The Digital Anatomist Project

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Moogulator The Digital Anatomist Project CD (Album)

Tracklisting:

  • 1 Frozen And Locked
  • 2 Programming Mind Patterns
  • 3 Sensoria
  • 4 Neupastik
  • 5 Frozen Modules
  • 6 Blurred Faces
  • 7 Nichtsdestotrotz
  • 8 Amoebatrons
  • 9 Die Scheinwelt Maschine
  • 10 Qasdiac

more check https://www.moogulator.com

  • Über die CD

von Sascha Sachs, Redakteur “Musician’s Life”

Lehnen wir uns zurück und lassen all die spannenden Spielarten reiner elektronischer Musik Revue passieren. Während der letzten Dekaden sind viele interessante Styles gekommen und gegangen, manches blieb unentdeckt, anderes verblich im Sog des Mainstreams und die ein oder andere Perle moderner zeitgenössischer Musik verzog sich ängstlich in irgendeiner Schublade eines Subgenres.

Stellen wir uns vor, wie sich ein Künstler an die Aufgabe heran wagt, die Best-ofs elektronischer Spielarten aufzubereiten und in einem Album zusammenzufassen. Kein geringer als der Synthese-Spezialist Moogulator hat sich diesem Job gestellt. Auf seiner neuen CD "The Digital Anatomist Project", ist all das vertreten, was längst aus den Schubladen herauswollte. Reminiszenzen an die stepsequenzierten EBM-Nummern der 90er treffen so vehement auf Elemente des Drum & Bass, dass man das Ergebnis schon beinahe Breakcore nennen könnte, wäre da nicht diese Spur Glitch, dort wo sie hingehört, dort wo andere sie vergessen. Einiges, so denkt man, ist ganz klar die IDM-Hymne des jungen Jahrtausends - bis die Nummer nach 90 - 120 Sekunden einen Twist macht, wie ein Psychothriller mit Starbesetzung - und den Hörer erst einmal in die Realität zurück holt.

In der echten Welt, so heißt es, sind Konventionen überflüssig, wie ein Kropf. Dieser Maxime folgt auch Moogulator und das zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Album. Über 66 Minuten steht die Zeit still, dann drückt man auf Repeat und hofft das sich die Zukunft moderner elektronischer Musik exakt so anfühlt.

  • Interview mit Moogulator aus der Zeit

Dein letztes vollständiges Album war "Gedankenrauschen" aus dem Jahr 2002. Damals noch unter dem Namen Consequence. Das wirft natürlich mehrere Fragen auf. Zum Beispiel: Was hast du 6 Jahre lang getrieben?

Ich habe viel live gespielt mit ständig neuem Material, Filmsounds erstellt, u.a. mit dem Projekt „dAdA-iNN“ für „458nm“, einen Animationsfilm der Herren Brunck, Weber und Bitzer. dAdA-iNN war schon ein großer Teil, an dem wir uns zu dritt ausgetobt haben und sicher noch weiter toben werden. Die vielen Solo und Gemeinschafts-Live-Aktionen haben auch den heutigen Moogulator-Sound entstehen lassen. Es wurde viel gejammt und viel ausprobiert. Live waren manche alten Konzepte zu starr und brauchten ein Update. Einige Tracks sind auch live entstanden oder in Jams, dabei habe ich irgendwie die "Stimme verloren". Das kann temporär sein - muss aber nicht.

Dann habe ich Sounds programmiert für diverse Synthesizer und Software-Firmen und ein Magazin über Synthesizer aus dem Boden gestampft. Letztlich folgt das alles der Maxime "Synthesizer waren sein Leben". Das kommt dann mal auf meinen Grabstein. Obwohl, ich finde diesen Totenkult und die viele pekuniäre Hardware in dem Totenkult unserer Gesellschaft deutlich übertrieben. Lieber nicht zu viel Kult um einen Körper machen. Lieber die Lebenden beglücken.

Bis vor sieben Jahren warst Du unter „ConseQuencE“ bekannt. Wie und warum die Namensänderung?

Der Stil, den ich die letzten 6-8 Jahre gefahren habe ist nicht mehr genau das, was ich mit ConseQuencE begonnen habe. Es ist sinnvoll wenn man ein Buch über ein anderes Thema zuklappt und das neue Britzelbuch aufschlägt und ihm einen neuen Namen gibt.

Moogulator als Name ist natürlich ein Kunstwort, was mir einfiel als ich mich in einem Web 2.0 Forum anmelden wollte. Ich hab den Namen zuerst nur für Schreibereien im Netz verwendet. Dennoch würde ich mich damit musikalisch-stilistisch nicht einschränken wollen. Der Name passt jetzt einfach und vielleicht gibt es ja noch mehr Namen und Projekte, wenn die Zeit es will.

Ich habe früher auch nicht genau ein Genre gehabt und saß öfter zwischen 2 und mehr Stühlen. Da sitze ich übrigens gern schon mal daneben, dahinter, aber nicht genau drauf - oder frage was überhaupt ein Stuhl ist und ob ich den brauche.

