DX7 vs. DX1 Klang - was ist dran?

nordcore schrieb:
living sounds schrieb:
... wohl mit Scheibenkeramik schon hörbar anders klingen als mit Polypropylen- oder Styroflex-Kondensatoren..
Warum?

Weil die Kerkos nicht so linear sind. Verzerrungen, die sich dann z.B. als kratzige Höhen bemerkbar machen können. Können, nicht müssen. Ich glaub auch nicht, dass Yamaha an der Stelle welche verbaut hat.
 
Das sollte man doch etwas differenzieren, da gibt es erhebliche Unterschiede.

Bezogen auf aktuelle Typen mit mittleren bis hohen Kapazitäten, also das, was man im Audiobereich braucht, findet man drei Keramik-Typen:
- X7R. Deutlicher Spannungs- und Temperaturgang der Kapazität. Einsatz als Block/Entkoppelkondensator an der Versorgung.
- Z5U. Extremer Spannungs- und Temperaturgang der Kapazität. Kleiner & Low-Cost-Variante zu X7R wenn das keine Probleme macht.
- NP0. Praktisch keine Temperatur- und Spannungsabhängigkeit der Kapazität. Für Filter- und Oszillatoranwendungen geeignet.

Die aktuellen höherkapazitiven NP0 sind MLCC Kondensatoren, die gibt es noch nicht so ewig lange. Zur Zeit des DX7 waren entsprechend große Keramikkondensatoren als Scheibenkondensatoren aus Typ 3 Keramik (wird heute nicht mehr gebaut), mit für Filter untauglichen Eigenschaften. Damals hat man daher allerdings auch generell Folienkondensatoren für Audio-Filter genommen.

Außerdem kommt es auf die Anwendung an. Der Kondensator hat drei "Betriebsbereiche":
a) unterhalb der Eckfrequenz des jeweiligen Filters. Es fließt praktisch kein Strom durch den Kondensator, dieses Signal wird daher durch den Kondensator nicht verfälscht. Die volle Signalspannung fällt am Kondensator ab, sie moduliert also spannungsabhängige Effekte.
b) im Bereich der Eckfrequenz des Filters. Wird die Kapazität moduliert, ergeben sich hier die größten Einflüsse
c) oberhalb der Eckfrequenz des Filters. Der Kondensator schließt das Signal praktisch völlig kurz (ESR bei Elkos ein geringes, i.A. überschätztes Problem), so dass keine nichtlinearen Effekte auftreten können.

Bei dem Filter hier, das am oberen Ende des Hörbereichs sitzt, muss man berücksichtigen, dass der Klirr der aus b) direkt resultiert oberhalb des Hörbereichs liegt und daher keine Rolle spielt.
Dann verbleiben nur Subharmonische im Hörbereich: eine tieffrequente Modulation (a) verändert die Kapazität, was ein Signal im Bereich der Filterfrequenz (etwa wie bei einem Ringmodulator) heruntermischt.
Dazu muss man erst mal beide Signale haben und das Resultat darf nicht in der Verdeckung liegen. (Test also zunächst mit zwei passend gewählten Sinussignalen!)

Ein direkte Klangzuschreibung aus der anschaulichen Anmutung von Keramik (hart, spröde, kratzig) halte ich für ein starkes Indiz für stümperhaft durchgeführte Hörtests. Es ist dabei *dringend* anzuraten, extrem penibel zu arbeiten. Das heißt, dass man die Unterschiede zunächst ausmisst um zum einen festlegen zu können, welche Testsignale einen effektiven Hörtest ermöglichen und zum anderen die erforderliche Testgenauigkeit festzulegen. Wenn die Unterschied unterhalb jeder aus der Fachliteratur (im Fastl Zwicker findet sich dazu eine Menge ) zu erwartenden Schwelle sind muss man doch ziemlichen Aufwand treiben, um nicht Lottogewinne zu Testresultaten zu machen. Vielen reichen da ja schon "zwei richtige" um etwas von "im Blindtest klar hörbar" zu faseln, das halte ich für eher dämlich.


