Klangfarbenkomposition

mc4 schrieb:
;-)
Meine Lernaufgabe:
- Keine Melodie
- Beschränkung auf Rauschen als Instrument
- Polyphone Ausarbeitung des gefilterten Rauschens

Warten wir es ab, ich möchte mich ja selber überraschen.

klingt spannend !
 
Alternative: Wavetable oder Additivdings bauen mit den ersten 16 oder 32 Obertönen, wäre auch rudimentär und viel "Programmierarbeit", falls jemand ne Anregung auf Reduktion sucht. Die Musik würde dann komplett von der Hüllkurve übernommen bzw, allem was diese steuert sowie die Lautstärke/Amp.
 
Illya F schrieb:
Dann mache es doch so http://soundcloud.com/user-4-1/drone-work-synth1-at-2/ . [...] Du musst allerdings wissen, wie du welchen Klang erreichst, also welche Parametereinstellung zum Endresultat der Kette führt. Ohne längere Beschäftigung damit, wird das nichts
Das Beispiel ist sehr schön und natürlich weit mehr als nur eine "einfache" Bewegung hin zu einem Endresultat. Da sind Wiederholungen, Variationen und Kontraste drin. Wie gehst Du vor, wenn Du dir eine solche Struktur (im Sinne von Ablauf der einzelnen musikalischen Elemente) überlegst?

Andreas
 
:stop: alles geistige masturbation?
also ich brauch schon zwei tonhöhen um mich in einem zeitraum von ein paar minuten nicht zu langweilen :mrgreen:
 
leedoeslala schrieb:
also ich brauch schon zwei tonhöhen um mich in einem zeitraum von ein paar minuten nicht zu langweilen
Mit diesem Handicap wird es wahrscheinlich etwas schwierig für Dich in einem Thread, der sich explizit mit Klangfarbenkomposition beschäftigt, oder?
 
Vielleicht wären alle Geräusche ohne Tonhöhe eine ähnliche Übung? Frag mich nur noch, was man daraus… aber eigentlich ists egal, Spaß vermutlich.
 
Moogulator schrieb:
Vielleicht wären alle Geräusche ohne Tonhöhe eine ähnliche Übung? Frag mich nur noch, was man daraus… aber eigentlich ists egal, Spaß vermutlich.

ich machs auch mit Geräuschen ohne Tonhöhe,
aber :!: die muss ich aber auch früher oder später im sampler transponieren, klingt sonst so als wäre die katze auf dem keybord eingeschlafen :roll:
 
Ich hab darauf gewartet. Ich finde nämlich, dass innerhalb div. Recordings und Klänge eine Form von Harmonie und auch Rhythmik stecken kann, diese sind ja dann ein Sound. Und wie das was ich oben mit dem LFO schon andeutete. Jetzt haben wir den Salat. Tonale Noisesounds sind halt auch tonal. Und wenn man dies oder das mischt, wird schnell Suppe aus dem Konstrukt. Allerdings möchte ich das nicht schmälern mit dem Versuch.
 
AndreasKrebs schrieb:
leedoeslala schrieb:
also ich brauch schon zwei tonhöhen um mich in einem zeitraum von ein paar minuten nicht zu langweilen
Mit diesem Handicap wird es wahrscheinlich etwas schwierig für Dich in einem Thread, der sich explizit mit Klangfarbenkomposition beschäftigt, oder?
nö?
schau doch mal über den tellerrand des elfenbeinturms
 
Moogulator schrieb:
... Ich finde nämlich, dass innerhalb div. Recordings und Klänge eine Form von Harmonie und auch Rhythmik stecken kann, diese sind ja dann ein Sound. ...

