Klangfarbenkomposition

A

Anonymous

Guest
Nehmen wir mal Arnold Schönberg mit ins Boot.
Hier im Forum geht es oft zu Recht um den Begriff „Komposition“.
Viele hier im Forum arbeiten eher klangfarbenorientiert, was
wohl (noch?) immer naserümpfend betrachtet bzw. gehört wird
(Kann natürlich auch daran liegen, in welcher Qualität
die Klangfarben zueinander organisiert = komponiert sind).

Hierzu gibt es einen schönen Text von Schönberg, der darauf
eingeht:

Schönbergs Antwort in der Harmonielehre ist allgemein bekannt. Er schreibt: F „Ich kann
den Unterschied zwischen Klangfarbe und Klanghöhe, wie er gewöhnlich ausgedrückt
wird, nicht so unbedingt zugeben. Ich finde, der Ton macht sich bemerkbar durch die
Klangfarbe, deren eine Dimension die Klanghöhe ist. Die Klangfarbe ist also das grosse
Gebiet, ein Bezirk davon die Klanghöhe. Die Klanghöhe ist nichts anderes als
Klangfarbe, gemessen in einer Richtung. Ist es nun möglich, aus Klangfarben, die sich
der Höhe nach unterscheiden, Gebilde entstehen zu lassen, die wir Melodien nennen, [...]
dann muss es auch möglich sein, aus den Klangfarben der anderen Dimension, aus dem,
was wir schlechtweg Klangfarbe nennen, solche Folgen herzustellen, deren Beziehung
untereinander mit einer Art Logik wirkt, ganz äquivalent jener Logik, die uns bei der
Melodie der Klanghöhen genügt.“

(Dies ist nur ein Ausschnitt. Der komplette Text ist unter
http://www.michelroth.ch/upload/Arnold% ... d83c9a8128
zu finden)

* Falls es nicht hierher paßt, bitte in Extra-Thread verschieben *
* Finde dieses Thema auf jeden Fall eine Diskussion wert *
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Noch ein Auszug aus dem Text von Schönberg (siehe auch Link oben):

„Klangfarbenmelodien! Welche feinen Sinne, die hier unterscheiden,
welcher hochentwickelte Geist, der an so subtilen Dingen Vergnügen
finden mag! Wer wagt hier Theorie zu fordern!“
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Also Musik ohne Tonhöhenänderung, nur die Grundton/Oberton-Zusammensetzung (Grobdarstellung) ändert sich entsprechend der Komposition? Hast Du ein Hörbeispiel?
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

sadnoiss schrieb:
Also Musik ohne Tonhöhenänderung, nur die Grundton/Oberton-Zusammensetzung (Grobdarstellung) ändert sich entsprechend der Komposition? Hast Du ein Hörbeispiel?

Ein Klang an und für sich beinhaltet ja auch eine Tonhöhe!
Interessant ist doch: ab wann ist es "nur" ein Klang und ab
wann ist es eine Komposition.
Ab wann wird aus dem Sounddesigner ein Komponist?
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

sadnoiss schrieb:
Ist die bewußte, überlegte Aneinandereiung von "Sounds" eine Komposition?

Genau das ist das Thema*.
Und hier im Forum scheint der Klang / die Klangerzeuger
stark im Vordergurnd zu stehen; also ein Platz für Klangspezialisten.
Genug Leute, die über ihre Beziehung zum Klang und deren mehr
oder weniger gezielte "Aneinanderreihung" berichten können.

* wobei auch gerne die alten/neuen Komponisten mit einbezogen
werden dürfen: Schönberg, Ligeti...
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Geht es denn bei Schöberg wirklich um den "Sound"? Oder sogar um Aneinanderreihung?
Böse Zungen nennen ja grade das "Hurz", also diese Klaviersachen mit Stimme. Aber ich sehe hierin eher die Aussage, dass man mit beliebig vielen Sinustönen mit freien Frequenzen und dem gegenüber Notenschrift und Töne mit Instrumenten gegenüberstellt quasi mit beidem ans Ziel kommen kann. Zzt. ist die Theorie über die Noten deutlich anerkannter und beliebter. Aber Moden kommen und gehen. ggf. geht jemand mal virtuos mit Sinustönen um?
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Viele Orchesterkomponisten (spätestens seit Beethoven) ziehen die Gestaltung der Klangfarben in die Kompositionen mit ein. Aber das ist hier wahrscheinlich nicht gemeint, sondern die Frage, wie und nach welchen Strukturprinzipien das (a) als Alternative zur Komposition anderer Parameter (wie Tonhöhe) eingesetzt werden kann, bzw. (b) wie wir mit der vergleichsweise großen Bandbreite der Gestaltungsmöglichkeiten durch elektronische Klangerzeuger umgehen sollen.
(a) halte ich für eine künstlerische Sackgasse (analog zur Sackgasse der mikrotonalen Komposition, wie auch Ligeti feststellen musste), aber das ist meine ganz persönliche Meinung.
Bei (b) bleibt die Frage: haben wir Gestaltungsprinzipien, bzw. wie bekommen wir eine Klangfarben-Struktur, die den Rest des musikalischen Geschehens nicht als Mickeymousing begleitet, sondern verstärkt, kontrastiert, bzw. sonstwie sinnvoll ist.

