Brainstorming für neue Synthesetechniken

Was sich mathematisch ausdrücken lässt kann man auch hörbar machen, für quasi alle mathematischen prozesse gibt es Visualisierungen aber keine "Audioalisierungen".

Mathematische Prozesse als solches können wir selbst nur mit dem logischen Verstand wahrnehmen. Erst durch technische Implementation kann ein ästhetisches Konstrukt enstehen. Und gegenüber den Visuellen Prozessen die wir so in den Medien ausgesetzt weden ist das Audioative geradezu vernachlässigt.

Die Subtraktive Synthese entspricht quasi einem Weichzeichenfilter, Ein durschnittliches Grafikprogramm hat Algorithmen von denen additiven Synthesizer nur träumen können. (Für FM ist mir keine entsprechung eingefallen :P )

Aber schauen wir mal was es schon alles gibt um abstrakte Gebilde visuell darzustellen und überlegen was sich auch Audioativ umsetzen ließe...

- Das Mandelbrotset.
Jede Rekursionsstufe einer Juliamenge entspricht einer Lissajou Figur, eine schier unendlichen Menge an Klängen die gerade mal 2 14bit (oder mehr) und einen 7 bit midi parameter benötigen würden

- Zelluläre Automaten, Conways Game of Life
Es sind 308 Oszillatoren bekannt die visuell dargestellt werden. Der Prozess eignet sich geradezu die Fläche auf die komplexe Ebene zu übertragen und damit Granular und Additiv Klänge zu erzeugen. Das sind 77 mal mehr Wellenformen als unsere Basiswellenformen!

- Ausnutzung des physiologischen Prozesses der Sinne.
JPEG und MP3 Kompression macht es vor warum machen wir das nicht nach?
Das Innenohr unterscheidet 24 Frequenzgruppen die sich direkt stimulieren lassen. Der Rest rennt über die Zeitachse. So ließe sich über einen 24 fachen Stepsequencer sämtliche wahrnehmbare Klänge darstellen!


Nur 3 Techniken? da geht noch was! ;-)
 
Viele bekannte mathematische Modelle sind nicht direkt für Synthese, aber für "algorithmische Komposition" eingesetzt worden (auch Mandelbrotmengen, zelluläre Automaten und das "Game of Life")
 
ich empfehle die lektüre von curtis roads - the computer music tutorial oder miller s. puckette - theory and techniques of electronic music (das gibts auch als pdf auf seiner webseite).
da stehen viele synthesemodelle beschrieben, häufig mathematisch-theoretischer natur, deren beschreibungen alle spannend klingen aber deren erzeugnisse größtenteils leider nicht, und sich deswegen nicht durchgesetzt haben und folglich auch kaum bekannt sind.
 
Computerliebe schrieb:
Aber schauen wir mal was es schon alles gibt um abstrakte Gebilde visuell darzustellen und überlegen was sich auch Audioativ umsetzen ließe...

- Das Mandelbrotset.
Jede Rekursionsstufe einer Juliamenge entspricht einer Lissajou Figur, eine schier unendlichen Menge an Klängen die gerade mal 2 14bit (oder mehr) und einen 7 bit midi parameter benötigen würden

- Zelluläre Automaten, Conways Game of Life
Es sind 308 Oszillatoren bekannt die visuell dargestellt werden. Der Prozess eignet sich geradezu die Fläche auf die komplexe Ebene zu übertragen und damit Granular und Additiv Klänge zu erzeugen. Das sind 77 mal mehr Wellenformen als unsere Basiswellenformen!
Ich hab vor langen Jahren mit sowas ein bisschen rumgespielt. Man kommt da immer sehr schnell Richtung Rauschen, oder unangenehm obertonreichen Klängen. Diese Sachen interessieren sich alle für großen Detailreichtum. Der ist aber für Klangerzeugung uninteressant. Bei der Klangerzeugung ist eigentlich die Variation eines grundsätzliche sehr einfachen Konstrukts interessant. Siehe Pulsweitenmodulation oder Wavetablesynthese.