These:
So wie es innerhalb der allgegenwärtigen tonhöhendominierten Musik
verschiedene Stilrichtungen gibt (also auch mit und ohne Rhythmus;
Country und Techno, Klassik und Neue Musik),
wird es auch verschiedene klangfarbendominante Richtungen geben
(d. h. rhythmusbetonte Richtungen wird es auch geben).
 
ich mein , ein eq am mixer zb teilt ja auch schon in bass,mitten und höhen ein. sind das nicht auch schon gewissermassen "tonhöhen" ?
ich kann jetzt zb. mehrere identische rauschquellen schichten und diese mit einem eq auseinanderziehen um dadurch sowas wie breite tiefe usw zu generieren. sonst wäre es ja ein grosses gedoppeltes rauschen ..wobei wenn man genau hinhört bestimmt nuancen hörbar werden.
und durch das eq-en teile ich in "tonhöhen" ein. hell/dunkel. höhen/bässe. nicht chromatisch aber denoch irgendwie: ♯ - ♭bzw frequenzgang.

ich gehe soweit und sage:
jeder erdenkliche ob in natur oder studio hörbare sound,töne,geräusche usw ist schon eine perfekte klangkomposition in sich selbst.
wenn man klangkomposition betreiben will muss man einen NEUEN klang erfinden, könnte man jetzt sagen. sounddesign.

ich finde die logische konsequenz und das weiterentwickeln besteht darin die einzelnen in sich geschlossenen klangkompositionen also bass, synclead, gitarre, stimme ,vogelgezwitscher,presslufthammer usw zusammen zubringen. wie ein orchester eben.
aber das gibts ja schon und kennt jeder. gang und gäbe in bands, studios und am lagerfeuer und in orchestern.
natürlich kann man auch den sound von einem presslufthammer zb.auseinanderziehen und in einzelteile zerlegen.. und evtl wieder neu anordnen. ich nenne das recycling oder remixen. :mrgreen:
vielleicht versteh ich auch den ansatz nicht der hier diskutiert wird. für mich wirkt das alles zu abstrakt nd rückwärtsgerichtet.
nicht negativ besetzt aber eben in die falsche richtung irgendwie. oder vielleicht wie einfach nur laufen ohne zu wissen wo es langgeht um dann irgendwann festzustellen man ist wieder am ausgangspunkt.
also nicht falsch verstehen, ich finds gut drüber zu diskutieren und zu philosphieren aber für mich geht das in die richtung wie wenn man zb. mauersteine(klänge,tonhöhen) wieder in ihre bestandteile zerbröselt anstatt ein haus (gängige musikkomposition) zu bauen.
aber gerade deswegen auch irgendwie interessant das thema.


ESO.ZEN 303
 
Stammtisch schrieb:
Moogulator schrieb:
... Ich finde nämlich, dass innerhalb div. Recordings und Klänge eine Form von Harmonie und auch Rhythmik stecken kann, diese sind ja dann ein Sound. ...

These:
So wie es innerhalb der allgegenwärtigen tonhöhendominierten Musik
verschiedene Stilrichtungen gibt (also auch mit und ohne Rhythmus;
Country und Techno, Klassik und Neue Musik),
wird es auch verschiedene klangfarbendominante Richtungen geben
(d. h. rhythmusbetonte Richtungen wird es auch geben).

Vor allem bedeutet Klang wichtig zu finden nicht, dass man auf Melodie verzichen möchte oder muss. Finde grade auch hier sehr viel Potential. Das andere sind Konzepte, die sicher interessant sind, aber eigentlich mit Komposition ansich weniger zu tun haben als mit Mitteln, Methoden, Vorstellungen oder Zielen.

Meine Frage: Interessiert dich mehr die melodische Komponente beim Komponieren/Arrangieren/Strukturieren weg zu lassen oder diese durch "Sound" zu substituieren oder eine Mischung oder etwas anderes? Denn letzteres würde sowieso auch alle Musik einschließen und ich habe den Eindruck es geht dir auch um ALLE Musik(stile). Oder?
 
irgendwie warte ich immer noch auf ein hörbeispiel ohne tonhöhengewackel,
welches nicht musique concrète oder drone ist :mrgreen:
und das ich als musik wahrnehme die ich mir auch evtl. nochmal anhören würde (Morton Subotnicks klangexperimente zähl' ich nicht dazu, (huch der buchla ist die treppe runtergefallen, i am so arty))
 
auf intel läufts auf ppc nicht
hm, krachloops vom daimlerfliesband sind doch recht nahe bei music concrete?
ist keine abwertung :)
 
Bewertung ist egal, ist allerdings keine Musique Conrete nach Definition, aber im Duktus des Threads wo man das nicht so eng sieht, vielleicht. Aber atonal schon. Halt nicht dronig, aber rhythmisiert durch Klang, nicht durch Noten, die sind bei Maschinen.tanzen halt nicht lohnenswert aufzuschreiben sondern die Modulation. -> Thema. DIe Partitur würde ich definitiv eher als Anweisungen schreiben, die Lautstärken sind ebenfalls nach bestimmten Algorithmen geformt. Sehr wenig gespielt.

