16./17.12.2016 / Bimfest / Sint-Niklaas (Belgien)

Ich war nur am zweiten Tag da, hier ein kurzer Überblick:

Euforic Existence: Kannte ich vorher noch nicht; war an diesem Abend die "jüngste" Band, sprich nicht schon seit Anfang/Mitte der 80er aktiv. Der Sound war wirklich ganz schlimm. Das übliche wuchtig-minimale Gebratzel, pro Track nur jeweils ein Drumpattern und eine zweitaktige Sequenz, für die es jeweils ein Fill gab. Arrangement mag ich das nicht nennen. Der Gesang war der übliche one-line-shout, wie er Anfang der 90er sehr beliebt war. Worte wie "Kill", "Death", "Terror", etc. kamen in jedem Track vor. Ohnehin orientierte sich der Sound stark an den skandinavischen Bands der späten 80er und frühen 90er; Cat Rapes Dog, Klute, und wie die alle hießen...

Struggler: Typisch belgisch, zumindest wenn man die ganz frühen 80er betrachtet. Eine Art Indierock, sehr minimal arrangiert und mit einem Hauch Diletantismus.

Vita Noctis: Der zweite Grund, weshalb ich mich auf den Weg nach Sint-Niklaas gemacht habe. Immer noch ein eher fragiler und spröder Wave-Pop-Sound, die neueren Tracks allerdings drumtechnisch deutlich dancelastiger gestaltet, aber dabei nicht übers Ziel hinausgeschossen. Die älteren Tracks wurden moderat modernisiert, das wunderschöne "Hade" sehr subtil. Einfach schön.

Ex-RZ: Von Red Zebra kannte ich im Vorfeld nur zwei Compilation-Beiträge, doch mich haben sie mit ihrem Konzert wirklich gepackt. Eine schöne Mischung aus Punkrock-Anleihen und einem massiven Schuss PIL, was nicht zuletzt an dem Gesang von Peter Slabbynck liegt, der durchaus eine lydon'schen Einschlag hat. Streng repetetiv-monotone Bassläufe und Gitarrenlicks, dazu klassische 80er-Drums ("wir brauchen mehr Toms"), dazu ein extrem professionelles Auftreten. Wirklich großes Kino (für alle, die auch mit PIL, den frühen Killing Joke und ähnlichem was anfangen können).

Signal Aout '42: Ich mochte die schon in den Frühzeiten nicht; da waren sie mir zu lasch und poppig. Und heute geht mir das durchgehende Geboller schwer auf die Nerven. Den Leuten hats aber gefallen; ist einfach nicht mein Schuh.

Aroma die Amore: Waren mir bis dato nicht bekannt, offensichtlich aus dem einfachen Grund, dass ich mich nicht so sehr für fünftklassigen Stadtteilfest-Rock mit grenzwertigem Humoreinschlag interessiere. Waren schlicht unerträglich und stachen schon etwas aus dem Line-Up heraus, und zwar nicht positiv.

A Split-Second: Auch dies eine Band, die mir schon immer total egal war: Einst eine Mischung aus frühen Sisters Of Mercy und elektronischen Sequenzen Marke Neon Judgement, heute im Prinzip dasselbe, mit etwas Schweinerock und einer Menge Geboller. Mir wären da z.B. Siglo XX lieber gewesen; die fand ich schon immer deutlich origineller.

à;GRUMH...: Der Grund für die Fahrt, schon allein aus jahrzhehntelanger Verbundenheit zu Phillippe und Jacques. Ich habe sie seit Ende der 80er nicht mehr live gesehen, war aber immer ein Fan ihrer kompromisslosen Performance und ihres sprichwörtlichen Bad Taste. Musikalisch mag ich ihre frühen Tapes, EPs und 12"; die späteren Sachen waren nie meins. Dann doch lieber die Nebenprojekte, vielleicht mit Ausnahme von Polar Praxis.
Nun ja, sie sind alt, und in Phillippes Fall so richtig fett geworden. Also war zumindest seinerseits eine eher physische Präsenz eher ausgeschlossen. Dachte ich.
Einen 180-Kilo-Mann jedoch nahezu nackt auf der Bühne sitzen zu sehen hatte dann doch eine größere Präsenz als erwartet. Und Jacques war in überraschend jugendlicher Verfassung und Spielfreude, und so machte das Konzert letztendlich doch eine Menge Spaß. Ein paar technische Probleme zu Beginn, der Sound dann letztendlich etwas zu laut (und dadurch ordentlich verzerrt -> Headliner-Seuche bei semi-pro Mischpultbedienern), aber für Fans (und das waren die Leute, die bis nach Mitternacht ausgeharrt hatten) großes Kino.

Fazit: Ein netter Retro-Abend, passend für alle, die sich darüber freuen können, dass die Helden ihrer Jugend noch aktiv sind. Schaut sie euch an, so lange sie noch leben.
 


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