Oldtimer: 220V Sollspannung vs. 230V Netzspannung

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Anonymous

Guest
Diese Sache spukt mir schon länger im Kopf herum. Aber da ich zu dem Thema relativ wenig Infos gefunden habe, scheint es wahrscheinlich kein großes Problem zu sein. Trotzdem frage ich mal einfach hier in die Runde:

Alte 220V-Geräte im 230V-Netz zu betreiben, provoziert dies nicht auf Dauer Schäden durch Überlast?

Ende der 80er kam es ja mal irgendwann zu der Spannungsumstellung von 220V auf 230V. Geräte die vor der Spannungsumstellung für ein 220V-Netz konzipiert wurden, laufen seitdem folglich permanent mit nahezu 5% über der Sollspannung.

Irgendwo habe ich gelesen, dass im aktuellen Stromnetz für die beim Verbraucher ankommende Spannung eine Toleranz von +/- 15% gelten soll. Was ich relativ viel finde. Konkret wären das 195V bis 265V, die an der Steckdose anliegen könnten.

Wenn ich nun davon ausgehe, dass auch bereits früher für das 220V-Netz eine Toleranz von +/- 15% galt, kommt man hier auf einen Arbeitsbereich von 187V bis 253V. Bei alten Geräten im aktuellen Netz ergibt sich hieraus doch das Risiko einer Überlast durch Spannungsspitzen über 253V, sowie die bereits weiter oben erwähnte dauerhafte Überlast von ca. 5%.

Wenn das alles ein wirkliches Problem wäre, dann müsste man hierüber ja wesentlich mehr Infos finden. Wo liegt mein Denkfehler?


Anmerkung: Ich habe im Sinne der Leserlichkeit auf ganzzahlige Werte gerundet.
 
Im Zuge der Umstellung wurde die Toleranz der 230V nach oben zunächst auf 5% begrenzt. Damit war man immer noch im Toleranzbereich der alten 220V.

Wenn die Geräte einen Spannungswahlschalter haben, kann man sie auf 240V stellen. Da wir hier nie nennenswerte Unterspannung haben (das würde weniger Umsatz auf den Stromzähler bringen...) schont das die Elektronik, ohne Fehlfunktion erwarten zu lassen.

Grundsätzlich wird bei unseren Geräten die Sekundärspannung des Trafos etwas größer, damit auch die gleichgerichtete Spannung. Die Elkos altern dadurch theoretisch etwas schneller, die sind generell aber eher großzügig ausgelegt, so dass das kein größeres Problem ist.
Die Verlustleistung in den Reglern steigt, dass ist schon eher mal knapp. Das wird dann einfach wärmer und altert schneller.
 
In Einzelfällen kann es passieren, dass ein Trafo, der in einem Gerät für 220V ausgelegt ist, auf Dauer an höherer Spannung kaputt geht. Das sind aber Einzelfälle. Ein Freund von mir hatte mal mit selbst produzierten Geräten (Video-Limiter) Ärger weil die Trafos in seinen Geräten zu heiß wurden und durchgingen. Er hatte dann viele ersetzen müssen. Es traf damals nur eine alte Produktline und da war der Trafo ziemlich ausgelastet, der nächst größere (Leistungsmässig) hätte aber Platzprobleme gemacht. Wie gesagt: Einzelfälle.
Ich habe noch einige alte Radios und die beiden ältesten (1950) schalte ich ab und zu mal für einige Zeit an damit sie nicht kaputt gehen. Diese Schätzchen haben noch alles originale Teile und daher betreibe ich sie erst kurze Zeit an 200V und regle dann den Vorschalt-Trafo auf 220V hoch. 230v will ich denen nicht antun obwohl sie das wahrscheinlich auch verkraften würden.
 
Vielen Dank für die Info!

Die Idee mit einem Vorschalt-Trafo gefällt mir aber ganz gut, um einfach auf der ganz sicheren Seite zu sein. Oder zumindest das Gefühl zu haben, das Bestmögliche zum Erhalt der Geräte zu tun ;-)

Ich habe mittlerweile mal etwas genauer nachgesehen, und zwei Geräte könnte man wohl auf 240V umbauen: Den Juno 60 und die TR-808. In den Service Manuals wird jeweils ein einziger Trafo für 220V und 240V angegeben. Bei zwei anderen Geräten ist die Sache weniger eindeutig: Bei der TR-909 wird zwar auch nur ein Trafo für alle Spannungen angegeben, aber es gibt für jede Spannung ein anderes PCB. Und beim ESQ-1 ist es verwirrend, da blicke ich noch gar nichts.

