Hallo zusammen,
bin seltsamerweise erst heute auf diesen netten Thread aufmerksam geworden.
Ich fahre seit 2016 dienstlich rein elektrisch, war ein KIA Soul EV (Baujahr 2015, d.h. mit 27 kWh Akku und wenn es im Sommer gut lief 180 km Reichweite), immerhin schon mit 50 kW Schnellladeanschluss. Den habe ich durchaus viel gefahren und bis Ende 2020 127.000 km quer durch Europa bis Kopenhagen, häufiger Berlin und auch ins Loiretal von Aachen gefahren. Nur im Süden war bei Stuttgart meist Schluss, da kein Anlass noch weiter zu fahren. Den Wagen fährt inzwischen meine Tochter, die auch keine Lust mehr auf Schaltwagen mit Verbrennerantrieb hatte. Unseren letzten Verbrenner hatten wir Ende 2018 wegen Umweltzone und Reparaturen eingestellt.
Nachdem meine Gattin dann auch Vollzeit arbeiten ging, wollte sie was eigenes und hat sich für den eSoul (Baujahr 2020) mit dem kleineren Akku (39 kWh, gut 330 km Reichweite) entschieden. Zum Jahresende bekam ich dann meinen neuen Dienstwagen, einen eSoul mit 64 kWh Akku, den ich schon auf 500 km Reichweite bei einer Fahrt quer durch die Republik über A1 und A2 gebracht habe.
Im Gegensatz zum Kollegen weiter oben, freue ich mich über den praktischen Platz im Soul und kann nicht nur mehrere Modularracks und Keyboards samt Verstärker sondern auch mal ein Schlagzeug mit Durchladen transportieren, ohne gleich auf Beifahrer verzichten zu müssen... Auch gebe ich zu, dass die bei den sogenannten SUV höhere Sitz- und Einstiegsposition mir mit Mitte 50 und pandemiebedingter Bauchzunahme auch ganz gut zu Pass kommt. Die oben genannten Reichweiten sind natürlich mit einem entsprechend angepassten Fahrverhalten nur erzielbar. Ich hatte vor Jahren mal Versuche mit einem Abiturienten gemacht (mit dem Soul EV) und festgestellt, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit für Fahren plus Laden auf der Autobahn nahezu konstant bei knapp 70 km/h über große Strecken bleibt, egal ob man mit 80 km/h, 100 km/h oder 120 km/h auf der Autobahn alleine nach vorne strebt. Das günstigste und schnellste Fortkommen ergibt sich dann im Windschatten eines schnellen LkW oder auch gerne eines Fernbusses (sind leider selten geworden), was bei 50 m Abstand ca. 10-15% Einsparung ergeben kann. Klar hätte ich das vorher mit meinem 2l-Diesel-Fahrzeug auch nicht freiwillig gemacht, aber da ist die Rechnung eben eine andere, weil die erheblichen Wärmeverluste des Motors eben bei steigender Geschwindigkeit fallen und somit der Anstieg im Gesamtverbrauch eben nicht nur quadratisch mit der Fahrgeschwindigkeit skaliert wie beim e-Auto. Und auch mit dem Diesel kann man mit dieser Fahrweise fast immer unter 5 l/100 km kommen, falls der Spritpreis irgendwann (Experten rechnen: in den nächsten Jahren, da sich bis 2025 die konventionell mögliche Erdölförderung halbieren soll, bis 2030 auf 20% fallen gegenüber 2020...) also mal deutlich steigt, könnte das fernab von jedweder Tempolimit-Diskussion also eine wirtschaftliche Alternative für alle sein.
Übrigens entsprechen 5 l Diesel auf 100 km rund 47 kWh Energieinhalt, ich bewege meine elektrischen Autos im Sommer mit durchschnittlich 12,5 kWh/100 km und im Winter mit um die 15 kWh/100 km. Das es im Winter mehr ist, liegt übrigens nicht nur an der Heizung sondern auch den Winterreifen und der höheren Luftdichte bei kälteren Temperaturen, welche Fakten auch alle anderen Autos betreffen, fällt nur beim Verbrenner viel weniger auf, da man ja nicht auf die Reichweite achten muss

Mit dem letzten festgestellten deutschen Strommix 2019, der bei im Schnitt 400 g CO2/kWh Stromerzeugung liegt, errechnen sich daraus 50-60 g CO2 auf 100 km. Damit rettet man die Welt nicht allein, wenn man aber bereit ist dafür langsamer, mit nicht zu großen Autos und nur die sinnvolleren Strecken zu fahren (meine Reduktion war von über 40.000 km / Jahr mit Diesel auf rund 25.000 km/Jahr elektrisch) kann aber zumindest seinen Fußabdruck hier schon mal spürbar verkleinern und profitiert mit demselben Fahrzeug Jahr für Jahr von besseren Werten im Strommix, zumal auch die Abgaswerte bei Kraftwerken online überwacht werden und damit tatsächlich als eingehalten angenommen werden dürfen (abgesehen davon, dass sie nach TA Luft für große Leistungen sowieso strengere Grenzwerte vorgeben)...
Laut meiner kaufmännischen Abteilung, kann bei uns jeder Berechtigte ein Elektrodienstfahrzeug statt einem Verbrenner bekommen, da die Unterhaltskosten für die Firma bei etwa gleichem Einstandspreis deutlich für die elektrische Variante sprechen. Plug-In Hybrid rechnet sich dagegen für die Firma nicht, die sind beim Betrieb und Unterhalt teurer als die Verbrenner. NAtürlich kann man auch kein viel teureres Modell von Tesla oder den großen Deutschen Anbietern refinanzieren, aber wie oben schon aufgezählt gibt es doch, vor allem mit der aktuellen Förderung, einige preiswerte Angebote.
Wenn also noch jemand Fragen zum Thema hat und auf tatsächliche Erfahrungen mit (rein) elektrischen Autos Wert legt, immer her damit. Wir haben übrigens bei uns in Aachen auch einen sehr netten Club der E-Mobilisten (VERA e.V., Elektrofahrer.de). Die haben sich in Zeiten gegründet, wo das echt noch ein Abenteuer war, aber sind eine nette Community von der man auch schnell mal Rat bekommt, wenn einem ein Thema vielleicht noch neu ist... Das gibt es aber auch anderswo, sucht doch mal in Eurer Nähe...
Mit sportlichen Grüßen, Euer
Rolf-Dieter Lieb