Reparatur eines Faemi 1M

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FNT

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Heute habe ich mir einen Formanta Faemi 1M ins Haus geholt. Spontankauf auf einem bekannten Onlineauktionshaus. Persönliche Abholung in 50km Entfernung und dabei noch eine nette Bekanntschaft gemacht. Optischer Zustand ganz passabel und unverbastelt, technisch waren jedoch folgende Mängel bekannt:

1.) Taste E ganz rechts ohne Funktion
2.) Filter-Hüllkurve ohne Funktion

Während Problem 1 für mich belanglos ist, macht Problem 2 den Synth weitestgehend unbrauchbar.




Übersetzung von Front und Backpanel

Zugegeben hatte ich mich in der Kürze der Zeit nicht wirklich informiert, was ein Faemi 1M überhaupt sein soll. Analog, irgendwas in Richtung String-Synth und polyphon, wobei ich dachte, mehr als Duophon wird das nicht sein...

Beschreibung bei ruskeys.net

Vor längerer Zeit hatte ich mir einen Polivoks aus Minsk schicken lassen. Dieser war optisch absolut neuwertig und sollte technisch voll in Ordnung sein. Letzteres stimmte jedoch nicht wodurch ich meine ersten Erfahrungen mit sowjetischer Technik machen durfte, die Kiste aber wieder zum Leben erwecken und alle mir aufgefallenen Defekte beheben konnte (Danke noch mal an Bernie für den Vergleich mit seinem Polivoks). Dadurch bestärkt, dachte ich, werden die Probleme beim Faemi 1M auch eine lösbare Aufgabe darstellen. Wir werden sehen...

In diesem Faden möchte ich die nun anstehenden Reparaturen dokumentieren. Man kennt das ja... einmal aufgeschraubt und zerlegt liegt so was nicht selten deutlich länger als geplant in Einzelteilen herum und am Ende weiß man nicht mehr welche Schraube wo war. :selfhammer: Außerdem dachte ich mir, ist so etwas vielleicht auch für den ein oder anderen Leser interessant, der seine Kisten nur von außen kennt. Nicht zuletzt erhoffe ich mir vielleicht auch den ein oder anderen Tipp, wenn ich mal nicht weiter komme.
 

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If you don't open it, you don't own it!

Verglichen mit dem Polivoks ist beim Faemi 1M offensichtlich, welche Schrauben gelöst werden müssen, um an die Innereien zu gelangen. Kiste umdrehen, jeweils drei Blechschrauben rechts und links gehen in die Plastikseitenverkleidung. In den beiden Gummifüßen verdecken Stopfen jeweils eine Schraube. Die restlichen acht sind M3 und alle unterschiedlich lang und sehr weich, daher gefühlvoll mit dem Schraubendreher hantieren.


Der erste Blick ins Innere offenbart, dass da doch mehr drin steckt als gedacht. Auf der rechten Seite vermutlich die zwei Voice-Karten. Links vermutlich Filter und/oder Hüllkurve.


:stop: Leider habe ich die Schaltpläne online noch nicht finden können. Bei ruskeys.net gibt es nur die für den Faemi M zum Download, jedoch nicht für den 1M. Wenn mir die jemand zukommen lassen könnte, wäre das klasse! :stop:

Daher habe ich noch nichts weiter durchgemessen, sondern mich zunächst erst einmal der defekten Taste rechts außen gewidmet. Dazu muss die linke Platine raus. Die war nur noch mit drei Schrauben fest und die Distanzhülse fehlte, weil sich die Verschraubung mangels Sicherungslack gelöst hatte. Beim Zusammenbau werde ich da sicherlich welchen verwenden. Im Polivoks gab es keine einzige Schraubverbindung ohne Lack, russische Schrauben scheinen ohne wohl nicht zu halten.

Auf der Rückseite der Platine befinden sich zur Überraschung zwei KA528BP2 in SMD. :shock: Das Datasheet in kyrillisch will erst einmal übersetzt werden. :)


Unter einer weiteren Abdeckplatte dann die Platine mit den Tastaturkontakten von hinten. Fix auf Durchgang geprüft, bestätigt sich der Verdacht, dass hier schon mechanisch was faul sein muss. Die jeweils zusammengehörigen Kontakte geben Durchgang, nur eben nicht bei der einen defekten Taste.
 

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Ursache für die nicht funktionierende Taste

Als nächstes muss die Platine mit den Tastaturkontakten raus. Zum Vorschein kommen Reed-Schalter auf der Platine und Magneten in den Tasten.



Unschwer zu erkennen, dass der Reed-Schalter der äußeren Taste (im Bild rechts unten) komplett fehlt, daher kann diese auch nicht funktionieren. Ersatz muss her. Aber was genau für welche sollen es sein? Abgesehen davon, dass das Schließer sind, lassen sich für mich erst einmal nur die Maße abnehmen:

Laenge Glaskoerper: 19mm
Laenge gesamt: 31mm
Durchmesser Glaskoerper: 3mm

Hat hier jemand eine Empfehlung? Muss man hier auf Ansprechverhalten oder so was geachtet werden, oder ist das relativ egal?

