Slow, Slower, Sloth ... Laaaangsame Musik

Hallo,

Ich komme ja, aus dem Metal und gar nicht aus der elektronischen Musik. Im Metal gibt es einige extrem langsame Stile, aber gibt es das auch in der Elektronischen Musik und wie sind sie enstanden, wer sind die wichtigsten Einflüsse???

Für den Metal mal ganz kurr ohne Anspruch auf Vollständigkeit, weil es ja eigentlich um elektronische Musik und nicht um Metal gehen soll:

Langsamerr Metal ist eigentlich die Urform des Metal hier ein Beispiel:



Mit der NWOBHM Anfang der 1980er wurde schnell gespielter Metal zur Standardform. Der langsame Metal wurde ein Subgengre, nämlich Doom. Dieses Subgenre bieb lange ziemlich klein und kommerziell wenig erfolgreich. Typische Vertreter der 1980er sind Saint Vitus. Das folgende Hörbeispiel ist von 1995 und darum zwar etwas zu spät, aber es es ist die Essenz von Doom und ist im Gegensatz zu den Sachen aus den 1980ern gut produziert:



Richtig reine Doom-Alben sind ziemlich selten, meistens und seit beginn der 1990er wird mit anderen Stilen gemischt. Nur mal ein Beispiel für ein Gebräu aus Doom und New Orleans Hardcore, das nennt sich Sludge:



Im Metal gibt es immer die Tendenz die Grenzen wirklich auszuloten. Aus dem Doom wurde der Funeral Doom, der noch langsamer ist. Wieder 1995 und mit viel Synth:



Es geht aber noch langsamer. Das nennt sich dann Drone Doom. Das erste Album ist wohl "Earth II" von der Band Earth. Trotzdem verlinke ich ein anderes Album, weil Earth nur ein einziges solches Album gemacht haben und eigentlich für ganz andere Musik stehen, die ich später noch einmal verlinke. Stattdessen vertreten diese diese beiden Herren die reine Leere (sic!) des Drone Doom:



In den 2000ern gibt es wieder ganz viele Mischformen zwischen Doom und anderen Stilen besonders aus dem extremen Metal. Der Black Metal nimmt Elemente auf, ebenso der Death Metal. Stonerrock ist die Mischung aus Doom und dem Rock der 1970er. Ich verlinke das jetzt alles nicht. In den letzten Jahren löst sich der Doom immer mehr vom Metal ab und wird experimenteller. Ein schönes Beispiel sind Bellwicth. Ich habe dieses Beispiel gewählt, weil sie zwar Bass, Schlagzeug aber KEINE Gitarre einsetzen, sondern Synthies. Doom neigt von je her zu langen Songs, aber Bellwitch geben das Konzept des Songs komplett auf:



Bellwitch sind im August in Berlin und Leipzig auch Live mit diesem Album zu bestaunen. In eine ganz andere Richtung gehen heute Earth, die ich vorhin schon mal erwähnte. Im Prinzip spielen sie heute extrem langsamen Country oder Folk und keinen echten Metal mehr. Hier mal ein Beispiel und wohl der perfekte Soundtrack für Cormac McCarthy's "Blood Meridian":



Earth und Bellwitch zeigen schön, dass Doom zwar zwischenzeitlich ein Subgenre des Metal war, aber anders begann und jetzt gerade auch woanders steht. Es ist einfach Schmerz, der quälend langsam zu Musik gerinnt.

Damit haben wir langsamen Metal ganz schnell abgehandelt. Aber mich würde viel mehr interessieren, wie das in der elektronischen Musik ist, wie sich dort langsame Subgenres entwickelten und was sich da zu hören lohnt. Wer waren die ersten langsamen Elektroniker? Wie heißen die langsamen Stile, aus welchen Ländern kommen sie? Spielt Gagaku Musik für die Entwicklung eine Rolle? Ist Ambient vielleicht die helle Seite des Doom? Fragen, Fragen, Fragen!

Viele Grüße
Martin
 
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Damit haben wir langsamen Metal ganz schnell abgehandelt. Aber mich würde viel mehr interessieren, wie das in der elektronischen Musik ist, wie sich dort langsame Subgenres entwickelten und was sich da zu hören lohnt. Wer waren die ersten langsamen Elektroniker? Wie heißen die langsamen Stile, aus welchen Ländern kommen sie? Spielt Gagaku Musik für die Entwicklung eine Rolle? Ist Ambient vielleicht die helle Seite des Doom? Fragen, Fragen, Fragen!
Die kurze Antwort lautet: Dub war wohl grundsätzlich ein großer Einfluß auf die langsame elektronische Musik.

