Warum nicht mal andere Stimmungen, Tonsysteme, Oktaveinteilungen (und nein, keine Tonarten und modale Skalen)?

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Offline bis Juli '24. Erreichbar via PN.
Dieses Thema wurde am 22.11.23 aufgesplittet und umbenannt von ursprünglich "Warum immer nur Dur/Moll und gleichstufige Stimmung" – s. gern dazu mein Posting #107, hier nur kurz die Bitte: Haltet euch soweit möglich an die Trennung der beiden Konzepte von Stimmung und Tonleiter, "Intonation" als möglicher Brückenbegriff.
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Zitiert aus einem anderen Thread:

normalerweise arbeitet man mit temperierten Tonleitern (ein halbton ist die 12te wurzel von 2), bin mich gerade ein wenig in Musiktheorie am einlesen und hab dabei gelesen dass es noch eine Reihe anders skalierter 12Ton Tonleitern gibt , so z.B. die Pythagoreische Tonleiter oder exakt intonierte Tonleitern. Bei einem digitalen Synth wäre es ein leichtes denen solche Tonleitern beizubringen, weiss jemand ob das gemacht wird ?
Ich glaube ich habe mal über den Virus gelesen, dass man dort auf reine Stimmung umschalten kann. Funktioniert aber nur in einem bestimmten harmonischen Kontext. Und klar, Workstations, Stage Pianos etc. bieten seit jeher alternative Stimmungen an bzw. lassen sich frei konfigurieren.

Hier sei mal gleich ein Missverständnis ausgeräumt: Temperiert sind nicht die Tonleitern, sondern die Stimmung. Die Stimmung, die sich heute etabliert hat, wo die Frequenzabstände zwischen zwei Halbtönen der chromatischen Tonleiter einheitlich 100 Cent bzw. 2^(1/12) der Oktave betragen, heißt eigentlich gleichschwebend, gerade nicht temperiert.

Tonleitern sind zum beispielsweise[!] Dur und Moll (letztere mit Freiheitsgraden melodisch/harmonisch/natürlich), aber wenn man bedenkt, dass die beiden Halbtonschritte in einer Skala mehr oder weniger gleichem Abstand zu einander sein können, und der erstere auf jeder Tonleiterstufe sein kann (auf jeden Fall einer pro Hälfte=Tetrachord), kommt man darauf, dass es mehr geben muss für all jene, die Dur/Moll in gleichschwebender Stimmung überdrüssig werden oder mal anderes ausprobieren möchten. Von Begriffen wie Kirchentonleitern, Zigeuner-/Balkantonleiter etc. muss man sich da nicht nicht abschrecken lassen, die würden bestimmt mal für frischen Wind in der synthetischen Musik sorgen. Bei Tonleitern zählen keine kontinuierlich-relativen Intervalabstände, sondern diskret-relative. In der europäischen Musik gibt es nur Ganz- und Halbtöne. Andere Regionen der Welt kennen auch Viertel-, Sechstel- und/oder Achteltöne. Auf welcher Stimmung diese wiederum basieren, ist dann wieder eine davon unabhängige Frage für sich. Man sollte halt nicht annehmen, dass ein Halbton exakt 2^(1/12) der Oktave, also 100 Cent bzw. logarithmisch 1/2 sein muss, diese Bruchbezeichnungen dienen mehr der Orientierung.

