Phasen-Tricks und Vintage Noise - ein Tomita Experiment. Feedback erwünscht!

Felsenstein

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Wer Isao Tomita nicht kennt oder seine Musik nicht mag, bitte gleich weiterscrollen, denn nur darum soll es in meinem Post gehen und ich will ja niemandem Lebenszeit rauben. ;-)

Es geht um dieses Machwerk:


Ich habe eine Bitte bzw. eine Frage an die Leute hier mit den großen, guten Anlagen, die auch mal ein wenig AUFDREHEN können, ohne, dass der Nachbar gleich den Besen durch die Gipskartonwand schiebt.

Momentan arbeite ich an einer Klassik-Adaption im Stil von Tomita und würde gern wissen, ob die eingebauten Stereo-Effekte bei euch so kommen wie sie sollen. Speziell die typischen "Phasendreher", die der Japaner damals gezielt benutzt hat, um manche Signale teils außerhalb des Stereofeldes zu schieben, was je nach Frequenzbereich und Pegel durchaus beim Hörer ein schwer zu beschreibendes "Druckgefühl" erzeugen kann.

Desweiteren habe ich versucht, der Aufnahme einen dezenten Vintage-Touch geben, der den 70ern gerecht wird. Daher gibts keine super komprimierten Bässe wie heutzutage üblich, aber dennoch ausreichend "Bauch", hoffe ich. Ähnlich siehts mit dem Höhenbereich aus; es soll schon transparent sein, aber nicht "kristallklar" wie der moderne digitale Output der Mainstream-Studios - was mir zugegebenermaßen teils schon schwerfällt beim Abmischen, da ich in meinem gesetzten Alter auch langsam dazu neige, doch ab und an den Höhen-EQ aufzudrehen. Als letzter Schliff läuft im Hintergrund noch ein wenig Vinyl-"Störgeräusch" mit, einfach gegen tote Pausen. Klappt das für euch mit dem Vintage-Feeling, oder wirkt es trotz allem noch zu "frisch"?

Zusammengefasst, klingt es für euch sauber, knackig und dennoch ein wenig vintage? Auch wenn Klang und Genre immer sehr individuelle Geschmackssache sind, ich freu mich auf euer Feedback. Gern auch ausführlich und so "technisch", wie ihr mögt. Danke!

Die WAV-Datei zum Download (andere Formate gern auf Anfrage):
https://voca.ro/12ZtpubGZJnq

Ein paar Nerd-Infos für die, die u.U. an Details interessiert sind:
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Das obige Stück namens "Vyšehrad" (Die Burg Vyšehrad) ist der erste Satz der sinfonischen Dichtung "Má Vlast" aka "Mein Vaterland" von Bedřich Smetana, Dauer ca. 16'45". Die Sinfonie besteht aus insgesamt sechs Sätzen, Gesamtspielzeit ca. 77 Minuten. Mag sicher erst mal recht unbekannt für viele klingen, aber ich wette, fast jeder kennt daraus das Stück "Die Moldau", der zweite Satz des Werkes.

Die einleitenden Worte am Anfang, bevor der erste Satz beginnt - ja, das ist Tomita persönlich. :)

Verwendung finden für die Klangerzeugung die virtuellen Versionen einiger Instrumente und Geräte, die Tomita damals eingesetzt hat; Moog Modular, Mellotron, Eventide Phaser & Flanger und diverse weitere Plugins für FX, vornehmlich mit Vintage-Eigenschaften wie Spring-Reverb, Tape-Delay, Tube-Distortion usw. Meine DAW ist REAPER.

Für den ersten Satz der Sinfonie habe ich gute drei Monate gebraucht, für das Gesamtmachwerk rechne ich mit Fertigstellung etwa Frühling/Anfang Sommer 2027. Auch, wenn ich den Vorteil habe, eine technisch fortgeschrittenere Technologie als in den 70ern nutzen zu können, hat das für den eigentlichen Schaffensprozess trotzdem so einige Nachteile. Um "authentisch" zu arbeiten, versuche ich daher vieles so zu machen, wie Meister Tomita es mit analogen Tapes tun MUSSTE; viele Einzelaufnahmen, viele Dubbings, viele Layers, viele Experimente - die nicht selten total in die Hose gehen. Das frisst enorm Zeit. Und Nerven...

Abschließend, es gibt/gab nur EINEN Tomita, sein Stil ist einmalig, geprägt von der damaligen Technik und der Art, wie er erfunden, gedacht, programmiert, gefiltert und gemischt hat und daher unmöglich 1:1 nachzumachen. Trotzdem möchte ich versuchen, ein wenig von der Magie, die Tomita mir damals als Jugendlichem musikalisch mit auf den Weg gegeben hat, in meiner Adaption leuchten zu lassen. Ich möchte, dass diese Art Musik nicht mit seinem genialen Schöpfer vergessen wird, dass es ab und zu ein paar schräge Nerds wie mich gibt, die unabhängig von Mode, schnellen Trends und hastigem Zeitgeist ein paar der Dinge von gestern lebendig halten. So gut sie es mit ihren Mitteln eben können. ;-)
 
der frage von geschmack und gefühl in bezug auf deine (wirklich schöne) aufnahme möchte ich ausweichen und dir stattdessen die faustregel mit auf den weg geben, dass man beim verfahren von "überbreite durch gegenphasiges signal" im zusammenhang mit der üblichen 60-grad-stereo aufstellung mit der amplitude aufpassen muss; die amplitude des gegenphasigen signals sollte ~ 28% nicht übersteigen, damit der effekt funktioniert.

der gleiche "grenzwert" erweist sich genauso auch unterm kopfhörer als sinnvoll. alles, was darber hinaus geht, kann als unangenehm empfunden werden oder hört sich nicht mehr nach "weiter weg" an sondern eher nach "hilfe, mein gehirn ist verdreht" oder "oh, ich glaube ich höre links nicht mehr richtig" an.

probiere das sinnvollerweise immer in solo aus bzw. beachte diesen grenzwert, auch wenn der effekt dir in der summen/mischung zu gering vorkommt.

ich selbst hab mir irgendwann meinen eigenen panner mit dieser funktion gemacht wo man über diese "überbreite" in prozent-werten informiert wird und es einen strikten grenzwert gibt, da der waves S1 das so leider nicht hat und man dort nur nach gehör gehen kann (von mono input ganz zu schweigen.)
das ist im grunde nichts anderes als wenn man ein analogmischer mit phaseninvertierer einsetzt um surround zu mischen...
 
Zuletzt bearbeitet:
@Felsenstein Ich hab deinen Thread erstmal gar nicht richtig gelesen, sondern direkt deinen Link angehört. Und dachte im ersten Moment, es sei auch eine Tomita-Aufnahme. :)

Wenn ich irgendwas beanstanden müsste: Ich finde deine Produktion stellenweise zu scharf in den Höhen (zB die obersten Register bei ca 5:30). Und hab mich gefragt, ob deine Phaser-Wahl auf etwas mit 'nem bisschen zu viel Resonanz gefallen ist.

Ansonsten bin ich einfach nur beeindruckt. Echt krass.
 


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