"Reliced" Synths...?

H

Hallo Spencer

...
Moin. Ich hab da letztens mal dran gedacht und jetzt geht es mir nicht mehr aus dem Kopf: Bei Gitarren ist ja dieser "reliced" oder "aged" Stil recht beliebt, fabrikneue Gitarren, die aussehen, als hätten sie die letzten 60 Jahre als Gesichtsdouble für Keith Richards gedient. Aber nicht nur da, auch z.B. in der Mode poppt der Used Look immer wieder auf. Die Synthesizergemeinde scheint dagegen allerdings vollständig immun zu sein.

Ich hab mich gefragt, woran das wohl liegt? Ein abgeschrammelter Mini Moog oder eine ramponierte Korg CX-3 strahlt doch auch eine Menge "Mojo" aus. Auch ein modernes Stage Piano, aber im authentischen Retro Look samt zugehöriger "vintage Patina", passt doch bei vielen Bands perfekt in's Bild und würde auf vielen Bühnen tatsächlich cooler aussehen, als z.B. ein schickes, glänzend rotes Nord Stage.

In Gitarrenforen wird Relicing permanent kontrovers diskutiert. Ich hab da keine wirkliche Meinung zu - soll halt jede*r kaufen, was gefällt. Aber egal, mir geht's hier vor allem darum, warum es für Relic Synthesizers offenbar überhaupt keinen Markt gibt: Es gibt nicht einen Hersteller, der sowas anbietet. Was meint ihr?
 
Also ich habe für U-he's Diva einen total abgerockten, kaputten Look selber gebastelt aber beim letzten Update dann nicht wieder nachinstalliert sondern den normalen Look gelassen.
Bei Synthies mag ich aber generell das technsich cleane eher denke ich. Bei Autos kann das ganz cool sein und Gitarristen leben ehh in ganz anderen Welten wenn man sich so sondermodelle teilweise anguckt.
 
Aber egal, mir geht's hier vor allem darum, warum es für Relic Synthesizers offenbar überhaupt keinen Markt gibt: Es gibt nicht einen Hersteller, der sowas anbietet. Was meint ihr?

Man versucht doch eigentlich immer seine Instrumente zu schonen und achtet sorgsam darauf, das sie z. B. beim Transport möglichst nicht beschädigt werden.
Ich erkenne keinen Sinn darin, eine wunderschöne gepflegte Lackoberfläche mutwillig zu zerkratzen.
Ein verschrammtes Instrument ist auch nicht "schön", also wozu soll das gut sein?

Vielleicht will man mit seiner Relic Klampfe auch nur eine falsche Kompetenz vorgaukeln?
Ist aber auch doof, wenn der 25-jährige Gitarrist uns glauben machen will, das er damit seit 50 Jahren um die Welt tourt.
Die erfahrenen Gitarristen spielen ihre Klampfen eh selber runter, die brauchen diesen Modegag nicht und das sieht dann auch echt aus.

Mein Minimoog ist auch nicht mehr ganz neuwertig. Einige Tasten sind im Laufe der Jahre stark vergilbt (eigentlich in natura viel stärker als auf dem Bild).
Das kommt daher, das Moog damals die Tasten von verschiedenen Hersteller verwendet hat und die Kunststoffe unterschiedlich stark UV-beständig sind.
Auch das Holz hatte einige Kratzer und musste einmal nachlackiert werden und auch das Panel hat leichte Gebrauchsspuren um die Potis und Schalter herum.
Aber so schaut eben ein 45 Jahre alter Vintage-Synthie aus und der darf das auch.
Echt und natürlich gealtert ist das dann wunderschön.

P1010033.JPG

P1010916.JPG
 
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Es gibt ja aber auch Sachen, wo das durchaus Sinn macht. Becken und Hi-Hats werden ja auch auf alt getrimmt, teilweise vergraben usw, weil sie dann auch klingen, wie Drums aus den 60ern oder so.
 
Es gibt ja aber auch Sachen, wo das durchaus Sinn macht. Becken und Hi-Hats werden ja auch auf alt getrimmt, teilweise vergraben usw, weil sie dann auch klingen, wie Drums aus den 60ern oder so.
wenn du eine Metallscheibe vergräbst, wird sie sich kaum im Klang verändern, wieso auch.
Allerdings kann sich durch die ständigen Vibrationen vom häufigen Spielen oder durch eine thermische Behandlung das Gefüge verändern und somit auch der Klang.
Ob jemand eine matte korridierte oder glänzende Oberfläche bei Becken, Gongs, Saxofon, Trompete & Co schöner findet, ist halt reine Geschmacksache und hat keinen Einfluß auf den Sound.
 
wenn du eine Metallscheibe vergräbst, wird sie sich kaum im Klang verändern, wieso auch.
Allerdings kann sich durch die ständigen Vibrationen vom häufigen Spielen oder durch eine thermische Behandlung das Gefüge verändern und somit auch der Klang.
Ob jemand eine matte korridierte oder glänzende Oberfläche bei Becken, Gongs, Saxofon, Trompete & Co schöner findet, ist halt reine Geschmacksache und hat keinen Einfluß auf den Sound.