Ich frage mich gerade, warum in der synthetischen Musik andere Tonsysteme so stiefmütterlich behandelt werden, oder zumindest nicht so prominent, als ich überhaupt kaum fünde ich werde. Als Gründe sind allerdings denkbar:
  • Eine handelsübliche Klaviatur zum motorischen Einspielen hat nur maximal 88 Tasten. Es gibt auch mikrochromatische Tastaturen, die sind natürlich teurer.
  • Absoluthörer sollten auch ihren Spaß haben an synthetischer Musik. Haben sie wahrscheinlich nicht. Diese häufigen Abweichungen dürfte ihnen den Musikgenuss mehr oder weniger verderben, glaube ich, denn sie sind auf ganz bestimmte Tonhöhen "geeicht".
  • Wie @Michael Burman richtig sagt, bei temperierten Stimmungen muss immer klar sein, welche Stufe (C, C#, ..., H) gerade die Tonika im aktuellen Akkord ist, nicht zu verwechseln mit der Tonika im harmonisch-melodischen Spannungsverlauf, damit die anderen Intervalle darauf gestimmt werden können. So kann es gut sein, dass zwei D-Töne direkt benachbart sind, aber leicht unterschiedlich in der Tonhöhe, da der eine allein stehend der aktuellen Tonleiter gehorcht, der andere im Kontext eines D-Dur-Akkords, ich sag mal, "flektiert" werden muss. Mechanische-Akustische Musik an Tasten- und Blasinstrumenten war zu diesem Erfordernis inkompatibel, denn bei jedem Akkordwechsel hätte neu gestimmt, bzw. das Instrument gewechselt werden müssen.
    Bei synthetischer Musik ist das anders gelagert. Da könnte man mit einem zusätzlichen Controller, sagen wir mit dem Fuß, die Tonikastufe nach oben oder unten »verschieben«.Meinem Offline-Synthesizer werde ich das Feature spendieren, dass man jeden Pulsschlag im Takt hinsichtlich der Tonika verschieben kann.

Meine Arbeitshypothese ist, dass es mir nach einer gewissen Umgewöhnungsphase meine Ohren danken. Reine Terzen und Quinten, schwebungsfrei, und die Harmonie- und Modulationsstufen deutlich abgegrenzt durch geringe Stimmbrüche. Wenn ich mit der Programmierung des frei konfigurierbaren Tuners fertig bin, stelle ich hier mal ein paar Beispiele ein. Und mit frei konfigurierbar meine ich wirklich alle möglichen und unmöglichen Skalen sind dann machbar.
 
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Es gibt das Hermode Tuning oder kurz HMT, damit kannst du bei den Synths, die das können (Waldorf MW1, Q) eine Reinstimmung direkt korrigieren. Es wurde eigentlich mal auf dem Atari programmiert und - naja, es ist in Zeiten von MPE eigentlich kein großes Ding mehr, sowas zu integrieren.

Logic und Cubase können das.

Aaaber - das klingt ein bisschen "langweilig", also gerade wenn man wirklich rein stimmt, dich finde den Gegeneffekt interessanter:

Anders sind Skalen - ich zB komme dazu über einen komischen Zufall, nämlich wenn du einen Duophonen (Paraphonen) Synths spielst und nutzt Sync oder FM oder sowas, dann bekommen deine Resultate andere "Skalen", idR eine die höher "auflöst", so man das als absolute Sache sähe und das macht Spaß, weil es Sound und Tonalität betrifft. Odyssey-User können das ausprobieren und es gibt ja immer mehr Synths, die das auch können. Das hat auch Charme. Das ist dann eher ein "Gefühl" wie und was zusammen passt.

Man kann das Scaling auch über ein Keytracking auf die OSCs machen, dann ist es natürlich nur anders, aber keine bekannte Skala.
Wenn du bestimmte Töne einfangen willst, wird es komplexer.

Das nur als Ergänzung, vielleicht abseitig..

Aktuell gibt es Fingerboard und Co aber auch Ribbons und so für die Eingabe, man quantisiert dann aber auch gern, dann ist die Skala wieder drin. Das geht sozusagen nicht in deine Richtung. Das Theremini hat auch eine Quantisierung, allerdings feiner als chromatisch.
Und weitere Beispiele sind hier möglich.

