Experimentell? (j/n) OT Grundsatztalk

Re: Jelly

Feedback schrieb:
.. aber wenn in Deiner Fußgängerzone über Musik bestimmt würde gäbe es nur noch Schrott.

Da wäre ich mir nicht soo sicher, in portz ist der ausländeranteil sehr hoch, spanier, italiener, asiaten, refugees, schwarzafrikaner, türken, libanesen, deutsche, iren, und so weiter.. Ich denke da würde doch eine sehr interessante musikmisching herauskommen und man sollte die menschen wirklich nicht unterschätzen, gerade menschen die musik lieben aber selbst nicht aktiv ein instrument spielen sind oftmals sehr viel leidenschaftlicher bei der sache und fröhnen einer sehr differenzierten musik-sammelleidenschaft und fremdländische musik überhaupt, türkische folklore zb.. Da kackt doch jede elektronsche musik im vergleich dazu ab, okay, wäre dann geschmackssache.

Schönes beispiel ist zb der "nachtwandel" im mannheimer stadtteil jungbusch, bulgaren, zigeuner, türken, deutsche, studenten, refugees, technoheads, body builder studios, usw alle feiern auf der strasse und kulinarisch sowie musikalisch, aber auch künstlerisch ist das ein feuerwerk der sinne. :D hier und da eine lichtonstalation, um die nächste ecke dann ein bularischer grill wo lammspiesse am offenen feuer gegrillt werden und an der nächsten ecke dann ein klassisches quartett das bach spielt ,und ne strasse weiter türkische folklore mit tanz..nebenan der eingang zum technokeller. :supi:
 
Teilweise absurde Statemens (an Mörder denken?) - oder krieg ich da was nicht mit?

Aber vielleicht ist es ja auch einfacher, sowas wie nicht dem Schema entsprechend, es sagt der Begriff "experimentell" nichts über Qualität und Machart oder Dauer aus, sondern nur darüber, dass es eben nicht "gewöhnlich" klingt. Es mag sogar gewöhnlich-experimentelle Gewohnheiten geben. Und auch div Spielchen mit dem Begriff, um sich damit zu identifizieren. Böse gesagt kann man fieses Gegonge so nennen und sich im Einflussbereich hoch geschätzter Musik wähnen und umgekehrt kann es eine Abgrenzung von "Mainstream" sein, muss aber nicht. Das sind ebenfalls einfach nur Folgen, die in ihrem "Ruf" auch verschieden wirken. In den 70/80ern kamen eine Menge experimentelle Musiker auf, die von ganz anderen Richtungen her kamen als "akademisch" - der Punk und seine Folgen. Das ist aber auch nicht schlecht. Es gibt immer Grauzonen. Das wird hier mal recht gut beschrieben auf ganz andere Weise:

viewtopic.php?f=98&t=115224

Und da übrigens auf eine sehr angenehme Weise, wie ich finde.

Achja - Versuchen, nicht im Wesentlichen die Leute anzugehen oder Bewertungen vorzunehmen kann helfen. Weil manchmal dienen solche Dinge auch eben als Einordnung, Positionierung und so weiter. Auch ok, als Künstler. Alles geht. Verboten ist für den Mainstream? ;-)
 
Moogulator schrieb:
Teilweise absurde Statemens (an Mörder denken?)
Ist das absurd? Bei denen gibt's Täter-fixierte Leute, die meinen man solle sich auch in die rein versetzen um die armen, armen Seelen zu verstehen. Warum soll ich mich in jemand rein versetzen wollen, dessen Erzeugnisse ich nicht mag? (und darin besteht die Assoziation damit)

