Ehemaliges Studio für Elektronische Musik des WDR

Also besser so?

Kunst hat sich am kleinstmöglichen kulturellen Nenner zu orientieren und für jeden, aber wirklich absolut jeden sofort, unterschiedslos und ohne jegliches Vorwissen verständlich zu sein.

Ja?

Die Wurzel dieser immer wieder hier auftauchenden Missverständnisse: Die Annahme, dass die Fähigkeit zum Hören schon das Verstehen beinhalten würde.
 
Es fehlt ein neutraler treffender Begriff für diese Übung,
Ich nenn es mal fragmentarisches losgelöstes spielerisches Gedankengebäude.

Nun versucht Kunst ja etwas ähnliches, nähmlich Gedanken- und Emotionsgebäude zu transportieren.
Daher die Verwechselung.
Die Betonung liegt aber auf der Kommunikation und Emotion, auf dem Nonverbalen sogar dann wenn es sich um geschriebenes Wort handelt.

Auch die Mathematik versucht etwas ähnliches wenn auch auf ganz andere Weise.
Die Betonung liegt hier auf der Nachvollziehbarkeit und logischen Geschlossenheit, wenn es auch gewaltige Paradoxa gibt.

Bei der Übung handelt es sich jedoch weder um Kunst noch um Mathematik da wesentliche Aspekte nicht erfüllt sind.

Bleibt "Gedankengebäude" als Oberbegriff.
Aber nicht jedes Gedankengebäude lohnt geteilt zu werden. Wenn das Informationszeitalter eines lehrt, dann das.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Man darf Kunst machen, die eine Auseinandersetzung mit ihren Hintergründen erfordert, bevor man vorschnell darüber urteilt. Wer ohne diese Auseinandersetzung urteilt, darf sich nicht wundern, als "Kunstbanause" bezeichnet zu werden.
 
Und um mich gleich noochmal zu zitieren:
Die Größe von Kunst wird in der Tiefe und Komplexität von Emotion und Gedanken gemessen die sie transportiert.
Und da möchte ich hinzufügen, und mit der Unmittelbarkeit mit der sie das tut.
Natürlich gibt es auch hermetische Kunst.
Den Eingeweihten offenbart sie sich jedoch wieder unmittelbar.
 
Ich sags mal so, die griechische Tragödie wird man auch in 2000 Jahren noch spielen, und auch Kafka wird man dann noch "verstehen" genauso wie man einen Van Gogh sich anschauen kann. Die Kunst sollte jedenfalls nicht in den Elfenbeinturm klettern. Das schließt ja Überforderung und eine "eingeweihte" Ebene nicht aus. Das macht doch große Kunst aus. An eine Kunst für die Kunst, die heute schon niemand versteht, wird sich kein Mensch mehr erinnern.
 
So wie ich mich an die diversen Besuche erinnere, hat Herr Müller nie einen Anspruch formuliert, was das (gelöschte) Filmchen im Ausgangsbeitrag, das zur Diskussion anregen sollte, nicht sinnvoller macht. Hatte das mehrfach erklärt, ist mir inzwischen zu blöd, das nochmals zu wiederholen.
 
Stockhausen-Evangelist?
Das passt zu dem was ich schrieb, und zu Gedankengebäuden die weder Kunst noch Philosophie noch Wissenschaft sind.
 
800px-Stockhausen-Grab_mit_Licht-Formel.jpg


Zeitzeichen, 5.12.2017 - WDR-Sendung zum 10. Todestag von Karlheinz Stockhausen
 
Seine Musik transportiert durchaus Emotionen. Von Irrelevanz zu sprechen
ist daneben.

na irgendwelche sicher, das tut ja fast jedes geräusch. :)

aber kommt es im vergleich zu black metal, goa trance, oder einem mittelalterlichen kirchenchor noch mit?



jetzt hast du uns aber erwischt. :)

dennoch ist es genau die falsche antwort auf eine kritik an stockhausen(´s klangkunst), die letztlich das gleiche zum inhalt hatte.

im kern sagst du damit nur "selber!"
 