Das neue Osmose Teil ist immerhin für mehr Feinfühligkeit, bleibt aber ebenfalls bewusst auf Wohltemp-Stimmung.
Daher ist es interessant, wie man das umsetzen könnte oder wollte. Die bekannteste zur Zeit ist über Pressure-Pads mit neuer Scala wie Launchpad, Push oder sowas wie beim Deluge.. da kannst du andere Skalen einstellen und musst dich ein bisschen dran gewöhnen. Ist aber bei Tasten klar, dass es Skalen geben "muss". Ist ja quantifiziert und damit auch irgendwie quantisiert bzgl Freq.
 
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Ich habe mir übrigens im letzten Jahr eine Geige/Violine gekauft ... und etwas Literatur dazu ...
Auf der Violine kann man ja die Töne ziemlich frei greifen; die Herausforderung besteht u.a. darin, die "richtigen" Tonhöhen zu erwischen. Inkl. Vibrato, Slides usw.
In der Literatur wird auch beschrieben, dass die Höhe eines Tones je nach Kontext ziemlich unterschiedlich sein kann. Am Beispiel eines Halbtons werden ganz große Unterschiede aufgezeigt.
Wenn ich zu einem Playback spiele, ist es im Allgemeinen eine Herausforderung die "richtigen" Tonhöhen zu treffen.
Beim Solo-Spiel habe ich gemerkt, dass Oktaven und kleine Terzen besonders sensibel sind. Da fallen die kleinsten Abweichungen sofort auf.

Für Synthese gäbe es auch die Möglichkeit Spiel-Controller einzusetzen, die ein stufenloses Pitching ermöglichen. Allerdings ist es gar nicht so einfach dann auch die "richtigen" Tonhöhen zu spielen.
Das wäre halt ein Performance-orientierter Ansatz.
Der andere Ansatz wäre, die "richtigen" Tonhöhen per voreingestellten Stimmungen oder per Pitch-Bend-Verschiebungen vorzugeben.
In beiden Fällen sollte man aber wissen, was man tut. Performance-orientiert kann man "intuitiv" arbeiten. Man braucht dann ein Gefühl, welche Tonhöhe in dem Moment die "richtige" wäre. Ob monophon oder polyphon. Früher oder später kommen die Klänge zu einer Polyphonie zusammen, außer man bleibt bei einer monophonen Stimme bei tonalem Material.
 
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Hermode macht mich da neugierig, speziell was die Frage der Kontextsensitivität betrifft. D-F-A in C-Dur ist ja kein rein gestimmter Akkord, anders als in D-, A- oder G-Moll, also diejenigen Tonleitern, in denen Dm leitereigen ist. Wie stellt nun Hermode fest – noch dazu in Echtzeit –, ob ich einen melodischen oder harmonischen Akkord (Tonfolge oder -stapel) spiele, oder Mischformen? Naiv wie ich zur Zeit dank meines Halbwissens bin, würde ich eine Tonfolge nämlich in reiner C-Dur intonieren, aber sobald irgendwas gestapelt wird, würde ich D und F derart anpassen, dass A=440Hz gewahrt bleibt und zusammen rein erklingt eben wie in D-/A-/G-Moll von Natur aus. Harmonie geht vor Melodie, sozusagen, denn harmonische Unreinheiten stören wahrscheinlich mehr als melodische Intonationsschwankungen.
 
Die einzelnen Akkorde werden natürlich korrigiert, sodass die Schwebungen wegfallen, spätere HMT-Synths hatten eine %-Einstellung, die quasi fast Reinstimmung ermöglichen, auch eine nette Idee. Beim Q / Q+ ging das. Eigentlich muss das Hermode ja nur die Töne kennen, dann kann es daraus sofort sehen, was du da spielst. Das rückt es also dann nur noch grade.

Ich bin kein Harmonie-Experte, aber ich habe das bei faktisch jedem Akkord so haben können, auch welche mit vielen Tönen. Eigentlich muss das System nur die Schwebungen eleminieren und das ist eigentlich simpel. Mathe.
 