Das Zeug wird ja für Jahre verbuddelt und dann verändert sich das Metall sicherlich irgendwie, korrodiert oder was weiß ich. Ich habe das auch nurmal irgendwo gelesen, dass das so gemacht wird, damit die Becken und Hi-Hats klingen wie ältere.
 
Vielleicht minimiert man durch Vergraben die Lagerhaltungskosten?

Jetzt im Ernst...Ich kann mir schon vorstellen, dass durch Vergraben der Alterungsprozess beschleunigt wird...aber vielleicht geht's da wirklich auch nur um die Patina. 🤔

Hab ich irgendwo raus kopiert.

Das Material: B20-Bronze, 80 Prozent Kupfer, 20 Prozent Zinn. Die Schlagzeuger in amerikanischen Marching-Bands spielen mit 88 Prozent Kupfer und 12 Prozent Zinn, das ist eine ganz andere Klangcharakteristik. Je mehr Zinn, desto wärmer der Klang.
 
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Das Zeug wird ja für Jahre verbuddelt und dann verändert sich das Metall sicherlich irgendwie, korrodiert oder was weiß ich. Ich habe das auch nurmal irgendwo gelesen, dass das so gemacht wird, damit die Becken und Hi-Hats klingen wie ältere.
Naja, die Leute erzählen viel.
Und wer behauptet eigentlich, das alte Becken tatsächlich besser klingen?
Vielleicht ist es ja andersrum?
Ich bin ja kein Drummer und kenne mich mit Becken nicht gut aus.
Aber meine 33 Gongs haben sich klanglich nicht verändert und meine unzähligen Klangschalen auch nicht. Ih habe auch alte Klangschalen, die klingen weder besser noch schlechter. Die Toleranzen sind wegen der Handarbeit so groß, das die eh alle unterschiedlich sind.
 
Ich hab einen ziemlich gerockten Korg Trident, den ich 1987 oder '88 in exakt diesem Zustand gekauft hatte. Keine Ahnung, wie der Vorbesitzer den in maximal 6-7 Jahren zu hat zurichten können. Vermutlich ein Livemucker ohne Roadies, der jedes Schützenfest des norddeutschen Raums bespielt hat.
Unter der Tastatur klebt ein schwarzer Gaffastreifen, den hab ich mich nie getraut abzumachen...

Schöne Grüße
Bert
 
Moin. Ich hab da letztens mal dran gedacht und jetzt geht es mir nicht mehr aus dem Kopf: Bei Gitarren ist ja dieser "reliced" oder "aged" Stil recht beliebt, fabrikneue Gitarren, die aussehen, als hätten sie die letzten 60 Jahre als Gesichtsdouble für Keith Richards gedient. Aber nicht nur da, auch z.B. in der Mode poppt der Used Look immer wieder auf. Die Synthesizergemeinde scheint dagegen allerdings vollständig immun zu sein.

Ich hab mich gefragt, woran das wohl liegt? Ein abgeschrammelter Mini Moog oder eine ramponierte Korg CX-3 strahlt doch auch eine Menge "Mojo" aus. Auch ein modernes Stage Piano, aber im authentischen Retro Look samt zugehöriger "vintage Patina", passt doch bei vielen Bands perfekt in's Bild und würde auf vielen Bühnen tatsächlich cooler aussehen, als z.B. ein schickes, glänzend rotes Nord Stage.

In Gitarrenforen wird Relicing permanent kontrovers diskutiert. Ich hab da keine wirkliche Meinung zu - soll halt jede*r kaufen, was gefällt. Aber egal, mir geht's hier vor allem darum, warum es für Relic Synthesizers offenbar überhaupt keinen Markt gibt: Es gibt nicht einen Hersteller, der sowas anbietet. Was meint ihr?

Schwachsinn, den irgendwelche übersättigten, gelangweilten alten Säcke toll finden, weil es ihnen die Illusion vermittelt, ein authentisches Stück Musikgeschichte zu besitzen, mit dem sie prahlen können.



Jeder, der mit seinem Instrument nicht so sorgfältig umgeht wie irgendwie möglich, hat es eigentlich nicht verdient oder nicht hart genug dafür gearbeitet.

Stephen
 
Aber so schaut eben ein 45 Jahre alter Vintage-Synthie aus und der darf das auch.
Echt und natürlich gealtert ist das dann wunderschön
Absolut !

Ich stehe hier ja auch manchmal vor optisch noch recht gut erhaltenen Rhodes-Pianos, wo die Leute / Kunden dann über einen Tolex-Neubezug nachdenken.

Ich lege immer die Priorität auf den Sound. Bei einem Piano, welches nur einige kleine optische Macken hat, sag ich dann auch immer: Ist 40+ Jahre alt, das darf man auch ruhig sehen.

