Synthesizer Pflege/Wartung - Mittelchen

swissdoc

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back on duty
Es gibt ja immer wieder haue, wenn man über Kontakt 60 oder andere Contact Cleaner berichtet :)

Was sind denn nun die definiven Mittelchen zum Reinigen von kratzenden Potis oder knisternden Kontakten, zerrenden Relais oder auch schwergängigen Potis.
Back in the times of rec.music.makers.synth wurde viel von Cramolin Red gesprochen, dieser Tage hier oftmals von DeoxIT oder Faderlube.

Ich will mir nun eine Grundausstattung besorgen. Hier in CH gibt es das meiste eh nicht, also suche ich nach Empfehlungen für diese Mittelchen und auch Bezugsquellen, die nach D liefern.

Hier noch ein paar Namen, die mir so eingefallen sind...

Faderlube
DeoxIT
WD-40 Specialist Serie
KONTAKT 60
caramba
Cramolin Red

Vor kurzem habe ich mit diesem Produkt das Kratzen des MKS-20 Volumesliders beseitigen können: robbe-Synthetiköl für Kunststoffe
5530_2_web.jpg
 
Ich nutze seit Jahren Deoxit Fader F5 für Potis und Fader. Bis jetzt immer gute Erfahrungen gemacht.
 
Sieht so aus, als sei das ja alles das selbe :)
http://www.siber-sonic.com/electronics/caig.html

Ich habe nun DeoxIT D5, DeoxIT F5 und DeoxIT Gold G5 bestellt, sollte dann erstmal reichen...
http://www.micro-tools.de/Kontaktreiniger-oxid/

Was mich aber wundert: Warum gibt es diese Mittel genau nur von Caig aus USA? Warum sind die Mittel von z.B. Kontakt Chemie nicht geeignet? Dort gibt es ja auch tonneweise Mittelchen und D ist ja nicht gerade ein Land mit schlechtem Track-Record im High-Tech-Bereich oder auch im Bereich der Chemie. Alles nur eine Masche? Plappert die Audio/Synth-Gemeinde den selben Seich seit Jahren nach?

Weiss jemand was genaueres?
 
Mit meinen Chemiekenntnissen aus Schule/Studium (sowie als ehemaliger Chemie/Pharma-Makler, der Geschäfte zwischen deutschen Chemiekonzernen und chinesischen Herstellern vermittelte) kann ich zumindest schon mal sagen, dass WD-40 Dreck ist. Wer in erheblichen Umfang (weit über 20 Prozent) relativ flüchtige, technisch so gut wie unbehandelte (!) Erdölfraktionen ("Naphta") in ein Reinigungsspray für elektronische Komponenten reinhaut, der hat entweder einen massiven Dachschaden, oder er will mit billigsten Inhaltstoffen skrupellos Kasse machen. Das gleiche gilt für das massiv überteuerte Reinigungsspray von "Loctite" (Henkel). Immerhin begründet das Sicherheitsdatenblatt diesen Inhaltstoff noch mit einem etwas argumentativ diffusen "wasserabweisenden Sicherheitsfilm", an dem vor allem der Begriff "Film" völlig zutreffend ist.

Teils löst dieses "Naphta" so aggressiv, dass auf lange Sicht hin - leider - eine Verschlechterung der Fader durch die Behandlung mit diesen "Reinigungs"sprays einher geht.

Bei Deoxit Gold und Deoxit Fader Lube ist dieser Dreck nicht enthalten. Stattdessen setzt man auf einen vergleichsweise teures Lösungsmittel (dieses hier), das obendrein gesundheitlich ziemlich unbedenklich ist, und zudem bei Fadern wirklich gut funktioniert und auch nicht zu Sauereien wie Kriechfilmen führt. Warum sich kein deutscher Chemiekonzern dazu durchringen kann, das dürfte - imho - mit der "BWL-Mentalität" im Produktmanagement zu tun haben. Die gehen einfach (zumeist zurecht) von dummen Konsumenten aus, und auch davon, dass mittels Marketing sogar eine Schlempe wie der Kontaktreiniger von Locktite als ein "hochwertiges" Produkt vermarktbar ist. Außerdem wird der Haupt-Ausgangsstoff von Deoxit-Kontaktsprays weder in D-Schland, noch bei den chinesischen Zulieferern der deutschen Konzerne hergestellt.