Die Wurzel dieser immer wieder hier auftauchenden Missverständnisse: Die Annahme, dass die Fähigkeit zum Hören schon das Verstehen beinhalten würde.

das ist nicht nur bei der kunst so. oft genug wird ja einfach was anderes verstanden und empfunden, wie der sender beabsichtigt hatte.

ich will aufklären, jemand anderes fühlt sich sich kritisiert. ich mach house, der groovt, jemand anderes findet, dass nicht-house viel besser groovt. ich mal ein komplett schwarzes bild und betitel es "krieg in syrien" und der betrachter sagt "ah, schön, coole farbe, entspannt mich so schön."

um zum thema zurückzukommen, und dabei gleichzeitg maßlos zu übertreiben:

es gibt musik fürs herzen, es gibt musik für die beine und den bauch, und es gibt musik, bei denen der text im mittelpunkt steht. dann gibt es noch klangkunst, bei denen nur der kopf angesprochen werden soll. zu mir sagen die leute z.b. auch öfters "aha, sehr interessant, aber ich höre ja eigentlich lieber dies und das".

bei stockhausen und co habe ich das problem, dass ich stets auf der suche danach bin, ob das nun den kopf oder den bauch anspricht, aber ich versteh einfach auf gar keine ebene etwas. und dabei bin ich durchaus anhänger und beeinflusst von der darmstädter schule, aber von einem werk der musik erwarte ich, dass auch irgendwas ankommt.
 
bei stockhausen und co habe ich das problem, dass ich stets auf der suche danach bin, ob das nun den kopf oder den bauch anspricht, aber ich versteh einfach auf gar keine ebene etwas. und dabei bin ich durchaus anhänger und beeinflusst von der darmstädter schule, aber von einem werk der musik erwarte ich, dass auch irgendwas ankommt.

Ich finde es schwierig, das so zu formulieren, dass es nicht verletztend oder anmaßend wirkt, denn beides liegt mir, das kann ich Dir wirklich & wahrhaftig versichern, vollkommen fern – aber dennoch: Sagt das Obige nicht mehr über Dich als über die Musik von Stockhausen aus?

Und in die Runde gefragt: Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass die eigenen Schwierigkeiten mit Stockhausens Musik als Indiz dafür umgedeutet werden, dass all diejenigen, die mit Stockhausens Musik "etwas anfangen" können, dies nur zu empfinden glauben, weil sie dem Irrglauben verfallen sind, dass man Stockhausen nun einmal toll zu finden habe, um dadurch eine Art sozialer Statuserhöhung zu erfahren – während man selber dies alles als Lug & Trug und eitles Gehabe durchschaut zu haben glaubt?
 
Stockhausen-Evangelist
Der Begriff gefällt mir immer besser. Das Gedankengebäude das nicht Kunst, nicht Wissenschaft.
nicht Philosophie ist, ist eventuell Religion. Das trifft es zwar auch nicht ganz, kommt aber am nächsten.

Im Übrigen gibt es natürlich Randbereiche der Kunst, und es spricht nichts dagegen die zu erforschen,
einer muss es ja tun, und es ist selbstverständlich daß manche dabei sich auf der anderen Seite
des Randes befinden müssen.
Das ist halt wie wenn einer nach Australien will und Antarktis findet.
 
Ich finde es schwierig, das so zu formulieren, dass es nicht verletztend oder anmaßend wirkt, denn beides liegt mir, das kann ich Dir wirklich & wahrhaftig versichern, vollkommen fern – aber dennoch: Sagt das Obige nicht mehr über Dich als über die Musik von Stockhausen aus?