Wenn das sparsam ohne Melodieverbot abgeht, kann es dann auch so klingen. Aber hier steckt ein Notenansatz dahinter mal so als Gegenpol und die Sachen sind gespielt, gesetzt, klassisch quasi. Die Synthese ist hier aber wichtig, auf dem Klavier müsste man eine Menge anpassen, damit das rüberkommt. Wäre aber eine interessante Aufgabe. Hab seit einiger Zeit wieder eins.
 
der oioioi sound ist geil - enventide?
ich würd ja auch mal was hochladen, ich such' aber noch n' label, wär also nicht so clever...
 
Aus meiner Sicht lässt sich das garnicht als getrennt betrachten, jegliche Musik lässt sich als Verhältniss ausdrücken. Auch Rythmus, Arrangement, usw ist eigendlich nichts anderes, es fehlen halt nur die Hilfsmittel das auch musikalisch umzusetzen. Da könnt ihr garnicht aus! :P

Auch zum Pointillismus gibts verschiedene Anzätze, den im Gegensatz zum Auge hat das Gehör einen anderen Mechanismus der nicht 1:1 der Klangerzeugung enstpricht. Auf tiefster ebene gibts da eigendlich nur ein wahnsinning schnelles Rechteck signal an den Wandlern. Im gegensatz zu den Farben gibts da keine bereits als solches benutzbare Elemente.
Um eine ähnliche Ausdrucksfähigkeit zu ereichen müssten wir die Frequenzgruppen des Innenohrs benutzen das sind gleich mal 24 stück..

Ein demensprechendes pointillistisches Instrument wäre dann am einfachsten ein granular steuerbarer "wavetable" mit 24 verschiedenen cosinus halbwellen. (Cosinus da nur am extrema sich pegelunabhängig andere perioden anhängen lassen ohne Artefakte zu erzeugen)
Der Programmieraufwand für sowas wäre eigendlich in einem wochenende hinzukriegen, mal sehen ich wäre schon gespannt was mit sowas alles machbar wäre ;-)
 
Re: Sternfilter

mc4 schrieb:
Leider konnte ich die mir selbst gestellte Aufgabe nicht zu meiner Zufriendenheit lösen, klang nach Murks.
das wundert mich nicht.
ich hab ewig mit rauschen aller art rum experimentiert, ohne tonale elemente ist das alles ...
Lou Reed's - Metal Machine Music anyone?
(war zwar ein anderes konzept (feedback) aber mit ähnlichen ergebnissen; ich hab's bis heute nicht geschafft die platte einmal am stück durchzuhören & ich hab mir echt mühe gegeben)
 
Computerliebe schrieb:
Aus meiner Sicht lässt sich das garnicht als getrennt betrachten, jegliche Musik lässt sich als Verhältniss ausdrücken.
ja, aber nur wenn du vorher die musik hast die du dann analysieren kannst.
wenn ich irgendwas spiele & nach 30 sec. oder so denke, ach ne, langweilig jetzt was anderes ...
wenn ich nicht genau weiß wohin die reise geht ist das alles essig mit dem goldenenschnitt
 
leedoeslala schrieb:
Computerliebe schrieb:
Aus meiner Sicht lässt sich das garnicht als getrennt betrachten, jegliche Musik lässt sich als Verhältniss ausdrücken.
ja, aber nur wenn du vorher die musik hast die du dann analysieren kannst.
wenn ich irgendwas spiele & nach 30 sec. oder so denke, ach ne, langweilig jetzt was anderes ...
Klar der Improvisationsprozess ist davon natürlich ausgenommen, ich ging da eher von einem fertigen Stück aus, eventuell zukünftige Software bräuchte dann eine Zeitspanne innerhalb der Musikalische Figuren berücksichtigt werden. Ein einfacher Befehl 'jetzt was neues' wäre eigendlich die einfachste Übung sowas zu ermöglichen.