Dass die Hermode-Leute in Mathe sicher gut aufgepasst haben, versteht sich von selbst.
Kann mir nur vorstellen, dass auch bereits angeschlagene Tasten per Pitchbend korrigiert werden, wenn kurze Zeit später ein bestimmter Akkord vervollständigt wird. Wenn dagegen vom Spieler erwartet wird, dass die Komponenten eines Akkords wirklich gleichzeitig (d.h. nur mit ner Toleranz im ms-Bereich, was aber auch ein Delay von diesem selben Toleranzbereich bedingt) angeschlagen werden, dann denk ich mir halt, die kochen ja auch nur mit Wasser, und Arpeggios beispielsweise kann man dann halt nicht reinstimmig umsetzen. Ein Akkord mit melodiöser Gestalt kann ja von einem deterministischen System gar nicht erkannt werden, glaub ich überzeugt zu sein, schon gar nicht in Echtzeit.
 
@flowdy Schau auch hier mal bei Gelegenheit vorbei http://www.huygens-fokker.org/scala/

Sämtliche Synthies von u-he lassen alternative Stimmungen zu - da muss man nur vorab von Scala Format (.scl) in das AnaMark TUN Format (.tun) konvertieren. Dafür gibt es z.B. diese Ressource https://sevish.com/scaleworkshop/

Ich persönlich beschäftige mich schon einige Jahre mit der Materie... es gibt da viel zu entdecken. Google mal nach Harry Partch sowei der Bohlen-Pierce Skala... Wahnsinn!
 
Ich habe das Gefühl dass die Arbeit mit MicroTunings bei Synths eine der nächsten Wellen sein könnte. Das Thema kommt ja immer öfters auf den Tisch. Habe damit selber noch gar nichts gemacht, aber schon einiges gelesen.

Interessante Resourcen gibt es z.B. hier:

Die bauen wohl dieses Jahr auch eine neue Version ihres Keyboards:

Wollte mir deren FLASH Synth eh mal zulegen. Hab den letzten Verkauf leider verpasst weil mitternachts ?

Außerdem gibt es dort Software und Hardware für MicroTuning Setup mit MIDI Synths.

Ganz aktuell hat auch Audio Damage mit Phosphor 3 einen MicroTuning Synth herausgebracht:



Gotharman’s Little deFormer 3 lässt sich z.B. sogar direkt am Gerät umstimmen.

 
Für Modular Nerds gibt es seit einiger Zeit das hier https://tubbutec.de/µtune/

Bin sehr zufrieden mit dem Teil... Tobias ist ein Guter, konnte mich vor 2 Jahren mit ihm auf der Supernooth unterhalten
 
@Night Machines "Ich habe das Gefühl dass die Arbeit mit MicroTunings bei Synths eine der nächsten Wellen sein könnte."

Würde mich freuen.... glaube aber, dass das eher ein Spezialthema für Wenige bleiben wird. Obschon Mastermind Aphex Twin immer wieder mal mikrotonale Elemente/Skalen in seiner Musik einflechtet... klingt dann immer spannend.
 
Ich habe das Gefühl dass die Arbeit mit MicroTunings bei Synths eine der nächsten Wellen sein könnte. Das Thema kommt ja immer öfters auf den Tisch.
Eine brandneue Sache.
Ist in den Massenmarkt ja auch erst 1987 mit dem DX7 II und TX802 eingeführt worden.
Und auf http://www.huygens-fokker.org/scala/ sind auch nur 90 Synthi-Familien aufgelistet,
die alternative Tuning-Skalen beherschen.
(Familie im Sinne von Ensoniq: ASR-X, MR Rack, MR-61, MR-76, ZR-76 oder Yamaha SY77/TG77/SY99/VL-1/VL-7)

Da bin ich jetzt über 30 Jahre später mal gespannt, was diese Welle anrichtet.

