Geschlossenes Label wiederbeleben

Sven Blau

Sven Blau

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Hallo,

es gab vor vielen Jahren mal ein ziemlich tolles, kleines Label aus Freiberg/Sachsen mit Namen "morgenindustries".
Immer mal wieder wurden kleine Mini-CDs als EPs produziert und vertrieben, alles im kleineren Rahmen.
Den Betreiber kannte ich damals recht gut, irgendwann hat sich der Kontakt aber verflüchtigt - die Musik habe ich weiterhin intensiv gehört.

Vor ein-zwei Jahren habe ich dann erfahren, dass der Betreiber das Label geschlossen hat - man findet auch keine Musik im Netz.
Auf discogs gibts freilich eine mehr oder weniger genaue Auflistung der Releases.

Ich finde die Musik zum großen Teil immer noch spannend und toll, ich würde sie gerne anderen im Netz zeigen bzw. finde ich es schlicht sehr schade, dass man das nirgendwo hören kann...
Deswegen würde ich das gerne reaktivieren - irgendwie, bzw. die Musik verbreiten.
Ich habe nahezu alles von denen als mp3s udn zT Mini-CDs da.

Meine Fragen:

- Den ehem. Betreiber erreiche ich nicht, darf man so ohne Weiteres Tracks in Youtube hochladen oder auf ähnlichen Plattformen, natürlich ohne sich mit fremden Federn zu schmücken?
- Wie verhält es sich, wenn Musik auf einem Label verbreitet wurde, aber die einzelnen Künstler/Produzenten mit ihren Tracks nicht mehr existieren bzw. auch nicht erreichbar sind?

Ich habe keine finanziellen Interessen daran - mir gehts einzig und allein darum, die Musik wieder zu beleben.

https://www.discogs.com/de/label/19251-Morgenindustries
 
Re: Geschossenes Label wiederbeleben

SvenSyn schrieb:
[...]
Meine Fragen:

- Den ehem. Betreiber erreiche ich nicht, darf man so ohne Weiteres Tracks in Youtube hochladen oder auf ähnlichen Plattformen, natürlich ohne sich mit fremden Federn zu schmücken?
- Wie verhält es sich, wenn Musik auf einem Label verbreitet wurde, aber die einzelnen Künstler/Produzenten mit ihren Tracks nicht mehr existieren bzw. auch nicht erreichbar sind?

Ich habe keine finanziellen Interessen daran - mir gehts einzig und allein darum, die Musik wieder zu beleben.

[...]

Ist eine Grauzone: Eigentlich darfst Du es nicht wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht etc. pp., aber wo kein Kläger, da kein Richter. Dann mußt Du es machen wie Audionautas, der immer irgendwelchen obskuren Elektronik-Platten hebt und auf YouTube einstellt, immer in der Hoffnung, daß er nicht aufgefordert wird, das betreffende Stück oder Album auf Betreiben Dritter hin zu löschen (oder weil die Tante GEMA mal wieder meint, klugscheißen zu müssen).

Stephen
 
Vielen Dank, das verstehe ich.

Ich würde es am ende vllt auch so probieren, aber eigentlich wäre mir der "offizielle" Weg lieber.

Was gibt es denn noch so grundsätzliches zu beachten, bei einer Labelgründung? (die oben beschriebene Reaktivierung kommt ja faktisch einer Neugründung gleich)
 
Bei einer Labelgründung gibt es eigentlich erstmal nichts zu beachten: Du kannst ja im Alleingang von Deinem Schlafzimmer aus CD(R)s vertreiben und im Internet bewerben, das ist Dir unbenommen. Ein Künstler, der keine Galerie findet, gründet eine.

Hakeliger wird es u. U. beim GVL-Labelcode, für den man einen Gewerbeschein vorlegen muß -- dieser LC-Code ist das, was ein Label professionell werden läßt und von irgendwelchen Amateurklitschen unterscheidet (derer es gerade im traditionellen EM-Sektor mehr als genug gibt). Der Gewerbeschein empfiehlt sich ab einer gewissen Größenordnung der Einkünfte, denn sonst könnte irgendwann mal die Gemeinde auf der Matte stehen und Gewerbesteuern einfordern, die notfalls auch pauschal geschätzt werden, wenn die spitzkriegen, daß da ja irgendwie Geld durch ein wie auch immer geartetes Gewerbe verdient wird -- da können dann mal auf einen Schlag 25.000 Euro futsch sein, wenn man den Sachbearbeiter nicht glaubhaft machen kann, woher das Geld für den neuen Lamborghini in der Auffahrt kommt.