Aber du hast recht es geht da eher um nachträgliches Arrangieren und Komponieren als ein intuitiv über die Zeit spielbares. Auch wenn sich ein Sequencer über so ein Konzept 'on the fly' programmieren ließe, das wäre dan Pointillismus konsequent bis zum Ende durchgezogen, eher eine Lebensaufgabe :lol:
 
Computerliebe schrieb:
Klar der Improvisationsprozess ist davon natürlich ausgenommen, ich ging da eher von einem fertigen Stück aus, eventuell zukünftige Software bräuchte dann eine Zeitspanne innerhalb der Musikalische Figuren berücksichtigt werden.
mit den zeitspannen biste aber auf dem richtigen trip, jetzt oder später sind immer die wichtigen endscheidungen :idea:
 
Guten Abend! Seien Sie zunächst bedankt fürs Kommen.

Vielleicht sind nur drei oder vier unter Ihnen, die praktisch mit der Herstellung Elektronischer Musik zu tun haben werden. Dennoch glaube ich, daß zwischen Herstellung und Wahrnehmung heute sehr viel weniger Abstand besteht, als das in früherer Musik der Fall war.
Das erste Kriterium nenne ich Die Komposition im musikalischen Zeitkontinuum, das zweite Kriterium Die Dekomposition des Klanges, das dritte Kriterium Die Komposition mehrschichtiger Räumlichkeit und das vierte Kriterium Die Gleichberechtigung von Ton und Geräusch.
Diese etwas fachlich klingenden Titel werden sich gleich als allgemeingültiger erweisen, wenn ich Ihnen Beispiele dafür gebe. Und ich bitte Sie, ohne weiteres zwischendurch zu fragen, falls etwas unklar bleibt. Wir haben in der Musik der Vergangenheit vorausgesetzt, daß - entsprechend der historischen Entwicklung der einzelnen Charakteristika des Tons - Tonhöhe, Dauer, Lautstärke, Klangfarbe und Richtung und Geschwindigkeit eines Tones im Raum - verschiedene Kategorien sind, die durch unsere Wahrnehmung bestimmt werden, und daß sich daran nichts ändern ließe. Historisch sind ja im Verlauf von nun fast tausend Jahren diese verschiedenen Charakteristika des Tons nacheinander entwickelt worden. Das vergißt man viel zu schnell. Die Tonhöhen sind am meisten entwickelt. Wir haben heute eine automatische Tonhöhenmessung: wenn Sie ein Klavier benutzen, dann sind die Tonhöhen schon vorher gemessen. Da brauchen Sie nur noch Tasten anzuschlagen. Dasselbe trifft auch weitgehend zu für geblasene Töne und gestrichene Töne. Selbst wenn da kleine Abweichungen sind, richtet man sich nach festgelegten Skalen von ca. 88 Tonhöhen, die der Komposition gedient haben.

Die Dauern sind schon sehr viel weniger entwickelt. Ihre Entwicklung hat auch viel später eingesetzt, als man anfing, die Zeitdauer der Töne genau zu messen.
Das wurde auch erst notwendig, als man begann, Töne genau übereinander zu setzen und nicht nur nebeneinander. In einer Melodie kann sich der rhythmische Fluß ruhig verschieben, und man braucht nicht so genau nach der Uhr zu messen. Aber sobald etwas genau zusammenfallen soll, muß man Werte vorschreiben, die gemessen und die auch nachprüfbar sind. Also wurde die genauere Notation - und damit auch die Komposition - der Zeitdauern etwa zwei- bis dreihundert Jahre später begonnen.