Für mich stellen sich vor allem folgende Fragen:
  1. Ist etwas experimentell, wenn es zwar ungewöhnlich ist, vorher aber schonmal gemacht wurde? (Aktuelles Nicht-Musik-Beispiel Titten/Vaginaanfassaktion von Milo Moiré, als Tittenvariante schon 1968 von Villa Export durchgeführt, anderes Beispiel diesmal aus dem Musikbereich aus den 80ern People are People, dessen Metallklänge schon vorher z.B. bei den einstürzenden Neubauten ähnlich verwendet wurden und angeblich von Fad Gadget geklaut wurden)
  2. Ist etwas nur experimentell, wenn es durchgeplant und kein Zufall ist und auch nicht durch Unvermögen zustande kommt? (Punkrock und die NDW wäre letzterem zuzuordnen, also auch DAF & Co)
  3. Ist es relevant, ob es vorher andere Leute gab, die akademischerer Weise Experimente gemacht haben? (Das bezieht sich vor allem auf die Erwähnung von Stockhausen)
  4. Sind Experimente nicht mehr experimentell, wenn sie in Musik eingebaut sind, die sich an die Massen richtet? (Das bezieht auf die Meinung Schlager und bayrische Volksmusik seien nie experimentell gewesen, was ein wenig Henne/Ei-ig ist, ein anderes Beispiel wäre Zoolook von JMJ, dem das Experimentelle ja auch abgesprochen wird oder Rockit von Herbie Hancock, weil es kommerziell sehr erfolgreich war)
  5. Sind Experimente nicht mehr experimentell, wenn sich die Massen daran erfreuen? (Wagner mit seinen neuartigen Akkorden)
  6. Sind Experimente nicht mehr experimentell, wenn sie von Massenmördern vereinnahmt werden? (Nazis und andere gewalttätige Regierungen, siehe obige Erwähnung der Benutzung von Beethoven durch die Nazis)
  7. Ist schief klingender Gesang experimentell, weil er sich der gängigen Harmonielehre verweigert? (Das wäre dann in fast jeder Karaoke-Bar zu bewundern)
  8. Ist die Kombination zweier Stilelemente, die noch nie oder selten vorher kombiniert wurden, experimentell, weil die Kombination ungewöhnlich ist? (Beispiel Fear Factory Remanufacture: Death Metal trifft auf Hardcore Techno, Ephel Duath: Harter Metal trifft auf Free Jazz, Hip House: House trifft auf Hip Hop, Balkan Pop: Pop trifft auf Volksmusik aus dem Balkan, usw.)
  9. Ist das was Menschen als gewöhnlich empfinden erlernbar, kann man Kinder also dazu konditionieren z.B. etwas wie Merzbow toll zu finden? (Bezieht sich auf die Meinung Massenmusik sei das Resultat von Vorkonditionierungen)
  10. Was sind die objektiven Kriterien dafür, dass etwas experimentell ist?
  11. Wenn es letzteres gibt: Wer hat die festgelegt und warum sollte das für mich und Dich relevant sein?
 
Ah, ok, das mit Mördern habe ich nicht mit Experimentell zusammen bekommen, es ging da wohl um die Nutzung von Musik für oder durch fiese Regime, ein ganz anderes Thema als das hier generell vorgetragene Suchschema - also dann ist das für mich geklärt - hatte mich gewundert wie das da rein kam - danke, verstanden.

Und dann, was experimentell denn sei. Für mich bleibt das eher simpel - wie oben ausgeführt.
Es sagt eben vieles davon nicht, sondern beschreibt eben nur den Charakter - nicht die Qualität und nicht viele mehr als eben das.


Interessant ist der Aspekt:
Wer etwas zuerst macht ist vermutlich "mehr experimentell", denn heute wäre (kurz gesagt) Presslufthammer voll 70er/80er. Depeche Mode sind freilich "kommerzieller" und "weniger experimentell" als die Neubauten. Einfach in der Wirkung und Ansinnen der Idee der Musik selbst. Das ist richtig. Es sagt nicht aus, wie gut etwas ist.

Unvermögen: Das ist eigentlich egal, experimentell kann auch eine Suche sein oder mehr durch Herausfinden gefunden werden, ja. Aber es kann auch bedeuten, dass ein akademischer Musiker bewusst und auf hohem Niveau bewusst und sehr gekonnt dies täte. Das ist beides "experimentieren". Ja.