Weiter geht's sobald ich Schaltpläne habe...
 

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Da Du die Kennwerte nicht kennst, d.h. das zum Schließen benötigte Magnetfeld, würde ich einfach einen Reedschalter bei z.B. Conrad heraussuchen, der mechanisch passt, wenn es mehrere gibt, dann evtl. welche mit verschiedenen AW Werten kaufen, die kosten unter 1€ und ausprobieren, ansonsten den mit dem kleinsten AW Werten nehmen (erscheint mir logisch, da in den Tasten ja nicht fette Magnete stecken).

Info zu Reedkontakten:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Reedsch ... auelemente
 
Toitoitoi für die Reparatur!

FNT schrieb:
Filter-Hüllkurve ohne Funktion
Dass die Filter-Parameter nur für den Brass-Sound (also den ganz rechten von den vieren) gelten und mit dem roten Knopf aktiviert werden müssen weißt du vermutlich.

Darf man fragen was du bezahlt hast?
 
swissdoc schrieb:
Da Du die Kennwerte nicht kennst, d.h. das zum Schließen benötigte Magnetfeld, würde ich einfach einen Reedschalter bei z.B. Conrad heraussuchen, der mechanisch passt, wenn es mehrere gibt, dann evtl. welche mit verschiedenen AW Werten kaufen, die kosten unter 1€ und ausprobieren, ansonsten den mit dem kleinsten AW Werten nehmen (erscheint mir logisch, da in den Tasten ja nicht fette Magnete stecken).

Info zu Reedkontakten:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Reedsch ... auelemente
Du kannst natürlich auch die AW Werte messen:

Anzugsempfindlichkeit (AWan, PI) spezifiziert den Schließpunkt des Schalters. Bei Dauermagneten misst man den Einschaltpunkt als Einschalt-Entfernung in mm oder gibt die magnetische Flussdichte an. Mit einer Messspule kann man die Ampere-Windungen (AW) bis zum Anzug bestimmen. Dazu wird der Strom in einer um den Kontakt gewickelten Spule bis zum Einschaltpunkt erhöht und mit deren Windungszahl multipliziert. Es wird der Maximalwert angegeben. Auch bei bester Glühqualität der Paddel bleibt eine Restremanenz zu berücksichtigen. Um vor der Messung definierte Verhältnisse zu schaffen, beaufschlagt man die Spule mit einem sogenannten Sättigungsimpuls. Die Angabe gilt in der Regel für 20 °C.

Die Abschaltempfindlichkeit (AWab, DO) bestimmt den Ausschaltpunkt des Reedschalters und wird analog wie AWan bestimmt.


Also um einen bestehenden Reed Kontakt z.B. 10 Wicklungen Draht legen, einen Hochlastwiderstand in Reihe schalten und mit einem Labornetzteil den Strom hochdrehen. Wenn der Kontakt dann bei 1 A schaltet, so ist AWan 10. In der Praxis könnte das aber schwierig werden. Für 1 A muss der Draht schon recht dick sein, und in situ kann man das auch nicht wickeln. Aber nur so als weitere Anregung...
 
Danke für Euren Input! Wie zu erwarten zieht sich das ganze. Aber es geht mir dabei auch nicht um schnelle Reparatur, sondern eher auch um den Erkenntnisgewinn und der ist durchaus gegeben. :)

Schaltpläne hab ich zwischenzeitlich bekommen. Die Scans sind nicht von bester Qualität, ich musste die Einzelbilder zunächst erst einmal zusammenfügen, falls also jemand bessere Scans parat hat, gerne her damit. Link

Als überaus praktisch hat sich im Übrigen die Google Translate App herausgestellt, die in der Liveübersetzung von Russisch auf Englisch (mit Deutsch als Zielsprache geht das wohl noch nicht) den Originaltext mit der Übersetzung überblendet (augmented reality). Da ist mir ja beinahe ein Ei aus der Hose gefallen. :shock:

Als erstes habe ich den fehlenden Reed-Switch mit einem Meder KSK-1A52-2530 (Reichelt KSK 1A52 2530) ersetzt. Dieser hat eine Anzugserregung von 25 -30 AT. Optisch kein Unterschied zu den anderen erkennbar. Könnte geringfügig weniger empfindlich sein, aber nachdem die Reed-Switches an Metallklemmen gelötet werden, die sich in einem gewissen Rahmen durch leichtes Biegen justieren lassen, passt das ganz gut (auch vom Ausschaltverhalten/Hysterese).

