DLF: "Electronic India: Die vergessenen indischen Klangpioniere"

NickLimegrove

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Flexiganer


Der Musiker Paul Purgas hat in Indien nach einem alten Synthesizer gesucht – und fand ein bedeutendes Klangarchiv. In einer Dokumentation räumt er mit dem Irrglauben auf, die frühe elektronische Musik sei nur in Europa und Nordamerika entstanden.

Nichts vermag einen so verlässlich in eine retro-utopische Welt zu versetzen wie der Klang früher elektronischer Musik. Und auch die damit verbundenen Stereotypen gehen zurück in die Zeit ihrer Erschaffung.

Erst in der jüngeren Vergangenheit hat die Geschichtsschreibung sich damit vertraut gemacht, was für einen großen Anteil etwa Frauen an jener Pionierzeit hatten. Die Hand, die hier vor dem geistigen Auge an den Knöpfen eines vorsintflutlichen Synthesizers dreht, stellt man sich wohl als eine weiße, europäische vor. Aber diese Geschichte spielt ganz woanders.

„Als ich nach Indien kam, beschloss ich, im National Institute of Design die Bibliotheksarchive zu durchwühlen. Dort entdeckte ich diese Tonbänder, sah darauf sofort den Namen David Tudor, aber auch die fünf anderer Komponisten, Inder, die den Moog und dieses elektronische Musikstudio verwendeten,“ erinnert sich Paul Purgas.

Ein alter Synthesizer, eingemottet im Tierheim
Der britische Musiker und Performancekünstler, Historiker und Journalist Paul Purgas hat seine Forschungen in den Archiven des indischen National Institute of Design für die BBC in einer erhellenden Radio-Doku „Electronic India“ zusammengefasst.

Purgas hat selbst indische Wurzeln und befasst sich intensiv mit den Werken früher elektronischer Musikerinnen und Musiker wie dem erwähnten Amerikaner David Tudor, einem Gefährten von John Cage. Als er 2018 erfuhr, dass Tudor Ende der Sechzigerjahre mit einem frühen, von Robert Moog konstruierten Synthesizer nach Indien gefahren war, beschloss er, dieser Geschichte hinterherzureisen.

Purgas sollte den alten Synthesizer finden, eingemottet in einem Tierheim. Vor allem aber fand er wertvolle, aus den Jahren 1969 bis 1973 stammende Tondokumente aus Indiens vergessenem Electronic Music Workshop.

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Spannendes Thema! Danke fürs teilen!


Als großer Freund indischer Musik habe ich vor einiger Zeit entdeckt, dass es in den 70ern und 80ern so eine Art inidischen Italo-Disco gab. Eine teilweise sehr krude Mischung aus Bollywood, traditionellen Percussion-Grooves und völlig enthemmt eingesetzter Elektronik.

Ein für ungeübte westliche Ohren erträglicher indischer Elektroniker, der mir im Netz begegnete, ist Charanjith Singh, der sogar Acid-artiges nach Raga-Regeln komponierte. Wenn man den Namen z.B. mal bei Spotify eingibt und weitersurft stößt man schnell auf viele witzige Sachen.

Beispiel:


https://youtu.be/kFrKHLjZtSM
 
Schon Ende der 60er wurden Synthesizer überall hin auf dieser Welt verkauft und es wurde auch elektronische Musik damit gemacht.
Wir haben das hier nur nicht mitbekommen, weil es nicht so kommerziell erfolgreich war, wie TD oder KW.
 
Wir haben das hier nur nicht mitbekommen, weil es nicht so kommerziell erfolgreich war, wie TD oder KW.
Wer weiß, wie erfolgreich in Indien die Dinge sind und waren? Wir haben hier bei uns ja eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Welt.

Ich schaue zum Beispiel gerne ein indisches Kulturmagazin auf YT (NewsX Art Talk). Da werden klassische und moderne indische Künstler interviewt, die bei uns kein Mensch kennt, die dort aber Berühmtheiten sind. Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie raffiniert diese Kultur ist.

Zudem dilettiere ich an der Tabla und meine derzeitige Lieblingsapp ist TaalMala.
Dadurch habe ich angefangen YT-Tutorials zu schauen und bin mit offenen Ohren auf eine ganz neue Welt getroffen. Mittlerweile verstehe ich durch die Percussion-Videos von meinem „Gurudjee“ fast schon fließend Tamil! :)

Faszination Musik als universelle Sprache und unendliche Inspirationsquelle...
 
Wer weiß, wie erfolgreich in Indien die Dinge sind und waren? Wir haben hier bei uns ja eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Welt.
Na, die Sendung sagt ja sehr deutlich, dass das in Indien überhaupt nicht erfolgreich war.

Da wurde ein Moog-Synthesizer nach Indien gebracht, und immerhin David Tudor (!) hat dann unterrichtet. Ein paar Musiker haben Aufnahmen auf Tonband machen dürfen. Ob sie die überhaupt mitnehmen konnten nach Hause (und ob sie selber sich ein Tonbandgerät leisten konnten), wird nicht gesagt. Veröffentlicht wurden sie aber offenbar nie. Es ist auch keine der Kompositionen am Stück zu hören, nur ein ständiges Gedudel im Hintergrund, vermutlich einzelne Schnipsel daraus ohne Zusammenhang. Aber vielleicht hatten die Aufnahmen ja auch nie diesen Anspruch.

Die Komponisten sind alle tot, bis auf einen, mit dem der Autor telefonieren konnte. Der hätte sich gerne mehr mit der Sache beschäftigt, sein Vater wollte aber, dass er Geld verdient. Die Sache ging vor allem auch nicht weiter, weil die Ford-Stiftung die Förderung eingestellt hat – und weil die durchführende Institution sich nicht für das Thema interessierte und Angst hatte, das wertvolle Instrument könne durch Gebrauch beschädigt werden…

Allgemein wurde kritisiert, dass diese Art des Musikmachens in keiner indischen Tradition steht.

[Werbetext des DLF:] "In einer Dokumentation räumt er mit dem Irrglauben auf, die frühe elektronische Musik sei nur in Europa und Nordamerika entstanden."
Es ist eben leider kein Irrglaube. Es reicht ja nicht, dass jemand etwas dudelt, sondern es muss auch jemand zuhören. Und davon bewegt sein, selber dudeln wollen. Schließlich selber dudeln. Es muss eine Tradition entstehen, ein Zeichensystem mit subtilen Bedeutungen. Dieser gutgemeinte Versuch von "Entwicklungshilfe" ist offenbar fehlgeschlagen, die paternalistische, sehr konservative und pragmatische indische Gesellschaft hat das Angebot damals nicht angenommen.

Es würde mich sehr interessieren, wo die klassische indische Musik heute steht – ob sie sich weiter entwickelt und Elemente anderer Musik aufnimmt und reflektiert. Trotz des entsetzlichen Nationalismus' und Hinduismus heutiger indischer Politik kann ich mir angesichts der Größe des Landes und der Fähigkeit ihrer klassisch geschulten Musiker kaum vorstellen, dass das alles so stagniert. Aber eine neue Entwicklung besteht für mich nicht darin, dass man die gleichen Töne statt auf der Sarod nun auf einem Korg-Synthie intoniert.

Danke für den interessanten Link.
 


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