Das schöne HMT-Tuning findet sich schon 1993 im Waldorf Wave (auch im Micorwave und Q),
auch hier ist mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen.
 
Eine brandneue Sache.
Ist in den Massenmarkt ja auch erst 1987 mit dem DX7 II und TX802 eingeführt worden.
Wenn schon, denn schon: Gestauchte bzw. gestreckte Versionen der temperierten Skala ließen sich bereits mit den ersten spannungsgesteuerten Modulsynthesizern und deren Tastaturen spielen, wer wollte, konnte also bereits um 1965 z.B. mit einer Viertelton-Skala unterwegs sein.
 
Eine brandneue Sache.
Ist in den Massenmarkt ja auch erst 1987 mit dem DX7 II und TX802 eingeführt worden.
Und auf http://www.huygens-fokker.org/scala/ sind auch nur 90 Synthi-Familien aufgelistet,
die alternative Tuning-Skalen beherschen.
(Familie im Sinne von Ensoniq: ASR-X, MR Rack, MR-61, MR-76, ZR-76 oder Yamaha SY77/TG77/SY99/VL-1/VL-7)

Da bin ich jetzt über 30 Jahre später mal gespannt, was diese Welle anrichtet.

Das schöne HMT-Tuning findet sich schon 1993 im Waldorf Wave (auch im Micorwave und Q),
auch hier ist mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen.
Deine aggressive Ironie gegenüber @Night Machines finde ich unangebracht... auf die Seite von huygens-fokker hatte ich weiter oben schon hingewiesen. Wenn Du also sonst nichts zum Thema beitragen kannst als klugzuscheißen, bleib doch am besten weg, okay?
 
wer wollte, konnte also bereits um 1965 z.B. mit einer Viertelton-Skala unterwegs sein.

Ich schrub "in den Massenmarkt".
Ein schrankgroßer Modularsynth war in den 60er Jahren noch teurer als heute.
Der DX7 II hingegen war für viele Musiker erschwinglich.
 
Zuletzt bearbeitet:
... hab Unsinn geschrieben: Die einzelnen Artikel sind meistens doch in englischer Sprache verfasst - nur die Beiträge der deutschen Autoren/Komponisten sind in deutscher Sprache gehalten.
 
Damit ich hier nicht so böse rüberkomme, evtl. noch ein paar Anregungen:

Reinhold Heil 1995 über HMT: http://unofficial.waldorf-wave.de/wavetechd.html (unten auf der Seite)
Wendy Carlos hat sich 1994 im Booklet zu "Switched on Bach 2000" ausführlich zu alternativen Stimmungen
geäußert. Auszüge: http://www.wendycarlos.com/+sob2k.html

Die von Bach präferierte wohltemperierte Stimmung ist übrigen nicht identisch mit unserer
gleichstufigen Stimmung aktueller Tasteninstrumente.

Gleichstufig heißt, dass die Abstände zwischen allen Halbtönen gleich sind.
"Wohltemperiert" im damaligen Sinne war Werckmeister III: https://de.wikipedia.org/wiki/Werckmeister-Stimmung

Für den Anfang sollte man die Grundlagen von Stimmungen verstehen lernen, das
braucht auch etwas Mathematik, Zeit und die Mühe, sich einzuarbeiten.

Es hilft, das syntonische Komma und das pythagoreische Komma verstanden zu haben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Syntonisches_Komma
https://de.wikipedia.org/wiki/Pythagoreisches_Komma

Werckmeister ist ein Anfang, Young und Valotti sind die nächsten: https://en.wikipedia.org/wiki/Young_temperament
Es gibt reichlich Bücher und Internetartikel über Stimmungen und Microtonalität.