Florian
 
florian_anwander schrieb:
Computerliebe schrieb:
- Das Mandelbrotset.
- Zelluläre Automaten, Conways Game of Life
Man kommt da immer sehr schnell Richtung Rauschen, oder unangenehm obertonreichen Klängen. Diese Sachen interessieren sich alle für großen Detailreichtum. Der ist aber für Klangerzeugung uninteressant. Bei der Klangerzeugung ist eigentlich die Variation eines grundsätzliche sehr einfachen Konstrukts interessant. Siehe Pulsweitenmodulation oder Wavetablesynthese.
Vielleicht wurde ja nur das Mapping vom Modell (Mandelbutterbrot, Zelluläre Allergien...) zum Klangparameter nicht "richtig" vorgenommen? Will man keine unangenehm obertonreiche Klänge könnte man ja das Mapping so vornehmen, dass sie garantiert vermieden werden. Zur Not einen Tiefpassfilter dahinterschalten?! :)
 
TonE schrieb:
zum Klangparameter nicht "richtig" vorgenommen? Will man keine unangenehm obertonreiche Klänge könnte man ja das Mapping so vornehmen, dass sie garantiert vermieden werden.
naja, die Idee wär ja nicht Klangsteuerung sondern Klangerzeugung. Wenns nur darum geht bekannte Klängeerzeugungssysteme zu kontrollieren, dann brauche ich nicht das Rad neu erfinden.

Zur Not einen Tiefpassfilter dahinterschalten?! :)
Anfrage: "Ich bin dabei einen Raumgleiter zu entwickeln und hab noch Probleme mit der Geschwindigkeits-Feinkontrolle im Doppelwarpbereich. Hat einer eine Idee?"
Antwort: "Mach doch Pedale dran - funktioniert bei meinem Fahrrad super!" :mrgreen:
 
florian_anwander schrieb:
TonE schrieb:
zum Klangparameter nicht "richtig" vorgenommen? Will man keine unangenehm obertonreiche Klänge könnte man ja das Mapping so vornehmen, dass sie garantiert vermieden werden.
naja, die Idee wär ja nicht Klangsteuerung sondern Klangerzeugung.
Wie viele "Klangerzeugungsverfahren" gibt es denn? Bei den oben genannten Mappings ging es mir auch um Klangerzeugung, keine Ahnung wie Du da auf Klangsteuerung kommst? :sad:
 
TonE schrieb:
keine Ahnung wie Du da auf Klangsteuerung kommst? :sad:
"Mapping zum Klangparameter" heisst für mich, dass Du schon eine Synthese mit diversen Parametern hast, und dass Du die aus der mathematischen Funktion gewonnenen Werte zur Setzung der Parameter dieser Synthese verwendest.

Wenn Du zB schreibst "Der Prozess eignet sich geradezu die Fläche auf die komplexe Ebene zu übertragen und damit Granular und Additiv Klänge zu erzeugen", dann ist die Klangerzeugung altbekannte Synthesetechnik (nämlich Granularsynthese oder Additivsynthese) und die Zellulären Automaten von Herrn Conway dienen der Parametersteuerung. Das ist für mich Klangsteuerung - nicht Klangerzeugung (was ja die Interessantheit dieser Klangsteuerungstechnik nicht mindern muss. Nur ist es eben keine Klangsynthese).
 
florian_anwander schrieb:
"Mapping zum Klangparameter" heisst für mich, dass Du schon eine Synthese mit diversen Parametern hast, und dass Du die aus der mathematischen Funktion gewonnenen Werte zur Setzung der Parameter dieser Synthese verwendest.

Wenn Du zB schreibst "Der Prozess eignet sich geradezu die Fläche auf die komplexe Ebene zu übertragen...
Ich vermute, hier wurden Usernamen vertauscht. :)

Ansonsten bedeutet für mich "Mapping zum Klangparameter", das Syntheseverfahren so gestalten, dass gewollte Ergebnisse nur entstehen können, z.B. ohne unangenehme obertonreiche Klänge, d.h. der Tiefpassfilter wäre sozusagen im Syntheseverfahren schon mit integriert, ohne Parameter nach aussen.
 
@haesslich thx da werd ich dann heute Abend drin schmökern.

@Max ja ist mir bekannt, wobei man sagen muss das die Ergebnisse wenn der Prozess nicht explizit für die komposition erstellt wurde oft zu wünschen übrig lassen. Das wird warscheinlich bei der Klangsynthese ähnlich sein.

TonE schrieb:
Vielleicht wurde ja nur das Mapping vom Modell (Mandelbutterbrot, Zelluläre Allergien...) zum Klangparameter nicht "richtig" vorgenommen? Will man keine unangenehm obertonreiche Klänge könnte man ja das Mapping so vornehmen, dass sie garantiert vermieden werden. Zur Not einen Tiefpassfilter dahinterschalten?! :)
Genau das ist es ja! :D
Der "naheliegendste" Weg ist nicht immer der beste weg, die Mandelbrotmenge besteht bereits aus einer unendlichen Menge ans Sinustöten (komplexe ebene), die wir aber nicht alle aufeinmal wahrnemen können weder Visuell noch sonst irgendwie..
Einen tiefpassfilter braucht es nicht, die erste rekursionstufe besteht bereits aus einer (ok 2 phasenversetzten) sinusschwinungen. Spätere Rekursionstufen klingen dann komplexer. das is quasi wie ein Tiefpassfilter mit unendlicher Flankensteilheit.