Ansonsten: bitte das dümmliche "Hurz"-Witzchen hier rauslassen (sonst wird die Diskussion vorhersehbar prollig).

Andreas
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Moogulator schrieb:
Geht es denn bei Schöberg wirklich um den "Sound"? Oder sogar um Aneinanderreihung?
Böse Zungen nennen ja grade das "Hurz", also diese Klaviersachen mit Stimme..... ?

Wahrscheinlich hast Du eher die Gurrelieder im Hinterkopf (?). Bei Schönberg gabs ja auch
verschiedene Schaffensphasen. „Hurze“ waren vielleicht auch dabei – wie bei vielen Künstlern.
(Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Hape Kerkeling DAMIT unbewusst auch eine Art Kunst geschaffen hat ;-) )

Das Gros seines Werkes ist aber durchaus akzeptierbar. Man denke auch an die Zeit,
in der sein Werk entstand. Zig Jahre sind seitdem vergangen und (ernstgemeinte)
gute Klangfarbenkomposition ist immer noch Mangelware.

Zu
„Theorie über die Noten deutlich anerkannter und beliebter“:
(Zitat aus dem weiter o. e. Text) Schönberg war auch dieser Meinung:
Er erwähnt,
dass bis jetzt in der Musiktheorie vor allem die Dimension der Tonhöhe systematisiert worden
sei, beispielsweise in Form von Harmonielehren. Dagegen befinde sich „die Bewertung der
Klangfarbe, der zweiten Dimension des Tons, […] in einem noch viel unbebauteren,
ungeordneteren Zustand." Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, die Klangfarbe zu
systematisieren?

Ist es mathematisch überhaupt noch möglich neue Tonfolgen zu schaffen? Oder ist die kreative/aktive Einbeziehung des Klanges nicht fast schon zwingend, WENN man in Richtung Neues gehen will?

Übrigens: reine Klangfarbenmusik hat er m. E. auch nicht gemacht. Selbst das zitierte „Farben“ in der Mitte der 5 Orchesterstücken beinhaltet Tonhöhenkomposition.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

@AndreasKrebs

Zu a) Ist halt auch die Frage, ob wir REINE Klangfarbenmusik wollen oder ob wir uns schon einmal mit der
Gleichberechtigung von Tonhöhe und Klang zufrieden geben. Macht ja Sinn BEIDES einzubeziehen, was ja
in der Neuen Musik durchaus der Fall ist.

Zu b) Zustimmung. Und:
Wir hatten noch nie so viele Klanggestaltungsmöglichkeiten wie heute. Also Verfügbarkeit von
(elektronischem) Eqiuipment. D. h. der Klangfarbenforschung bzw. -komposition sollte eigentilch
nichts mehr im Wege stehen.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

1) Audio hat eine Datenrate von ca. 2Mbit/sec. Wie wir aus der Forschung zur Audiokompression wissen, kann man das auf etwa 100kBit/sec eindampfen, eine hypothetische, menschenlesbare Form hätte dann sicher wieder das zehnfache an Daten (analog zu Text), das heißt man muss für eine Sekunde Audio etwa 50 Schreibmaschinenseiten sinnvollen Text tippen, wenn man es vollständig komponieren will.

2) Sinustöne sind keine Klangatome, jedenfalls nicht in der Form, in der sie in der Musik betrachtet wurden. Einzelne Sample-Punkte sind real vorkommende Klangatome. Mit einem Texteditor kann man also jeden möglichen Sound erstellen, einfach nur 44100 Zahlen für 1 Sekunde Audio tippen, fertig. Das wird durch Wahl anderer Klangatome nie sinnvoller, denn die Informationsdichte bleibt immer gleich. Der Versuch aus Klangatomen Musik zu machen ist vergleichbar dem Gedanken, mit MS-Paint jedes erdenkliche Bild malen zu können.