Wieder zwei- bis dreihundert Jahre später begann man zum ersten Mal, Lautstärkewerte strukturell zu komponieren, also nicht nur terrassenförmig, sondern mit Crescendi, mit Decrescendi. Sie wissen vielleicht nicht, daß es mehrfach Riesenkrach in Mannheim gegeben hat, als die ersten Crescendi in der Musik auftauchten und die Leute wirklich im wörtlichen Sinn von den Stühlen hochgegangen sind und protestierten.
Solche Erweiterungen der musikalischen Charakteristika sind für die Wahrnehmung manchmal so eingreifend, als ob sie etwas mit Veränderungen der Verhältnisse, wie man heute sagen würde, zu tun hätten. In Wirklichkeit sind sie nichts anderes als einfache Erweiterungen der Gestaltungsbereiche.

Dasselbe trifft für die Klangfarben zu, die noch bis Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts unemanzipiert komponiert wurden, das heißt, sie dienten einfach zur Klärung von Verhältnissen, die sowieso schon geschaffen waren in Harmonik und Melodik. Selbst die Rhythmik diente im wesentlichen der Klärung der harmonischen Verhältnisse. Das wissen wir aus der ganzen Synkopentheorie. Schönbergs Konzeption, daß man mit Klangfarben genauso Musik machen könnte wie vorher mit Veränderungen der Tonhöhen, ist ja bis heute noch nicht ins Bewußtsein der meisten Musiker gedrungen; daß man zum Beispiel ein Stück machen könnte, in dem die Tonhöhe völlig konstant ist, für eine halbe Stunde, und dieselbe Information musikalisch komponiert und wahrgenommen sein könnte - nur durch Veränderungen der Klangfarben -, wie früher in einer melodischen Komposition. Wenn jetzt eine Systematik für die Ordnung der Klangfarben einsetzte ähnlich wie für die Intervalle, so daß wir auch Intervalle der Farbigkeit komponieren und wahrnehmen könnten, mit denen wir genauso sinnvoll Musik machten, indem wir die Tonhöhen einfach einmal neutralisierten, so hätten wir eine Gleichberechtigung von Tonhöhen- und Klangfarbenkomposition erreicht. Das nur in Klammern.

Seit der Mitte des Jahrhunderts findet dann allmählich eine Emanzipation der räumlichen Bewegung statt, indem also auch der Punkt, an dem in einem gegebenen Raum, im Freien oder im Saal, ein Ton erklingt, und die Richtung, aus der im ihn höre, genauso maßgebend sein könnten, wie (in der übertragenen Vertikale der Tonhöhen) Töne verschieden hoch klingen können. Das ist ganz neu und wird in größerem historischem Abstand einmal als eine Revolution bezeichnet werden, vergleichbar der revolutionierenden Emanzipation der Dynamik oder der Klangfarben. Richtung und Geschwindigkeit eines Klanges in einem gegebenen Raum könnten also genauso relevant werden, wie die Frequenz eines Tones.