Ich persönliche (keine Gewähr!) gehe wegen der chemischen Zusammensetzung allerdings davon aus, dass auch sowas wie Cramolin Kontaktspray 2435 (immerhin frei von Naphta u.ä.) für Fader funzen sollte. Ist aber gesundheitsschädlicher. Ich würde so ein Zeug auf gar keinen Fall in Wohnräumen einsetzen bzw. die Reinigung und das Auslüften (30 min. genügen hier völlig) strikt außerhalb von Arbeitsplätzen/Wohnräumen vornehmen.

Steht natürlich im Sicherheitsdatenblatt so nicht drin, aber...

Kurze Version: Es geht anderen Herstellern darum, möglichst billige, deutlich weniger geeignete Inhaltstoffe einzusetzen. Außerdem ist es einfach so, dass sich die Firma, die Deoxit herstellt, tatsächlich mit den Langzeitfolgen (z.B. erhöhter Faderverschleiß, unerwünschte Kriechfilme u.ä.) auseinander gesetzt hat. Anderer Hersteller (oh, falcher Begriff, sorry), äh, Vermarkter (z.B. Henkel) konzentrieren ihre Expertise eher an vertriebstechnischen Fragen aus.

Oh, und "Caramba" für Fader: Das werte ich als Verbrechen. Zum Lösen von lockerer Schrauben: Okay. Aber für Fader oder gar das Innenleben von Synthesizern, muss man schon einen Riesenhaufen Schrauben locker haben, um dafür Caramba einzusetzen.
 
Kontakt 60 und WL für Fader gibt zu Recht Haue, und auf die Benutzung von WD40 steht Steinigung. WD40 ist prima, um angerostete Schrauben an Autos etc. damit einzusprühen, Kontakt 60/WL auch eher für Grobes, zB früher gerne für als Modellbahn-Weichenantrieb genutzte alte Postrelais.

Caramba gehört ebenfalls an Auto, Zweirad etc., aber nicht an empfindliche Elektronik.


An Musikelektronik gehe ich maximal mit Tuner 600 dran, so wie neulich bei meinem sehr verranzten Yamaha-Mischpult, damit habe ich sowohl die kratzenden Fader als auch die krachenden Schalter wieder entkracht.

Platinen mit Flüssigkeitsschäden und Gummi-Kohlekontakte werden bei mir maximal mit Isopropanol behandelt.
 
ballistol.

hab ich hier noch ne gehört, benutze es aber selbst für potis knöppe, kontakte. kam ich durch eine bandmaschine drauf. wenn da etwas empfohlen wird, ballistol.
 
Ohne mich auf der Chemischen Seite wirklich so auszukennen wir Monsieur Lammfromm (ich bin bereits in der ersten Anorgank Klausur gescheitert), darf ich einwerfen, dass die Caig Sachen, die einzigen sind, die von der Herstellerseite empfohlen werden (hier ist immer wieder Rane zu nennen, die wohl den größten Basis-Knowhow Fundus auf Ihrer unendlichen Webseite bereithalten. Aber auch SSL oder Mackie empfehlen Caig). Meine Empfehlung geht dahin: DeoxIt für Schalter, Faderlube F5 fürs Reinigen danach F100 fürs versiegeln. F5 ohne F100 kann man sich sparen.

Dabei sollte man auch noch folgende Grundüberlegung einbeziehen: Was ist knistern und Rauschen bei Fadern? Es ist eine unregelmäßge Änderung des Widerstands. Diese kann hervorgerufen werden durch:
Bedeckung der Kontakt- oder Widerstandsbahn durch Staub oder eine Oxidschicht.
Beschädigung der Oberfläche der Kontakt- oder Widerstandsbahn (Kerbe).

