Elektronische & Avantgardemusik in der DDR

Sven Blau

Sven Blau

temporarily logged off, permanently
Ich bin ein Kind der DDR, Jahrgang 86. Bewusst 'türlich nichts mehr davon wahrgenommen. Meine Eltern jedoch und viele andre hat auch die Musik der DDR geprägt.

Deshalb kam ich dann später auch mit diesen Bands in Kontakt, wenige sind hängengeblieben.. zB Stern Combo Meissen...

Mich würde interessieren, wer von euch die DDR musikalisch noch bewusst wahrgenommen hat... wer kann mir elektronische Musik bzw. Avantgarde dieser Zeit empfehlen... Kurz: wer kann mir Geschichten von der Musiklandschaft der DDR in diesem bereich erzählen, zB auch wie die bands an Synthesizer etc. rangekommen sind..

Grüße und Danke im Vorraus
 
Dann empfehle ich Dir auf jeden Fall schon mal diese Seite, falls noch nicht bekannt:

http://www.die-anderen-bands.de

Aktiv mitbekommen habe ich die Szene seinerzeit natürlich nicht, habe ja nicht in der DDR gelebt.

In Russland gab es auch sehr interessante Sachen in den 80ern (heute natürlich auch noch), vieles davon habe ich durch meine Frau kennengelernt.

Gruß,
Markus
 
AG Geigen sind ja mal ziemlich primo.

Ich kennen mich da auch nicht so richtig aus, aber aus der Elektronik-Ecke wäre Pond, Reinhard Lakomy oder auch die Phudys zu nennen. Zumindest hatten die alle ziemlich synthielastige Phasen.

Die kleinen Synthesizer wurden von den Omas von drüben in der Handtasche rüber gebracht. Größere Keyboards konnte man auch über Kontakte in die DDR ordern, doch der Wechselkurs war gerade bei so heißen Teilen noch einmal ein ganz spezieller. Die großen Bands sind da natürlich leichter ran gekommen und die Rundfunkanstalten waren auch ganz gut ausgestattet. Der Tiracon sowie russische Geräte gab es zumindest auch für wenige. Viele haben sich aus Not aber auch ihre Synthies selber gebaut. Zum Beispiel hatte ich mal ein Minimoogähnliches Gerät den irgend ein findiger Bastler aus Mitteldeutschland mal für seine Band gebaut hatte. Klang auch sehr gut.
 
Elektroniker waren u.a. Reinhard Lakomy - welcher fast bei Tangerine Dream eingestiegen wäre und von Edgar Froese allerlei Equipment abkaufte um damit (ich glaube) 3 Elektronik LPs zu produzieren.
Dann gab es noch den Rainer Oleak, der heute Filmmusik macht.
Servi war ein Elektronik Duo welches auf Grund ihrer sorbischen Herkunft gefördert wurde und auch eine Platte machen durften.
Pond war z.B. eine Elektronikband, die auch einige LPs in der DDR herausbrachten und damit sehr erfolgreich waren, u.a. mit Planetenwind.
Live spielten sie viel JMJ nach :)
Julius Krebs war/ist ein Berliner Musiker, der ach sehr viel live spielte, wie alle Elektroniker in der DDR. So konnte man in den Jugendclubs oft ein Live-Konzert erleben. Damals waren Synthesizer nur über Umwege zu bekommen und man wurde regelrecht exotisch gefeiert.
Julius Krebs brachte dann übrigens auch ein LP raus.
Und dann gab es noch die "Ernste" Fraktion, die mit Hilfe von Tonbändern und Elektronik ala Stockhausen experimentierte.
Das Spektrum war also durchaus bunt.
 
ich kann mich erinnern dass es damals Sa oder So nachmittag auf DT64 ne Radiosendung gab die Electronics hiess. dort konnten auch hörer selbst gebastelte/produzierte tracks und remixe einschicken die dann gesendet wurden. auch kamen in dieser Sendung elektronische Tracks des westens/kapitalistischen auslands. war n grosses highlight irgendwelche 20min tracks zu hören (u.a. auch von depeche mode) mit für uns neuen sounds.

kennt jemand noch diese sendung, dort aufgeführte musikanten und tracks?

