Am zweiten Festivaltag standen mehrere Konzerte auf dem Programm. Da ich mich aber natürlich auch auf meinen eigenen Auftritt vorbeiten musste, konnte ich mir leider nicht alles anhören.
So erwischte ich gerade nach meiner Probe mit Mikhail Krutik in der Philharmonie noch die letzten paar Minuten vom Ensemble Namaste aus Italien. Noch bedauerlicher fand ich es aber, das Solo-Konzert von Mircea Ardeleanu verpasst zu haben, denn das muss wohl sagenhaft gut gewesen sein. Es stand unter dem Motto "Stockhausen und seine Schweizer Schüler" (Mircea ist rumänischstämmiger Schweizer), d.h. es wurde neben dem Klassiker "Zyklus" Schlagzeug-Musik diverser Schweizer Komponisten präsentiert, die auf irgendeine Weise von Stockhausen beeinflusst ist oder sich auf ihn beruft.
Und Mircea Ardeleanu ist natürlich einer der größten Percussion-Virtuosen überhaupt.
Die Auftritte von Opus Posth. an diesem Tag wurden leider schon im Vorfeld abgesagt.
So konnte ich aber immerhin noch Elena Antonenko mit Morton Feldmans "Three Voices" erleben.
Das Stück liebe ich sehr, hatte es aber vorher noch nie live gehört, nur von Platte. Es handelt sich um ein dreistimmiges Werk für Sopran, aber gesungen von EINER Sängerin, d.h. zwei Stimmen kommen als vorproduzierte Aufnahme von Band bzw. Digitaltonträger und die dritte wird live dazu gesungen. Die Sängerin steht im Konzert zwischen zwei Lautsprechern, die Stelen für zwei verstorbene Freunde Feldmans darstellen: den Dichter Frank O'Hara und den Maler Philip Guston.
Zum größten Teil besteht das Stück aus reinen Vokalisen, aber es werden auch einige Textpassagen aus Frank O'Haras Gedicht "Wind" gesungen, vor allem die Zeile "Who'd have thought that snow falls".
Das komplette Gedicht sieht wie folgt aus:
Who’d have thought
that snow falls
it always circled whirling
like a thought
in the glass ball
around me and my bear
Then it seemed beautiful
containment
snow whirled
nothing ever fell
nor my little bear
bad thoughts
imprisoned in crystal
beauty has replaced itself with evil
And the snow whirls only
in fatal winds
briefly
then falls
it always loathed containment
beasts
I love evil
Elena Antonenko ist aber nicht nur Sängerin, sie schreibt und realisiert auch ihre eigene Musik. Auch bei diesem Festival hat sie wieder zwei neue eigene Stücke präsentiert.
Vor sechs Jahren habe ich übrigens mit ihr an gleicher Stelle im Rahmen eines langen John Cage-Programms "A Flower", "The Wonderful Widow of Eighteen Springs", "Nowth upon Nacht" und "Experiences" gespielt.
Gruß,
Markus
P.S.: Hier könnt Ihr für einen ersten Eindruck mal reinhören in die Aufnahme von Joan LaBarbara (für die das Stück auch ursprünglich geschrieben wurde):
http://www.amazon.com/Morton-Feldman-Th ... B000000R2G