Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse ?

Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

so ein alter artikel und immer noch wahr und aktuell.
scheint wohl eine grundlegende fragestellung zu sein.

mein senf dazu in kürze:
mehr möglichkeiten zwingen zu mehr entscheidungen,
und entscheidungen zu treffen bedeutet unterbewussten stress,
und stress ist bei kreativen prozessen kontraproduktiv.
-> also ist weniger technik besser für kreative prozesse.
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

suomynona schrieb:
so ein alter artikel und immer noch wahr und aktuell.
scheint wohl eine grundlegende fragestellung zu sein.

mein senf dazu in kürze:
mehr möglichkeiten zwingen zu mehr entscheidungen,
und entscheidungen zu treffen bedeutet unterbewussten stress,
und stress ist bei kreativen prozessen kontraproduktiv.
-> also ist weniger technik besser für kreative prozesse.

Klares JAin.
Ein Faktor ist noch, wie SCHNELL Dein Equipment wächst. Wenn Du innerhalb
kürzester Zeit ne Menge Geld raus- bzw. Synths reinhaust, bleibt tatsächlich nicht
viel Zeit für das Wesentliche.
Wenn Du und Dein Equipment langsam und gemeinsam wachset, so dass Zeit für
die Auseinandersetzung bleibt, so isses doch gut + bereichernd!
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

In der Vergangenheit war es bei mir immer so, dass ich bei einer Vielzahl an Instrumenten diese gar nicht mehr richtig ausnutzen konnte, weil man
immer von einem zum anderen Instrument gehüpft ist in der Hoffnung, dort den Sound zu finden.
Mittlerweile nutze ich eine abgespeckte Variante, also weniger Equipment, nutze dieses aber in all den Feinheiten, die es mir bietet.
Ich speichere auch kaum noch Sounds ab. Bei den alten Analogen geht das ja eh nicht.
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

Ich habe diese Musikalische Sackgassität nur wirklich erlebt, als ich mir mal 2 Geräte auf einmal neu gekauft hab, und dann das "oberflächlich coolere" die ganze Zeit benutzt hab, und das 2te gar nicht, bis ich es 4 Jahre später mit massivem Verlust verkauft habe...
Ich hab jetzt nicht wirklich viel Hardware, nur 2 Analoge, 2 Drummachines, 2 Digitale und der Rest gut ausgesuchte Softsynths so um die 8 Stück + Battery.
Dabei genieße ich die Vielfalt und Farbenpracht der mir dadurch angebotenen "Farbschattierungen", sodaß ich nicht einmal den Gedanken hatte, ich müsste reduzieren, außer die sachen, die ich sowieso nicht mehr nutze..

Bei 10 Analogen und 4 Drummachines sieht die sache wahrscheinlich wieder anders aus, kommt halt ganz drauf an, welche das sind... hehe...
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

dotterl schrieb:
Ein Faktor ist noch, wie SCHNELL Dein Equipment wächst. Wenn Du innerhalb
kürzester Zeit ne Menge Geld raus- bzw. Synths reinhaust, bleibt tatsächlich nicht
viel Zeit für das Wesentliche.
Wenn Du und Dein Equipment langsam und gemeinsam wachset, so dass Zeit für
die Auseinandersetzung bleibt, so isses doch gut + bereichernd!


Da möchte ich doch einen ganzen Zaun voller Ausrufezeichen druntersetzen, eben weil ich genau das schon 2x durchhab. Die erste Phase war wirklich extrem, hab viel durchprobiert und nix war wirklich gut, das einzige was zum Schluß blieb war ein sehr spät gebraucht gekaufter DX7II und mein JX-10 (die ich inzwischen auch nimmer habe). Meine ersten Instrumente, mit denen ich was aufnahm, waren Korg EPS-1 und Polysix, da hab ich wirklich Musik gemacht, sprich Ideen festgehalten, per Spulentonband und Multiplay, selbst im Jahre 1989 noch anachronistisch. Achja: für die Drums hatte ich eine 808. 1 Jahr später hielt MIDI Einzug: JX-10, SQ-R, Kawai Q80. Auch da wurde noch Musik gemacht. Dann aber zog ein Atari ST ein, Notator Alpha, und von da an kam kaum noch Musik raus, dafür mehr Technikbeschäftigung. Nunja, das hab ich dann später genutzt und baute etliche Adaptionen für Sounddiver, die bis zuletzt zum Lieferumfang gehörten. Betagetestet hab ich natürlich auch, in der 2. Phase dann ebenfalls, dann aber auf dem Mac. Ist schon nett, wenn man seinen eigenen Namen im Handbuch direkt neben dem von Herrn Anzilotti liest :) Nunja, leider alles Geschichte. Immerhin hat mir das aber auch nette Kontakte beschert, einen davon hab ich hier auch wiederdentdeckt:)

In Phase 2 hab ich erstmal wieder Technik gesammelt und dann versucht, damit was zu machen, was aber wieder in die Hose ging, und wieder landete ich bei Sounddiver. Letztlich hab ich bis auf GEM S3 und TX802 alles verkauft, weil ich beim Versuch, einen Sound für die Umsetzung einer Idee zu finden, vor vollen Schüsseln verhungerte.