...irgendwo müssten da auch noch tapes rumlungern... 8)

zu zeiten des umbruchs nahm sich marusha den samstag abend an wo dann oft live-übertragungen von "wilden" technopartys aus zB Leipzig (spinnerei, nonnenstrasse, giesserstrasse usw) gesendet wurden.
auch waren dann oft heute bekannte techno/acid-musikanten zu gast.

regelmässige partymusikanten waren zB brixton und rob acid. ;-)

die mayday ist ja daraus entstanden dass sie DT64 wie so oft abschalten wollten. da dies der einzigste jugendradiosender in der ddr war hatte er natürlich ne grosse community und gab es gut demos und 'save DiTiSixtyFour' partys (immer von marusha & co begleitet und übertragen).
so nannte sich dann auch eine veranstaltung als hilferuf gegen die abschaltung 'mayday' und wurde grösser und grösser.
nur leider gestehen sich das heute die 'wessis' (sorry) nicht ein.

DT64 wurde dann auf mittelweller verlegt, dann auf satellit-untertonträger usw bis es immer weniger hörer hatte und die community kleiner wurde. irgendwann wars dann aus, wurde vom mdr übernommen und in 'sputnik' umgetauft und ist heute genau so'n dudelsender wie energy. :sad:

sorry, bissl abgeschweift ;-) 8) aber hat einen halt bewegt damals und fiel mir in diesem zusammenhang mit ein
 
@ intercorni

Danke für die hinweise...na klar reinhard lakomy.. warum bin ich da nicht selber drauf gekommen.. hab doch auch "Aer" von ihm
 
Es gab da diese Band namens Stern-Combo Meißen, da hab ich ne Platte von ("Der weite Weg"). Mein Vater, damals Musiklehrer in der DDR, hatte diese Platte in seinem Fundus (als einzige Rockplatte), und zwar nur, weil da 'ne Synthesizer-Version von Vivaldis Frühling drauf war. Habe ich erst vor 10 Jahren in seiner Plattensammlung entdeckt und bin echt drauf abgefahren.

SCM79.JPG


Das schönste an der Platte war eigentlich die musikwissenschaftliche Abhandlung auf der Rückseite des Plattenschubers. Herrlich akademische Ausschweifungen, so richtig passend zu Rockmusik. :lol:
 
Hyboid schrieb:
Es gab da diese Band namens Stern-Combo Meißen, da hab ich ne Platte von ("Der weite Weg"). Mein Vater, damals Musiklehrer in der DDR, hatte diese Platte in seinem Fundus (als einzige Rockplatte), und zwar nur, weil da 'ne Synthesizer-Version von Vivaldis Frühling drauf war. Habe ich erst vor 10 Jahren in seiner Plattensammlung entdeckt und bin echt drauf abgefahren.

SCM79.JPG


Das schönste an der Platte war eigentlich die musikwissenschaftliche Abhandlung auf der Rückseite des Plattenschubers. Herrlich akademische Ausschweifungen, so richtig passend zu Rockmusik. :lol:

ja, sehr gute band.. höre ich heute auch noch ab und an..

tolles bild.. frag mcih nur wieviele ärsche die lecken mussten um an den minimoog ranzukommen...
 
intercorni schrieb:
bendeg schrieb:
kennt jemand noch diese sendung, dort aufgeführte musikanten und tracks?
Klar Electronics mit Olaf Zimmermann - ist ein alter Bekannter von mir. Die Sendung gibt es auch heute noch, nennt sich aber inzwischen Elektro Beats:

http://www.radioeins.de/programm/sendungen/elektro_beats/index.html

Die kenne ich auch noch. Wäre selbst auch sehr interessiert an Playlisten und evtl Mitschnitten dieser Sendung "Electronics".