Und in die Runde gefragt: Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass die eigenen Schwierigkeiten mit Stockhausens Musik als Indiz dafür umgedeutet werden, dass all diejenigen, die mit Stockhausens Musik "etwas anfangen" können, dies nur zu empfinden glauben, weil sie dem Irrglauben verfallen sind, dass man Stockhausen nun einmal toll zu finden habe, um dadurch eine Art sozialer Statuserhöhung zu erfahren – während man selber dies alles als Lug & Trug und eitles Gehabe durchschaut zu haben glaubt?

Twist the plot. lol.
 
Ich finde es schwierig, das so zu formulieren, dass es nicht verletztend oder anmaßend wirkt, denn beides liegt mir, das kann ich Dir wirklich & wahrhaftig versichern, vollkommen fern – aber dennoch: Sagt das Obige nicht mehr über Dich als über die Musik von Stockhausen aus?

selbstverständlich liegt es immer auch am betrachter ob bei ihm was ankommt oder nicht, die frage stellt sich doch gar nicht, aber entlastet das den schöpfer des werkes wirklich vom vorwurf, sein werk enthielte zuwenig gehalt, so dass es eben auch schwer ist, etwas zu empfinden? *)

und das ist nicht damit zu verwechseln welchen verstand oder welchen geschmack man so hat.

schlager sagt mir ja auch wenig, weil er mir nicht zusagt. aber man kann da trotzdem sofort erkennen, warum und dass es emotionen auslöst. man versteht die musikalische struktur, den text, die stimmung die rüber kommen soll. sie gefällt halt nur nicht (jedem.)
und, was noch wichtiger ist: die stimmung kommt auch an, wenn man nicht versteht warum und schlager nur unbewusst im hintergrund laufen hört.


bei musique concrete ist das ungleich schwieriger.

da kommt nicht nur bei mir nichts an, sondern ich kenne auch fast niemanden, bei dem was ankommt. (im gegensatz zu schlager: schlagerparties sind meistens ausgebucht und viele stehen drauf)

es scheint mir teilweise fast so, als ob bei solchen werken gar nichts ankommen soll. als ob ganz bewusst auf größen wie eine spannungskurve verzichtet wurde, damit man noch besser hören kann, dass es sich um eine bloße aneinanderreihung von geräuschen zum selbstzweck handelt:



natürlich kann man das jetzt im kontext sehen, und berücksichtigen, dass der schöpfer dieser aufnahme einer der ersten war, der sowas überhaupt gemacht hat. und dass man es wertschätzen sollte, dass sich jemand die mühe gemacht hat, das alles wissenschaftlich zu erforschen, ob das so nicht vielleicht auch was wird. und das so manches, was ich heute mache, ein bischen auch darauf beruht.

aber davon löst es eben noch keine gefühle aus, wenn man es sich anhört.

ein experiment ist noch kein künstlerisches werk. die sinnstiftung von schallwellen dieser art geschieht doch ausschließlich durch die mitgelieferte bedienungsanleitung, wo man dann lernen kann, dass der schöpfer ein pionier war und das bundesverdienstkreuz dafür bekommen hat, dass er es geschafft hat, berühmt zu werden.

es frage sich mal ein jeder selbst, welche stimmung in ihm aufkommt, welche bilder er sieht, wenn er sich jetzt hinsetzt und sich 57 minuten lang drones anhört.

wobei ich meinen arsch drauf verwetten würde, dass nicht mal diejenigen, die behaupten, da sei nennenswerter gehalt drin, sich das jetzt 57 minuten lang antun. es ist einfach zu langweilig. :)

*)
bleibt also abschließend nur noch die frage zu klären, welches die wichtigere verbindung eines werkes ist; die zu seinem schöpfer oder die zu seinem betrachter. ich habe das - aus naheliegenden gründen - für mich schon lange beantwortet.
 