Also das erste Kriterium: Was bedeutet es, daß die Wahrnehmungskategorien Klangfarben, Melodie und Harmonie, Dauern (also Rhythmik und Metrik), formale Einteilungen nicht einfach unvermittelte Kategorien sind, sondern daß man unter Umständen von einer Kategorie in die andere kontinuierlich übergehen könnte? Erstes Thema ist, hatte ich gesagt, Komposition im Zeitkontinuum. Im gebe Ihnen ein paar elementare Beispiele.
Wenn ich hier auf das Pult klopfe und das aufnehme mit einem Magnetophon, eine Tonbandschleife daraus mache, und das jetzt tausendfach beschleunige, dann kriege ich einen Klang, der eine bestimmte Tonhöhe hat, und die Tonhöhe wäre definiert durch den Abstand zwischen den lautesten Akzenten der Perioden. Wenn das genau eine Sekunde wäre, also ti, ta, ta. , . habe ich geklopft, und ich daraus eine Tausendstelsekunde machte, dann würde ich einen Ton hören, der tausend Schwingungen pro Sekunde hat, also eine konstante Tonhöhe aufgrund der Wiederholungen dieser Periode.
Außerdem aber hat die ja auch irgendeine >Klangfarbe<. Im Moment klingt es so »wie Holz«, sagen wir, und das ist alles, was wir zur Bezeichnung dieses Klanges zunächst sagen können. Das ist natürlich ziemlich primitiv: „wie Holz“, oder „als wenn ich mit dem Finger auf das Pult klopfe" . So müssen wir die Klangfarbe beschreiben. Aber nach der Beschleunigung wird sich bei diesem Ton, der wie ein dreigestrichenes C klingt (nämlich tausend Perioden pro Sekunde), ja auch irgendeine Farbe ergeben. Die Farbe wird dann aus diesen Komponenten entstehen, die dieses Holz hier zunächst einmal gehabt hat, und aus den Unterteilungen der Periode. Ich habe ja nicht nur einfach gemacht:
tam - tam - tam, sondern ti, tata, ti, tata. Ich könnte auch einen anderen Rhythmus klopfen. Gäbe der etwas anderes? Ja. Da müssen wir also untersuchen, was das andere eigentlich ist. Was im sagen will: wir haben etwas, was als Rhythmus gehört wurde (also sich offenbar innerhalb von Dauernproportionen abspielte, die wir einzeln wahrnehmen und vergleichen können), umgewandelt in eine andere Wahrnehmung musikalischer Zeit, die wir als Tonhöhe oder als Klangfarbe bezeichnen.
Wenn ich jetzt zwischen diesen Akzenten einen Abstand machen würde, der, sagen wir, von Schlag zu Schlag zwei bis drei Minuten dauerte, dann würden wir das nicht mehr als einen Rhythmus hören, sondern einfach als eine grobe Einteilung von Zeit. Wenn dazwischen nichts passiert, dann wäre das die Musik, dann wären diese drei Schläge in sechs Minuten die Musik. Und wir hätten also drei Abschnitte gehabt in der Musik, nämlich: es geschah was, dann war wieder was, und dann war wieder was, und die Ereignisse waren sich ziemlich ähnlich. Zwei Abschnitte sogar nur. Was danach kam, das hat überhaupt nicht aufgehört, oder ich bin weggegangen, oder jemand hat angefangen zu applaudieren oder zu buhen, und dann war es zu Ende. Und dann fing was anderes an.
Also solch eine >Dauer< ist eine formale Dauer, die wir in engerem Sinne der Musik als Formsektion bezeichnen.
So hätten wir also unter Umständen ein Kontinuum zur Verfügung, und das ist erst mit den neuen Apparaturen zu erreichen, in dem wir kontinuierlich von einem Bereich in den anderen übergehen können: ein Kontinuum, dessen drei Bereiche FORM, was wir formale Einteilung nennen, dann RHYTHMIK und METRIK, dann HARMONIK und MELODIK als ungefähr gleich große Bereiche der Wahrnehmung sind. Das ist sehr interessant. Tonhöhen hören wir von ungefähr 20 Hertz bis 4000 Hertz, das sind, wie Sie wissen, auf dem Klavier ca. 7 1/2 Oktaven. Und es ist interessant, daß die Dauern, die wir wahrnehmen, als rhythmische Werte von ca. 1/8 Sekunde bis 8 Sekunden lang sind.
Man sagt, daß etwas, was länger als 8 Sekunden dauert, als rhythmischer Wert nicht mehr genau unterschieden werden kann; da setzt unsere Wahrnehmung wieder aus, sie wird unscharf. Man verwechselt auf einmal Werte, man kann sich nicht mehr erinnern, ob die 11 oder 13 Sekunden gedauert haben. Unser Erinnerungsvermögen läßt also bei Ereignissen ab 8 Sekunden Dauer nach. Dort fängt wieder ein neuer Bereich der Wahrnehmung an, in dem man die formalen Einteilungen unterscheidet. Und der ist auch wieder ca. 7 Oktaven, das heißt siebenmal das Doppelte ( das ist ja 1 >Oktave< ) breit. Er reicht bis zu der Dauer, die man so üblicherweise in der traditionellen Musik für einen Satz eines Werkes bzw. für ein ganzes Werk gebraucht hat, sagen wir bis zu einer Viertelstunde. Wenn Sie das einmal mitrechnen: 8- 16- 32- 64- 128- 256 512 - 1024 Sekunden (siebenmal das Doppelte) ergibt 17 Minuten. Das ist ungefähr die Dauer, nach der bisher in der traditionellen Musik ein Werk aufhört. Warum dauert es nicht sieben Stunden? Weil wir in unserer Tradition ganz bestimmte Wahrnehmungsbereiche ausgebildet haben, innerhalb derer sich Musik abspielt.

