habe Audulus seit etwa zwei Monaten. Muss gestehen, dass ich mit eigenen Patches noch nicht weit gekommen bin. Die Art wie man Module (Nodes) verknüpft ist etwas gewöhnungsbedürftig, man muss oft Abschwächer/Verstärker dazwischenschalten und genau justieren, was den Patch sehr schnell anwachsen und unübersichtlich werden lässt. Das sollte jedoch gemäss Entwickler verbessert werden. Allgemein darf man dem Einmannentwicklerteam ein Kränzchen winden, er geht sehr positiv auf Verbesserungsvorschläge ein, und setzt sie auch in einem Update dann um. Die Forengemeinschaft ist recht klein, aber mit vielen Leuten, die gerne etwas bringen, und auch Erfahrungen mit Modularsystemen, Programmieren, und Mathematik haben. So gesehen sind die Hürden und Nachteile von Audulus minim, und man hat ein voll modulares System auf dem iPad. Mit voll modular meine ich, dass man sich selber einen Chorus oder Ensemble-Effekt zusammenbaut aus einzelnen Delaylines und LFOs. Oder spezielle Filter/Oszillatoren. Als Effektbox ist Audulus auch geeignet, man kann sich praktisch alles zusammenbauen, was es so an Effektapps gibt.
Bedienung: wenn man komplexe Patches bearbeitet, kann es schon etwas haarig werden. Z.B. für Parameterveränderungen muss man heranzoomen (pinch mit zwei Fingern oder Doubletap), um den Regler greifen zu können. Mehrere Parameter gleichzeitig drehen und "abrocken" ist so nicht möglich. Aber man kann MIDI CCs mappen und z.B. mit TB MIDI Stuff oder TouchOSC oder Lemur das Ding steuern.
Performance: klar kommt man mal an eine Grenze, wo es anfängt zu hapern. Aber es geht noch relativ viel auf einem iPad2. Für extreme Sachen wie Physical Modeling oder Vocoder mit vielen Bändern muss man schon die Mac Version oder ein schnelleres iPad nehmen. Dass es eine Mac Version gibt, die die selben Patches lesen und erstellen kann, finde ich ein grosser Vorteil. Da kann man logischerweise viel bequemer und schneller arbeiten, und dann auf dem iPad testen. Übrigens, falls man in einem (kleinen) Land wohnt und es noch keinen Review gibt, kann man einen schreiben, und erhält die Mac Version gratis. Ich hatte überraschenderweise das Glück im Schweizer Apple Store. Hätte ich die Mac Version gekauft, wenn ich sie nicht gratis erhalten hätte? Vermutlich schon, denn ich finde es macht vieles einfacher. Ich habe zwar ein iPad4 wo praktisch alle Patches laufen, aber Patches erstellen mache ich eigentlich immer am Mac.
Stabilität: würde ich als sehr gut bezeichnen, auch im Audiobus Betrieb. Wie schon erwähnt, Audulus kommt gut im Audiobus Effekt-Slot. Z.B. ein Tremolo (mein erster Patch), das ich auf keiner Effektapp habe. Eigentlich schon seltsam, dass AmpKit und JamUp (beides Freewareversionen) kein Tremolo haben oder ich es nicht gefunden habe. Mit Audulus ist so ein Tremolo in wenigen Minuten gemacht und kann sofort angewendet werden.
Also im grossen und ganzen kann ich Audulus empfehlen. Natürlich nicht ganz die Kragenweite von Reaktor, aber schon recht umfangreich an Features. Die neue Math-Node z.B. erweitert die Möglichkeiten um ein Vielfaches, und es sind diverse andere Sachen in Vorbereitung. Das finde ich noch wichtig, dass es ein dynamisches Projekt darstellt, mit einem interessierten und begeisterungsfähigen Entwickler, und ebenso talentierten Forenmitgliedern. Und keine 10-jährige, die täglich nach Sachen fragen, die in der Anleitung schon beschrieben sind.