Grüße aus Holland (ExilOssi ;-))
 
DDR und ELECTRONICS

hallöchen,

mit interesse habe ich euere beiträge verfolgt....in der DDR sind auch sehr

viele nette geschichten in sachen ELECTRONICS entstanden....

ich möchte noch weitere namen nennen:

HANS-HASSO STAMER, KEY, DIGAN, MIDI, FRANK SCHÖNFELD, JÖRN

KANITZ, WOLFGANG PAULKE, JÜRGEN ECKE....

HANS TUTSCHKU AUS WEIMAR (!)

es gab sicher noch einige mehr - die unbekannt blieben :sad:

unser schicksal war die schlechte lage an instrumente zu kommen.

WESTLICHE synthesizer - wie der DX7 oder D50 - wurden für

15-25.000 ostmark gehandelt - jetzt könnt ihr euch sicher vorstellen,

dass der staat oder die liebe westverwandschaft nachhelfen musste....

( wer diese hatte )

heute kann sich jeder einen PC leisten und in qualität eines

JEAN MICHEL JARRE musikmachen....genau das

war für den kleinen DDR BÜRGER nicht denkbar.

ein ROLAND JUNO 60 oder KORG POLYSIX - wer ihn hatte - war absoluter

luxus!!! in den späteren jahren der DDR wurden einige wenige

instrumente gebaut:

vermona synth ( 2 vco )
vermona piano string ( das teil klang furchtbar )
tyracon 6v ( eine art nachbau korg poly 800 )
vermona drm ( drum-computer )

die herren lakomy und von pond konnten sich glücklicher schätzen ;-)

grüße aus der ex ddr :))))))))
 
wer ist wer?

at intercorni - wer bist du eigentlich? oute dich mal per pn.... ;-)

ich finde es mal interessant zu wissen - ob sich hinter den netten nicks

bekannte SYNTHESISTEN verstecken.... ;-)

grüße - ich fange mal an - ich bin der chris - der mit wolfram spyra die

live@toskana therme aufgenommen hat ;-)

ach ja - ps - es gab zu ddr zeiten die IGEM ( interessengemeinschaft für

elektronische musik ) - deren gründer aus dresden kamen -

ich kann mich noch erinnern an das ERSTE ELECTRONICS LIVE EVENT

in halle-saale von und mit: olaf zimmermann ( dt64)

wolfgang paulke
midi
nik tyndall
christian kneisel

dann gab es eine geschichte auf einem schloss / nahe dresden:

mario schönwälder
julius krebs
hans hasso stamer
digan....

dort lernte ich die musiker persönlich kennen....
 
a r c h i v e

interessant wäre ein persönlich netter kontakt zu olaf zimmermann - er

allein könnte wissen - was in stiller verstaubter DDR SCHUBLADE ( archiv )

noch schlummert....

für jarre/schulze fans sehr zu empfehlen die cd "theatre of illussion" von

jörn kanitz - seine erste kassette "first results" - alle 3 platten von

reinhard lakomy - und nicht zu vergessen:

"planetenwind" von pond.
 
Ich habe die "Interessengemeinschaft Elektronische Musik" kurz IGEM sehr nahe mitverfolgt und war wohl auch ein Gründungsmitglied. Markus war oft bei mir und auf Konzerten haben wir uns eh alle getroffen ;-)
Kann mich noch gut daran erinnern, dass wir (es muss 89 gewesen sein) in Berlin alle zusammen saßen, Tangerine Dream mit Mojave Plan hörten, während draußen auf der Straße es heftigst zur Sache ging, weil die Polizei gegen die ersten Demos sehr radikal vorgingen.
Damals hatte ich bereits einen Casio CZ-5000 mit Sequencer und dank Multitimbralität konnte ich damit komplette Tracks machen.
Ich war übrigens auch der erste Musiker aus der DDR, welcher an der ARS ELECTRONICA/Linz teilnahm.
Den Track hatte ich abenteuerlich in Berlin aufgenommen, ein Kollege hatte eine Korg M1 und ich wollte davon unbedingt das Xylophon haben. Also schnell ein DIN Kabel besorgt und beide Synthis per MIDI verbunden. Niemand wusste, ob es funktionierte noch wie. Aber irgendwie klappte es dann dennoch :) Das war so 1988.
 