Wie auch immer - Das Kapitel ist rund und es ist gut wie es war und auch wie es jetzt ist. Es wollte einfach so sein.

Warum gibt’s jetzt ein neues Album?

Na, ich mache einfach Musik weil ich Musik machen muss. Ich will es! Ja!! Ob es ein Album ist oder eine Online-Label-Präsenz ist dabei egal. Das aktuelle Album zeigt die wirkliche Live-Performance und den aktuellen Sound, den so ein Moogulator heute macht. Das Album zur Tour mit einem kleinen Vorgriff auf das Heute. Es ist also nicht etwa ein Album, was gute 6-7 Jahre gereift ist, es ist eine Momentaufnahme von jetzt und hier. Selbst ich brauche keine 7 Jahre harte Arbeit.

Was verspricht sich einer von einem Album? Das ist sicher nicht so viel anders als bei anderen Geräuschorganisatoren. Es musste sein! Ansonsten die übliche Sache: Ruhm & Reichtum. Ich hab darüber nicht wirklich nachgedacht. Ich mach es, weil es gut ist, die aktuellen Sachen rauszubringen, egal was passiert.

Was ist Dein musikalischer Ansatz und wie entsteht ein Moogulator-Track?

Ich entwickle mich immer mehr in Richtung live, auch wenn der Sound gar nicht so klingen muss, als könne man das live spielen. Die aktuelle Linie ist für die Bühne gemacht und wird dort spontan verändert. Ich fahre ein sehr offenes Konzept. Man achtet live auf andere Dinge und probiert viel aus:

Was neu für einen selbst ist, was man spontan machen will - oder schon immer wollte. Das klingt trivial, ist aber sauspannend! Beats bauen, neue Sounds ausprobieren und alles, was dazwischen liegt. Ich will mich ja nicht langweilen, daher passiert viel und es wird auch mal ein Konzept umgestürzt. Man ist doch da und man lebt, man ändert sich! Die Musik auch, sie kann von einem Spiegel bis zu irgendeiner Geschichte viele Formen annehmen. Eine Geschichte - eine Vorstellung …

Auch Erlebnisse und Erfahrungen spielen natürlich rein. Aber Vorsicht: Das klingt alles so super nach "Artie". Kunst sein und unglaublich viel wollen. Dazu könnte man ein lustiges eigenes Kapitel aufschlagen. Über sich selbst und über die Ernsthaftigkeiten lachen können ist auch nicht schlecht. Viele Bands machen sich das Leben sehr schwer oder müssen unbedingt eine üble Kindheit gehabt haben oder wenigstens mal im Knast gewesen sein. Das interessiert mich nicht so sehr als Erfahrung. Na, eine Religion oder ein toller Job beim Patentamt kann auch lustig sein. Stempelkissenlieder gibt es noch nicht so viel, dafür viel über Müll und Nutten oder Autounfälle. Frust oder Hass braucht man nicht unbedingt, um geile Musik zu machen. Es soll Leute geben, die das glauben und die stecken dann noch lange in irgendeinem Jammertrauma. Alles für die Musik? Nö, da tut sich einer nur eben selber Leid und badet dann gern in seinem Selbstmitleidsschaumbad mit großen lustigen Blasen. Zack, schon wieder zu nett.

"Ein typischer Track" ? - Eigentlich gibt es das nicht, ich denke nur bei Konzept-Alben gibt es einen großen Masterplan, ansonsten kann ein Sound, ein Beat oder das sitzen im Club mit leerem Speicher ein Grund sein, neue Ideen umzusetzen. Wenn andere es nicht machen, mach ich das eben.

Heutzutage weiss eigentlich jeder, wie man Musik macht. Es ist sehr leicht, billiger und einfacher als vor 20 oder 30 Jahren. Als ich begann, wurde grade MIDI eingeführt und die Studios füllten sich langsam mit Racks und Synthesizern und immer mehr Leute setzten auf Computer.

Technisch gesehen ist es wirklich nichts Besonderes heute Musik zu machen. Daher ist die Substanz immer wichtiger. Ich habe eine Idee im Kopf, drücke aufgrund meiner Erfahrung einige Knöpfe und bekomme ein Ergebnis. Wichtig ist die Idee, das Entwickeln - Es macht Spaß, wenn man schon vorher genau absehen kann, wie das so klingt, wenn ich diese Töne spiele, dabei diese oder jene Dinge auslöse und damit Geschichten, Gefühlsmodulation oder Kopfkino-Effekte erziehlen kann oder einfach nur das Gehirn tanzen lassen kann. Es darf ja schon auch nachgedacht werden. Wer das will, findet was. Ich baue überall was ein, damit man auf verschiedenste Wege etwas finden kann. Das ist die Faszination, die ich selber in die Musik lege und die dann auch wieder rauskommt. Ich mache mir die Musik, die ich auch hören will.