Ein spezieller, aber häufiger Fall für Kondensator-Einsatz ist ja der der DC-Trennung. Dabei liegt am Kondensator eine mehr oder weniger hohe, konstante Gleichspannung an. Im kompletten Audiobereich ist der Kondensator dagegen sehr niederohmig, er soll das Signal nicht filtern. Damit hat man, selbst bei Kondensatoren, die nichtlineare Effekte zeigen, keinen Mechanismus der diesen Effekt "ausnutzt".
Nimmt man den sonst unveränderten Schaltplan und tauscht da lediglich den Widerstand aus, so das aus einer DC-Kopplung ein Low Cut (im Hörbereich) wird, dann bekommt man plötzlich Klirr (im Bassbereich!) dazu.


P.S.: Keramikkondensatoren können noch ein paar schräge Effekte (Mikrofonie wird gerne genannt), das tritt aber bei NP0 wieder sehr wenig auf, so dass sich dadurch an der prinzipiellen (nicht) Eignung für Filter/Signalverarbeitung nichts ändert.
 
Moin .-)

Sehr fundiert erklärt, super!

Habe in meinem alten Job auch viel damit zu tun gehabt...war sozusagen der 'Kondensator-Beauftragte' in einer Industriesensorik-Firma... Da ist / war Temperaturgang immer ein Thema...

Jenzz
 
Hier haben wir es wieder mit einem Fall dessen zu tun, was Psychologen "kognitive Dissonanz" nennen. Oder anders ausgedrückt: Das Bewußtsein sagt dem Auge, was es sehen bzw. dem Ohr, was es hören soll.

Bewußtsein: "DX1, selten, klotzig, geil, habenwill, 140 Stück, teuer, mechanische Taster, bunte Lichter, viele Tasten, Reinhold Heil, Tears for Fears etc."

Ohr: "Das hört man."

Stephen
 
ppg360 schrieb:
Hier haben wir es wieder mit einem Fall dessen zu tun, was Psychologen "kognitive Dissonanz" nennen. Oder anders ausgedrückt: Das Bewußtsein sagt dem Auge, was es sehen bzw. dem Ohr, was es hören soll.

Bewußtsein: "DX1, selten, klotzig, geil, habenwill, 140 Stück, teuer, mechanische Taster, bunte Lichter, viele Tasten, Reinhold Heil, Tears for Fears etc."

Ohr: "Das hört man."

Stephen

Ne, der Begriff ist etwas anders besetzt.
 
Hier das DX1 Poster


YamahaDX1Postermidsize_zpsaf8aad7b.jpg




Übrigens können diese Gerüchte DX1 klingt organischer als DX7 auch auf unabsichtlicher Verwechslung mit dem GS1 beruhen. Der klingt nämlich wirklich anders als der DX7, was nicht nur an den völlig unterschiedlichen Bauteilen sondern auch an der 2x4 OP Struktur mit Kreuzmodulation liegt. Da es von den GS1 auch nur sehr wenige gibt, ist eine Gegenüberstellung noch schwieriger. Ich hatte allerdings mal Gelegenheit, den GS1 gründlich abzusampeln, und da hört man mit der Lupe. Das Servicemanual samt Schaltplan GS1 habe ich übrigens auch. Falls jemand daraus was als Info braucht, kann ich nachsehen. Der Klangunterschied betrifft überhaupt die ganze Vor-Generation und damit auch das CE20. Das wiederum besitze ich, und obwohl es ein kleiner 4-Oktaven Kamerad mit nur Presets ist, hört man das unmittelbar, was da die Stunde geschlagen hat. CE20 und CE25 kann man als Baby-GS1 betrachten. Der DX7 Schmutz ist bei denen übrigens geringer vorhanden.
 
Ich hätte gerne ein GS-1, damit ich einen DX-1 darauf stellen kann.

living sounds schrieb:
ppg360 schrieb:
Hier haben wir es wieder mit einem Fall dessen zu tun, was Psychologen "kognitive Dissonanz" nennen. Oder anders ausgedrückt: Das Bewußtsein sagt dem Auge, was es sehen bzw. dem Ohr, was es hören soll.

Bewußtsein: "DX1, selten, klotzig, geil, habenwill, 140 Stück, teuer, mechanische Taster, bunte Lichter, viele Tasten, Reinhold Heil, Tears for Fears etc."

Ohr: "Das hört man."

Stephen

Ne, der Begriff ist etwas anders besetzt.

