Was spielt der Reinhold da?

moogist

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Ich sehe links ein Yamaha CP70, einen Roland Jupiter 8, auf dem Rack ein Moog Liberation, rechts einen Yamaha CS80 und darüber ???
26_spliff_F1000015.jpg
 
Ja, das kommt hin. Wahnsinn, was der 1981 - in seinem vierten Profijahr - schon an Equipment hatte! Da hat er wohl sein ganzes Geld hineingesteckt.
 
"Ich hab eigentlich immer lieber lange gespart und mir dann was Vernünftiges gekauft."
(Reinhold Heil in der Yamaha-Werbepostille "Milestones", Ausgabe Juni 1986, Seite 8)
 
um diese Zeit - Mitte 80er - hat er auch die weißen Casio-Hupen verhöhnt (irgendein Interview im Radio)
 
serge schrieb:
"Ich hab eigentlich immer lieber lange gespart und mir dann was Vernünftiges gekauft."
(Reinhold Heil in der Yamaha-Werbepostille "Milestones", Ausgabe Juni 1986, Seite 8)

Ja ja, lange gespart, ha. Als ausgebildeter oder studierter recht junger Typ verdiente man damals netto so zwischen 1500 und 2500. Der Taschenrechner erklärt, wie man da 30 Riesen zusammenkriegt.

Hab das ja damals an vorderster Front erlebt, also an der Kasse. Die Jungs hatten entweder nen reichen Familienstand, einen dicken Vorschuss vom Label (nicht rückzahlbar) oder sich hoffnungslos verschuldet (bei der Hausbank oder Kredithai). Das galt für alle, die CP70 (UVP DM 10.560,--) und P5 und derartiges Teuerbesteck hatten. Alle anderen griffen zum Polysix, Prodigy und nem gebrauchten etwas abgerockten Rhodes, das ein gut verdienender Tanzmusiker nicht mehr mochte.
 
Spliff hatten nach der Trennung von Nina Hagen einen sehr guten Deal mit der Plattenfirma ausgehandelt, ich gehe daher davon aus, dass sich Reinhold Heil 1981 die abgebildeten Instrumente sein eigen nennen konnte.
 
Klaus P Rausch schrieb:
Ja ja, lange gespart, ha. (…) Hab das ja damals an vorderster Front erlebt, also an der Kasse.
Wenn man bereit war, die Sommerferien mit dem Dressieren von Pommes im Freibad zu verbringen, während sich die Klassenkameraden im kühlen Nass aalten; wenn man auf Urlaubsreisen ebenso verzichten konnte wie auf motorisierte Untersätze, alkoholisierte Abendvergnügungen oder Modetorheiten (Nerdalarm!), und schließlich seinen Zivildienst als Heimschläfer bei Frau Mama (die größte Schmach!) in der niedersächsischen Vollprovinz zu fristen bereit war, dann konnte man damals auch die Scheine auf den Tresen des Hauses legen, die notwendig waren, sich teure synthetische Schätzchen ins Kinderzimmer zu stellen.

Eine Frage der Prioritäten, wie so vieles andere auch.
 
Durchaus, und das kenne ich ja selber.

Der Punkt ist aber: 30 K zusammensparen. In Worten Dreißig. Soviel waren notwendig für CP70B, P5, Jp8 oder CS80, Clavi, Rhodes. Amps und Mixer und Effekte nicht mitgerechnet :)
 
200,- im Monat beseite gelegt und schon hat man das in 150 Monaten zusammen.
 
Natürlich kann man Reinhold Heils Zitat aus der "Milestone" so verstehen wollen, als habe er sich all seine Instrumente allein durch konsequentes Sparen leisten können. Das käme aber schon einem absichtlichen Missverständnis gleich, oder nimmt jemand dies tatsächlich von einem Musiker & Komponisten an, der zum Zeitpunkt des Fotos bereits auf vier erfolgreiche Jahren in der Popmusik zurückblicken konnte?

Es gibt noch eine andere Lesart des Heil'schen Zitats, wenn man die zweite Hälfte des Satzes betont:
"Ich hab eigentlich immer lieber lange gespart und mir dann was Vernünftiges gekauft."
Das packe man zusammen mit dieser Post:
moogist schrieb:
Da hat er wohl sein ganzes Geld hineingesteckt.
Das ergibt: Die Einnahmen wurden sorgfältig re-investiert, und zwar in wenige "vernünftige" Instrumente statt in viele günstige, aber nicht hundertprozentig passende. Sprich: Lieber auf einen Jupiter-8 sparen statt sich vom gewieften Verkäufer einen Korg Trident nebst Moog Prodigy aufschwatzen zu lassen…
 
Es gibt auf Amazona eine ziemlich gute, vierteilige Interview-Serie mir Reinhold Heil, in der die damalige Situation gut beleuchtet ist. Der Mann war ja "nicht nur" der Keyboarder von Nina Hagen, sondern gut gebuchter Studiomusiker, bald darauf geuchter Produzent und Komponist. Und wie Serge schon schrieb: Die Plattenfirmen haben damals durchaus noch was (vor-)finanziert.

https://www.amazona.de/archiv/?search=Reinhold
 
Das Elternhaus mag auch eine Rolle gespielt haben, laut Wikipedia (englische Version) war der Vater Geschäftsmann (who owned the town's only record and hi-fi store) und möglicherweise war da die Haushaltskasse ja nicht so klamm?
 
ist das wirklich euer Ernst? Neid um Geld?