Experimente beziehen sich auf den Musiker, der sie macht, für ihn kann das neu sein und für "alle" oder eine Gemscheinschaft unkonventionell. Letzteres scheint wichtiger, da für die der Begriff eigentlich da ist.

Der Stil oder die Menge der Leute spielt aber keine Rolle, es ist experimentell, wenn es eben außergewöhnlich ist, es kann Pop sein oder total verstörend oder angenehm-anders. So fühlten sich sogar OMD damals "experimentell".

Experimente sind auch von Nazis noch Experimente, darauf bezog sich übrigens mal die CDU mit ihrem Wahlplakat "keine Experimente", keine Extreme, keine KPD, keine Nazis, eher so "bürgerlich" - und so ist das auch in der Musik - Experimentell ist wertfrei!
Es ist nur eine Beschreibung einer Art etwas zu tun. experimentelle Poltik kann gut oder schlecht sein, elitär oder underground und von unten - reich oder arm, populär oder von wenigen bevorzugt, alles.

Schiefer Gesang - nun, ein wenig Gezieltheit ist wohl dabei, aber sagen wir mal Kate Bush war mit ihrem Dreaming-Album damals experimentell "eeehhh aaaahh" Geräusche in "get out of my house" - toll, für mich jedenfalls und damals eben experimentell, es gibt sicher Musiker und Musik die noch viel mehr Experiment machte. Es klänge schon anders, wenn ich wagte geschrieben hätte. Es wäre aber dasselbe im Sinne von Experiment.

Ja, Metal-EBM-Kombination war in den 90ern neu, in Teilen vielleicht experimentell, Nu-Metal und so - gibt es so gesehen erst seit dem, ohne Experiment geht das nicht, aber trotzdem populär, weil eben neu - ja, korrekt- Experiment kann sehr begrüßt werden aber auch total die Hörerschaft dezimieren. Wir haben für beides Beispiele.

Konditionieren: Das ist ne gute Frage.
Ich denke, dass man offen sein kann für "Experimente" und auch die Hörgewohnheiten sind verschieden, manche brauchen die 4/4-Pumpe um Musik zu erkennen oder zu tanzen, andere können zu allem tanzen. Das ist etwas, was man durchaus zeigen kann. Nicht alle nehmen alles an, Kinder sind nunmal auch mit Wunsch und Willen und Empfindung. Aber - natürlich kann es auch mehr Spaß machen und auf Gegenliebe stoßen.

Die Frage danach ist auch super - wenn alle Kinder auf experimentelle Klänge mehr reagieren und selbst offener sind, kann es sein, dass experimentell als Begriff weiter oben ansetzen wird. Dann muss es womöglich deutlich später allgemein so empfunden. Man findet schneller Strukturen und Zusammenhänge, so wie ggf. schon einfache Field Recordings eine Struktur haben oder eine Melodie, die man eher erkennt und als Element einer Musik sehen könnte oder auch ganz andere Dinge.

Objekitve Kriterien - das ist vermutlich so zu formulieren, dass es ein Referenzvolk gibt, eine Gemeinsschaft wie etwa "wir hier in D, EU oder so.." bis hin zu einer bestimmte Szene oder jüngere Leute oder Musikmögende oder so..
Diese empfinden etwas insgesamt mehr oder weniger als Experiment.

Ich bin kein Experte dafür, ich kann nur sagen, was ich denke was das ist. Oben eher wo es einzuordnen ist und wo vorallem nicht und hier dann genau, wann etwas denn überhaupt so ist, ich würde sagen - Hörgewohnheiten spielen eine Rolle und diese können in Japan, Tokio andere sein als in Bayern aufm Dorf.
Daher würden wir das wohl hier im Forum als Synth-Soundgewohnte und mit ner Menge Musik im Hinterkopf ggf. offener auslegen oder aber die einzelnen hier werden sich noch streiten aufgrund ihrer verschiedenen Hörgewohnheiten - naaa, das ist noch nichts, was du da hörst, .. Motto - dddddas ist doch kein "Messer", DAS ist ein Messer!!