Vor dem Hintergrund wäre ja so ein Vorschalt-Trafo für alle 4 Geräte wohl am einfachsten. Ich habe aber keinen stufenlosen finden können, bei dem man (wie beschrieben) schön langsam die Spannung hochfahren lassen kann. Weiss da jemand was? Welchen benutzt du denn, Cyborg?
 
Wir haben für unser Studio vor Jahren 2 große 19" Schränke aus einem alten Rechenzentrum übernommen. Dort ist jeweils ein Spannungsstabilisator (3HE) eingebaut, der die Spannung immer konstant auf 220V hält, einen praktischen Hauptschalter und 2 Blöcke mit Schaltbaren Steckdosen (insg. 8 Stück) hat. Mir ist es also egal, was letztendlich aus dem örtlichen Stromnetz kommt.
 
bloop schrieb:
Wir haben für unser Studio vor Jahren 2 große 19" Schränke aus einem alten Rechenzentrum übernommen. Dort ist jeweils ein Spannungsstabilisator (3HE) eingebaut, der die Spannung immer konstant auf 220V hält, einen praktischen Hauptschalter und 2 Blöcke mit Schaltbaren Steckdosen (insg. 8 Stück) hat. Mir ist es also egal, was letztendlich aus dem örtlichen Stromnetz kommt.
Ist wohl für so einen Amateur-Dudler wie mich total überdimensioniert. Hab ja auch kein echtes Studio, nur so ein paar Dudelkisten. Aber mach doch mal ein Foto, interessant ist es allemal. Fänd ich gut! Ausserdem hilft es (Hersteller und Produktname) vielleicht jemandem weiter, der in Zukunft ein etwas größere Lösung benötigt, wie das eben bei dir der Fall ist.
 
Die Spannung 230 V wurde in der internationalen Norm IEC 60038:1983 als Standardspannung festgelegt.
Bis 1987 betrug die Netzspannung in Deutschland 220 V mit einer Toleranz von ± 10 %. Danach erfolgte zunächst eine schleichende Umstellung auf 230 V + 6 % und − 10 %.
Somit hat ganz Europa nun eine einheitliche Netzspannung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Netzspannung
 
dbra schrieb:
Wieso hat man eigentlich die Spannung geändert? Sehe da keinen großen Sinn drin, die Standardspannung in einer gewachsenen Infrastruktur zu ändern.
Ergänzend zu mookies Angaben (man achte bitte auf den Konjunktiv und das Wort "Angeblich"): Ich habe gelesen, dass damals angeblich in Europa mehrheitlich das 220V-Netz verbreitet gewesen sein soll. Bei einer Anpassung hätten aber angeblich die Engländer mit ihrer Netz-Infrastruktur nicht problemlos auf 220V umschalten können. Deshalb hätte man die Norm angeblich dahingehend festgelegt, dass eben alle anderen auf 230V wechseln. Das Ganze wie gesagt nur im Konjunktiv, da das nur so ein Laberbeitrag im Netz war. Kann auch genausogut nur ein Behauptung von der ALu-Hut-Fraktion sein. Ich konnte hier hierzu jedenfalls keine seriösen Quellen finden, bzw. ich habe nicht genügend Zeit in die Recherche investiert. Im Netz steht ja meistens alles, man muss es nur finden.
 
Mess einfach mal in der Steckdose nach.
Bei uns sind es 234V.

Viele selbst alte Geräte aus den 70er, 80er Jahren lassen sich umbauen oder können dies sogar automatisch.
Meist ist da nur die Primärspule oder eine Brücke umzulöten (ein oder zwei Drähte).
Ein Trafo besitzt daher mehrere Primärspulen (oft 2 - 4) für verschiedene Spannungen.
Bei Sprüngen von 100-117V auf 220-240V, 250V (also die meißten Importwaren) ist auch ein Sicherungswechsel auch nötig.
Es gibt aber durchaus Geräte mit verschiedenen Trafo Ausführungen (100-117V oder 220-240V, 250V).