Meist ist es so, dass Staub auf der Widerstandsbahn letzlich auch zu mechanischen Beschädigungen zur Folge hat. Eine Reinigungsspray (F5 oder Tuner600) löst nur den Staub, repariert aber mechanische Beschädigungen nicht. FL100 hingegen (oder angeblich auch Ballistol) überzieht die Widerstandsbahn mit einem minimal leitfähigen "Schmierfilm", der dafür sorgt, dass eine mechanische Mikrobeschädigung der Kontaktfläche überbrückt wird. Dieser Überbrückungs Effekt ist bei FL5 auch kurzzeitig gegeben, aber auf Dauer geht das auch wieder weg.

Und dann der zweite Hinweis: das Zeugs klebt. Staub der drauffällt bleibtb kleben. Wir bekommen also dort, wo sich Sprühnebelreste ablagern eine durchaus leitfähige Staubfilmschicht, die an der jeweiligen Stelle definitiv nichts zu suchen hat. Wer also mit Sprays in Elektronik arbeitet, sollte beim sprayen unbedingt auf sorgfältige Abdeckung der gesamten Umgebung achten!

Die erste Reparatur-Methode sollte aber immer die mechanische Reinigung (gerne im Ultraschallbad) oder einfach der Tausch des Potis sein.
 
Ich bin auch ein Ballistolfan.

Greift nichts an, auch nach Jahren.

Drum nimmt's auch die Waffenfraktion, mit der ich aber nichts am Hut habe.
 
swissdoc schrieb:
Was sind denn nun die definiven Mittelchen zum Reinigen von kratzenden Potis oder knisternden Kontakten, zerrenden Relais oder auch schwergängigen Potis.
Ich habe bestimmt nichts gegen Kontakt 60! Mein 2. komplettes Roland System 100 kaufte ich einst von 2 Berliner Typen ab die es irgendwie geschafft hatten, dass irgendwas kratzte..
Dann entleerten sie den Inhalt einer Sprayflasche (vielleicht auch nur die Hälfte) in alle erdenklichen Öffnungen der Geräte und wunderten sich, dass es dann nur noch jaulte. Ich sah deren Verkaufsinserat und nahm ihnen die Geräte großzügigerweise für einige hundert Mark ab.

Kontakt 60 benutze ich heute noch ganz gerne wenn wirklich schlimm oxidierte Kontakte oder K-Schienen gereinigt werden müssen. Wichtig ist mir dabei, dass ich die Sachen hinterher gut nachreiben kann um überschüssiges K60 und den Dreck nicht nur zu lösen sondern auch zu entfernen! In Potis hat das Zeug also nichts zu suchen. Da habe ich bisher immer mit "Tuner-Spray" (Kontakt 600) gute Ergebnisse erzielt. Allerdings sind solche Reinigungen gerade bei Potis wirklich selten nötig. Wenn Regler benutzt werden, reinigen die sich von selbst.
In ca 40 Jahren hatte ich tatsächlich keinen Synthesizer bei dem ich mit kratzenden Potis Probleme hatte. (vom obigen Beispiel abgesehen, bei dem die Soße unten am Gehäuse rauslief)
Tipp_ einen Faden 2x um den Poti-Knopf legen und dann den Knopf durch das wechselseitige Ziehen am Faden viele Male hin- und herdrehen. Der Fadentrick ist besonders sinnvoll wenn es sich um Mehrgang-Potis handelt.
Kontaktschienen, Kontaktfedern: Vorreinigung Kontakt 60, danch Tuner 600
Patchcords: Kontakt 60, gründlich nachwischen
Buchsen Kontakt 60 auf einem Wattestäbchen, dann mit einem Stecker einige Male nachhelfen, trocken nachwischen
 
ich hab mal teile eines balistos in einem gameboy gefunden bei dem das steuerkreuz nicht mehr so gut ging. den hatt ich fürn fünfer bei ebay geschossen und für 20 wieder verkauft. :phat:
 
dank an lothar für die detailierte und fundierte erklärung!
endlich mal jemand der mir den mythos deoxit schlüssig darlegen konnte und etwas licht in die meist sehr oberflächliche synth-chemikalien diskussion brachte, top!

oh, und wenn wir schon beim thema sind: benutzt ihr zusätze im ultraschallbad oder nur destilliertes wasser?
 