Nach langer Pause bin ich so mehr oder weniger über die Technik wieder zurückgeschlittert: Ein Freund vermachte mir seinen rumstehenden Poly800, nachdem ich schon eine Zeitlang bei amazona rumschlumpfte und Kommentare schrieb. Inzwischen ist ein Novation KS Rack dazugekommen, was noch fehlt ist ein Klopfgeist mit Lauflicht. Und gleich zu Beginn dicker Frust: Modernes OS mit eingebauten MIDI-Treibern etc pp, Interfaces und Software vorhanden, aktuelle Rechner mit genug Power, aber timingstabil? Denkste. Ich war kurz davor, mir wieder einen Atari hinzustellen. Der kam bei einem simplen 4spurigen Arrangement nicht aus dem Tritt (ok, Ableton live auch nicht). Im Augenblick geht die Überlegung, den Rechner nur fürs Recording zu nutzen, MIDI aber über einen Hardwaresequenzer zu machen, sowas wie bei der Motif: taste drücken und loslegen. Tja, aber sowas dann finden ... Eine "Phase 3", also wiederholung alter Fehler, wäre der Horror, dann geb ichs ganz auf. Momentan hab ich einen ziemlichen Technikfrust weil einiges nicht so geht wie ichs gerne hätte.

Hab mir den ganzen Thread durchgelesen, auch die teilweise abgedrifteten Diskussionen. Ich hab schon Spaß an der Technik, aber lieber Geräte, die ich in und auswendig kenne und mit denen ich meine Ideen umsetzen kann, und das soll dann Spaß machen. Wenn nicht, läuft irgendwas schief.

Ich kann das Eingangsposting von Neo sehr gut nachvollziehen. Soweit also meine Leidensgeschichte zum Thema :mrgreen:
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

Waldorfer schrieb:
Ich hätte übrigens gern ein Gerät, bei dem man das Vibrato nicht durch Drücken, sondern durch Wackeln des Fingers auf der Tastatur erzeugen kann, wie bei einer Geige.
Haken Continuum Fingerboard, Eowave Persephone
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

Noch einmal zur Auffrischung:

Viele Menschen glauben, ihre Kreativität und musikalische Qualität wachse mit der Menge der zur Verfügung stehenden Gerätschaften. Das stimmt aber gar nicht, denn wir wissen, dass übertriebenes Streben nach zusätzlicher Technik letztendlich nur eine Rechtfertigung für eigenes Unvermögen ist.
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

Es ist und bleibt aber Definitionssache, WAS Musik ist, die hinten raus kommen soll.
Zum Glück ist es heute auch schon Musik, wenn man stundenlang an seinem Modularen rumschraubt, die Ergüsse aufzeichnet, etwas nachbearbeitet (wenn überhaupt) und gut is. Oder nen dicken 808er Beat mit ner feinen Sequenz unterlegt und fertig. Oder eben "hohe Kunst" mässig mit filigraner Fingerfertigkeit notiertes auf dem Keyboard spielt. Für die letztgenannte Fraktion kann ich mir die Threadthematik am ehesten als Problem vorstellen - die anderen (ich nenns mal "eher experiemtelle Fraktion...." ) kann doch eigentlich nur kontinuierlich von neuer Technik profitieren...UND: jeder hat doch die Möglichkeit, NIX neues kaufen zu müssen! Oder aus seinem Pool an Maschinen einfach nur ein o. ein zu benutzen und damit ganze Tracks/Songs zu bauen.
T.
 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

Klar, man sieht ja schon auf Youtube dass heute wirklich jeder Musik machen "kann", zur Not mit der Arschtrommel... ;-)

 
Re: Führt immer mehr Technik in eine musikalische Sackgasse

Summa schrieb:
Klar, man sieht ja schon auf Youtube dass heute wirklich jeder Musik machen "kann", zur Not mit der Arschtrommel... ;-)

:lol: :lol: :lol:

üben die da die Arschcapella-Version von dem hier?

 
Re:

Ilanode schrieb:
Ich denke, ein tieferes Beherrschen (also sich auch Zeit nehmen) des eigenen Equipments, führt auch musikalisch weiter...

Zweifellos. Um im Modularen zu bleiben: mit wenigen Modulen in die Tiefe gehen, ist musikalisch sicherlich sinnvoll.
Aber trifft das nicht auch auf das Gegenteil zu? Also musikalische Vielfalt durch viele Module, wenn auch bei flacher Anwendung? Für viele ist die Individualität des Klanges weit weniger wichtig, wie für andere. Ungehörte Klänge machen noch keine gute Musik, dagegen kann ein guter Track auch durchaus gerade durch ver-/gebrauchte Klänge funktionieren und dann ist ein großer Gerätepark doch eher förderlich, als hinderlich.

Mehr Technik wird meiner Meinung nach nur zum Problem, wenn man ungewollt den Fokus auf´s eigentliche Musikmachen verliert. Viel Equipment kann begünstigen, dass man sich verliert. Aber dafür muss man meines Erachtens auch schon eine gewisse musikalisch Orientierungslosigkeit mitbringen. Von daher fällt es mir schwer "zuviel Technik" als den eigentlichen Buhmann anzusehen.

Bei mir selbst funktioniert das auch nicht: wenn ich zuviel Technik anhäufe zeigt sich das nicht daran, dass meine Musik darunter leidet, sondern daran, dass mehr Equipment ungenutzt herumsteht.

Viel Technik ist eine musikalische Chance, aber eine finanzielle Sackgasse.
 


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