Klangfarbenkomposition

mc4 schrieb:
Ist jemand interessiert, einzelne Gemische ( Samples) nach Stockhausens Studie 2 Rezept anzuhören?

Im Prinzip gerne; aber nur wenn die Nachfrage bei den Anderen entsprechend ist.
Aufwand...
 
Ich will mich jetzt auch nicht an Stockhausen festklammern, Studie 2 ist halt das bekannteste Werk in unserem Zusammenhang und es gibt detaillierte Informationen.
Herbert Eimert - Glockenspiel 1953 wäre auch interessant, da gibt es aber wenig Info.
Bei welchen weiteren Künstlern kann man denn noch fündig werden?
Fündig im Sinne von über die Musik hinausgehende Information bezüglich der verwendeten Grundbausteine.
 
Schönberg-Derivate: Webern, Berg ?
Xenakis? Der hatte ganz andere Ansätze; Geometrie, Mathematik etc.

Würde es auf jeden Fall begrüßen, auch andere Komponisten einzubeziehen.

Wäre auch interessant mehr von "seriösen" Komponisten zu erfahren, die NICHT
dem Neue-Musik-Btrieb angehören; wohlbemerkt zum Thema Klang(farben)komposition.
 
mc4 schrieb:
Summa schrieb:
Die ganze Welt, die Natur, Maschinen etc. etc. spielt Melodien, man muss nur genau genug hinhoeren.

Ich habe mal eine schwere, alte Tür geöffnet und ich schwöre dir, beim Öffnen und
Schliessen hat sie 'I'm singing in the rain' gesungen. :-x
Das war sogar halbwegs wiederholbar.
Geregnet hatte es auch. Schauder.

Gibt Voegel die Klingeltoene nachsingen etc., aber ich meinte weniger offensichtliches...


Wird ab ca. 0.34 so richtig interessant, vielleicht laesst sich der Akkord und dessen Veraenderungen ja microtonal nachspielen ;-) Selbst das Donnern hat 'ne Melodie...
 
Eine kurze Studie hab ich hier noch:

src: http://soundcloud.com/stammtisch/herbstverdichtungs

1:18 bis 1:47: In diesem Ausschnitt „spiele“ ich mit einem Klang
(Cross-Modulation). Oder läuft das schon als Melodie* ?

* Was ja im Prinzip kein Beinbruch wäre, weil ja Klangfarbenkomposition
Melodien nicht unbedingt ausschließen muß. Beweist aber andererseits,
wie sehr man der alten Arbeitsweise verhaftet ist.
 
Stammtisch schrieb:
1:18 bis 1:47: In diesem Ausschnitt „spiele“ ich mit einem Klang
(Cross-Modulation). Oder läuft das schon als Melodie* ?

Nö, das geht in Ordnung, soweit waren wir ja schon, Melodie nicht als Problem zu sehen.
Das Stück hat deutlich Schwerpunkt im klanglichen Bereich und schöne, abgegrenzte,
klangliche Themen. Die harschen Sync-Sounds, die immer so ins Rauschen gehen
gefallen mir nicht so.
Mich interessiert an der Aufgabenstellung besonders die Reinheit und Klarheit der Klänge,
die man mit genau bestimmten Obertönen erreichen kann.
 
mc4 schrieb:
Mich interessiert an der Aufgabenstellung besonders die Reinheit und Klarheit der Klänge,
die man mit genau bestimmten Obertönen erreichen kann.
Rein interessehalber: Welchen musikalischen Nutzen bieten Dir die genau bestimmten Obertöne? Bessere Handhabbarkeit / Vorhersehbarkeit beim Komponieren (z.B. auch im Zusammenklang)?
Ich frage deshalb nach, weil es natürlich eine Vielzahl an Möglichkeiten zur elektronischen Klangfarben-Gestaltung gibt, die aber leider in der Praxis in diesem Sinne oft nicht besonders "exakt" arbeiten (Filter, Phasenverschiebungen, Verzerrungen, Waveshaper, usw.) - das exakte Hantieren mit den Obertönen ist dagegen eine arge Plage... :shock:

Andreas
 
mc4 schrieb:
Die harschen Sync-Sounds...
Ja, ist wieder eher meine Vorliebe ;-)

Mich interessiert an der Aufgabenstellung besonders die Reinheit und
Klarheit der Klänge, die man mit genau bestimmten Obertönen erreichen kann.
Innerhalb der Klangfarbenkomposition wird es natürlich auch unterschiedliche
Bewegungen/Unterstile/Arbeitsweisen geben.
 