Wenn ich jetzt das erste Beispiel spiele, dann soll es demonstrieren, was in der Elektronischen Musik erst bewußt und praktisch möglich geworden ist: daß man zum Beispiel eine Melodie in einen Rhythmus, Töne in Rhythmus verwandelt, indem man sie kontinuierlich verlangsamt; oder daß man irgendeine Form, eine Großeinteilung der Zeit, in einen Ton verwandelt, indem man sie beschleunigt.
Man könnte zum Beispiel eine Beethoven-Sinfonie so zusammenstauchen, daß sie nur noch zwei Sekunden dauert. Dann wäre also das Innenleben, das rhythmische Innenleben dieser zwei Sekunden maßgebend für die Klangfarbe dieses Klanges, für den Klang, wie er mir als Einheit erscheint. Er hätte eine Mikrostruktur, die von Beethoven komponiert wäre. Das ergäbe einen neuen Klang. Es gibt zur Zeit technische Schwierigkeiten, eine Transposition in der Zeit zu machen, ohne automatisch auch die Tonhöhen zu transponieren; aber im Prinzip geht das.
Oder man könnte - jetzt umgekehrt - irgendeinen Klang nehmen und so auseinanderdehnen, daß er die große Zeiteinteilung einer Sinfonie erreichte.
Dann hätten wir die mikromusikalischen Eigenschaften, Zeiteigenschaften eines Klanges in die Makrozeit der Form übertragen.
So etwas geschieht dauernd in avancierten Werken Elektronischer Musik.
Daß zum Beispiel jemand eine rhythmische Struktur macht, dann diese rhythmische Struktur staucht, so daß ein einzelner Klang daraus wird, und man mit dem Klang weiter arbeitet. Oder umgekehrt, daß jemand eine rhythmische Struktur macht und die so dehnt, daß man sie nicht mehr als Rhythmus wahrnimmt, sondern daß man die Einzelschwingungen des Klanges dann zu hören beginnt. Die rhythmische Einteilung, die vorher als Rhythmus gehört wurde, wird dann, wenn man sie - sagen wir - 50fach verlangsamt, zu einer irrsinnig langsamen formalen Einteilung mit Crescendi und Decrescendi, und was zwischendurch passiert ist dann insofern wiederum interessant, als man in den Ton hineinhören und die Schwebungen der Töne wahrnehmen kann. Man 'mikroskopiert' musikalisch.
http://www.elektropolis.de/ssb_story_stockhausen.htm

http://www.elektropolis.de/karlheinz/st ... en_cd1.zip
http://www.elektropolis.de/karlheinz/st ... en_cd2.zip

Das sollte man kennen, wenn man sich dem Thema ernsthaft nähern möchte.
 
AndreasKrebs schrieb:
Illya F schrieb:
Dann mache es doch so http://soundcloud.com/user-4-1/drone-work-synth1-at-2/ . [...] Du musst allerdings wissen, wie du welchen Klang erreichst, also welche Parametereinstellung zum Endresultat der Kette führt. Ohne längere Beschäftigung damit, wird das nichts
Das Beispiel ist sehr schön und natürlich weit mehr als nur eine "einfache" Bewegung hin zu einem Endresultat. Da sind Wiederholungen, Variationen und Kontraste drin. Wie gehst Du vor, wenn Du dir eine solche Struktur (im Sinne von Ablauf der einzelnen musikalischen Elemente) überlegst?

