sich jemals damit beschäftigt zu haben. Musikalisches Gegenstück dazu sind die ewigen Diskussionen über z.B. Kraftwerk und Stockhausen. Überflüssig, ist schon längst als Kunst anerkannt. Und jede Form von Kunst muss nicht jedem Gefallen, dem einen sein Rubens, dem anderen sein Miro....
 
Ich möchte leidenschaftlich widersprechen. Die Güte der Kunst und ob etwas überhaupt Kunst ist oder nicht, hat nichts mit der Komplexität oder der Imitierbarkeit zu tun.

o.k. , Du beziehst Dich bestimmt auf meinen Eröffnungssatz, und ich gebe Dir Recht. Allerdings muß ich sagen daß es sachen gibt die ich natürlich auch nachmachen könnte, aber wo ich nie auf die Idee gekommen wäre
es genau so zu machen. Und deshalb bewundere ich so etwas dann auch total.
Um etwas nachzumachen und zu durchschauen muß man allerdings auch etwas draufhaben. So ist das nicht. Ich selbst habe auch erst im Laufe der Jahrzehnte kann man schon sagen erkannt wie der Hase läuft bei Musik.
1985 mit 12 Jahren waren die ganzen Stücke die ich kannte noch komplettes Hexenwerk für mich. Mitlerweile höre ich alte Tracks und peile da schon viel mehr "wie und mit was". Und so ist es ja auch beim malen. Da gibt es
techniken die man erlernen kann. Wenn man die nicht beherrscht dann kan man auch kein Kunstwerk kopieren, ein eigenes erfinden geht dann auch nicht so recht ;-)
 
Ich habe letztens ein paar graffiti fotografiert. Dieses hier finde ich u.a. sehr professionell

32528555zu.jpg


Und dieses hatte mich auf eine Gewisse art mehr geflasht obwohl es nicht so professionell ist..mal nahe ran gehen um das Gold zu sehen ;-)
Ne ohne Mist, vor dem habe ich länger gestanden als vor dem oben...obwohl natürlich beide geil sind. Aber ich sehe in diesem etwas besonderes, eigenes.

32528595uq.jpg
 
o.k. , Du beziehst Dich bestimmt auf meinen Eröffnungssatz, und ich gebe Dir Recht. Allerdings muß ich sagen daß es sachen gibt die ich natürlich auch nachmachen könnte, aber wo ich nie auf die Idee gekommen wäre
es genau so zu machen. Und deshalb bewundere ich so etwas dann auch total.
Um etwas nachzumachen und zu durchschauen muß man allerdings auch etwas draufhaben. So ist das nicht. Ich selbst habe auch erst im Laufe der Jahrzehnte kann man schon sagen erkannt wie der Hase läuft bei Musik.
1985 mit 12 Jahren waren die ganzen Stücke die ich kannte noch komplettes Hexenwerk für mich. Mitlerweile höre ich alte Tracks und peile da schon viel mehr "wie und mit was". Und so ist es ja auch beim malen. Da gibt es
techniken die man erlernen kann. Wenn man die nicht beherrscht dann kan man auch kein Kunstwerk kopieren, ein eigenes erfinden geht dann auch nicht so recht ;-)
Naja ich kenn genug Nummern die man mit Sicherheit nicht so einfach Nachahmen kann. Alleine mein Beispiel was ich Hochgeladen habe wüst ich jetzt nicht.
Da steckt ja auch viel Sounddesign hinter mit den Vocal's und so. Man kann lediglich Rätzeln und vermuten wie das entstanden sein könnte. Bei den einen Sound vermute ich Mal es ist ein ferfremdeter Guitaren Loop.;-)
 
ch bin halt auch wirklich ein fan von trash
Das dachte ich auch mal. Aber wenn es dann darum geht, Trash in Länge zu genießen, also z.B. einen Trash-Film komplett zu sehen, steige ich nach 10 Minuten aus. Habe dagegen kein Problem, 1h vor einem Picasso zu verbringen...:nihao:
 
Picasso ist ja auch kein trash denke ich. Seine Werke wären nicht berühmt wäre es trash. Also da steckt schon richtig was dahinter.
Trotz allem bin ich ein fan von trash. Da muß dann aber auch schon eine gewisse Energie dahinterstecken. Nicht jeder der nicht 100% professionell
arbeitet oder dem es an Möglichkeiten wie z.B. teurem Equipment fehlt vermag es gute Kunst zu machen. Aber es gibt sowas, und das fasziniert mich.
Haben ja viele Leute mal klein angefangen. Als Beispiel nenne ich mal Peter Jackson mit seinem ersten Werk "Bad taste".


Ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=POXwP4ucPe4
 
Es stellt sich nicht die Frage wann Musik Kunst ist, denn das ist sie immer. Viel entscheidender ist ob es gute oder schlechte Kunst ist.

Ich zitiere hier mal Wiki, was es ganz gut auf den Punkt bringt finde ich:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kunst
...

Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses.[5] Das Kunstwerk steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber seit der Moderne auch der Prozess selbst sein. Ausübende der Kunst im engeren Sinne werden Künstler genannt.

...
 
Mir geht es in dem Thread übrigens in erster Linie daß sich hier mal ein paar links oder Fotos sammeln um
vieleicht auch mal was zu entdecken zu können. Also ziert Euch nicht mal etwas hochzuladen was für Euch große Kunst ist.
Ein Sammelbecken für Kunst, ob gut oder nicht kann eh kleiner sagen. Was für den einen gut ist , ist für den anderen noch lange nicht dasselbe.
 
Viel entscheidender ist ob es gute oder schlechte Kunst ist.

Das ist ein Knackpunkt..den jeder denkt da anders. Wir werden also mit dem Thema niemals unter einen Hut kommen. Aber es geht darum
etwas neues zu entdecken und die Zeit totzuschlagen. Fasziniert oder gar abgeschreckt zu sein...Dafür gibt es Kunst. So wie das Leben ansich ist. Kunst?
 
Das ist für mich große Kunst, man muss es allerdings im Original sehen da sich das Bild nicht reproduzieren lässt
und in echt ganz anderes assieht und wirkt.
Eva, die einzige die uns bleibt von Max Ernst.

ernst37.jpg
 
Gut dass man dazu schreibt das es große Kunst ist. Ich hätte das Bild glatt in die Tonne geworfen.

Ich stehe eigenetlich mehr so auf digitale Kunst und eher weniger auf Künstler aus längst vergangenen Tagen. Und auch bekannte Künstler locken bei mir meist nur ein "Naja" aus der Reserve.

Wenn aber schon alte Kunst, dann sowas wie von Monet:
800px-Claude_Monet,_Impression,_soleil_levant.jpg
Ob das Bild dann bei mir ein Original oder einfach nur ausgedruckt ist, ist mir total egal. Das Bild bleibt ja das gleiche.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Mir geht es in dem Thread übrigens in erster Linie daß sich hier mal ein paar links oder Fotos sammeln um
vieleicht auch mal was zu entdecken zu können. Also ziert Euch nicht mal etwas hochzuladen was für Euch große Kunst ist.
Ein Sammelbecken für Kunst, ob gut oder nicht kann eh kleiner sagen. Was für den einen gut ist , ist für den anderen noch lange nicht dasselbe.
Dieser Link führt zu einem vergleichbaren Thread:
"Gemälde, die Euch ansprechen", da finden sich schon ein paar sehr schöne Bilder.
 
Die Textur eines Gemäldes zu sehen, beliebig nah herangehen & -sehen zu können, in vermeintlich Exaktem das Freihändige zu erkennen, und dabei zu wissen, dass dies das Original ist, möglicherweise mehrere Dekaden, ja Jahrhunderte alt – ja, der Unterscheid zwischen Reproduktion und Original ist deutlich wahrnehmbar.
 
Die Textur eines Gemäldes zu sehen, beliebig nah herangehen & -sehen zu können, in vermeintlich Exaktem das Freihändige zu erkennen, und dabei zu wissen, dass dies das Original ist, möglicherweise mehrere Dekaden, ja Jahrhunderte alt – ja, der Unterscheid zwischen Reproduktion und Original ist deutlich wahrnehmbar.

U.a. auch bei Ernst wo die Struktur es schon unmöglich macht das zu fotografieren.

Und auch viele Pigmente lassen sich einfach nicht in nem Digitaldruck reproduzieren, das ist unmöglich.

Ich finde die Reproduktion oben auch äußerst schwach und wenig ansprechend und fast nichtssagend.
Auch wenn das Motiv immerhin noch erkennbar bleibt.
Das Original würde ich aber sofort bei mir aufhängen. In einem extra Raum nur dafür.
 