(Ich setze Herrn Dundee als Bekannt voraus) ;-)

So für mich zB ist Ambient seltenst experimentell, weil man das nur schwer neu erfinden kann. Es gab vieles an Sounds schon und so, es ist also schwer, da so einen Begriff zu verwenden. Aber vielleicht passt es, irgendwie, für irgendwen. Das ist für mich dann auch ok. Es ist ja nur ein Begriff.
 
changeling schrieb:
Was sind die objektiven Kriterien dafür, dass etwas experimentell ist?
Experimentelle Musik ist geleitet vom Experimentieren.
Bedeutet für mich:
Neue Dinge ausprobieren, kompositorisch und klanglich, also unorthodoxe Wege gehen, andere Klänge und Arbeitsweisen suchen, ungehörtes entdecken und anwenden.
 
Re: Jelly

salz schrieb:
Wenn es das enthält, ist es für mich nicht mehr experimentell.
Sehe ich auch so.
Was aber nicht heissen soll, das jeder stümperhaft zusammengenagelte Mist auch experimentell oder Avantegarde sein kann.
 
Re: Jelly

Bernie schrieb:
Was aber nicht heissen soll, das jeder stümperhaft zusammengenagelte Mist auch experimentell oder Avantegarde sein kann.
Es geht mir ja gerade darum wie der Unterschied festgemacht werden soll.
 
Ich habe bei meinen Drones in der Anfangszeit auch experimentiert, aber ich würde das nicht als experimentelle Musik bezeichnen, eben weil das nach der Gewöhnungsphase einfach nicht mehr für mich experimentell war. Irgendwann ist man eben diesem entwachsen. Bei mir war das also eher so ein kleines Zeitfenster wo das vonstatten ging, danach war das halt Tagwerk.
 
Re: Jelly

changeling schrieb:
Es geht mir ja gerade darum wie der Unterschied festgemacht werden soll.
Nun, ich denke, es kommt immer darauf an, WER etwas WIE und WARUM gemacht hat.
Du kennst das ja sicherlich aus der modernen Kunst.
Da steht man manchmal kopfschüttelnd vor einem "Kunstwerk" und denkt sich: "na das hätte ich in 5 Minuten auch hinbekommen, vielleicht sogar noch viel besser".
Aber darauf kommt es in der Kunst doch nicht an.

Wikipedia sagt: ...Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist. Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses ...

Es ist aber auch etwas anderes, ob ich mir die Butter ins Studio schmiere und mir eine eigene Fettecke schaffe oder ob das ein Joseph Beuys macht. Für die versehentliche Entfernung der ranzigen Fettecke durch den Hausmeister bekam der Eigentümer damals 40.000DM Schadensersatz.

Auf die elektronische Musik übertragen würde es bedeuten, das damit also kein konzeptloses Zufallsgedudel aus dem Modularsystem gemeint ist, da auch der zielorentierte Schaffensprozess gänzlich fehlt.
 
Re: Jelly

Bernie schrieb:
Auf die elektronische Musik übertragen würde es bedeuten, das damit also kein konzeptloses Zufallsgedudel aus dem Modularsystem gemeint ist, da auch der zielorentierte Schaffensprozess gänzlich fehlt.
Aber eben das ist doch das Ding, die meisten Youtube Videos mit sowas sind nicht konzeptlos, ich mache sowas auch nicht durch zufällige Verkabelungen und Reglerdrehungen, sondern denke mir schon was dabei.
Wenn mein Name Stockhausen wäre, würde man mich für sowas abfeiern. Da stimmt meiner Meinung nach was nicht.
 
Stockhausens Musik war zu ihrer Zeit im Wortsinne unerhört. Und das über Jahrzehnte.

Das kann ich von den mir bekannten Youtube-Videos anderer Menschen nicht behaupten: Das ist nichts so grundlegend Neues dabei, wie es z.B. "Gesang der Jünglinge" für die Musikwelt von 1956 war.
 