Das was du da hören kannst, war ja das erste (anhörbare) Resultat dieser Machart von mir, welches ich aus der Zeit auch noch habe. Ich weiß noch, dass ich von diesem starren am Raster/Metronom Ausgerichteten weg wollte und das zu dieser Form von Ergebnissen führte (Ich wusste kurz davor nicht wie man klanglich so etwas überhaupt erzielen kann und hatte deshalb auch gefragt). Letztendlich ist die Basis nichts anderes als einen Klang in einen anderen zu überführen, also immer noch recht primitiv bis hierhin. Wenn ich jetzt aber auch diese Klangveränderung, auf der Zeitachse, gleichzeitig mitgestalten, denn sonst wären das ja nichts weiter als aneinander geklebte Einzelklänge, habe ich wieder ein Arrangement - nur eben eines, welches an meiner eigenen Inneren Uhr ausgerichtet ist.

Du kannst da noch die LFOs des Synth1 mit einbeziehen und das Ganze gipfelte dann ja 2010 in Phase1.1, also unter Verwendung der LFOs als Klanggestalter nebst der Verwendung des Arpegiators http://soundcloud.com/user-4-1/phase-1-1 . Irgendwann wird das dann aber doch zu sehr Automatenmusik + auch noch gleichzeitiger, automatischer, Klanggestaltung. Wer das mag, der kann den Weg ja auch einmal selber gehen, aber ich beschäftige mich momentan mit Anderem.
 
Man kann bestimmte Kriterien auf ziemlich simple und banale Weise musikalisch klarmachen, oder aber sie irgendwie so komponieren, wie es noch keiner gemacht hat, also sehr eigenartig und unerwartet. Dann wird es Musik, dann wird es etwas Künstlerisches. Im übrigen aber ist es nichts anderes als eine Öffnung und eine Erweiterung des Bewußtseins. Auf einmal ist man nicht mehr derselbe, wenn man begriffen hat, daß Töne ja nur innerhalb eines bestimmten Prozesses so sind, wie sie scheinen; daß ich aus jedem Ereignis irgend etwas anderes machen kann, also aus einer Tonhöhe einen Rhythmus, aus einem Rhythmus eine formale Einteilung, aus einer formalen Einteilung eine Klangfarbe; daß man also kontinuierlich durch die musikalischen Wahrnehmungskategorien hindurchkomponieren kann.
Und das ist eigentlich das Wesentliche, was in der neuen Musik stattgefunden hat im Vergleich zur alten Musik. Alte Musik - eine Perspektive. Man hatte eine Orientierung: so, jetzt höre ich rhythmisch-metrisch, und das Harmonisch-Melodische gehört dazu, aber in eine andere Kategorie, das Dynamische wieder in eine andere Kategorie. Man hatte immer das Problem, diese Kategorien zusammenzubringen, statt von einer einheitlichen Konzeption auszugehen und die Vielfältigkeit aus der einheitlichen Konzeption heraus zu entfalten und zu entwickeln. Das Podest ist umgestürzt. Der ganze Kompositionsprozeß ist umgekehrt worden und damit auch die Wahrnehmung.
Die eine Perspektive ist durch Relativität zu einer Vieldimensionalität geworden. Was Rhythmus ist, ist unter Umständen gar kein Rhythmus, oder ist so gestaucht, daß er plötzlich eine Melodie, ein melodisches Phänomen wird, oder ein Klangfarbenphänomen. Und dieses kontinuierliche Übergehen von einer Perspektive in eine andere während ein- und desselben Stückes: das ist eigentlich das Thema des Komponierens geworden. Nicht mehr irgend etwas anderes zu komponieren oder darzustellen oder zu exemplifizieren oder zu konstruieren, sondern die Transformationsmöglichkeiten der Klangmaterie sind das Thema selbst.
Ständig komponiere ich multidimensionale Aspekte des Klanglichen, um denjenigen, der das erlebt, auch multidimensional zu machen oder werden zu lassen, ihm jedenfalls die Chance zu geben, daß er nicht mehr nur eine Perspektive hat, sondern sich mit den Veränderungen mitverändert. Daß er sich sozusagen auf den Klang draufsetzt und mit dem Klang bewegt, und wenn der Klang eine Dimension durchschießt und in eine andere Dimension hineinspringt, muß man selber diesen Wahrnehmungssprung mitmachen.

Quelle: siehe meinen Beitrag oben
 


News

Zurück
Oben