AndreasKrebs schrieb:
mc4 schrieb:
Mich interessiert an der Aufgabenstellung besonders die Reinheit und Klarheit der Klänge,
die man mit genau bestimmten Obertönen erreichen kann.
Rein interessehalber: Welchen musikalischen Nutzen bieten Dir die genau bestimmten Obertöne? Bessere Handhabbarkeit / Vorhersehbarkeit beim Komponieren (z.B. auch im Zusammenklang)?
Ich frage deshalb nach, weil es natürlich eine Vielzahl an Möglichkeiten zur elektronischen Klangfarben-Gestaltung gibt, die aber leider in der Praxis in diesem Sinne oft nicht besonders "exakt" arbeiten (Filter, Phasenverschiebungen, Verzerrungen, Waveshaper, usw.) - das exakte Hantieren mit den Obertönen ist dagegen eine arge Plage... :shock:
Andreas

Der musikalische Nutzen ergibt sich aus der exakteren Umsetzbarkeit des gewünschten Klangs.
Ähnlich wie beim Arrangieren/Instrumentieren für ein Orchester kann man hier Klanggruppen besser herausarbeiten.
Es ist, als ob du als 3d-Grafiker bessere Maps/Texturen verwendest:
wo sonst nur verwaschene, rosa Haut war,
erkennt man jetzt Zellen, Adern, hindurchschimmerndes Licht, Glitzern von Fett und feinste Härchen.

Plage?
Stimmt, bestimmte Klanggemische lassen sich auf dem Synthesizer nur sehr schwer realisieren.
Vermutlich hört man sie deshalb auch so selten. Und weil man es so selten hört, ist es für manchen
auch schwerer verdaulich.
Ich habe jedenfalls kein Gerät für
additive Synthese, mit dem man diese Klangwolken erstellen kann und baue mir deswegen etwas in C++.
 
Das Problem dabei ist, und das merkt man spaetestens dann wenn man die Mathe aus dem Spiel laesst und die Harmonischen mit der Hand bearbeitet, dass die menschliche Wahrnehmung auf bestimmte Phaenomene geeicht ist und z.B. Aenderungen einer einzelnen Harmonischen in einer Gruppe von lauteren Harmonischen praktisch gar nicht mehr erkannt wird.
 
Mit Basstrommel? Ohne Basstrommelgerät?

IM Gegenteil, beim Arbeiten mit den Original Studie 2 Mischungen entdecke ich gerade,
wie schön kurze, perkussive Elemente klingen können, wenn man die richtigen
(exponentielle und kubische) Hüllkurven verwendet.
Sowohl Basstrommel als auch typische Top-Elemente wie Hihat oder Shaker klingen
richtig gut. Ich würde sogar behaupten, das Material ist für Perkussion prädestiniert.

Für den gemeinen Zuhörer klingt das dann auch nicht mehr so erschreckend wie die
Verwendung als tontragendes/harmonisches Element mit längerer Ausklingzeit.
 
Ich hab schon immer geahnt, dass Stockhausen eigentlich einen Drumcomputer bauen wollte :lol:
Scherz beiseite: manchmal kommen durch so eine "Zweckentfremdung" ganz erstaunlich musikalische Ergebnisse zustande - wäre auf ein kleines Beispiel recht gespannt.

Andreas
 
:D Ja wirklich

Braucht noch etwas. Zwar muss ich mich nicht wie vor 50 Jahren mit Tonbandschnipseln herumschlagen, ;-)
aber die systematische Baustein-Generierung ist ziemlich aufwendig. Viele Mischungen klingen anders als
erwartet und degradieren mich zum Suchenden. Sobald ich mir einbilde einen Überblick gefunden zu haben
gibt es 'Neue Serielle Musik'.
 
mc4 schrieb:
Sobald ich mir einbilde einen Überblick gefunden zu haben
gibt es 'Neue Serielle Musik'.

Vielleicht eine wichtige Erkenntis.

Z. B. gehts mir so, dass ich beim Umgang mit "Klangmusik" gar keine Drum
mehr einsetzen WILL. Hält mich irgendwie davon ab, mit den Klängen differen-
zierter umzugehen, bzw. will ich mich auf den Aufbau der Musik konzentrieren.
Eine Drum klopft da eher alles entzwei.

Anders ist es, wenn ich "nur" was grooviges machen will. Dann ist es wieder
ein anderes Thema.
 
Es werden keine Tanztitel werden. ;-)
Aber es wird -im Unterschied zum Original-Material- rhythmische Sequencer-Linien mit klarer Taktgliederung geben,
auch konventionelle Perkussion.
Ich entdecke gerade in Bezug auf Perkussion interessante Möglichkeiten Dynamik zu kolorieren.
 
mc4 schrieb:
Es werden keine Tanztitel werden. ;-)

Warum eigentlich nicht? Ablöser von Techno & Co. - wie das wohl klingen wird?