Du meinst weil dann die Farben mehr wirken/leuchten etc.?
Die Textur eines Gemäldes zu sehen, beliebig nah herangehen & -sehen zu können, in vermeintlich Exaktem das Freihändige zu erkennen, und dabei zu wissen, dass dies das Original ist, möglicherweise mehrere Dekaden, ja Jahrhunderte alt – ja, der Unterscheid zwischen Reproduktion und Original ist deutlich wahrnehmbar.
Sowohl als auch.
 
Die Diskussion, ob etwas Kunst ist, halte ich für sehr schwierig. Meinen eigenen, womöglich elitären Geschmack anzulegen würde der Sache oft nicht gerecht. Kunst fängt für mich bei der Intention an. Wenn jemand etwas tut, nur um möglichst einen gewaltigen wirtschaftlichen Vorteil (Verkauf) zu erzielen, dann mag ich das nicht als Kunst sehen, sondern als Produkt. Ein BMW ist kein Kunstwerk, sondern ein gutes Auto. Wenn aber jemand etwas tut, was Ausdruck seiner Erfahrung, Empfindung und Fähigkeiten ist und es als persönliches Zeugnis abgibt, dann bin ich soweit, von Kunst zu sprechen. Ob es mir dann gefällt ändert am Kunstbegriff nicht mehr viel. Insofern kann ich etwas, was ich tue als Kunst bezeichnen, sollte aber unter Umständen wahrhaftig genug sein, das nicht zu tun, wenn es sich um ein reines Verkaufsargument handelt.
 
Wenn aber jemand etwas tut, was Ausdruck seiner Erfahrung, Empfindung und Fähigkeiten ist und es als persönliches Zeugnis abgibt, dann bin ich soweit, von Kunst zu sprechen.
Was aber ist, wenn jemand genau dies im Rahmen eines Angestellenverhältnis macht? Z.B. als Autodesigner? Schafft diese Person dann Kunst? Oder ein Produkt? Oder beides? Geht das überhaupt?
 
Und was ist mit Künstlern, die von ihrer Arbeit leben? Sind die Werke vom Bach, Dürer und Dali keine Kunst, weil sie das für Geld gemacht haben?
 
Was aber ist, wenn jemand genau dies im Rahmen eines Angestellenverhältnis macht? Z.B. als Autodesigner? Schafft diese Person dann Kunst? Oder ein Produkt? Oder beides? Geht das überhaupt?
Das kann ich beantworten: Keine Kunst...wohl aber ein Produkt, in das künstlerische Fähigkeiten eingeflossen sind.

Und was ist mit Künstlern, die von ihrer Arbeit leben? Sind die Werke vom Bach, Dürer und Dali keine Kunst, weil sie das für Geld gemacht haben?
Das ist ein guter Einwand....die drei genannten Größen haben sich aber nicht computerisierter Verkaufslogarithmen bedient, wohl den Geschmack ihrer jeweiligen Dienstherren bedient und trotzdem ziemlich unsterbliche Werke geschaffen. Ich denke, dass ausschließlich nach kommerziellen Gesichtspunkten produzierte Dinge aber nicht Kunst sind - kunstvoll gemacht, ja aber eben keine Kunst.

Edit: Die Ausschließlichkeit ist hier für mich entscheidend.
 
Und dann gibt es noch das Kunsthandwerk. Wenn ich das richtig sehe, gibt es "Künstler" erst seit der frühen Neuzeit, vorher scheint es gar keine Abgrenzung zum Kunsthandwerk gegeben zu haben.

Alle antike und mittelalterliche Kunst ist ja im heutigen Sinne eher Kunsthandwerk - Tongefässe, Kirchendeko und Heiligenbilder vom Fließband sozusagen. Sicher oft auf sehr hohem Niveau (wie dem Milo seine Venus ;-)) und oft auch nur für eine wohlhabende Klientel, aber nicht Kunst in unserem heutigen Sinne.

Fängt die Kunst da an, wo Dürer ein Selfie von sich malt? Weil er es kann, und weil er es für sich macht, nicht weil ein zahlender Kunde so ein Bild von ihm will...?

Interessant wäre zu wissen, ob es in anderen Kulturen so einen abgegrenzten Kunstbegriff gibt.
 
Vergiss die Cranachs nicht! Nach der Reformation gabs unzählige sakrale Auftragswerke. Heute immer noch z.B. in der Wittenberger Stadtkirche und im Naumburger Dom zu bestaunen.
 


News

Zurück
Oben