Was hasst du an Interviews?

Hassen ist nicht mein Ding, ich bewerte die Fragen nicht. Ich habe ja eine Wahl bei den Antworten. Ich kann dir doch jetzt bei jeder Frage einen vom Pferd erzählen oder was ich will. Probe? Diese politischen Zustände in Uganda! Der amerikanische Präsident! Diese komischen Regeln hier in Deutschland! Also, der Klimawandel nervt und ich find rot schön! Ich kann doch alles antworten und lenken wohin ich grade will. Ich hasse also nichts und kann endlich mal sagen, was diesen Körper grade stört. Weitermachen!

Ist das Medium CD nicht tot? Warum also eine physikalischer Veröffentlichung?

Natürlich! Die gesamte Musikindustrie ist schon seit Jahren tot. Vinyl ist tot und auf diversen Servern in Russland kann man neben V1agra und Pornos all unsere Musik für nichts runterladen. Das ist so. Geld verdienen mit Musik auf Datenträgern oder Online ist tot. Na und? Auf CD gibt‘s qualitativ bessere Audiofiles, bevor alles als 128bps-MP3 auf dem iPod landet biete ich mal einfach eine CD an. Vielleicht hat ja jemand Lust, so einen Sound zu hören. Die Leute wissen ja, wie das Spiel funktioniert: Laden sie sich das irgendwo runter, dann wird es weniger Alben geben, kaufen sie etwas, kommt der Kerl eben auf die Idee er könne noch so ein Ding auf den Markt bringen. Den meisten ist es wohl aber eher nicht bewusst, deshalb kauft man Madonna und saugt sich das Album von irgendeinem unbekannten coolen Musiker so runter für lau. Deshalb gibt es eben viel von Madonna und auf CD wenig von dem anderen Kerl, der zwar cool ist, den aber nur weniger kennen und man eben nix vorzeigen kann bei Freunden.

Beschreibe einen Liveauftritt von Dir.

Achwas, sowas ist doch dein Job. Ich seh doch nur aus meinen eigenen Augen, mein Geist arbeitet wie eine Kamera und sieht ja nur die anderen und nicht mich selbst. Man packt seine Maschinen aus und stellt sie auf, schließt sie an und wartet dann meist einige Zeit, bis man dran ist. Dann findet man sich unter Menschen wieder und fängt an. Ich lege los und mache irgendwas mit dem Publikum, sie hören sich das an und ich reagiere auf sie. Ich arbeite für alle, die meine Musik hören wollen und find‘s super, wenn sie über diesen oder jenen Handgriff grübeln: Was macht der Kerl da mit diesem Elektronengehirn oder diesem witzig-blinkenden Gerät? Viele denken auch "der Deejay hat gar keinen Plattenspieler". Oder "dein Mischpult rockt echt" oder auch "was kostet so ein Ding?". Es gibt immer Interaktion.

Es ist immer anders, der ganz persönliche Mix und Performance für die Leute, die da sind in dem Raum, in dem wir sind. Und dann zeige ich ihnen meine positiv kaputte Welt aus kranken Hirnen. Manch ein Handgriff kann dabei relativ wichtig sein aber nach "nichts" aussehen. Die Leute schauen sich recht gern an, wann etwas gemacht wird. Was macht wohl dieser Knopf? Wie macht der diese brr-zzt-bat'ss'ss'sst!? Man kann auch an den Gesichtern sehen, was in den Leuten vorgeht. Musik ist primär was für die Ohren. Da ich wirklich live spiele, gibt es wirklich notwendige Bewegungen, die gemacht werden müssen. Ich mache es mir also nicht so leicht und spiele nett mein Live-Set als Audiofile in iTunes ab und warte auf das Ende.

Wie gut man das mit verfolgen kann und welcher Knopf was macht, kann man erahnen oder sich einfach sich bespaßen lassen. Es scheint durchaus Interesse daran zu geben. Es gibt auch nicht zweimal das gleiche Set. Es wird immer neu und individuell sein, damit ich mich nicht langweile. Wer die Albumversionen kennt, kann vorbeikommen und live zuhören. Danach am besten nochmal.

Früher hab ich mir wegen einiger Bands gern mehr als einen Livemitschnitt angehört. Manche klangen immer gleich, andere faszinierten mit immer neuen Breaks oder Zwischenstücken, Tracks, Samples und einem tollen Erlebnis. Find ich super, wenn man sowas für sein Geld bekommt. Wenn ich da zum Playback hampeln würde, hättet ihr einfach ein Audiofile von der CD zu hören und geht vielleicht mit lustigen Ideen über Bühnenmonster und wilder Show ins Bett. Stattdessen verfolgen dich Beats, Sounds und komische Tiere!

Wie sieht dein Publikum aus?

Alles Menschen. Unterschiedliche je nach Event. Viele haben ein Gehirn und Füße. Bestimmte Klamotten, Nasenformen oder so haben die nicht.