Mal so am Rande.
Wenn es um Kunststoff (Plastik) wie z.B. Tasten geht,
DOMAX ist da Bombe. Natürlich auch bei Gartenmöbeln.

d76RLzc.jpg


Aufsprühen, Einwirken, Abspülen reicht meist.
Da sieht man den Dreck regelrecht runterlaufen nach dem Aufsprüghen.
Echtes Teufelszeug.
 
...um mal ne Lanze für WD40 zu brechen:

Im Fahrradsektor imho unverzichtbar!

Allein das Feature:
Eingesprühte Griffe auf den Lenker schieben und nach 3 Minuten fest!
Von der Kette fang ich jetzt mal garnicht erst an...
V-Brakes...
Alles...

Auch immer wieder gern genommen:
Aufkleberreste entfernen, mit WD40 absolut easy.
 
Noise-Generator schrieb:
ich hab mal teile eines balistos in einem gameboy gefunden bei dem das steuerkreuz nicht mehr so gut ging. den hatt ich fürn fünfer bei ebay geschossen und für 20 wieder verkauft. :phat:

Den Controller oder den Balisto?

Was die äußere Reinigung angeht, bin ich ein großer Fan des Küchen-Reiniger-Schaum von Putzmeister, den es regelmäßig im Frühjahr bei ALDI Nord in den Haushaltswochen gibt. Selbst versiffteste Geräte werden damit wieder schön sauber, und mit angegriffenen Oberflächen habe ich bis dato noch keine Probleme gehabt.

M. E. ist das Zeug dasselbe, was Leute, die Pinball Machines aufarbeiten, verwenden, um den Dreck von jahrzehntelanger Benutzung aus und von den Gehäusen runterzukriegen. "Becher Spray" heißt das.

Stephen
 
ppg360 schrieb:
Noise-Generator schrieb:
Was die äußere Reinigung angeht, bin ich ein großer Fan des Küchen-Reiniger-Schaum von Putzmeister, den es regelmäßig im Frühjahr bei ALDI Nord in den Haushaltswochen gibt. Selbst versiffteste Geräte werden damit wieder schön sauber, und mit angegriffenen Oberflächen habe ich bis dato noch keine Probleme gehabt.

M. E. ist das Zeug dasselbe, was Leute, die Pinball Machines aufarbeiten, verwenden, um den Dreck von jahrzehntelanger Benutzung aus und von den Gehäusen runterzukriegen. "Becher Spray" heißt das.
Stephen
Die äußere Reinigung (gerade von fettigen Rückständen) ist keine Geheimwissenschaft. Natürlich funzt Spüli etc da nicht so supertoll - aber diese Mittelchen, wie sie u.a. von ALDI vertrieben werden, die enthalten nix Besonderes, sondern irgendwelche alkalischen Substanzen, welche nun eimal eine gute Fettlösekraft haben. Ist keine Geheimwissenschaft. Im Zweifel kann man sich mit Gallseife (sehr billig), ein wenig Backofenreiniger und etwas Spüli sein eigenes "Super-Reinigungsmittel für Plastikoberflächen" zusammen stellen. Verblüffend gut bei etwas schwierigeren Verschmutzungen funzen übrigens auch die Reinigungsmittel, die für Autos vertrieben werden.

Aber wie gesagt: Kann man sich eigentlich selbst herstellen...

(wir sind hier doch alle ein wenig DIY-affin, oder nicht?)
 
Cyborg schrieb:
Tipp_ einen Faden 2x um den Poti-Knopf legen und dann den Knopf durch das wechselseitige Ziehen am Faden viele Male hin- und herdrehen. Der Fadentrick ist besonders sinnvoll wenn es sich um Mehrgang-Potis handelt.

Lustig .. ich habe es mal eben ausprobiert ( bei einem meiner Problem Potis ) und muss sagen: es funktioniert :supi:
Erstaunlich dass der selbst"reinigende" Effekt um so viel hörbar besser ist als wenn man nur per normaler Fingerdrehung Hand anlegt.
 
Der Trick mit dem Faden (oder besser noch: starke Lenkdrachenschnur) kann sogar noch für was anderes eingesetzt werden. Man kann mit so einer Schlaufe hartnäckig festsitzende Potikappen ablösen, wenn man es schafft, die Schnur unter die Kappe zu bekommen. :idea:
 


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