Früher brauchte man teures Gerät (s.o.) oder Institute wie das Ircam ( https://de.wikipedia.org/wiki/IRCAM ),
heute steht das jedem PC-Besitzer zu Verfügung.
Einarbeiten muss man sich aber trotzdem. Die Arbeit damit ist 5% Inspiration und 95% Transpiration.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine brandneue Sache.
Ist in den Massenmarkt ja auch erst 1987 mit dem DX7 II und TX802 eingeführt worden.
Und auf http://www.huygens-fokker.org/scala/ sind auch nur 90 Synthi-Familien aufgelistet,
die alternative Tuning-Skalen beherschen.
Klar geht das technisch schon ewig. Nutzt nur anscheinend kaum jemand außer eine kleine Fangemeinde. Persönlich habe ich aber wie gesagt das Gefühl dass das Interesse in letzter Zeit etwas mehr Richtung “Synth Mainstream” rutscht. Z.B. gibt es ja auch immer mehr expressive Controller die mikrotonale Tonerzeugung erlauben. MPE wird auch mehr und mehr unterstützt. Außerdem verbreiten sich solche Konzepte/Trends heutzutage ggf. auch schneller und weiter, Dank Social Media & Co.

Ist doch alles super :)
 
  • Daumen hoch
M.i.a.u.: oli
Meine Arbeitshypothese ist, dass es mir nach einer gewissen Umgewöhnungsphase meine Ohren danken. Reine Terzen und Quinten, schwebungsfrei, und die Harmonie- und Modulationsstufen deutlich abgegrenzt durch geringe Stimmbrüche.
Es ist ja nicht neu, es haben sich schon viele daran ausprobiert.
Musiker sind da auch eher offen für aber der "normale" Musikhörer eher nicht.
Es sind einfach die Hörgewohnheiten, die diese Musik ausbremsen, für die meisten Leute klingt das total schräg.
 
Damit ich hier nicht so böse rüberkomme, evtl. noch ein paar Anregungen:

Reinhold Heil 1995 über HMT: http://unofficial.waldorf-wave.de/wavetechd.html (unten auf der Seite)
Wendy Carlos hat sich im Booklet zu "Switched on Bach 2000" ausführlich zu alternativen Stimmungen
geäußert. Auszüge: http://www.wendycarlos.com/+sob2k.html

Die von Bach präferierte wohltemperierte Stimmung ist übrigen nicht identisch mit unseren
gleichstufigen Stimmung aktueller Tasteninstrumente.

Gleichstufig heißt, dass die Abstände zwischen allen Halbtönen gleich sind.
"Wohltemperiert" im damaligen Sinne war Werckmeister III: https://de.wikipedia.org/wiki/Werckmeister-Stimmung

Für den Anfang sollte man die Grundlagen von Stimmungen verstehen lernen, das
braucht auch etwas Mathematik, Zeit und die Mühe, sich einzuarbeiten.

Werckmeister ist ein Anfang, Young und Valotti sind die nächsten: https://en.wikipedia.org/wiki/Young_temperament
Es gibt reichlich Bücher und Internetartikel über Stimmungen und Microtonalität.

Früher brauchte man teures Gerät (s.o.) oder Institute wie das Ircam ( https://de.wikipedia.org/wiki/IRCAM ),
heute steht das jedem PC-Besitzer zu Verfügung.
Einarbeiten muss man sich aber trotzdem. Die Arbeit damit ist 5% Inspiration und 95% Transpiration.
"Die Arbeit damit ist 5% Inspiration und 95% Transpiration"... da ist was Wahres dran ;-)

Im Übrigen sind fehlerhaft konvertierte tun-Files im Internet unterwegs... deswegen seriöse Quellen nutzen oder eben mit den heute zur Verfügung stehenden Tools selbst bauen.
 
Dachte immer, unsere geliebte elektronische Musik hält die Fahne hoch für "schräge" Töne? Der kreative Einsatz von Sample & Hold, Portamento, VCO-Modulationen, etc.