Ist aber auch irgendwie nicht mit Doom Metal zu vergleichen, im Dub geht es ja in erster Linie um Bass Tieffrequenzen und nicht um Verzerrung. Da muss man sich schon ehr eine Industrial Variante davon suchen. Scorn dürfte dir ja wahrscheinlich ein Begriff sein [Mick Harris // Ex-Napalm Death].

AUTHOR & PUNISHER - Nihil Strength


Scorn - Stealth [Full Album]


Andy Stott - Passed Me By / We Stay Together [Playlist]
 
Also meine Nr. 1 in Sachen "Langsamer Song" ist:


Und ebenfalls meine Nr. 1 in Sachen "Langsamer Song" ist:
 
Hallo,

bitte schreibt auch ein zwei Zeilen dazu, von wann das ist, wieso, weshalb warum. Ich wäre euch sehr dankbar.

Viele Grüße
Martin
 
Synthwave ist oft auch eher gemäßigt im Tempo, so zwischen 75 und 95 BPM fühlt man sich da gut zu Hause.
 
Also meine Nr. 1 in Sachen "Langsamer Song" ist:


Und ebenfalls meine Nr. 1 in Sachen "Langsamer Song" ist:

...Hm...also ich höre diese beiden Songs immer wieder gerne, weil es ja auch rein gar nichts vergleichbares gibt in der Welt der Musik.
Das Sind beides unerreichte Songs die man zudem immer wieder hören kann. Sie sind sehr laangsam und beruhigen mich daher auf eine
besondere Art und Weise. Ich höre diese Songs oft zum Autofahren. Das sollte eigentlich jeder tun! Ich meine...vieleicht wäre es dann nicht mehr
so agressiv auf den Straßen.
 
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Der auffälligste Unterschied zwischen Doom (Metal) und langsamer elektronischer Musik ist für mich, dass elektronische Musik größtenteils instrumental daherkommt. Das ist kein unerhebliches Detail. Wenn man evtl. Parallelen ziehen möchte, dann sollte man das m.M.n. berücksichtigen.

Wobei du @kpt_maritim hier tatsächlich einige instrumentale Sachen rausgesucht hast, da kann ich spätestens Live jedoch nichts mehr mit anfangen.

Noch ein paar random Audiobeispiele zur Orientierung die mir spontan eingefallen sind, was für mich Doom (im weitesten Sinne) ausmacht. Sinistro hatte ich (mit Sängerin) schon Live gesehen, f#cking impressing. Vorher nicht gekannt, dann erst irritiert und am Ende sprachlos zurückgelassen....

Sinistro - Pétalas


St. Vitus - Dying Inside


My Dying Bride - The Wreckage Of My Flesh
 
Geiler Threat, muss ich mir alles reinziehn.

Trotzdem ein paar Grundsatzfragen: Wo fängt für Dich die "elektronische Musik" an? Ein Synth? Synth only? Und was macht für Dich "langsam" aus? Muss für das Gefühl der Langsamkeit ein Tempo wahrnehmbar sein? Bei einigen Ambient Stilen oder Drone geht für mich z. B. das Gefühl für Tempo verloren.

Mein absoluter Liebling für langsame Musik ist Bohren & der Club of Gore. Ist das elektronische Musik? Naja es gibt E-Streicher, E-Piano und manchmal auch andere Synths. Ist es langsam? Manchmal ja, manchmal nicht so sehr. Das machts auch interessant. Egal, Du wirst es mögen. Genere ist in dem Fall "Doom Jazz". Hier das Album Black Earth:



Sonst finde ich z. B. aus der Ecke Dark Ambient toll: Kammarheit

 
Auf dem sehr empfehlenswerten Kanal von Doomcore Records gibt es eine Menge eher langsamerer 4/4 Hardcore-Techno Sachen (eben Doomcore, was so das langsamste Subgenre von Hardcore ist) aber auch technoide, langsame Sachen (aber auch schnelles Zeug in Richtung Terror). Vieles läuft jetzt wohl unter Slowcore.

