Filmmusik (elektronisch) in der DDR

Sven Blau

Sven Blau

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Hallo!

Ich hab gra dmal alte Kindheitserinnerungen aufgewärmt, udn mri die 7 Foglen von "Spuk im Hochhaus" angeguckt...vielleicht erinnert sich noch jemand ;-)

Und da werden ja ne Menge elektronische Sounds verwendet, eigentlich ist die komplette Musik und alle Effekte (wenn zB gezaubert wird ;-) ) elektronisch und klingt auch irgendwie nach nem Modularsynth (von de rKomplexität der Klänge her)...

Meine Frage in dem Zusammenhang:

Wer hatte in der DDR Zugang zu Modularsystemen bzw. wer hatte Systeme besessen und wie war es im allgeminen möglich, an Synthies ranzukommen?

Reinhard Lakomy besaß meines Wissens ein Moog Modularsystem und ein Mellotron... vllt kann irgendwer hier irgendwas erzählen :)

Grüße, Ben
 
Lakomy besaß meines Wissen nach als Einziger DDR Musiker ein Moog-Modular-System. Er hatte es von Edgar Froese (Tangerine Dream) gekauft und war Anfang der 80er drauf und dran die DDR zu verlassen, um bei Tangerine Dream einzusteigen. Edgar Froese hatte immer wieder Instrumentarium mitgebracht, daher war Lakomy gut ausgestattet :)
Servi besaßen den Korg PS 3200 und sind mit diesen auch Live aufgetreten. Der Rest der DDR Musiker hatte "nur" minimales elektronisches Equipment, also Julius Krebs z.B. den Prodigy.
 
intercorni schrieb:
Lakomy besaß meines Wissen nach als Einziger DDR Musiker ein Moog-Modular-System. Er hatte es von Edgar Froese (Tangerine Dream) gekauft und war Anfang der 80er drauf und dran die DDR zu verlassen, um bei Tangerine Dream einzusteigen. Edgar Froese hatte immer wieder Instrumentarium mitgebracht, daher war Lakomy gut ausgestattet :)
Servi besaßen den Korg PS 3200 und sind mit diesen auch Live aufgetreten. Der Rest der DDR Musiker hatte "nur" minimales elektronisches Equipment, also Julius Krebs z.B. den Prodigy.

Ich wusste, dass du als erster antworten würdest ;-)

Soweit alles bekannt, aber wie kann es dann sein, dass doch so viele Fimmusiken der 80iger wirklcih so richtig elektronisch sind?
 
Der Rest der DDR Musiker hatte "nur" minimales elektronisches Equipment

Kann ich so nicht zustimmen. Es gab an elektronischen Equipment nix was es nicht gab. War alles nur eine Frage des Geldes und der Beziehungen.
Viele Synthies wurden über Musiker und Bands aus dem Ostblock beschafft, welche ja in den Westen reisen durften. Auch die DDR-Bands die zu seltenen Konzerten in den "Westen" durften, brachten Instrumente mit, in etwa die Gage gleich sinnvoll umgesetzt.
Mit Ost-Instrumenten traute sich ja zu DDR-Zeiten eigentlich keiner auf die Bühne. Da hat halt der Keyborder etwas sparen müssen, DX7 war so für 30.000 Mark zuhaben. Korg MS10 oder Poly800 mit bissel Glück für um die 8000.

Die Filmmusik wurde ja in den Studios des DDR-Fernsehens oder Rundfunks gemacht, die hatten schon auch ordentliches Gerät ;-) Da gabs original Mini-Moogs, welche sogar vom Kundendienst von Vermona mit gewartet wurden. Viel verwendet für DDR-Filmmusik wurde auch das Subharchord,
das Trautonium des Ostens. Hier ein Link zum Instrument http://www.subharchord.com/index-Start.html
 
Ja, darüber habe ich auch schon gelesen. Norbert Jäger von Stern Meissen nutzte ja seinerzeit in den 70igern schon den Minimoog und meines Wissens auch den Roland SH-2000

Ende der 80iger hielten auch die Volkssynthesizer MS10/20 Einzug in den Bands...

Lutz, kennst du Links über die Rundfunkstudios der DDR, wo das bessere Equipment zur Verfügung stand?