Stimmt. Realitätsverzerrung.

Stephen
 
So weit ich das verstanden habe sitzt im DX1 der gleiche Chipsatz zur FM Synthese (nur doppelt) wie im DX7.
Damit hat man dessen Artefakte natürlich in beiden Geräten drin.
Da die Nachfolger neue FM-Chips bekommen haben, gehe ich davon aus, dass ein Großteil des "Schmutzes" aus der Engine kommt, und nicht aus dem nachgeschalteten Wandler. Denn sonst hätte Yamaha den Wandler ja einfach upgraden können, ohne einen neuen Chipsatz machen zu müssen.
 
"They'll take you places you've never been" - ist das nicht grauenhaft falsch? Fehlt da nicht ein "to"?
 
Dann gibts ja noch den tx 416 mit bis zu 10 mal dx 7 cartridges, wär interessant zu wissen, wie der sich schlägt. Vom bedienpanel her wird´s schon mal schwierig :)
 
sushiluv schrieb:
Dann gibts ja noch den tx 416 mit bis zu 10 mal dx 7 cartridges, wär interessant zu wissen, wie der sich schlägt.

TX7, die TF1 Module (aus den Tx216 ... Tx816) und der DX7 sind da wohl ziemlich gleich aufgebaut. Insbesondere diese Konstruktion mit dem 12 Bit Wandler mit Dynamikerweiterung, die wohl nicht so ganz unkritisch ist...

P.S: im Service Manual vom TX7 steht 'n bisken was dazu wie das funktioniert. Wenn die das mitten im Signal umschalten ist das für ziemlichen Rotz gut, der sich a)durchaus beseitigen ließe b)je nach Gerät ganz schön unterschiedlich sein kann und c)tatsächlich mit hoch selektierten Teilen besser würde. (Geht dabei um den aus 4066 und einer R-2R Kette aufgebauten Spannungsteiler/Wandler der von den SF-Bits angesteuert wird. )
Der unerschrockene Bastler nimmt da heute natürlich einen 16bit Wandler.
 
sushiluv schrieb:
Dann gibts ja noch den tx 416 mit bis zu 10 mal dx 7 cartridges, wär interessant zu wissen, wie der sich schlägt. Vom bedienpanel her wird´s schon mal schwierig :)


Nicht ganz korrekt.

Es gibt TX216 und TX816. Ersteres ist das 19" Rack und beherbergt zunächst 2 TF1 Module, das TX816 gleich 8 davon. Die freien Slots im TX216 können mit weiteren TF1 Modulen bestückt werden, bis maximal 8 eben.

Bedienung am Instrument ist nicht, außer Programmtasten und MIDI Channel. Sie erhalten komplette DX7 Soundbänke per MIDI Dump. Umständliche Angelegenheit, aber tolle Sounds. Es wurden spezielle TX816 Bänke erstellt, wo jedes Modul eine klangliche Aufgabe erhielt, z.B. Attack Geräusch, Sound Body, etc. Dafür gab es ein eigenes Program Book mit allen Einstelldaten der Parameter. Sich konzeptionell damit zu befassen, ist der eigentliche Schlüssel zur FM Synthese. Die Möglichkeit der Verkoppelung mehrerer Module ist nämlich nicht gedacht, um irgendwie dicke Layers aufzustapeln, sondern einen Klang in Komponenten zu zerlegen und den mittels mehrerer FM Module aufzubauen.

Zu TX216: Es gab eine preiswertere Rack-Variante von EES, denn Yamaha hat ordentlich zugelangt bereits für das TX216. Man konnte also das Rack inklusive Netzteil bei EES kaufen und dann vergleichsweise preiswerte TF1 Module reinstecken.
 
Klaus P Rausch schrieb:
Es wurden spezielle TX816 Bänke erstellt, wo jedes Modul eine klangliche Aufgabe erhielt, z.B. Attack Geräusch, Sound Body, etc. Dafür gab es ein eigenes Program Book mit allen Einstelldaten der Parameter.
Das hätte ich gerne mal gehört – sind Dir zufällig entsprechende Klangbeispiele bekannt?
 
Pepe schrieb:
"They'll take you places you've never been" - ist das nicht grauenhaft falsch? Fehlt da nicht ein "to"?