3) Zufall ist von maximaler Informationsdichte bei unbekannter Kodierung nicht zu unterscheiden. Die künstlerische Interpretation eines Musiker oder gar Teile der Komposition durch Zufall zu ersetzen ist daher stets billige Gaukelei. (Hier ist wohlgemerkt nicht das Glück des Tüchtigen gemeint, sondern Würfelentscheidungen, die direkt in das Resultat einfließen. )

Letztlich hat mal also die Auswahl, worauf man sich Konzentrieren möchte. Ohne die bewährte Kulturtechnik des Wissenserwerbs über Generationen, und der Zusammenarbeit mit anderen, wird man nur ein sehr kleinen Teil eines Werkes kontrolliert erzeugen können.
Das heute in einem simplen Pop-Song Spezialisten für die Synthesizer-Sounds zuständig sind, die zudem auf Geräten arbeiten, die von Spezialisten entwickelt wurden und eine längere Entwicklungsgeschichte haben, sollte zu denken geben. Als Einzelkämpfer kann man nicht alles haben. Wenn der Komponist sich den Instrumentenbau unter den Nagel reißt klingt es eben mehr nach rohem Holz und Labor-Tongenerator, wenn der Sounddsigner komponiert, dudelt es vor sich hin ...
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

@Nordcore:

Damit hast Du theoretisch bewiesen, was mathematisch geht, aber:

zu 1 + 2) das ist rein akademisch. Praktisch würde solch eine Musik wenig Sinn machen, bzw. würde man bei so mancher Komposition keine hörbaren Unterschiede merken. Nicht jede mathematische Möglichkeit ist kompositorisch sinnvoll.

zu 3) Brian Eno bzw. John Cage haben sich viel mit Zufall beschäftigt – gibt ja hier einige Threads zu diesem Thema – aber die Ergebnisse scheinen oft willkürlich, bzw. fehlt auch die Handschrift des Komponisten, der Stil. Es sei denn, man gibt sich damit zufrieden, dass die Komposition sich eher auf das Finden von Zufalls-Algorithmen verlagert. Reicht mir persönlich nicht. Geschmackssache. Ist aber eh ein anderes Thema.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Sind wir fast im Sync, eine neue Melodie finden mit chromatischer Stimmung oder "weniger" ist schwer, deshalb hat man wohl auch serielle / 12 Tonmusik gefunden, wo es quasi um die gleichberechtigte Behandlung der Töne ging. Obertonreihen sind da auch offen. Aber im klassischen Westeuro-Sinne und auch mit USA haben wir schon viele Melodien schon gespielt. Nicht aber wenn man eben eine andere Skalierung verwendet, die mehr Töne hat. Da ginge also noch was.

Aber der Weg über die Sinus-Töne (nur als Beispiel) wird länger brauchen. Dennoch gibt es hier auch schon eine Menge, was bereits gemacht wurde. Hatte ja mal die Frage gestellt, ob Analog-Subtraktiv noch überraschen könne..

Das mit dem Hurz habe ich eingebracht, da das Empfinden bei vielen doch so ist. Vielleicht liegt das auch an der Emotionalität und das ist ja nicht so "in". Es ist eben einfacher als 4 Katzendarmschleuderer im Britpopstil was zu machen, aber diese Art von Musik scheint schon post-Beatles ohne Innovation auszukommen. Es geht mir also nur um Formen, die man gewohnt ist oder nicht. Es reicht da auch ein Schubert-Lied, das ist dann im Gegensatz noch eher gestelzt und künstlich im "nicht so interessenten" Bereich. Das ist vermutlich so, weil wir das als lange Tradition haben. Allgemeingültigkeit gibt es hier natürlich nicht,diese Haltung im WDR-Thread liegt sicher auch eher an den Diskutanten (um nicht Disko-Tanten zu sagen)? Bitte alles werten als einen Versuch sich einer Musik zu nähern. E und U, gut/schlecht, akademisch oder nicht? Oder doch im Popbereich? Ich finde hier fällt schon auf, dass es eben eine Bewertung gibt, dort. Ob es sie auch in der Uni gibt bezüglich anderer Musik? Das könnte man besprechen.