Sowas hier zB wenn es böse, mitunter verzerrt aber eher langsam sein soll:





 
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sunn o))) hab ich vor ein paar jahren mal live in oberhausen gesehn und gehört.
ein joint dabei zu rauchen ist keine besonders gute idee.
und ich spreche den joint explizit auch deswegen an, weil du weiter oben im grunde einen wichtigen satz aussprichst: schmerz, der quälend langsam zu musik gerinnt.
der ambient-sound aus der elektronischen musikszene, und ich meine hier speziell musik, die in den 90ern auf ambient-floors dudelte, war headtrip-sound, der vornehmlich lief, um ein bischen runterzukommen vom hedonistischen gebretter auf dem mdma-schweißdunst-geschwängerten hauptfloor. die selected ambient worx II von aphex twin und das congeniale lifeforms-doppelalbum von future sound of london fallen mir da ein. das war zumindest meine erste begegnung mit „langsamer“ musik.
die music for airports von brian eno ˋ78 wird immer wieder zitiert, wenn es um kommerziell verwertbaren „ambient“ geht. es gibt sicherlich viel frühere ambiente, langsame musik.
aber auch hier waren es eher gelangweilte, priviligierte weisse studentInnen, die im studium mit elektronischen klangerzeugern und bandmaschinen herumexperimentierten. und das nicht unbedingt deswegen, weil die unerträgliche obszönität der puren existenz sie dazu forcierte, sondern.. weil sie es einfach konnten.
clicks and cuts anfang der 2oooer fand ich ganz spannend. zumindest dieses eine album von makesnd namens casette.. wie eine melancholische erinnerung an eine deephouse-party vor 4oo jahren.
auch hier ist wieder der bezug zur eher hedonistischen elektro-party da. was aber nicht bedeutet, daß sich die langsame ambient-musik nach fahrstuhlmusik oder popmusik auf ˋ33 und codein anhören muss. gerade der hier viel zitierte aphex twin hat musik rausgepresst, die in meinem klanguniversum als blaupause für unglaublich traurige, melancholische und schmerzverarbeitende musik herhält #rhubarb
schmerz an sich akustisch hörbar zu machen ist nicht unbedingt der hauptgrund für die ambient-floors damals gewesen. man saß oder lag da eher auf matratzen, streichelte debil-grinsend wortlos über die unterarme des besten freundes oder war fasziniert von den farben, die da unvermittelt aus den boxen krochen.

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Hier mal ne junge Band eines Bekannten von mir aus Leipzig. Gerade der Song VIII: Empty passt, glaub ganz gut zum Thema.

 
Hallo,

Die Frage, was langsam ist, ist spannend. Im Drone geht das Gefühl für Takt und Metrum tatsächlich verloren. Vermutlich gibt es da eine BPM-Grenze unterhalb der der Mensch auch ein festes Metrum das gar nicht mehr wahrnimmt. Ich spiele selbst extrem langsame Musik und kann noch bis etwa 15 BPM in time spielen, allerdings zähle ich dann für mich intern auf 60BPM mit. Unter 15 BPM wird das Tempo für mich auch frei.

Es geht, glaube ich, mehr um das Erlebnis von Langsamkeit und im Extremfall sogar Zeitlosigkeit. Wie das im Einzelnen erreicht wird. Ist eine überaus spannende Frage, die wir mit Klangbeispielen auch diskutieren können. Es gibt auch Black Metal, bei dem das Schlagzeug so rasend schnell gespielt wird, dass die Musik insgesamt wieder langsam erscheint. Das Schlagzeug wird dann zu einer Wand aus Klang. Hier mal ein Beispiel:



Viele Grüße
Martin

PS: Wenn ihr Hörbeispiele verlinkt, schreibt doch bitte etwas Informatives dazu, es muss doch einen Grund geben, warum ihr das verlinkt, außer, dass ihr es mögt. Von wann und vielleicht auch wo ist das, in welche Szene gehört das, warum ist das vielleicht ein gutes Beispiel und wofür ist es eigentlich eines. Ich würde gerne etwas über Musik lernen.
 
Zwei Dokus habe ich noch gefunden:




Hab ich (lustigerweise) auch erst gefühlt vor einer Woche gesehen. Keine Ahnung warum der Algorithmus mir das jetzt ausspuckt, Minimal Music war für mich eigentlich schon immer ein Thema. Moment....

So, meine Browsing History mal durchgeschaut. Am 21. Juli hab ich bei YT Piano Phase mir wieder einmal angesehen, am 23. Juli dann Tones, Drones & Arpeggios. Aha.
 
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