Klaus Schulze und der Synthanorma Sequencer
1974 war ich auf der Frankfurter Musikmesse und habe dort den europäischen Importeur für ARP Synthesizer MCH angesprochen, worauf sich eine Zusamenarbeit ab Sommer 1974 ergab. Mir wurde dazu ein ARP 2600 kostenlos zur Verfügung gestellt. Von Ludwig Rehberg erhielt ich die Adresse von Hajo Wiechers in Bonn, er hatte Rehberg wohl angeschrieben oder war wohl auch auf der Musikmesse gewesen und hatte ein generelles Interesse an Synthesizern. Hajo Wiechers besuchte mich in meiner elterlichen Wohnung, montierte die Hallspirale im ARP 2600 auf die Unterseite, um Erschütterungen zu vermeiden. Daraus ergab sich ein sporadischer Kontakt, er war Zauberkünstler, ich hatte Kontakt zu Conny Plank, Ralf Hütter und Florian Schneider, dem Elektronischen Studio, dem Tontrickstudio und dem Hörspielstudio, alles im WDR Köln, weiterhin zu den ehemaligen Mitgliedern des Stockhausen Ensembles. Hajo wollte eine Wersi Orgel bauen, die aber nie fertiggestellt wurde. Er lag mir immer in den Ohren, dass er einen Sequencer bauen wollte, eigentlich nichts Neues, denn das gab es ja schon von ARP und Moog in deren Studiosystemen. Sequencer waren für mich ein No-go, warum sollte man eine Tonfolge wiederholen, die gab es ja schon. Stockhausen lag mir näher. Hajo wohnte bei seiner berufstätigen Mutter und fing an, einen Sequencer zu entwickeln. Hajo fragte mich, welche Abmessungen der Sequencer haben sollte und mein Vorschlag war, dass er in der Breite dem ARP 2600 entsprechen sollte. Das geschah auf dem Küchentisch und immer wenn seine Mutter von der Arbeit nach Hause kam, musste alles weggeräumt werden. Mein BWL Studium interessierte mich nicht besonders, sodass ich ihm die ganze Zeit Gesellschaft leistete. Erfolg und Misserfolg lagen nahe bei einander und als Hajo endlich nach langer Zeit, nach meiner Erinnerung müssten das mehrere Monate gewesen sein. 1975 nahm ich ihn dann mit meinem VW Käfer mit zur Musikmesse und gleich auf dem ersten Gang lief uns Klaus Schulze über den Weg. Ich frage ihn, was er von einem Sequencer halte, um das Thema bei Hajo endgültig zu begraben. Schulze wurde hellhörig und fragte nach dem Preis und wann denn so ein eigener Sequencer fertig sei. Daraus wurde ein Auftrag per Handschlag. Als der Sequencer endlich einigermaßen zuverlässig lief, packten wir ihn in meinen VW Käfer und fuhren nach Berlin. Damals benötigte man noch für den Grenzübergang in Helmstedt einen Reisepass, Hajo hatte keinen. Wir riefen Schulze an und baten ihn, uns ein Telegramm zu schicken: "Oma plötzlich verstorben, bitte sofort nach Berlin kommen." Damit klappte der Grenzübertritt. Das Holzgehäuse war noch nicht lackiert, der Rückseite noch nicht verschraubt, das wurde dann in Berlin, Schwäbische Str 7b nachts erledigt. Am nächsten Tag holte uns Klaus D. Müller zum Frühstück in einem Cafe ab, da gab es 2 Eier im Glas und ich musste dabei an Emil und die Detektive von Erich Kästner denken, wo der Herr mit dem steifen Hut das gegessen hat, vorher fragte uns Klaus D. Müller noch, ob wir für Edgar Fröse auch einen Sequencer bauen wollten, schellte bei Schwäbische Str. und Edgar empfing uns in seinem Wohnzimmer. Aber das ist noch eine andere Geschichte. Mein Engagement war ehrenamtlich, Hajo Wiechers bezahlte die Bauteile, strich aber auch die Einnahmen ein. Er zauberte und ich verfolgte weiterhin mein musiklisches und kaufmännisches Interesse, bis wir letztendlich zu einer Vereinbarung kamen, in der Rückschau der größte Fehler meines Lebens.