Schönberg steht sicher schon auch für diese Kunstmusik, das ist quasi der Ausdruckstanz der Musik. Klangmalerei wurde in der Tat schon früh begonnen. Und die der Franzosen ist anders gemalt als die Deutschen das taten oder die Russen und namentlich vielleicht Schostakovitsch, Beethoven und Debussy vielleicht? Die spielen aber auch mit musikalischen Sachen oder machen ihre musikalischen Zitate, damit es ungewohnt ist.
Es gibt eine parallele Entwicklung bei Musik und man beeinflusst sich. Dann will man ggf. auch individuell sein..
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

@Moogulator:

„Nicht aber wenn man eben eine andere Skalierung verwendet, die mehr Töne hat“
Haben wir wieder das Problem mit den (eingefahrenen) Hörgewohnheiten, bzw. wird mikrotonale Musik auch oft als Sackgasse bezeichnet (siehe weiter oben). Mikrotonal kann geil sein! Gab ja auch schon den einen oder anderen Thread hierzu. Richtig dafür interessieren, tun sich aber nur wenige – mein Eindruck.

„Hatte ja mal die Frage gestellt, ob Analog-Subtraktiv noch überraschen könne..“
Es mag noch Überraschungen geben, aber die Suchzeit dafür wird bei analog immer länger, da vieles an Klängen hier schon gefunden wurde. Daher auch die Gier nach den neuen Synths, neuen Klangsynthesen, Input…
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

@Moogulator

„Schönberg steht sicher schon auch für diese Kunstmusik, das ist quasi der Ausdruckstanz der Musik. Klangmalerei wurde in der Tat schon früh begonnen. „
Kandinsky war wohl ein enger Freund von ihm. Blauer Reiter…
„Verklärte Nacht“ dürften einige kennen: klangmalerisch dargestellte Zerrissenheit usw.

zu Hurz & Neuer Musik im Allgemeinen:
Der Zugang zur sogen. Neuen Musik wurde wohl auch deshalb für viele erschwert, weil oftmals reine Provokation im Vordergrund stand. War ne Zeitgeistsache, die man auch in der Malerei findet: Hauptsache anders sein, so wie Kinder gegen ihre Eltern rebellieren. Diese Zeiten scheinen ausgelebt und man findet in der NM heutzutage wirklich auch gute Sachen.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Stammtisch schrieb:
Der Zugang zur sogen. Neuen Musik wurde wohl auch deshalb für viele erschwert, weil oftmals reine Provokation im Vordergrund stand. War ne Zeitgeistsache, die man auch in der Malerei findet: Hauptsache anders sein, so wie Kinder gegen ihre Eltern rebellieren.

Danke!
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Bitte.

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Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Finde noch wichtig, dass mein Ansinnen nicht das Anprangern ist sondern nur über diesen Bereich zu sprechen und zu prüfen weshalb das so gesehen wird. Dein Beitrag hilft dabei. Mir fällt auf, dass in der Popmusik im weiteren Sinne auch sehr viele sich für den Weg des "ähnlichen Weges" entscheiden. Das kostet Individualpunkte. Ist Individualismus ein Wert an sich? Und in der Musik oder Malerei gibt es da einige Beispiele. zB das ungegenständliche und heute hier und da fast "Mut" zu nennende Gegenständliche als scheinbaren Gegensatz?

Aber zum Einleitungsthema - bin sicher, dass Musik mehr sein muss als die Noten allein. Das kann es gar nicht. Aber damit wirklich konsequent oder radikal arbeiten tun nicht alle. Im Bereich Elektronische Musik mag es noch akademische Aufmerksamkeiten geben, zoomt man zur Filmmusik (vielleicht doch eine Funktionsmusik), so fiel mir hier öffentlich auch auf, wie klassisch-orchestral sie noch immer ist - auch wenig Mut. Dabei meine ich nicht mehr 909 reinbauen.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Erst mal dank an alle, dass hier doch eine Diskussion aufkeimt. Soll alles weder
Anprangern sein, bzw. muß es auch keine Schönberg-Diskussion sein.

@Moogulator:
Die Popmusik muß zwangsweise Kompromisse eingehen, sie muß nach Geld schielen, um existieren zu können. Bzw. finden die Innovationen dort eher in homöopathischen Größen statt, denn sonst kauft keiner die Musik. Es geht immer wieder um den Hörer, der die Entwicklung des Musikers (oder sollten wir lieber von deren Produzenten reden?) nachvollziehen muß/soll. DAS ist eigentlich auch das „Problem“: die Nachvollziehbarkeit, wenn es ZU abgehoben ist.