Anschließend habe ich alle Tasten der Reihe nach im Vergleich durchgespielt und festgestellt, dass bei voll aufgedrehtem Release (Lautstärke-Hüllkurve) fünf Tasten ihren Ton nicht (gleichmäßig) langsam ausklingen lassen, sprich die Release-Zeit Null oder nahe Null war. Bei zwei Tasten war auch die nicht veränderliche minimale Attack-Zeit kaum vorhanden. Das ganze ist einfach über Kondensatoren gelöst, deren Lade/Entladekurve die von der jeweiligen Taste kommende Gate-Spannung halten. Das ganze findet auf den beiden Platinen statt, welche ich Anfangs noch "Voice-Karten" genannt habe. Auf einer der beiden Frontpanel-Platinen befindet sich der bzw. die Hauptoszillator(en). Dort werden 12 Rechtecksignale mit unterschiedlichen Basis-Frequenzen generiert, welche auf den beiden Note Divider Platinen jeweils von einem Teiler-IC (KR1012IK2) durch 12, 32, 64 bzw. 128 dividiert werden, um daraus die für jede einzelne Taste/Note erforderliche Frequenz zu erzeugen. Analog ist das wohl nicht. Ein IC erzeugt damit z.B. die Noten E3, E4, E5, E6. Die Schaltkontakte (Reed-Switches) der Tasten sind über die hübschen Kabelbäume direkt auf die Platinen gelegt und machen über ihr Gate (knapp 5V) einfach nur die den Teiler-ICs nachgelagerten Hüllkurven auf. Siehe C1/C3/C5/C7 auf dem Note Divider Schaltplan. Damit war dann auch klar, dass ein Faemi 1M tatsächlich voll polyphon ist (Orgelprinzip).

Ich hab dann kurzerhand alle 48 Elkos (10uF) auf den Note Divider Platinen ersetzt und jetzt sprechen alle Tasten schön gleichmäßig an. Das war in Ordentlich in gut anderthalb Stunden erledigt und es war wieder ein Vergnügen mit der besten Entlötsaugpumpe der Welt (Engineer SS-02) die Löcher frei zu saugen. :)



Die alten Elkos habe ich spasseshalber mal durchgemessen. Drei Stück komplett hinüber und ansonsten lag die Kapazität zwischen 12uF und 19uF (Durchschnitt 15uF), nur zwei entsprachen noch den aufgedruckten 10uF.

Was ich allerdings nicht verstehe: Was sollen die Transistoren VT1/VT3/VT5/VT7? Emitter nicht angeschlossen. Am Kollektor kommt der Release-Regler an, an der Basis das Gate. Hatten die einfach nur keine passenden Dioden parat?
 

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Orgel mit Synthfilter sozusagen. Fein, dass es voran geht und auch gut zu hören, dass das mit dem Reedkontakt soweit gut funktioniert. Weiterhin viel Erfolg.
 
Mittlerweile habe ich den Faemi komplett zerlegt und habe das Problem mit der nicht funktionierenden Filter-Hüllkurve gefunden. Ein mechanisches Problem, denn es lag an dem roten Schalter. Dieser vierfach Umschalter ändert an vier Stellen Verbindungen, eine davon (S1.2, im Bild oben rechts) ist das Zuschalten der Hüllkurve.



Ich weiß nicht, wie diese Art Schalter genannt wird, aber sie wurden in der DDR sehr oft in Radios und Fernsehern verwendet. Man kann sie komplett zerlegen, in dem man den Sprengring ausklipst, die Feder abzieht und den Stössel nach hinten durchdrückt. Darin befinden sich dann vier kleine Metallfedern die jeweils zwei Pins verbinden:


Die kleinen Metallfedern habe ich wieder ordentlich zurecht gebogen und den Schalter wieder zusammengebaut (sehr fummelige Angelegenheit im eingebauten Zustand). Funktioniert! :D

Ansonsten habe ich jetzt noch einige Abende damit verbracht, die Schaltpläne zu überarbeiten. Sie sind leider an einigen Stellen falsch (z.B. falsche Pin-Nummern), decken sich nicht 100%ig mit der in meinem Faemi verbauten Platinen und sind in manchen Bezeichnungen inkonsistent. Pixelfummelei. Mal sehen wie weiter ich das noch treibe, aber ich hätte Lust die Tastatur zu midifizieren...
 

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Sehr cool! :supi:
Vielleicht gibt es sogar eine Möglichkeit, den Faemi eine Oktave tiefer stimmen zu können?
 
Theoretisch müsste mit den beiden Trimmern R13 und R17 auf der Hauptoszillator-Platine was zu machen sein:



R17 bezieht sich auf den rechten (mit Gliss bezeichneten) Poti, R13 auf den linken. Sie befinden sich etwas versteckt unter einer der beiden Note-Divider-Platinen (da müssen halt notfalls die vier Schrauben raus). Wie tief man damit runter kommt, kann ich leider nicht sagen (weil noch zerlegt).
 

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