Um lissajou figuren hörbar zu machen muss natürlich erst eine Dimension definiert werden oder man arbeitet mit der distanz von einem Punkt des randbereichs zum nächstens und benutzt das als samplerate, hat man halt 2 Schwinungen dann Re & Im oder entsprechend gedreht ;-)

Wenn sich ein Prozess nicht auf eine Weise benutzen lässt dann vielleicht auf eine andere.
Als gegenteiliges beispiel: Wenn ich die Binärzahlen eines Samples als monochrombild auf einem Streifen darstelle bekomme ich auch nur eine graue Fläche die für mich wie Rauschen aussieht.

florian_anwander schrieb:
Bei der Klangerzeugung ist eigentlich die Variation eines grundsätzliche sehr einfachen Konstrukts interessant. Siehe Pulsweitenmodulation oder Wavetablesynthese.
Was vielleicht einfacher wäre ist zb
-Van-der-Pol Oszillator.
abgesehen von der 2 Dimensionalität enthält das bereits Periodische Schwingungen. Das lässt sich dann direkt ohne weitere Parameter als FX benutzen oder aber auch als kompletter Synth inkl "Hüllkurve" wenn die Schaltung für unsere Bedürftnisse angepasst wird.

Was sicher stimmt ist das viele Prozesse erstmal nur Spektren liefern die als solches ja nicht unbedingt interessant sind. Der Gedanke ist jetzt dann überschüssige Dimensionen so auszulegen das eine kontinuierliche Dynamik über die Zeit entsteht.
 
Computerliebe schrieb:
Was sich mathematisch ausdrücken lässt kann man auch hörbar machen, für quasi alle mathematischen prozesse gibt es Visualisierungen aber keine "Audioalisierungen".

Mich würde eher interessieren, wie man der Musik einen Kick geben könnte damit z.B. endlich das stupide 130 bpm UffKnack aufhört. Da ist selbst Mathematik spannender und vielseitiger!
Noch mehr Synthesemöglichkeiten? Ich sehe keinen Bedarf.
 
Interessant ist auch die Frage, ob bestehende Synthesetechniken nicht auch ausbaufähig sind.

Ich habe z.B. bei meinem polyphonen Granularpatch auf dem G2 nichtsahnend der Grain-Clock Keyboardtracking spendiert. Wenn man diese dann in den Audiobereich fährt, wird sie zum tonal bestimmenden Element, wogegen die Grain Pitch die Formanten (so quasi à la Hardsync) kontrolliert. Wenn man dann das Sample ganz langsam durchfährt, gibt das ganz unerhörte Klangverläufe.
Ich bin zufällig darauf gestossen, und habe mir zuerst garnichts dabei gedacht. Erst als ich später andere Granularsynths (z.B. Absynth, CamelAudio Alchemy) ausprobiert habe, ist mir aufgefallen dass dieses kleine Feature überall fehlt und scheinbar unbekannt ist. Dabei find ich es im Granularbereich etwas vom Coolsten was es gibt.
 
Computerliebe schrieb:
@haesslich thx da werd ich dann heute Abend drin schmökern.

habe gerade nochmal reingeschaut. das miller s. puckette buch ist leider nicht sehr ergiebig, was neue ideen angeht. das curtis roads buch (das seine 55 euro aber voll wert ist) wird aber zum teil durch das nord modular tutorial von rob hordijk abgedeckt, z. b. wave terrain synthese. geht eben nicht besonders umfangreich im nord modular.

übrigens gab es vor einiger zeit ein paper, ich glaube auf der dafx (oder doch icmc oder ieee?), wo ein paar typen snapshots eines zellulären automaten für wellenform synthese genutzt hatten. die anordnung der zellen im zellulären automaten hat die obertonstruktur gesteuert. klang aber auch ziemlich lahm ;-)
 
florian_anwander schrieb:
[...]
die Zellulären Automaten von Herrn Conway dienen der Parametersteuerung. Das ist für mich Klangsteuerung - nicht Klangerzeugung (was ja die Interessantheit dieser Klangsteuerungstechnik nicht mindern muss. Nur ist es eben keine Klangsynthese).
Du hast natürlich recht...