Gewagte Aussage: Vielleicht ist es gerade die Popmusik die in langsamen Schritten den Hörer an eine neuere Musik heranführen könnte. Denn sie ist nicht so radikal! D. h. Madonna, Yes (owner of a lonely heart), Michael Jackson – egal wie man zu diesen Leuten steht – haben dann doch Einiges geleistet, weil sie auf Tuchfühlung mit dem Hörer waren. Auch wenn es nicht gerade „meine“ Musik ist.

Nicht nur die Filmmusik ist stark klassisch orientiert (gibt doch von Dir einen Thread zum Thema Sci-Fi-Musik). Auch in der Neuen Musik wundere ich mich immer noch über den raren Einsatz der Elektronik. Stockhausen wurde ja schon genannt. Stattdessen lotet man immer noch die klassischen Instrumente aus, in dem man die Violine klopft, schlägt, reinbeisst oder sonst was. Was DIES anbelangt sehe ich momentan auch einen Nachholbedarf in der Neuen Musik.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Ohne Techno würden wir wohl immernoch Presets mit Akustikinstrumenten sehen und deutlich weniger offensichtlich elektronische Sounds in der Popmusik. Das hat auch Musik wie die frühe Elektronische Musik der Neue Musik "Sparte". Aber automatisch dort hin führen tut sich nicht unbedingt, da sie dazu nicht zwangsweise einlädt, wie bringt nur Hörgewohnheiten anders. Madonna halte ich da übrigens nicht für federführend. Aber sie kann und konnte sich schon früh leisten akuellen Sound durch Einkauf eines Producers mit Wissen wie man heute klingt in der Popmusik umzusetzen. Den Yes-Titel finde ich gar nicht klanglich besonders revolutionär in Sachen Hörgewohnheiten. Es war halt ein gut abgehender Rock/Popsong, der damals auch eine gewisse Freshness mitbrachte aber doch eher in den Spuren bekannter Wege. Und das mit dem Verkauf stimmt, aber nicht alle hatten das als Ziel, da zähle ich vieles im Underground dazu, was gar keinen Bock auf TV und so hatte. Aber die wollten auch was anderes als zB Schönberg und man darf auch sagen, dass einige einfach machen und andere Konzepte entwickeln und so weiter. Das ist sicher nicht so leicht zu vergleichen, bin ja auch kein Fachmann.

Ich sage mal besonders viel Experiment finde ich bei Jackson oder Madonna nicht, eher vorgefertigte Strecken breiter machen.

Das die Wahl der Instrumente frei ist und man dort etwas für sich finden kann wird noch in 1000 Jahren sein, es ist ja auch nicht mehr "neu". dh, man könnte einen Synthesizer auch als prinipiell beschränkt sehen und als Modell. Und die Elektronik? Naja, da geht vielleicht etwas mehr. Aber Elektronik ist oft auch schwer so komplett zu steuern und dynamisch zu halten. Etablierte Instrumente - das bemerke ich sehr oft, haben es auch einfach leichter bei bestimmten Gruppen von Leuten akzeptiert zu sein. Aber die die das noch tun (und das geht wirklich durch ALLE Genres durch) liegt wohl an irgendwelchen Vorstellungen. Es reicht da einfach mal zu schauen wie schnell ein Saxofonist für ein Projekt genommen wird, womöglich noch draußen oder so im Vergleich. Aber das ist auch eine Gewohnheits und Akzeptanzfrage, nicht so sehr eine musikalische. Ich habe selbst festgestellt, wenn das denn mal dabei ist und man spielt (oder spielen lässt) ist die Akzeptanz doch mehr als da. Aber eben erst in der Praxis, wenn mans dran schreibt ist das oft keine Werbung.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Stammtisch schrieb:
Gewagte Aussage: Vielleicht ist es gerade die Popmusik die in langsamen Schritten den Hörer an eine neuere Musik heranführen könnte. Denn sie ist nicht so radikal! D. h. Madonna, Yes (owner of a lonely heart), Michael Jackson – egal wie man zu diesen Leuten steht – haben dann doch Einiges geleistet, weil sie auf Tuchfühlung mit dem Hörer waren. Auch wenn es nicht gerade „meine“ Musik ist.