Ansonsten gilt es, viel Schreibkram und Büroarbeit machen zu müssen (Buchhaltung, Bestellungen, Kommissionen etc.), sich mit den Egos irgendwelcher Künstler und derer, die sich dafür halten, herumschlagen zu müssen, und am Ende bleibt so wenig hängen, daß man sich fragt, wofür das eigentlich?

Das braucht eine Menge Idealismus oder Wahnsinn, je nachdem.

Stephen
 
ppg360 schrieb:
...Das braucht eine Menge Idealismus oder Wahnsinn, je nachdem.Stephen
Trotzdem habe ich den Eindruck, dass es eine Menge davon gibt, bzw. dass sie wie Pilze aus dem Boden schießen...und wahrscheinlich auch wieder verschwinden...
 
Wenn ein Label schonmal den Arsch zugekniffen hat, dann wird es dafür Gründe gegeben haben -- ob ich das wiederholen würde, weiß ich nicht. Ob ich mir sowas ans Bein binden würde, auch nicht -- sollen andere doch ihre eigenen Fehler machen.

Feedback schrieb:
ppg360 schrieb:
...Das braucht eine Menge Idealismus oder Wahnsinn, je nachdem.Stephen
Trotzdem habe ich den Eindruck, dass es eine Menge davon gibt, bzw. dass sie wie Pilze aus dem Boden schießen...und wahrscheinlich auch wieder verschwinden...

Das überstehen nur die Labels, die nicht underfunded an den Start gehen, sondern ein gewisses Firmenkapital haben, mit dem man Lizenzen erwerben, Pressungen anleiern und Tantiemen abführen kann -- und wo ein Flop nicht gleich das kommerzielle Aus bedeutet. Irgendwann läuft das Geschäft entweder schön rund und wird zum Selbstläufer, wo man nichts mehr reinbuttern muß -- oder das Finanzamt sagt Schönen Tag noch, Sie haben da eine schöne Leidenschaft, aber Ihr Hobby und Ihre Liebhaberei finanzieren wir Ihnen nicht.

Stephen
 
Re: Geschossenes Label wiederbeleben

ppg360 schrieb:
SvenSyn schrieb:
[...]
Meine Fragen:

- Den ehem. Betreiber erreiche ich nicht, darf man so ohne Weiteres Tracks in Youtube hochladen oder auf ähnlichen Plattformen, natürlich ohne sich mit fremden Federn zu schmücken?
- Wie verhält es sich, wenn Musik auf einem Label verbreitet wurde, aber die einzelnen Künstler/Produzenten mit ihren Tracks nicht mehr existieren bzw. auch nicht erreichbar sind?

Ich habe keine finanziellen Interessen daran - mir gehts einzig und allein darum, die Musik wieder zu beleben.

[...]

Ist eine Grauzone: Eigentlich darfst Du es nicht wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht etc. pp., aber wo kein Kläger, da kein Richter. Dann mußt Du es machen wie Audionautas, der immer irgendwelchen obskuren Elektronik-Platten hebt und auf YouTube einstellt, immer in der Hoffnung, daß er nicht aufgefordert wird, das betreffende Stück oder Album auf Betreiben Dritter hin zu löschen (oder weil die Tante GEMA mal wieder meint, klugscheißen zu müssen).

Stephen

Da muss ich leider widersprechen. Das ist keine Grauzone sondern schlicht verboten und kann erhebliche juristische Probleme verursachen. Der Umstand, dass das an anderer Stelle auch schon gemacht wurde wird im Ernstfall vor Gericht kein große Wirkung erzeugen. Die urheberrechtliche Situation wird durch die Erreichbarkeit bzw Existenz des Labels nicht tangiert oder gar obsolet. Im Gegenteil, eine unklare rechtliche Situation wegen fehlender Ansprechpartner würde selbst prof. Lizensierungen mit Geld abschrecken, da keine Produktionssicherheit gegeben ist, da eventuell noch weitere Rechteinhaber nachträglich auftauchen.

Ich habe das nicht erfunden, don't blame me! Ich kann dein Anliegen gut verstehen aber so ist die rechtliche Situation. :nihao: :nihao: :nihao:

Nachtrag: Keine Veröffentlichung ohne schriftliche Erlaubnis aller relevanten Beteiligten ist eine sehr gute Reglung und hält den meisten Ärger fern.
 