Aber auch ein Fizmo benutzt zb Wavetables aber das heißt Transwave weil es eben anders gesteuert wird als auf einem Waldorf Synth.
Die Frage ist jetzt wie tief du gehen willst um die Unterscheidung zu machen, eine andere Idee die mir mal gekommen ist war zb Anstatt herkömmliche grains die innerhalb des Wahrnehmungsbereichs liegen (1-X perioden) auf cosinushalbwellen + unterschiedlichen waveshapern zurückzugreifen, das hört man dann erst in Kombination mit späteren Ereignissen und ergibt warscheinlich ein anderes Resultat. Nenne es von mir aus Transgrains ;-)

haesslich schrieb:
übrigens gab es vor einiger zeit ein paper, ich glaube auf der dafx (oder doch icmc oder ieee?), wo ein paar typen snapshots eines zellulären automaten für wellenform synthese genutzt hatten. die anordnung der zellen im zellulären automaten hat die obertonstruktur gesteuert. klang aber auch ziemlich lahm ;-)
Mag sein, das würde ich mir so quasi wie einen k5000 mit LFOs statt Hühllkurven vorstellen aber wer weis. Aber schreib die Zellulären automaten noch nicht ab, google mal nach otomata also für sequencen ist das schon erstaunlich gut gelungen. Aber halt eben mit regeln die speziell auf sowas abgestimmt sind. Da wird zb nur ein klang erzeugt wenn eine Zelle am Rand ankommt die zellen sterben nicht sondern bewegen sich nur usw, usw.
Conway's ist halt das am besten erforschte Ding auch wenns genaugenommen willkürlich ist, da gibts ja so viele verschiedene..
 
tim schrieb:
Ich habe z.B. bei meinem polyphonen Granularpatch auf dem G2 nichtsahnend der Grain-Clock Keyboardtracking spendiert. Wenn man diese dann in den Audiobereich fährt, wird sie zum tonal bestimmenden Element, wogegen die Grain Pitch die Formanten (so quasi à la Hardsync) kontrolliert. Wenn man dann das Sample ganz langsam durchfährt, gibt das ganz unerhörte Klangverläufe.
Ich bin zufällig darauf gestossen, und habe mir zuerst garnichts dabei gedacht. Erst als ich später andere Granularsynths (z.B. Absynth, CamelAudio Alchemy) ausprobiert habe, ist mir aufgefallen dass dieses kleine Feature überall fehlt und scheinbar unbekannt ist. Dabei find ich es im Granularbereich etwas vom Coolsten was es gibt.
Im Grunde machst du da so was wie FOF-Synthese.
 
tim schrieb:
Interessant ist auch die Frage, ob bestehende Synthesetechniken nicht auch ausbaufähig sind.
Bei der subtraktiven Synthese dürfte es kaum noch wirkliche Neuheiten geben. Was da oft als Neuheit angeboten wird, ist in der Regel irgendwas längst bekanntes nur mit neuem Namen oder es sind Kombinationen ebenfalls bekannter Baugruppen. Wenn man im analogen Bereich etwas tun will, sollte man mutig sein und Präzision bieten. Klanglich kann man sicher immer noch vieles rausholen weil das meiste, was man so hört, sehr stark dem Mainstream hinter rennt. Fett, Fetter, am Phattesten oder so. Rummsen musses. ;-)
Sicher viel Raum für Klänge bietet die Kombination z.B. von Wavetable-Generatoren und/oder Samplern mit der "klassischen Syntheseform", als "andere" VCOs sozusagen. Dann gibt es ja schon viele, digitale Verfahren, Klänge zu erzeugen. Das Problem dabei: Das gezielte Vorgehen um die Idee von einem Klang in die Realität umzusetzen, ist, je nach System und /oder Benutzeroberfläche schwer bis unmöglich. Die teils dramatische Veränderung von Klängem bei nur minimaler Veränderung irgendeines Parameters in den Tiefen der Bedienerebenen, ist oft kaum nachvollziehbar.
Was ich sagen will, von den bekannten Syntheseverfahren wird bestimmt nur ein kleiner Ausschnitt benutzt, also erst mal das bekannte ausloten. Der Ruf nach ständig Neuem, bringt einen nur stetig weiter weg von der Musik, da gibt es meiner Ansicht nach die geringsten Bewegungen.
Im Prinzip ist es doch schon lange so: Ein Instrument wird neu im Handel vorgestellt und nach 2 Wochen werden die ersten davon schon wieder gebraucht verkauft weil es wieder was neues gibt. irre- oder nicht?
 
Computerliebe schrieb:
Nur 3 Techniken? da geht noch was! ;-)
Ich hab schon mal daran gedacht, was mit Markoffketten zu versuchen. Das ist auch so was, das schon mal für die makroskopische Ebene (Noten) verwendet wurde. Aber für Synthese? Fände ich spannend -- mach doch mal!
 


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