StummfilmLiveVertonung "Das Glück" (UDSSR 1934)

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Stummfilm "Das Glück" von Aleksandr Medwedkin (UDSSR 1934)

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Die Ausbeutung eines Bauernpaares durch Großgrundbesitzer und Popen endet erst nach der Oktoberrevolution durch die Einführung der Kolchosen_Wirtschaft. Chaplinesque Stummfilmkomödie, die ihre politische Botschaft mit satirischem Witz und filmischen Raffinement vermittelt. Erster Kinofilm des sowjetischen Regisseurs Aleksandr Medwedkin, von S.M. Eisenstein Hochgelobt, aber bei Kritik und Puplikum seinerzeit wenig erfolgreich. Inszenatorisch bedient sich der Film der Mittel der Farce und der Burleske, nimmt Anleihen beim Surrealismus und beim Expressionismus. Er gilt als einer der originellsten Filme des sowjetischen Kinos.

Piano: David Perlzweig (Undergrind)
Cello: Kristoff Becker

Eine Einführung hält die Filmwissenschaftlerin Ann Dettmar

Froschkönig Weisestrasse 17
Berlin Neukölln

Mittwoch 02.09.09

Gruss D
 
Sehr guter Film mit erstaunlicher Regiekunst, wenn man von der sozialistischen Propaganda abstrahieren kann.
Aber das kann ich bei Eisenstein und Riefenstahl eigentlich auch ganz gut.

Gruß,
Markus
 
Ja der Film ist Wahnsinn.

Immerwieder erstaunlich wie weit die Russen damals schon waren was Filmtechnik betrifft.
Ich wäre wohl nie in den Genuss gekommen wenn ich diesen Job nicht hätte.

Man kriegt doch so einiges mit von der gepeinigten russischen Seele. Natürlich sehr politisch gefärbt, aber das kann man ja von einigen Zeitgenössischen Filmen auch behaupten.

Gerade diese politische Färbung ist ja sehr Aufschlussreich. Wie negativ die Kirche zB dargestellt wird.

Im Endeffekt ist der Film auch eine späte Abrechnung mit der Zarenzeit, greift aber auch schon vorraus, indem angedeutet wird, dass der Sozialismus eigentlich die gleichen Probleme hat.

Ich frag mich da oft ob das nicht tief im russischen Herzen verwurzelt ist. Extrem wenig extrem reiche. Wie auch in der heutigen "Demokratie", aber da kannst Du vielleicht mehr dazu sagen Markus.

Wir interpretieren das musikalisch auch sehr modern und abstrakt. Alles andere (das herkömmliche Pianogeklimper das sogar auf den KaufDVDs zu hören ist funktioniert meiner Meinung garnicht.)

in dem hiesigen Fall ist die Musik die man auf der DVD hört sogar eine Frechheit.
 
Undergrind schrieb:
Immerwieder erstaunlich wie weit die Russen damals schon waren was Filmtechnik betrifft.

Es gibt halt immer wieder ein paar vereinzelte Genies. In der frühen Filmzeit waren das solche Leute wie Eisenstein in Russland und David Griffith in den USA. Das heißt nicht, dass das gesamte Filmschaffen der entsprechenden Länder auf einem so hohen Niveau war.

Gerade diese politische Färbung ist ja sehr Aufschlussreich.

Ja, auch bei Griffith. Vom heutigen Standpunkt sind da ja einige Passagen offen rassistisch.

Die frühe Sowjetzeit finde ich sowieso kulturell oft sehr interessant. Auch die russische Musik und Dichtung der Avantgarde war noch absolut auf der Höhe der Zeit. Mossolow z.B., habe ich mal im Konzert gespielt, das wirkt heute noch absolut wild und unverbraucht. Manche Zuhörer wollten gar nicht glauben, dass das a) von 1925 und b) aus Russland ist.

Aber mit Stalin war das alles vorbei - nicht sofort, aber relativ schnell. Da wurden solche Sachen dann als "formalistisch" und "bürgerlich-dekadent" verteufelt. Mit teils unerfreulichen Konsequenzen für die Künstler. Aber das wissen wir ja.

Wie negativ die Kirche zB dargestellt wird.

Im zaristischen Russland gab es keine Trennung von Kirche und Staat. Ein Kommunist/Sozialist musste daher automatisch auch gegen die orthodoxe Kirche sein. Dazu kommt, dass diese zur Zeit der Entstehung des Films bereits massiven Repressionen und Verfolgungen ausgesetzt war, in den 30er Jahren gab es in Moskau und Leningrad schon nur noch eine Handvoll von Kirchen, in denen noch regelmäßige Gottesdienste stattfanden, und viele Gläubige saßen in den Lagern oder waren schon umgebracht worden. Es ist also denkbar, dass der Regisseur da eine gewisse Rechtfertigungshaltung einnimmt.

Die russisch-orthodoxe Kirche wurde halt auch immer als Nationalkirche wahrgenommen. Im späteren Kommunismus nach Stalin wurde ja auch versucht, sie irgendwie ins System zu integrieren, ohne natürlich den Glauben zu fördern oder zu propagieren. Deshalb hat sich in der Zeit auch eine orthodoxe Auslandskirche von Dissidenten gebildet, die die russische Kirche für kommunistisch unterwandert hielt.
Erst in letzter Zeit haben sich die beiden Gruppen wieder offiziell vereinigt.

Gruß,
Markus
 
Habe gerade mal mit meiner russischen Frau über Medwedkin gesprochen. Sie sagt, "Das Glück" sei der einzige halbwegs (aber nicht sonderlich) bekannte Film von ihm. Später hat er wohl mehr oder weniger nur noch Dokumentarfilme gedreht.

Gruß,
Markus
 


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