Re: Jelly

changeling schrieb:
Aber eben das ist doch das Ding, die meisten Youtube Videos mit sowas sind nicht konzeptlos, ich mache sowas auch nicht durch zufällige Verkabelungen und Reglerdrehungen, sondern denke mir schon was dabei.
Wenn mein Name Stockhausen wäre, würde man mich für sowas abfeiern. Da stimmt meiner Meinung nach was nicht.
So isses.
Der Unterschied ist aber, das Stockhausen zuerst ein Stück komponiert hat und es danach erst umgesetzt wurde.
Der gesamte Schaffensprozess ist so dokumentiert, das er nachvollziehbar bleibt, damit man das Werk auch Jahre später noch möglichst nahe am Original aufführen kann.
Hier wurde mitsamt allen Frequenzen und Filterverläufen jeder kleineste Schritt aufgeschrieben, teilweise sogar grafisch aufgezeichnet, denn Noten gab es für Klangverläufe damals noch nicht.
Dann sollte man auch berücksichtigen, das Karlheinz Stockhausen einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts war (er war ja selbst viele Jahe lang Professor für Komposition an der Kölner Musikhochschule).
Das ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob ich, als pupsiger Autodidakt oder er, als anerkannter Genius, ein Musikwerk erarbeitet.
Aber damit kann ich leben.
 
serge schrieb:
Stockhausens Musik war zu ihrer Zeit im Wortsinne unerhört. Und das über Jahrzehnte.

Das kann ich von den mir bekannten Youtube-Videos anderer Menschen nicht behaupten: Das ist nichts so grundlegend Neues dabei, wie es z.B. "Gesang der Jünglinge" für die Musikwelt von 1956 war.
Das ist so nicht ganz richtig, denn damals lief seine Musik auf mehreren Sendern im Radio (meistens im Nachtprogramm) -heute undenkbar.
 
Re: Jelly

Bernie schrieb:
changeling schrieb:
Aber eben das ist doch das Ding, die meisten Youtube Videos mit sowas sind nicht konzeptlos, ich mache sowas auch nicht durch zufällige Verkabelungen und Reglerdrehungen, sondern denke mir schon was dabei.
Wenn mein Name Stockhausen wäre, würde man mich für sowas abfeiern. Da stimmt meiner Meinung nach was nicht.
So isses.
Der Unterschied ist aber, das Stockhausen zuerst ein Stück komponiert hat und es danach erst umgesetzt wurde.
Der gesamte Schaffensprozess ist so dokumentiert, das er nachvollziehbar bleibt, damit man das Werk auch Jahre später noch möglichst nahe am Original aufführen kann.
Hier wurde mitsamt allen Frequenzen und Filterverläufen jeder kleineste Schritt aufgeschrieben, teilweise sogar grafisch aufgezeichnet, denn Noten gab es für Klangverläufe damals noch nicht.
Dann sollte man auch berücksichtigen, das Karlheinz Stockhausen einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts war (er war ja selbst viele Jahe lang Professor für Komposition an der Kölner Musikhochschule).
Das ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob ich, als pupsiger Autodidakt oder er, als anerkannter Genius, ein Musikwerk erarbeitet.
Aber damit kann ich leben.

Ja, Karlheinz ist weiterhin ein Großer. Wäre er allerdings ein Wurm, könnte er im Stock hausen. :P
 
Bernie schrieb:
serge schrieb:
Stockhausens Musik war zu ihrer Zeit im Wortsinne unerhört. Und das über Jahrzehnte.
Das ist so nicht ganz richtig, denn damals lief seine Musik auf mehreren Sendern im Radio (meistens im Nachtprogramm) -heute undenkbar.

Da liegt ein Missverständnis vor: Mit "unerhört" meinte ich nicht, dass Stockhausens Musik nicht im Radio zu hören gewesen war, sondern dass sie für viele Menschen so unerhört neu war, dass darüber auch bei Aufführungen lebhafte Diskussionen im Publikum ausbrachen, und dass man diese Musik vorher schlichtweg noch nicht gehört hatte.