Die TR-909. Meine aus US 100-117V (nicht dort gekauft, wurde hier mit einem Adapter to 230V betrieben :selfhammer:) ist jetzt eine Europäerin (240V) ohne PCB tausch. Es git nur eine PCB 2291084700 1/2, siehe Service Manual Seite 12. Da siehst du auch die Brücken welche anzulegen sind. Dann noch wie im meinem Fall, den Kaltgeräte Stecker tauschen, Erdung verkabeln und die Sicherung tauschen.

Die Nummern, welche du meintest sind Ausführungs oder Fertigungsnummern. Wenn man also in der Produktion ein 117V Board benötigt, wird es dementsprechend Kontaktiert, Ausgestattet und mit dieser Nummer versehen, damit in der Produktion kein falsches Produkt eingebaut wird.

Das Verhältnis Primär und Senkundärspule ist immer so ausgelegt, das mit der Richtig angelegten Spannung, die richtige Ausgangsspannung
herauskommt, wenn der Trafo richtig eingestellt (Umschalter) oder Verkabelt ist.

Ein Umbau auf 240V oder 250V ist immer zu empfehlen, wie schon hier angesprochen, alte Bauteile, alter Trafo, alte Spule die heißer wird.
 
acidheimer schrieb:
Vielen Dank für die Info!

Die Idee mit einem Vorschalt-Trafo gefällt mir aber ganz gut, um einfach auf der ganz sicheren Seite zu sein.
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Vor dem Hintergrund wäre ja so ein Vorschalt-Trafo für alle 4 Geräte wohl am einfachsten. Ich habe aber keinen stufenlosen finden können, bei dem man (wie beschrieben) schön langsam die Spannung hochfahren lassen kann. Weiss da jemand was? Welchen benutzt du denn, Cyborg?

Hallo
ich habe da einen uralten, regelbaren Trenntrafo. Der leistet maximal 600Watt und stammte wahrscheinlich aus einer Fernsehwerkstatt. Es ist ein Trenntrafo, es gibt also anders wie bei den meisten Regel-Transformatoren keine direkte Netzverbindung, was das Arbeiten an dert Netzspannung auch etwas sicherer macht. Bevor Du da aber viel Geld für schweres Gerät ausgibst würde ich mir die Geräte mal genauer ansehen. Studiere mal die Unterlagen, schau Dir mal die Trafos an (wenn Du Dich auskennst) Vielleicht kann man da intern was umklemmen? Bei vielen Geräten ist auch ein Austausch des Trafos nicht wirklich schwierig: Den alten ausbauen und den neuen zur Not irgendwo an einer sicheren Ecke im Gehäuse montieren falls er nicht an den Platz des alten passt. Dann alles anschliessen und gut isolieren (z.B. mit Schrumpfschlauch) Trafos kosten nicht die Welt, sie müssen nur "groß" genug sein und die richtigen Sekundärspannungen liefern. Ich hatte mal einen ganz "komplizierten" Trafo bei einem Kundengerät durchgeschossen und musste dann sogar einen wickeln lassen. Der Trafo war dann teuer, hatte IMO etwas über 60 DM gekostet (Sonderanfertigung)
Die Story: Ein Kunde brachte ein Roland-Keyboard (weiß nicht mehr welches) zur Reparatur weil es "nicht funktioniert". Ich öffnete es in der Werkstatt und sah, dass die Sicherung "durch" war. Wie immer war ich aber die meiste Zeit "vorne" in den Verkaufsräumen des Ladens.. Ich setze also eine Sicherung ein, schaltete das Keyboard ein und die Kontrolllampen leuchteten, es kam auch ein Ton raus... dann verließ ich die Werkstatt für vielleicht 20 Minuten. Als ich wiederkam war die Kiste tot und es roch nach "Ampere".... Es stellte sich heraus, dass der Trafo durchgebrannt war (Primärseitig).
Der Kunde hatte das Gerät aus Übersee mitgebracht und weil es einen "komischen Netzstecker" hatte, tauschte er das Netzkabel aus. Da dies einen angegossenen (Schuko)Stecker hatte, kam ich auch garnicht auf die Idee, das es sich um ein 110V Gerät handeln konnte. Naja, das war dann der Grund :) Den Trafo zahlte ich aus eigener Tasche, das war Ehrensache.
 


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