in der lokalen bibliothek liegt eine LP von 'keys' anno 85.
vor jahren mal ausgeliehen - dunkle cover-erinnerung:
tr-727, ne andre tr, 2x sx64 (!) u.a.
 
es gab eine recht belebte indi/punk/elektro szene in berlin.
ich selbst war keyboarder der band "die vision"
meinerster synth war yamaha sk30 aus dem an-und-verkauf am straußberger platz. den hat meine mutter bezahlt, ich zahle ihn heute noch ab ;-)
instrumente wurden auch von mehreren leuten genutzt oder man hat zusammen jam sessions gemacht, zb. flake der heute bei rammstein spielt.
meine wildeste band war glaube ich "der demokratische konsum" totaler anarcho klamauk. hat aber sogar eine einstufung bekommen, weil darin ansätze von freier improvisation entdeckt wurden, sehr fortschrittlich.
"neun tage alt" und "expander des fortschritts" fallen mir dann noch ein.
diese systemstüzenden bands und künstler in der ddr wie oben erwähnte sterncombo oder lakomy waren uns regelrecht verhasst. das waren quasie angestellte des komitees für unterhaltungskunst.
jan
 
at intercorni

wir waren damals bei einem olaf in dresden zu einer jean michel jarre party

in seinem garten....warst / bist du das? :D

( igem - thomas und markus )
 
at jan

sterncombo oder lakomy waren uns regelrecht verhasst ( zitat )

hallo jan - irgendwo verstehe ich dich ja - aber wenn es diese leute nicht

gegeben hätte - wäre es in der DDR in sachen ELECTRONICS mit sicherheit

tot gewesen.... grüße
 
nachfrage

was ist eigentlich aus hans hasso stamer geworden? ich habe von ihm

( neben seiner lp )

ein live-stück auf md " matjora " ( o.s.ä. ) der hat - neben lakomy - sehr

schöne sachen gespielt !
 
was ist eigentlich aus hans hasso stamer geworden?

Das wüsste ich auch gern. Wenn man googelt findet man so gut wie gar nichts. :sad:
Ich habe seine Platte "Digital Life" von 1989. Ein Wahnsinns-Sound und handwerklich gut eingespielt.
Auf dem Cover stehen Sachen wie: DX7, DX7II, CS30, JP-4, JX10, D110, D 500, EPS, S900 und RX 5.

Auf der Kleeblatt-LP No.14 (1985), die ich jedem Electronics-Fan ans Herz legen möchte, sind auch 3 Tracks von Stamer drauf.
Unter anderem aber auch Julius Krebs, Wolfgang Paulke und besagte Key.

Von einem Bekannten (aus Mitteldeutschland ;-)), der zu Ostzeiten auch diverse Synthesizer, Minimoogs und Digitaldelays in Eigenentwicklung gebaut hat weiß ich auch, dass Bands wie Pond eher "staatstreu" waren.
Nicht minder gut waren "Servi" aus der Oberlausitz, die auch 2 tolle Platten bei Amiga veröffentlichten.
 

Anhänge

  • KEY (1989).jpg
    KEY (1989).jpg
    62,4 KB · Aufrufe: 63
  • Hans-Hasso Stamer (1989).jpg
    Hans-Hasso Stamer (1989).jpg
    77,8 KB · Aufrufe: 63
Re: nachfrage

MISTER GDS schrieb:
was ist eigentlich aus hans hasso stamer geworden? ich habe von ihm

( neben seiner lp )

ein live-stück auf md " matjora " ( o.s.ä. ) der hat - neben lakomy - sehr

schöne sachen gespielt !

hans hasso stamer wohnt immernoch an der gleichen Stelle in Berlin Gruß Wolfgang Paulke
 

Similar threads



News

Zurück
Oben