Ich wiederhole: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Stephen
 
Hi Stephen, ich habe dich schon beim ersten mal verstanden! :mrgreen: Der Spruch gilt halt nur so lange bis ein Kläger auftaucht und dann gibt es Haue. :peace:
 
soderstrom hat leider recht....

ich würde versuchen den rechteinhaber ausfindig zu machen (gemaanfrage), oder halt die einzelnen künstler.

wenn schon grauzone dann so: wenn du nachweisen kannst, daß du den labelinhaber nicht kontaktieren konntest (und ebenso die künstler den labelinhaber nicht kontaktieren konnten) dann kannst du versuchen mit den künstlern quasi ein neues nutzungsrecht zu vereinbaren. dann bist du bezüglich des urheberrechts gegenüber den komponisten erstmal etwas auf der guten seite.
denn jeder würde einsehen, daß ein nutzungsvertrag der künstler gegenüber einem label nicht mehr sinnvoll ist, wenn das label den künstler nicht vertreibt (also seinen teil am vertrag nicht erfüllt).
 
Mal andersrum gefragt:

Warum sich diesen Klotz ans Bein binden und sich für anderer Leute Arbeit ins Zeug legen? Wenn denen das wichtig wäre, würden sie sich doch wohl selbst irgendwie drum kümmern, sollte man meinen.

Wenn ich mich in die Nesseln setze, dann in meine eigenen.

Stephen
 
ppg360 schrieb:
Mal andersrum gefragt:

Warum sich diesen Klotz ans Bein binden und sich für anderer Leute Arbeit ins Zeug legen? Wenn denen das wichtig wäre, würden sie sich doch wohl selbst irgendwie drum kümmern, sollte man meinen.

Wenn ich mich in die Nesseln setze, dann in meine eigenen.

Stephen

Sehe ich auch so. Den Backkatalog eines verblichenen Labels rechtssicher neu zu veröffentlichen halte ich für eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Energie würde ich eher in was Eigenes stecken! :nihao:
 
Mir gehts ja erstmal drum, die Musik wieder zugänglich zu machen. Sprich Youtube, oder Soundcloud.
Wenn das auf gute Resonanz stößt, würd ich drüber nachdenken, die nächsten Schritte zu gehen.
 
SvenSyn schrieb:
Mir gehts ja erstmal drum, die Musik wieder zugänglich zu machen. Sprich Youtube, oder Soundcloud.
Wenn das auf gute Resonanz stößt, würd ich drüber nachdenken, die nächsten Schritte zu gehen.

Dein Anliegen ehrt Dich, aber es sollte Dir doch für Dich selbst erst einmal reichen.

Du kannst sie ja nicht alle retten.

Stephen
 
Du kannst doch nicht von jemand fremdes die Firma einfach übernehmen und weiterführen :shock:

Youtube hochladen würde ich machen. Manche Labels freuen sich sogar über sowas.
Oft liest man so Sätze wie:
Wenn ich das Video löschen soll, bitte eine Email an xxxxxxxxx.
 
viele kleinere Labels sind einfach nur "eingeschlafen", einige wurden sogar nur gegründet, um mal eine eigene Platte offiziell zu releasen und das wars dann.
Manche machen ncihts mehr, weil der Labelinhaber vielleicht keinen Bock mehr hat oder einfach gestorben ist, sowas kommt eben vor.
Warum sollte man also nicht versuchen, das Label zu übernehmen?
Meistens sind es ja kleine Einzelfirmen, wo es nur um den LC, den Namen und die Übernahme der Künstlerverträge geht, das ist auch technisch dann kein großer Akt und manch einer freut sich, wenn "sein Ding" weiterlebt.
Ich würde einfach mal nachforschen ...
 
Nur zum Vorschlag, die GEMA zu fragen: die GEMA hat keine Ahnung wer und wo der Labelinhaber ist. Die kennt nur die Urheber und ggf Verleger (was bei sowas wie bei den Morgenindustries Acts sicher nie zur Debatte stand). Den Labelinhaber kennen die nicht. Die Gebühren hat das Presswerk an die GEMA bezahlt, und das Presswerk hat sie dem Label in Rechnung gestellt.

Der meines Erachtens korrekte Weg wäre:
Zuerst: versuche die Künstler selbst zu erreichen, und frage sie, ob sie mit irgendeiner Form einer Wiederveröffentlichung einverstanden wären.
Erst dann: versuche über die Künstler Kontakt zum ehemaligen Labelbetreiber zu bekommen, und frage ihn, ob er mit irgendeiner Form einer Wiederveröffentlichung einverstanden wäre.
Wenn das beidese gebongt ist, dann kann man weitersehen.

Ich persönlich empfände dann Bandcamp plus eine eigene Webseite als die geeignete Einstiegsplattform.
 
Bernie schrieb:
[...] Warum sollte man also nicht versuchen, das Label zu übernehmen? [...]