Danach ist das mit dem Tolex in 99% der Fälle vom Tisch.

Jenzz
 
Also diesen Quatsch habe ich noch nie verstanden. 🙄

Meine Synths bekommen jede Woche eine Schönheitskur mit Swiffer Streicheleinheiten und Aloe Vera Feuchttüchern. Gerade auch damit sie gut erhalten und nicht abgerockt ausschauen. ✨ Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun.
Kleine Kratzer stören dabei überhaupt nicht. Die Geräte hatten ja ein Vorleben.

Aber extra künstlich Altern lassen... Ich glaube, den Menschen ist langweilig. 😄
 
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Ich habe ja eine Zeit lang reliced-modding angeboten.
Vorher:
1665753461651.png

Nachher:
1665753477265.png


Das ist aber mit relativ viel Aufwand verbunden, und den wollte dann halt doch keiner bezahlen...


Dabei war ich auf einige Techniken ziemlich stolz; zB Sprüh-Spinnweben aus dem Haloween-bedarf ins Netzteil:

1665753584990.png






:rofl:
 
Ich bin mir ziemlich sicher, daß alleine schon das Wort reliced völliger Schwachsinn ist, denn aus relic ein Verb zu machen (bzw. das Partizip), indem man ein -ed anhängt, funktioniert phonetisch nicht: Daraus würde in der Aussprache entweder ein "rellist" oder ein "releist" (ähnlich wie bei Alice -> "älliss" oder malice -> "mälliss"). "relicced" hätte funktioniert, mit Hängen und Würgen.

Als hätte es eines weiteren Beweises bedurft, wie schwachsinnig das Ganze ist. Haben sich wahrscheinlich mal wieder Amerikaner einfallen lassen. Die sagen auch "rauter" statt "ruhter", wenn sie vom router sprechen.

Stephen
 
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Aging: Bei Synths totaler Quatsch, finde ich.
Optisch modifizierte, umdesign-te (neue) Synths sieht man aber schon ab und zu. Warum auch nicht.

Bei Gitarren und Bässen würde da aber zwischen Holz-Behandlung und optischen aging unterscheiden.
Dass Sandberg z.B. das Holz für Hälse röstet macht m.M.n. schon Sinn.
Ob ich dagegen verrostete Bünde brauche weiß ich nicht. (die bieten alle möglichen aging-stufen an)


https://www.youtube.com/watch?v=6A49BmfaQDs&list=PL102B8A5FD19E848D&index=4
 
Puh, fiese Idee. Ich krieg ja schon die Krise wenn wieder irgendeiner dieser Superstars meint, mit nem Edding sein Autogramm auf ne 303 oder 909 kritzeln zu müssen... :D
 
Es gibt ja aber auch Sachen, wo das durchaus Sinn macht. Becken und Hi-Hats werden ja auch auf alt getrimmt, teilweise vergraben usw, weil sie dann auch klingen, wie Drums aus den 60ern oder so.
Ich kann das mit den Schlagzeugbecken schon nachvollziehen. Ich höre es schon anhand der Brillianz, ob ein Becken, das ich klanglich in- und auswendig kenne, verstaubt ist. Bronzebecken, die die ganze Zeit mit fettigen Patschefingern angefasst worden sind, sehen schon nach wenigen Jahren sehr alt aus. Ich bin aus Erfahrung der Überzeugung, dass sich das auch im Klang bemerkbar macht.

Wir hatten im Moerser Musikladen mal ein hochwertigeres Sabian 16'' Crashbecken, das jahrelang aufgrund der fehlenden Käuferschicht im Laden auf dem Ständer vergammelte. Da haben die Kunden dauernd dran rumgefingert, statt den ausgelegten Stick zu schwingen. Egal, wie oft ich dieses Becken mit einem weichen Lappen saubermachte, die Säure des Schweißes hat die entsprechenden Stellen verfärbt. Es sah irgendwann nicht mehr schön aus und ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass es beim Räumungsverkauf 2018 nicht mehr die Brillianz hatte, wie im Jahr 2000, als ich dort im Laden zu arbeiten anfing.
 
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Jeder, der mit seinem Instrument nicht so sorgfältig umgeht wie irgendwie möglich, hat es eigentlich nicht verdient oder nicht hart genug dafür gearbeitet.
Sehe ich genauso.
Wie rund man selbst dann erst klingt, und vor allem: Wie breit...
Ob das Sherry Faß klanglich etwas gebracht hat kann man ja ausprobieren.
Als Probesong empfehle ich "Sherry Sherry Lady".
 
Die erfahrenen Gitarristen spielen ihre Klampfen eh selber runter, die brauchen diesen Modegag nicht und das sieht dann auch echt aus.
So sollte es sein. Weshalb sollte man sich seine Instrumente von anderen zerkratzten lassen, wenn man das auch selbst hinbekommt?

Aber es gibt ja auch Leute, die nicht mal selbst die Löcher in ihre Hosen bekommen und sich kaputte Jeans kaufen.
 


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