Hymnen -ein absolutes Meisterwerk :)
Langweilig? Nöö.
Dann hat sich ja auf jeden Fall für dich die weite Reise gelohnt, um diese Klanngwelt unter optimalen Abhörbedingungen kennenzulernen. Ich hatte bei meinen Besuchen den Eindruck, dass sich das bei dem Großteil der Besucher so nicht eingestellt hatte. Entweder quatschen sie belangloses Zeug während der Hörsessions, gingen rum oder raus, um eine zu paffen. Die Faszination für diese Musik wurde ganz offensichtlich durch die banalen Vorführungen mit Bandmaschinen und Bandschleifen nicht ausreichend vermittelt.
 
selbstverständlich liegt es immer auch am betrachter ob bei ihm was ankommt oder nicht, die frage stellt sich doch gar nicht, aber entlastet das den schöpfer des werkes wirklich vom vorwurf, sein werk enthielte zuwenig gehalt, so dass es eben auch schwer ist, etwas zu empfinden?
Aber wer beurteilt anhand welcher Kriterien, ob ein "werk zuwenig gehalt enthält"?

Und was macht man in dem Fall, in dem verschiedene Hörer zu verschiedenen Urteilen über den "enthaltenen Gehalt" gelangen?

Bernie findet Hymnen nicht langweilig, Dirk ebensowenig, ich auch nicht. Himmel, ich bin Ende 2005 nach London gereist, weil es dort "Kontakte" und "Oktophonie" zu hören gab, und zwar in Quadrofonie bzw. Oktophonie. Als ich 2011 im ehemaligen "Studio für Elektronische Musik des WDR" einen Ausschnitt aus "Hymnen" gehört habe (Dirk hat ihn weiter oben verlinkt), hat es mich derart gepackt, dass ich am ganzen Körper eine Gänsehaut hatte. Und dieses Jahr habe ich "Gruppen (für drei Orchester)" live hören können, und ein Freund ist aus eigenem (!) Antrieb mitgekommen, und wir haben es beide in vollen Zügen gebossen.

Kurz: Es gibt Menschen, die den Gehalt in diesen Werk wahrnehmen können.

Du vermutest dagegen, wenn ich Dich richtig verstanden habe, das Werk habe einen zu geringen Gehalt, und dass es Dir deshalb schwer fiele, etwas zu empfinden. Wie kann man diese unterschiedlichen Wahrnehmungen erklären?
 
Mit Hymnen wiederum konnte ich noch nie etwas anfangen. Andererseits ging es mir mit den Jünglingen ähnlich: vor Jahrzehnten 0 Zugang. Irgendwann kehrte sich dies dann ins Gegenteil. Will sagen:
Manchmal kommt es auch auf den richtigen Zeitpunkt an.

Serge sprach es schon an: Neue Musik sollte man live erleben. Sehen wie der Klang entsteht, sehen wie das Orchester miteinander agiert. Das bringt mehr wie so manches Gebrabbel.
 
Mal allgemein: Wenn ein Ziel im Leben lohnend erscheint, wird man sicherlich auch einen schweren Weg gehen, dies zu erreichen. Wenn man jedoch von vorne herein keinen Sinn im Erreichen des Ziel sieht, weil man es schon im Vorfeld ablehnt, ohne es ausreichnd zu kennen, dann lässt man es. Ist ja auch viel zu schwer und bringt nichts.
 
Du vermutest dagegen, wenn ich Dich richtig verstanden habe, das Werk habe einen zu geringen Gehalt, und dass es Dir deshalb schwer fiele, etwas zu empfinden. Wie kann man diese unterschiedlichen Wahrnehmungen erklären?
Man muss sich eben Zeit nehmen und diese Musik bewusst hören, was in unserer heutigen hektischen Zeit immer seltener der Fall ist.
Es ist ein ganz allgemeines Problem.
Hymnen berührt mich schon sehr stark, ich bekomme da manchmal ein beklemmendes Gefühl.
Ähnlich passiert mir das auch bei "Der Osten ist rot" von Holger Czuckay.
 


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