Wenn ja:
1) Damals konnte man bei vielen Dingen Geld reinbekommen, was aber schon genug andere gepostet haben
2) Man kann nichts davon mehr mit heute vergleichen, vermutlich würde er oder ein junger Musiker so gar nicht mehr agieren.
3) Es wird noch eine Menge Musiker, Produzenten und Studioleute geben, die eine ähnliche Karriere gemacht haben - Cretu und so.

Diese Art von Produzenten gibt es heute nicht mehr in DEM Maße, Geld und Musikindustrie sind heute anders.

Ich kenn den Reinhold Heil nicht persönlilch, dennoch war der wirklich alles was "mit Musik zu tun" hat. Die gezeigten Geräte waren übrigens genau die, die man in den Kreisen auch nutzte und brauchte. Dann hat man nämlich auch nicht ständig neues Zeug gekauft. Alternaitv waren einige Endorser, was die Firmen heute nicht mehr viel machen. Es gibt daher Bands, wo bestimmte Marken auftauchen… Und das war dann auch eine Riesenchance.

Heute kann man auch mit anderen Summen anfangen und die Unterschiede sind viel kleiner.
System 1 oder Minimoog - vs Micropreset vs Jupiter 8 …

Bei Bands wie Kraftwerk könnte man sowas auch vermuten, dennoch sind gerade reichere Eltern gelegentlich geiziger - sowas weiss man nicht.
Bowie jedenfalls hatte auch einen guten Start, finanziell gesehen - Name wurde deshalb auch geändert, klänge sonst zu "posh".
 
serge schrieb:
Wenn man bereit war, die Sommerferien mit dem Dressieren von Pommes im Freibad zu verbringen, während sich die Klassenkameraden im kühlen Nass aalten; wenn man auf Urlaubsreisen ebenso verzichten konnte wie auf motorisierte Untersätze, alkoholisierte Abendvergnügungen oder Modetorheiten (Nerdalarm!), und schließlich seinen Zivildienst als Heimschläfer bei Frau Mama (die größte Schmach!) in der niedersächsischen Vollprovinz zu fristen bereit war, dann konnte man damals auch die Scheine auf den Tresen des Hauses legen, die notwendig waren, sich teure synthetische Schätzchen ins Kinderzimmer zu stellen.

Eine Frage der Prioritäten, wie so vieles andere auch.
Das kennen die Leute heute nicht mehr. Während unsere Generation mit 15 die Lehre begann, mit 18 zur Bundeswehr ging (Kriegsdienst verweigern gabs 1974 noch nicht) und sich danach dann zusätzlich zur 44 Stunden Woche noch mit mehreren Nebenjobs herumgeschlagen hat, mussten meine Kinder mit 25 Jahren immer noch "zu sich selber finden". Naja, mit 27 war der Gesellenbrief in der Tasche ...
Ich lag im Sommer bei 35°C im Schatten jedenfalls nicht faul am Baggersee, sondern stand Samstags bis spät abends in der Schmiede am Amboß und hab auf glühendem Eisen herumgekloppt.
Mit 17 hatte ich meine eigene Wohnung und mit 25 auch die Kohle für mein Roland System 700 zusammengekratzt. Die Oma hat für den Rest gebürgt, hab mir damals überall bei der Verwandtschaft Kohle ausgeliehen (und wieder zurückgezahlt), damit ich die 44.000 Märker dafür hinblättern konnte. Alles ist möglich , wenn man es nur will, aber Jammern ist natürlich einfacher als arbeiten.
 
Logo gibts den Neidfaktor bei Musikern allgemein und gerne wird übersehen, wie sich einer krummgelegt hat fürs Equipment. Auch gute Bezugsquellen sind beneidenswert, etwa als Mitarbeiter im Handel das Zeug zum EK zu kriegen oder als Langzeit-Leihinstrument.

Das ist aber immer nur die eine Seite der Medaille, die andere ist die Zeit. Eigenes Studio kostet einen Haufen Geld an Unterhalt pro Monat, der Druck, Produktionen zu machen, auch wenn es nicht den eigenen Idealen entspricht, usw. Und auch ein noch so hoher Labelvorschuß ist mal weg, wenn es 1-2 Jahre keine besonderen Einnahmen gibt. Das hatte auch Reinhold Heil, Spliff war bei Sony (damals CBS) nicht immer eine große Nummer, sondern musste sich hinten anstellen und beim Senior A&R, das war damals Fitz Braum, eine gute Figur machen (= Verkaufszahlen).