Grüße
 
Man kann ja "elektronische" Musik auch so im Stile des Radiophonic Workshop mit Tapes machen. Oder wie im neuen Buch zu den Sounds von StarWars beschrieben durch cleveres Aufnehmen von "Natursounds", dann weiter mit Tapes, Schnittmesser und Klebeband. Dazu noch ein wenig Messequipment aus der Radio Grabbelkiste...

Gab es diese Tradition auch in der DDR?
 
Lutz schrieb:
Der Rest der DDR Musiker hatte "nur" minimales elektronisches Equipment

Kann ich so nicht zustimmen. Es gab an elektronischen Equipment nix was es nicht gab.
Das meine ich damit auch nicht. Mit minimal meine ich, dass die wenigsten Musiker bzw. Band sich eine ganze Batterie an Synthesizern leisten konnte. Selbst die Bands, die rein elektronisch produzierten wie z.B. Pond.
 
Is schon klar,
zu der Zeit warn aber auch im Westen die Synthies noch teuer.
Man hatte sich halt auf das beschränken müssen, was finanziell grade so ging. Hüben und drüben.
Ist aber zum Glück alles Geschichte.

Lutz, kennst du Links über die Rundfunkstudios der DDR
Sorry, da hab ich nix direktes. Bekanntestes vielleicht hier http://www.nalepastrasse.de/

Studiotechnik Rundfunk und Studiotechnik Fernehen gehörten ja damals zur Post oder später zum Ministerium für Post- und Fernmeldewesen der DDR,
musste mal googeln.
 
Ben Blau Recordings schrieb:
Ich hab gra dmal alte Kindheitserinnerungen aufgewärmt, udn mri die 7 Foglen von "Spuk im Hochhaus" angeguckt...vielleicht erinnert sich noch jemand ;-)

Und da werden ja ne Menge elektronische Sounds verwendet, eigentlich ist die komplette Musik und alle Effekte (wenn zB gezaubert wird ;-) ) elektronisch und klingt auch irgendwie nach nem Modularsynth (von de rKomplexität der Klänge her)...

Hallo Ben,

du wirst staunen, wenn du hörst, welches Instrument du dort als Effektschleuder hörst. Thomas Natschinski hat für die Effekte in den "Spuk"-Filmen ausschließlich den Korg 700 Mini-Korg verwendet.



Hier mal ein Ausschnitt aus seiner Biografie "Verdammt, wer hat das Klavier erfunden?"

... Mitte der 70er Jahre kamen die ersten Synthesizer auf und sie waren wie Diamanten im Tresor eines holländischen Preziosenhändlers.
Der Rundfunk der DDR kaufte den ersten Minimoog. Das war ein Meilenschritt in der elektronischen Industrie. VEB Amiga und der Rundfunk hatten die am besten ausgerüsteten Studios und wir Bandmusiker durften diese Instrumente für Produktionen nutzen.
Mit dem Minimoog realisierten wir ganz neue Klangvorstellungen. Er war einstimmig, aber wir konnten herkömmliche Instrumente, z.B. Flöte, Oboe oder Trompete imitieren, phantasievolle neuartige Sounds und Superbässe durch eine aufwendige Technologie erzeugen.
Das Gerät kostete um die 4000 DM, ein kleines, großes Vermögen nach dem Umrechnungskurs. Ich kaufte mir die kleinere Version, den Mini-Korg. Dieser japanische Synthesizer war teuer genug für meine Verhältnisse. Ohne Angst vor dem Zöllner kam dieses Instrument in meinen Besitz. In der "Melodie", der Musikerkneipe in der Friedrichstraße, erzählte ich ein paar Leuten, dass ich unbedingt einen "preiswerten" Synthesizer brauchte. In der Bar trieben sich alle Buntkarierten herum. Schieber, Mädchen, kleine Gangster und Musiker, die frei hatten. Hier war der Ort, wo viel reden viel half. In der Dunkelheit und dem Schutz der niedrigen Saaldecke sagte mir einer, dass er einen kenne, der ein solches Instrument besitzt.
Ich schlug zu, ohne es vorher auszuprobieren: Auch in der Vorahnung, dass ich mir wieder einmal viele Nächte mit Arbeit um die Ohren schlagen musste, um die Ausgaben zu decken. Die Kiste kam in der Originalverpackung zu mir und erwies sich als Glücksfall.