Weil es vergebliche Liebesmüh ist?

fanwander schrieb:
Nur zum Vorschlag, die GEMA zu fragen: die GEMA hat keine Ahnung wer und wo der Labelinhaber ist. Die kennt nur die Urheber und ggf Verleger (was bei sowas wie bei den Morgenindustries Acts sicher nie zur Debatte stand). Den Labelinhaber kennen die nicht. Die Gebühren hat das Presswerk an die GEMA bezahlt, und das Presswerk hat sie dem Label in Rechnung gestellt.[...]

Wenn überhaupt jemand etwas weiß, dann ist es die GVL, weil die die Labelcodes verteilt. Wenn es dergleichen nie gegeben hat, weiß auch die GVL nichts. GEMA und GVL arbeiten wie Behörden und sehen sich noch lange nicht jedem Hinz und Kunz gegenüber zur Auskunft verpflichtet.

Ich bleibe beim Thema vergebliche Liebesmüh und Zeitverschwendung -- lieber seine eigene Zeit für seine eigenen Sachen verwenden.

Stephen
 
ppg360 schrieb:
GEMA und GVL arbeiten wie Behörden und sehen sich noch lange nicht jedem Hinz und Kunz gegenüber zur Auskunft verpflichtet.
Bisher hatte ich da nie Probleme, gerade die GEMA hat mir immer freundlich weitergeholfen und auch zurückgerufen oder gemailt, soweit ihnen das möglich war.
 
Re: Geschossenes Label wiederbeleben

soderstrom schrieb:
ppg360 schrieb:
SvenSyn schrieb:
[...]
Meine Fragen:

- Den ehem. Betreiber erreiche ich nicht, darf man so ohne Weiteres Tracks in Youtube hochladen oder auf ähnlichen Plattformen, natürlich ohne sich mit fremden Federn zu schmücken?
- Wie verhält es sich, wenn Musik auf einem Label verbreitet wurde, aber die einzelnen Künstler/Produzenten mit ihren Tracks nicht mehr existieren bzw. auch nicht erreichbar sind?

Ich habe keine finanziellen Interessen daran - mir gehts einzig und allein darum, die Musik wieder zu beleben.

[...]

Ist eine Grauzone: Eigentlich darfst Du es nicht wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht etc. pp., aber wo kein Kläger, da kein Richter. Dann mußt Du es machen wie Audionautas, der immer irgendwelchen obskuren Elektronik-Platten hebt und auf YouTube einstellt, immer in der Hoffnung, daß er nicht aufgefordert wird, das betreffende Stück oder Album auf Betreiben Dritter hin zu löschen (oder weil die Tante GEMA mal wieder meint, klugscheißen zu müssen).

Stephen

Da muss ich leider widersprechen. Das ist keine Grauzone sondern schlicht verboten und kann erhebliche juristische Probleme verursachen. Der Umstand, dass das an anderer Stelle auch schon gemacht wurde wird im Ernstfall vor Gericht kein große Wirkung erzeugen. Die urheberrechtliche Situation wird durch die Erreichbarkeit bzw Existenz des Labels nicht tangiert oder gar obsolet. Im Gegenteil, eine unklare rechtliche Situation wegen fehlender Ansprechpartner würde selbst prof. Lizensierungen mit Geld abschrecken, da keine Produktionssicherheit gegeben ist, da eventuell noch weitere Rechteinhaber nachträglich auftauchen.

Ich habe das nicht erfunden, don't blame me! Ich kann dein Anliegen gut verstehen aber so ist die rechtliche Situation. :nihao: :nihao: :nihao:

Nachtrag: Keine Veröffentlichung ohne schriftliche Erlaubnis aller relevanten Beteiligten ist eine sehr gute Reglung und hält den meisten Ärger fern.

andererseits ist das schlimmste, was einem bei youtube wohl passieren kann, das bei wiederholtem verstoß der account gelöscht wird und alles umsonst war. da wird nie jemand irgendwie zurückverfolgen wollen, wer du bist, nur weil du musik, die auf anderen wegen nicht mehr erhältlich ist, hochgeladen hast. im zweifelsfalle beschwert sich jemand bei dir das du das video löschen sollst und wenn nicht, dann wird eben der account gesperrt (oder sogar nur die tonspur stumm geschaltet.)
 
Bernie schrieb:
ppg360 schrieb:
GEMA und GVL arbeiten wie Behörden und sehen sich noch lange nicht jedem Hinz und Kunz gegenüber zur Auskunft verpflichtet.
Bisher hatte ich da nie Probleme, gerade die GEMA hat mir immer freundlich weitergeholfen und auch zurückgerufen oder gemailt, soweit ihnen das möglich war.

Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber das, was ich sage, beruht auf Wissen und Erfahrung, nicht auf Hörensagen.

Stephen
 


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