Und dennoch, an der Kasse zeigte sich stets das wahre Gesicht. Da stand dann halt die Mutter des späteren Award Gewinners daneben und zahlte für den Prophet 5. Wer das nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kennt halt nur die halbe Wahrheit, die aus Interviews, in denen jeder ein Bild nach draußen abgibt und sich verkauft.
 
Das Foto müsste von 1980 sein. Von der Spliff Radio Show. Reinhold hat bei Spliff nie ein CP70 dabei gehabt.
Das GS2 hat das ersetzt.
 
swissdoc schrieb:
(who owned the town's only record and hi-fi store) und möglicherweise war da die Haushaltskasse ja nicht so klamm?
Warst Du schon mal in Schlüchtern? Die "town" deren "only record and hi-fi store" der Vater betrieb, war damals ein 14tausend-Seelenkaff. Da haben vielleicht noch die Bauern aus dem Nordspessart das Radio und die Glotze gekauft (wenn sie nicht eh nach Fulda oder FfM gefahren sind). Reich ist Familie Heil sicher nicht gewesen.
 
Und wer viele Synthesizer hat, der ist garantiert nicht (mehr) reich. :mrgreen:
 
Bernie schrieb:
Alles ist möglich , wenn man es nur will, aber Jammern ist natürlich einfacher als arbeiten.

Mein Exchef hatte den Spruch auch immer parat, wenn er seinen leitenden Techniker mit 3,50 € brutto pro Stunde entlohnt hat.
 
Cyclotron schrieb:
Mein Exchef hatte den Spruch auch immer parat, wenn er seinen leitenden Techniker mit 3,50 € brutto pro Stunde entlohnt hat.
Sorry, aber es liegt doch an jedem selber, ob er einen gut bezahlten Beruf erlernt und sich entsprechend weiter qualifiziert, damit man eben nicht später bei McDoof für 7 Euro die Burger braten muss.
 
moogist schrieb:
Ja, das kommt hin. Wahnsinn, was der 1981 - in seinem vierten Profijahr - schon an Equipment hatte! Da hat er wohl sein ganzes Geld hineingesteckt.

Wenn man einen Namen hat, und die Jungs waren damals Top_Seller, dann purzelten die Einkaufspreise von Geräten auf wundersame Weise. Weil auch damals schon bekannt war, das die Zielgruppe gerne Equipment kauft, das ihre Idole benutzen, gab es das eine oder andere auch schon mal umsonst. Natürlich wurde erwartet, dass diese Dinger dann auch auf Fotos, Videos und auf Equipment.Listen zu sehen waren.
Sogar wir mit der nur regional bekannten Synthesizerschule in Berlin bekamen "Sonderangebote" weil auch wir als gute Multiplikatoren galten.
 
RetroSound schrieb:
Und wer viele Synthesizer hat, der ist garantiert nicht (mehr) reich. :mrgreen:

Heil konnte zu jenem Zeitpunkt wohl kaum klagen. Nina Hagen Band 78 und 79 ist gut gechartet, fürs erste Album gabs Gold und landete auf 11, das zweite Album auf 2. Das war die Zeit, als Labels das mit recht hohen Vorschüssen gepolstert haben, da war nicht nur ein Schwung Teuerkeyboards drin. Und die Tantiemen samt Gema folgen ja nicht gar zu spät nach den Veröffentlichungen. Da war also 81, Zeitpunkt des Fotos, schon einiges geflossen. Nebenbei war Heil Yamaha Endorser, deshalb ja der Wechsel zu GS2 und CE25, später die DXe und TXe. Ich sag nur Rosalie :)
 
Bernie schrieb:
Sorry, aber es liegt doch an jedem selber, ob er einen gut bezahlten Beruf erlernt und sich entsprechend weiter qualifiziert, damit man eben nicht später bei McDoof für 7 Euro die Burger braten muss.

Es gibt auch Menschen, bei denen das Schicksal ein paar mal nachgetreten hat. Deshalb halte ich nichts davon, arme oder kranke Menschen pauschal als faule Jammerlappen abzustempeln. Nicht alles im Leben ist "selfmade".
 
Es wäre prima, wenn es hier weiter um Reinhold Heil und seine Synths ginge, soziale Verschiedenheiten wären im Funktionsraum besser aufgehoben.
 
In einem neuen Video auf Vimeo.de erzählt er im Interview, wie er den CS80 finanziert hat: Teilweise aus Erspartem, aus Verdientem, den Rest dann von der Oma geliehen... Den Minimoog, den er bei Nina Hagen gespielt hat, hat er sich - laut Interview bei Keys um 1990 - als Student mit einem Ferienjob auf dem Bau erarbeitet.

Später - als Spliff Erfolg hatten - hat er wohl einen nicht unbeträchtlichen Teil der Einnahmen in Equipment und (Spliff-)Studio gesteckt. Der hatte alles, was gut und teuer war - da war das beste gerade gut genug. Bei der letzten Spliff-Tour war er dann mit Fairlight und Yamaha DX1 unterwegs - leichter Overkill, in meinen Augen...
 


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