Hey, aber Mikrotonale Musik könnte uns wenigstens aus dem ganzen Copyright-Schlamassel, zumindest eine Weile lang, herausholen :)
 
Ich schrub "in den Massenmarkt".
Der DX7 II hingegen war für viele Musiker erschwinglich.
…was alternative Stimmungen aber auch nicht massentauglich gemacht hat, ebensowenig wie die Integration von HMT (zuerst in den MicroWave v2, dann auch in DAWs wie Logic oder Cubase) die reine Stimmung "salonfähiger" gemacht hätte.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich finde die mit alternativen Stimmungen entstehende Musik teilweise äußerst reizvoll, sehe aber keinen Zusammenhang zwischen ihrer Verbreitung und den dazu notwendigen technischen Grundlagen.

Wendy Carlos hat sich im Booklet zu "Switched on Bach 2000" ausführlich zu alternativen Stimmungen geäußert. Auszüge: http://www.wendycarlos.com/+sob2k.html
Carlos hat sich schon weit vor "Switched-on Bach 2000" nicht nur zu alternativen Stimmungen geäußert, sondern darauf aufbauend ein ganzes Album produziert: "Beauty in the Beast" von 1986, ganze 14 Jahre vor "S-OB 2000".


https://www.youtube.com/watch?v=ObpV9qnop1M
 
Ich liebte das HMT auf meinem Waldorf WAVE! Das vermisse ich am WAVE am meisten. Beim Q war es ja auch drin, aber es stimmte (<- hier doppeldeutig) nicht so richtig. Ich arbeite nun am C15 mit selbst gemachtne Stimmungseinstellungen. So habe ich reingestimmte Akkorde. Aber ich muss dann bei einem Tonartwechsel leider manuell den Grundton umstellen. Da war HMT deutlich besser.
Ein rein gestimmter Septinakkord "flattert" nicht, sondern der "steht" ohne die vielen gegenseitigen Schwebungsfrequenzen einfach da.

Wenn es gegen Aufpreis HMT in einem Synth gebe, so würde ich mir das sofort kaufen.

Microtonale Stimmungen sind nicht mein Ding. Die haben ihren Reiz (z.B. 19 stufige), aber eine normale Tastatur ist dafür nicht geeignet. Und mal eben sich an eine andere Tastatur mit 19 Schritten pro Oktave zu gewöhnen wird nicht funktionieren.
 
Ich liebte das HMT auf meinem Waldorf WAVE! (…) Ich arbeite nun am C15 mit selbst gemachtne Stimmungseinstellungen. (…) Da war HMT deutlich besser.
Ich bin sicher, dass Werner Mohrlock (Erfinder des HMT) mehr als glücklich wäre, HMT an Stephan Schmitt (Erfinder von Generator/Reaktor, ehemals NI und nun Inhaber von Nonlinear Labs, dem Hersteller des C15) zur Verwendung im C15 zu lizensieren. Zum C15 würde es jedenfalls passen.
 
Aktuelle Synthesizer bieten ja oft die Möglichkeit die Stimm-Stabilität der Oszillatoren zu regeln. Bei digitalen Synthesizern kann so z.B. die Stimm-Instabilität der alten analogen Synthesizer emuliert werden. Wenn ich das also mache, die Stimm-Instabilität emulieren, damit es "analoger" klingt :lol:, dann muss ich mir über reine vs. gleichstufige Stimmung wahrscheinlich eh keine Gedanken mehr machen. ;-) Die Stimm-Instabilität der Oszillatoren schwankt dann einfach herum und trifft mal die eine, mal die andere Stimmung, oder? :lol:
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei digitalen Synthesizern kann so z.B. die Stimm-Instabilität der alten analogen Synthesizer emuliert werden.
Beim Macbeth M5 kann man die Stimmstabilität stufenlos regeln, der driftet dann auch ganz ordentlich.
Klingt halt in der Extremstellung dann eher wie ein mieses VCO-Tuning und nicht wirklich spannend.
 


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