Für viele Filmmusiken, z.B. für die Soundeffekte in der Serie "Spuk unterm Riesenrad", war mein Mini-Korg wie eine südafrikanische Goldgrube."

"Günther Meyer liebte Effekte in seinen gruseligen Hexen- und Zauberfilmen. Er war der Regisseur, der die meisten Effekte zur Untermalung gespenstischer und spannender Jagden von mir haben wollte.
Meine Synthesizer mit all seinen Spezialeffekten war sein bester Freund."

Das Buch ist im "Verlag neues Leben" erschienen. Alle Rechte liegen beim Autor.
 
Das ist in der Tat eine witzige Nachricht! Aber es zeigt wiedermal eines: Man kann aus jedme Gerät interessante Klänge rausholen!
 
intercorni schrieb:
Mit minimal meine ich, dass die wenigsten Musiker bzw. Band sich eine ganze Batterie an Synthesizern leisten konnte. Selbst die Bands, die rein elektronisch produzierten wie z.B. Pond.

Im Sommer 1981 sah man bei Thomas Kurzhals (Keyboarder bei Stern Meissen) eine riesige Tastenburg auf der Bühne. Während Paule Kramer hauptsächlich Mellotron spielte fand man bei Kurzhals Minimoog, Polymoog, Fender Rhodes, Logan String Melody, Hohner Clavinet D6 u.a. Das muss für DDR-Verhältnisse ein Vermögen wert gewesen sein.
Aber Kurzhals als mehrmaliger Keyboarder des Jahres (DDR) war da eher die Ausnahme. Von einem Kollegen, der 1985 eine Amateur-Schüler-Rockband leitete weiß ich, dass der Keyboarder von seiner Oma aus dem Westen einen Roland Alpha Juno geschenkt bekam. Der war mehr wert, als der Rest der Anlage. Bei einem Fernsehauftritt bei "Alles singt" durfte der Juno aber nicht zu sehen sein. Stattdessen wurde der VERMONA-Synthesizer und eine VERMONA ET-Orgel auf die Bühne gestellt. Peinlich. Wenn sich selbst eine Schülerband damit schämt ;-) Heut ist das was anderes. Die Geräte sind eben Kult.
 
Tja so war das. Ich erinnere mich noch an diverse Anzeigen im Wochenspiegel Mitte der 80er Jahre. Einen gebrauchten DX7 für 20000 Mark, Minimoog für 15000 Mark, oder DW-8000 und Poly-800. Tausche Lada gegen Synth. :D
 
RetroSound schrieb:
Tja so war das. Ich erinnere mich noch an diverse Anzeigen im Wochenspiegel Mitte der 80er Jahre. Einen gebrauchten DX7 für 20000 Mark, Minimoog für 15000 Mark, oder DW-8000 und Poly-800. Tausche Lada gegen Synth. :D

Komsmt du auch aus der DDR?
 
Im Sommer 1981 sah man bei Thomas Kurzhals (Keyboarder bei Stern Meissen) eine riesige Tastenburg auf der Bühne. Während Paule Kramer hauptsächlich Mellotron spielte fand man bei Kurzhals Minimoog, Polymoog, Fender Rhodes, Logan String Melody, Hohner Clavinet D6 u.a. Das muss für DDR-Verhältnisse ein Vermögen wert gewesen sein.
Aber Kurzhals als mehrmaliger Keyboarder des Jahres (DDR) war da eher die Ausnahme. Von einem Kollegen, der 1985 eine Amateur-Schüler-Rockband leitete weiß ich, dass der Keyboarder von seiner Oma aus dem Westen einen Roland Alpha Juno geschenkt bekam. Der war mehr wert, als der Rest der Anlage. Bei einem Fernsehauftritt bei "Alles singt" durfte der Juno aber nicht zu sehen sein. Stattdessen wurde der VERMONA-Synthesizer und eine VERMONA ET-Orgel auf die Bühne gestellt. Peinlich. Wenn sich selbst eine Schülerband damit schämt ;-) Heut ist das was anderes. Die Geräte sind eben Kult.