Ich erinnere mich noch gut an Volker Müllers (ehemaliger Technischer Leiter & Tonmeister des Kölner Studios für elektronische Musik) lebhafte Berichte, mit welcher Faszination er damals gleichsam unter der Bettdecke am Transistorradio dieser Musik lauschte, während Altersgenossen Bill Haley huldigten.
 
Re: Jelly

Bernie schrieb:
salz schrieb:
Wenn es das enthält, ist es für mich nicht mehr experimentell.
Sehe ich auch so.
Was aber nicht heissen soll, das jeder stümperhaft zusammengenagelte Mist auch experimentell oder Avantegarde sein kann.
Zwischen experimentell und Avantgarde liegen für mich Welten. Zu Avantgarde fällt mir sofort Zeuhl ein, also in 1. Linie Vanders Magma. Und zu experimentell: ASTMA (Alexei Borisov & Olga Nosova). Beides ist für die meisten sehr anstrengende Kost.
 
Re: Jelly

salz schrieb:
Zwischen experimentell und Avantgarde liegen für mich Welten.
Worin liegt Deiner Meinung nach der Unterschied zwischen "experimentell" und "Avantgarde", und was zeichnet beide Richtungen aus? Ist keine Fangfrage, sondern ehrliches Interesse.
 
Re: Jelly

serge schrieb:
salz schrieb:
Zwischen experimentell und Avantgarde liegen für mich Welten.
Worin liegt Deiner Meinung nach der Unterschied zwischen "experimentell" und "Avantgarde", und was zeichnet beide Richtungen aus? Ist keine Fangfrage, sondern ehrliches Interesse.
Ich hatte doch 2 Beispiele genannt.
Mit Avantgarde verbinde ich hohe musikalische Virtuosität, mit "experimentell" eher mehr oder weniger zielgerichteten Spieltrieb oder meinetwegen Forschungsdrang.

Hier die Beispiele:

ASTMA


Magma

ggf. etwas vor"spulen" - so bis 10:40
 
stromzuton schrieb:
... eine Antwort auf Serge's Frage interessiert auch mich. Kann und muss man Experimentell von Avantgarde trennen?
Bei Avantgarde denke ich an eine bestimmte Strömung/Richtung, die Anfänge der sogen. Neuen Musik.
Ähnliches gabs auch in der Malerei.

Manchmal kann es sinnvoll sein, sich um Definitionen zu kümmern. Wir hatten das ja hier schon des Öfteren
beim Begriff der "Elektronischen Musik". Einfach, damit man dieselbe Sprache spricht.

Wenn ich Musik produziere, ist es mir aber erst mal egal, welchen Stempel sie hinterher erhält.
 
stromzuton schrieb:
... eine Antwort auf Serge's Frage interessiert auch mich. Kann und muss man Experimentell von Avantgarde trennen?
nicht wirklich, denn beides beschreibt ja "Neue Musik" auf hohem Niveau.
Viele nennen jedoch ihr dilletantisches Gewursel "experimentell", aber sie könnten es oft auch nicht besser.
Es ist und bleibt dann aber Mist, egal wie hochtrabend man es dann nennt und wie toll die verwendeten Synthesizer dafür sind oder wieviel Patchkabel drinstecken..
 
Bernie schrieb:
Viele nennen jedoch ihr dilletantisches Gewursel "experimentell", aber sie könnten es oft auch nicht besser.
Ich habe mich allerdings auch bei IDM seit je her gefragt, was daran so verdammt "intelligent" sein soll. Ich fand diese Bemühtheit sich von schnödem EBM abzusetzen, nur weil ein paar Breaks in den Beats waren, eher peinlich. Aber hey, das Kind hat einen (eigenen) Namen. Andere heißen Kevin oder Jonas, es hätte schlimmer kommen können.
 