Kurzer einschub:
MJ hat sicherlich sein! Ding gemacht, wie alle innovatoren im PoP-segment. Das was man mainstrem nennt, haben ursprünglich individualisten geprägt.
Jeder der einmal in einer großen trendy firma gearbeitet hat, weiß das die großen auch kommerziellen sprünge von einzelnen personen kommen, die sich gegen die marketingabteilung durchsetzen mußten. - Und dieses passiert öfter als man gemeinhin annimmt.

Beispiel: James Brown, hat das erste LiveAlbum der pop-geschichte gemacht. ein riesiger erfolg!
Die marketingabteilung sagte dazu, die leute wollen keine nebengeräusche auf den teuren platten haben.
Folge: JB mußte sein Live album selber finanzieren.
JB ist mainstream.

Ok, das mußte ich mal kurz einfügen ... (Will nicht in eine andere richtung führen damit)

Vielleicht noch eins: Ich verstehe nicht, warum die diskussion akademisch geführt wird: Viele der Drones- and Ambientsachen sind für mich Klangfarbenkompositionen.

Ok, weiter machen...
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Ich bin mir nicht sicher, ob die James Brown-Geschichte stimmt:

At Newport 1960 von Muddy Waters ist älter.

Über das James Borwn Album heißt es zumind. bei Wikipedia

Live at the Apollo was recorded on the night of October 24, 1962 at Brown's own expense. Brown's record label, King Records, originally opposed releasing the album, believing that a live album featuring no new songs would not be profitable. The label finally relented under pressure from Brown and his manager Bud Hobgood. (It was disagreements such as this that moved Brown to begin recording for Smash Records the following year, in violation of his contract with King.)
http://en.wikipedia.org/wiki/Live_at_th ... allmusic-0
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

So hat sie JB kommuniziert! Es geht auch mehr um das verhalten und fähigkeiten der marketingabteilung!

Aber das lenkt jetzt wieder vom thema ab!
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Gemein ist dieser Musik, dass sie nicht im Entferntesten den Ansatz haben neue Klangwelten oder den einleitenden Satz zu stützen oder nicht zu stützen. Sprich - das ist wohl hier klar Notenmusik.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

„Ohne Techno würden wir wohl immer noch Presets mit Akustikinstrumenten sehen“
Ja, kurioserweise wurde ausgerechnet Techno ein Opener für altanalog.

„Madonna halte ich da übrigens nicht für federführend.“
Die Beispiele sind vielleicht tatsächlich nicht die Besten; in Sachen Popmusik bin ich nicht kompetent genug. Aber die Richtung dürfte klar sein (?). Ersetzt MJ oder Madonna durch die passenden Pop-Ikonen.

„Aber Elektronik ist oft auch schwer so komplett zu steuern und dynamisch zu halten“
Gilt nicht: Eine Violine mikrotonal zu spielen ist auch sauschwer.

„Etablierte Instrumente…“
Hm, eigentlich sollte die Elektronik nach so vielen Jahren etabliert sein. Die Popmusik hat ja den Synthesizer komplett assimiliert (Widerstand ist zwecklos!)
Auch eine Modesache: viel Retro und Akustik scheinen angesagt. Die alte „klassische“ Elektronik ist da eher im Underground, eine kleine Szene, die sich wie ein gallisches Dorf hält.
 
Re: Klangfarbenkomposition - Ablegerthread

Ein Opener für allgemein "andere Sounds" - DAS ist das Wichtige! Die interessante Elektronik spielte sich leider nur für wenige im Underground ab und Mainstream war Deutschrock a la Westernhagen.

Mir geht es bei den Namen wie Madonna, Westernhagen nicht darum, wer das "verdient" hat und wer nicht. Das ist schon angekommen, was du meinst. Bewertung ist nämlich eh für jeden selbst zu fertigen, das brauchen wir nicht für alle zu tun ;-)

Ich erlebe immer wieder Szenen und so wo Elektronik noch nicht angekommen ist, du kannst gern kommen mit dem Instrument - Das gibt es hier und da noch und die Bezahlung und so weiter ist da auch unterschiedlich, auch ggf. ein Problem, weil Elektro heute gern unter DANCE geführt wird und damit als Funktionsmusik gesehen wird und vielleicht schlechter bewertet. Ist natürlich ein Vorurteil. Geigen gibts nur für Irish Folk. Naja..
 


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