Thomas Kurzhals hat ja heut eauch noch seine Moogs auf der Bühne (Minnimoog und Voyager) :D

img_6548-thomas-klein.jpg
 
intercorni schrieb:
Lakomy besaß meines Wissen nach als Einziger DDR Musiker ein Moog-Modular-System. Er hatte es von Edgar Froese (Tangerine Dream) gekauft und war Anfang der 80er drauf und dran die DDR zu verlassen, um bei Tangerine Dream einzusteigen. Edgar Froese hatte immer wieder Instrumentarium mitgebracht, daher war Lakomy gut ausgestattet :)
Servi besaßen den Korg PS 3200 und sind mit diesen auch Live aufgetreten. Der Rest der DDR Musiker hatte "nur" minimales elektronisches Equipment, also Julius Krebs z.B. den Prodigy.

LOL, Lacky kenne ich aus dem Musikladen. Er kam recht oft vorbei weil wir häufiger gebrauchtes Zeug von Edgar oder Christoph im Laden zu stehen hatten. Über seine Pläne bei TD einzusteigen haben wir und köstlich amüsiert. Nichts gegen Lacky, er war wirklich sehr nett aber auch sehr naiv. Vom Umgang mit so einem Modulsystem hatte er keine Ahnung und so schaffte er es auch, es in kürzester Zeit erst einmal zu schrotten indem er ein Patchcord in die Fassung einer (fehlenden oder zerbrochenen) Glühlampe des Sequenzers steckte ;-) Erst auf der Platte die er zusammen mit Rainer Oleak machte, hörte man mal interessantere Kläng, Rainer hatte da einfach mehr drauf. Lakomy hatte auch uns gegenüber von Auswanderungsplänen gesprochen, aber dann schnell eingesehen, dass es ihm im "Osten" viel besser ging als den meisten (er hatte tatsächlich einen Pass und konnte jederzeit reisen). Bei uns (im Westen) wäre er nur "Kabelträger" geworden während er daheim sowas wie ein "Gott der Synthesizermusik" war.
Viele Instrumente gingen den "Umweg" über Russland. Damals kamen fast täglich Afrikaner mit ziemlich langen Einkaufslisten und ebenfalls dicken Geldbündeln ins Geschäft. Einmal hatte ich auch einen Musiker aus Rostock einen SQ Pro-One besorgt und geschickt. Das war eine tolle Aktion als eines Tages ein wildfremder Mensch an der Türvklingelte und mir einen Briefumschlag mit Geld übergab (mit besten Grüßen von XXXXX, ich wüsste schon Bescheid). Ich besorgte dann das Gerät und schickte es ab. Erst nachdem es wohl jeder Interessierte bei den diversen Kontroll-Organen befingert hatte, leitete man es tatsächlich zum Empfänger weiter. (das dauerte Wochen) Trotzdem: In Rostock stand ein Pro-One mehr und die STASI Akte wurde um Angaben über mich, dem Klassenfeind aus dem Westen und XXX erweitert ;-)
 
Interessante Geschichte :) Hat irgendwie was magisches...
 
cool!
danke für`s posten martin. :supi:

Die bekannteren Bands hatten allesamt West-Synths bei sich.

Karat hatten einen ARP Odyssey, Minimoog, Wersi String und ich glaube auch DX-7
Peter Meyer von den Puhdys hatte u.a. einen Minikorg 700S und einen D-50.
Silly einen CZ-5000 und DX-7

Musik_Puhdys_BM_Ber_741175a.jpg
 


Mein Vater hatte damals so eine Rotorantenne auf dem Dach. So konnte ich heimlich Ostradio hören;-) Musiker mit Verwandtschaft im Westen hatten gute Möglichkeiten, an Instrumente heranzukommen. Ich hatte einen guten Freund, der regelmässig seine Schwester aus dem Westen mit einem Einkaufszettel bei mir vorbeigeschickt hat...
 
Elektro_Lurch schrieb:
RetroSound schrieb:
Karat mit ARP Odyssey Sample/Hold Geblubber und Wersi String Ensemble:


geil!!!

Geil vor allem die Kunst, Botschaften durch die Zensur hindurch zum Publikum zu transportieren.

Ja, das konnte man so geschickt umschiffen. Oft wurden in den Texten politisch brisante "Opferphrasen" bewußt eingebaut, wo man wußte dass sie rausfliegen. Dadurch bekam man aber andere, scheinbar weniger brisante Passagen wieder durch. Sehr clever!
 


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