Zotterl schrieb:
Bei Avantgarde denke ich an eine bestimmte Strömung/Richtung, die Anfänge der sogen. Neuen Musik.
Warum fragt niemand Wikipetra?

https://de.wikipedia.org/wiki/Avantgard ... _der_Musik
Als musikalische Avantgarden gelten Stilrichtungen in der E-Musik bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts, hier wurden sie oft unter dem Schlagwort Neue Musik zusammengefasst. Gemeinsam ist ihnen der Bruch mit traditionellen Hörgewohnheiten, etwa durch die breite Verwendung von Dissonanzen und unregelmäßigen Rhythmen sowie durch Atonalität. Beispiele für musikalische Avantgarden sind die Musik des Expressionismus, die Zwölftonmusik, später die Serielle Musik, die Aleatorische Musik, die Klangkomposition, die Minimal Music und die aus aufgenommenen Klängen zusammengesetzte Musique concrète. Seit der Nachkriegszeit entstanden auch außerhalb des Bereichs der E-Musik avantgardistische Formen, hier stellen Genres wie der Free Jazz, die daraus weiterentwickelte frei improvisierte Musik sowie Industrial und Noise mit die bedeutendsten musikalischen Avantgarden dar.

Woow! Wennze so Zeuch wie Magma hörst und - weil du selbst sowas nie hinkriegen würdest - Noise machst, biste trotzdem 'ne scheißNcoole Sau.
Ich kauf mir gezz ersma 'n schwarchzen Anzug! :cow:
 
salz schrieb:
Bernie schrieb:
Viele nennen jedoch ihr dilletantisches Gewursel "experimentell", aber sie könnten es oft auch nicht besser.
Ich habe mich allerdings auch bei IDM seit je her gefragt, was daran so verdammt "intelligent" sein soll. Ich fand diese Bemühtheit sich von schnödem EBM abzusetzen, nur weil ein paar Breaks in den Beats waren, eher peinlich. Aber hey, das Kind hat einen (eigenen) Namen. Andere heißen Kevin oder Jonas, es hätte schlimmer kommen können.

Die Genreschöpfung IDM würde ich weniger mit experimentellem Umgang mit der Musikkomposition, sondern vielmehr mit dem Begriff "Marketing" in Verbindung bringen.
 
Re: Jelly

Bernie schrieb:
Dann sollte man auch berücksichtigen, das Karlheinz Stockhausen einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts war (er war ja selbst viele Jahe lang Professor für Komposition an der Kölner Musikhochschule).
Das ist dann aber Hauptmann von Köpenick mäßig. Er hat ne Uniform an, alles folgt ihm blind.

Professoren sind nicht automatisch großartig (wer sich mit Aphex Twin streitet, weil er Wiederholungen doof findet, der hat meiner Meinung nach nicht viel Ahnung von Komposition) und seine Bedeutung wird meiner Meinung nach oft stark übertrieben, da viele seiner kompositorischen Konzepte nur Weiterentwicklungen von anderen Pionieren waren, z.B. Messiaen, Goeyvaerts, Webern, Berg oder Schönberg. Erwähnt wird aber ständig immer nur Stockhausen, Stockhausen, Stockhausen. *gähn*
 
stromzuton schrieb:
Die Genreschöpfung IDM würde ich weniger mit experimentellem Umgang mit der Musikkomposition, sondern vielmehr mit dem Begriff "Marketing" in Verbindung bringen.
So ähnlich war das auch gemeint. Im Grunde wollte ich Bernie beipflichten. Man klatscht irgendwas zusammen, das in keine Schublade passt => experimentell.
Auf der anderen Seite vertrete ich durchaus die Meinung, "Warum nicht jeden Mist mitschneiden? Ist doch toll, wenn's Leute spannend finden!"
 
Re: Jelly

changeling schrieb:
Das ist dann aber Hauptmann von Köpenick mäßig. Er hat ne Uniform an, alles folgt ihm blind.
Der Vergleich hinkt aber an einem entscheidenden Punkt: Der berühmte Schuhmacher hat sich die Uniform selbst angezogen, dem berühmte Komponisten zog man sie an.
 


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