Das ist ein Amerikanismus -- jeder weiß, was damit gemeint ist, also ist der Fehler kein Fehler, sondern Allgemeingut. Der korrekte Ausruck heißt "to take someone to some place", wie in "I took her to the station."

Super Sprache, das -- das macht die USA auch zum idealen Reiseland für den deutschen Durchschnittsenglischsprecher: Die Amis können es in der Regel selbst nicht besser ;-).

Stephen
 
Der Wandler im DX7 und DX1 ist der Gleiche: Rohm BA9221, 12Bit. Bei den OPAmps muß ich noch schauen, die FM-Chips sind ebenfalls identisch, nur eben mehrfach vorhanden.
Im DX1 sitzen zudem deutlich mehr Prozessoren als im DX7, und auch Andere. DX7 hat 2 6803er, beim DX1 sind 2 Stück 6809 und ein 6803 drin, einer der Prozessoren ist ausschließlich für den polyphonen Aftertouch zuständig.
Den DX1 kann man auf dem Spliff-Album "Schwarz auf weiß" sehr deutlich hören, da wurde massiv Gebrauch davon gemacht.

Ich hab hier nur einen DX7II mit E! stehen, der aber bald verkauft wird. Wenn jemand will ... :)
 
ppg360 schrieb:
Pepe schrieb:
"They'll take you places you've never been" - ist das nicht grauenhaft falsch? Fehlt da nicht ein "to"?

Das ist ein Amerikanismus -- jeder weiß, was damit gemeint ist, also ist der Fehler kein Fehler, sondern Allgemeingut. Der korrekte Ausruck heißt "to take someone to some place", wie in "I took her to the station."

Super Sprache, das -- das macht die USA auch zum idealen Reiseland für den deutschen Durchschnittsenglischsprecher: Die Amis können es in der Regel selbst nicht besser ;-).

Stephen

jo,

ich geh Aldi!
 
ppg360 schrieb:
Pepe schrieb:
"They'll take you places you've never been" - ist das nicht grauenhaft falsch? Fehlt da nicht ein "to"?

Das ist ein Amerikanismus -- jeder weiß, was damit gemeint ist, also ist der Fehler kein Fehler, sondern Allgemeingut. Der korrekte Ausruck heißt "to take someone to some place", wie in "I took her to the station."

Super Sprache, das -- das macht die USA auch zum idealen Reiseland für den deutschen Durchschnittsenglischsprecher: Die Amis können es in der Regel selbst nicht besser ;-).

Stephen
Ich ziehe da RP dem ordinären GA vor. OT Ende
microbug schrieb:
Ich hab hier nur einen DX7II mit E! stehen, der aber bald verkauft wird. Wenn jemand will ... :)
Wollen schon, nur können grad nicht. :heul:
 
Da gibts eigentlich zu viele Stellen wo ich widersprechen möchte, weil die Erklärungen z.B. zur FM einfach nicht stimmen, die FM ist beim DX7&Co alles andere als perfekt und exakt oder sauber und makelos ;-)
 
Der DX5 ist meiner Meinung nach das bessere Modell, da man genau das Mittelding zwischen DX7 und DX1 bekommt.
Zugleich ein starker FM-Synthie (32 Voice), den alle suchen, aber keiner findet :D

PS: Die gedoppelten Brass-Sounds beim DX5 sind der absolute Hammer !
 
Ein FM-Synth alleine macht nicht glücklich, egal welcher es ist ;-)
 
Bei meiner Aussage geht's nicht um Multitimbralität oder Anzahl der Stimmen.
 
Wirst du aber nie machen und was du an FM Sounds brauchst, kann auch aus 'nem Rompler und der Ultranova kommen ;-)
 
Weil die Kerkos nicht so linear sind. Verzerrungen, die sich dann z.B. als kratzige Höhen bemerkbar machen können. Können, nicht müssen. Ich glaub auch nicht, dass Yamaha an der Stelle welche verbaut hat.

Keramik Kondensatoren können schwingen und dadurch zur Verfälschung des Signals beitragen. Ausserdem regaieren sie auf Ausseneinflüsse, ähnlich einem Piezo Mic.

Hier noch weitere Infos zu dem Thema:
 


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