Fällt mir seltsamerweise die Filmmusik von Peter Thomas zu "Raumpatrouille Orion"
ein. Der hatte mit konventionellen Instrumenten einen eigenen "Space-Sound" kreiert.
(Stichwort Starlight-Casino)
 
Ersteres habe ich mal Live gesehen, erlebt und gefühlt...einmaliges Erlebnis!!!
 
Quellen: dieselbe wie am Threadanfang.

Nachdem wir nun doch einige Klangbeispiele hatten noch etwas Aufarbeitung.

Zu den Begrifflichkeiten; Klang(farben)-Komposition, -melodie:

„Schönbergs am Schluss seiner Harmonielehre skizzierte Idee einer „Klangfarbenmelodie“ wird in der Sekundärliteratur häufig zitiert und ist heute allgemein gebräuchlich für bestimmte kompositionstechnische Phänomene der neueren Musik“
Dennoch nicht der Weisheit letzter Schluß:
Eine kritische Auseinandersetzung mit den ästhetischen und terminologischen
Wurzeln des Begriffspaars „Klangfarben-Melodie“ steht jedoch noch weitgehend aus, insbesondere auch eine Untersuchung der von Schönberg intendierten semantischen Tragweite seiner Sprachschöpfung.
Der aufmerksame Leser hat sicher bemerkt, dass nicht nur von Klangfarbenkomposition sondern auch von Klangfarbenmelodie die Rede ist. Dazu noch mal Schoenberg selbst:

Aber insbesondere müsste es jedem klar sein, dass ich an Folgen von Klangfarben
gedacht habe, die der innern Logik von Harmoniefolgen gleichkommen. Melodien habe
ich sie genannt, weil sie im selben Maße geformt sein müssten, wie Melodien, jedoch
nach eigenen, ihrer Natur entsprechenden Gesetzen. […] Denn sicherlich würden Folgen
von Klangfarben andere Konstruktionen erfordern, als Tonfolgen, oder als
Harmoniefolgen. Denn sie wären all das und noch dazu spezifische Klänge.
Klangfarbenmelodien würden eine besondere Organisation erfordern, die vielleicht eine
gewisse Ähnlichkeit mit anderen musikalischen Formen aufwiese, aber doch aus dem
Umstand, dass die Erfordernisse eines neuen Faktors: den Klängen Konsequenzen
ziehen müssten. […]
Wir hatten festgestellt, dass wir uns hier auf alte Texte aus dem letzten Jahrtausend beziehen.
Gesunde Zweifel dürfte bei allen älteren Komponisten angebracht sein, solange wir nicht Grundgesetze
aushebeln möchten; der Apfel fällt weiterhin nach unten.
 
Zur geeigneten Wortwahl erlaube ich mir hier ein Selbstzitat,
da die Idee scheinbar im Thread-Rauschen etwas untergegangen ist:

These: Es gibt keine Klangfarbenmelodien

mc4 schrieb:
Je mehr ich darüber nachdenke, dest falscher erscheint mir der Begriff
Klangfarbenmelodie. Es kann keine Klangfarbenmelodie geben, da eine
Melodie monophon ist, eine einzelne Stimme.
Ein Klang aber ist immer polyphon, zusammengesetzt aus mehreren Partialtönen.

Interessant und nicht nur akademisch wichtig, wie vielleicht einige hier denken,
ist also die Tatsache, das wir uns bei Klängen über polyphone Schichtungen
unterhalten. Diese Schichtungen können -wie ich oben bereits einmal angedeutet
habe- in Analogie zu Ton-Akkorden nicht nur mit Begriffen wie absoluter Höhe
(der Frequenz der Partialwelle) sondern auch mit enger/weiter Lage, Dichte etc
versehen werden.
 
Also spielen nach deiner Definition Akkorde keine Melodien und Saiteninstrumente auch nicht, weil sich die Noten ueberschneiden?
 
Summa schrieb:
Also spielen nach deiner Definition Akkorde keine Melodien und Saiteninstrumente auch nicht, weil sich die Noten ueberschneiden?

Meine Überlegung ist folgende:

In der Pitch-Domäne:
Ein Akkord besteht aus Tonhöhen, diese Tonhöhen können Bestandteil einer Melodie sein.

In der Klang-Domäne:
Ein Klang besteht aus Sinustönen, diese Sinustöne können Bestandteil einer Klang-Melodie sein.

Unter der Voraussetzung, dass man unter einem Klang immer etwas Zusammengesetztes versteht,
und ein Ton ein Sinuston ist.
So gesehen wäre eine Klangmelodie immer polyphon, eine Melodie ist aber per Definition monophon.
 
:lol: hilfe ich verstehe den zusammenhang von pitch & klang nicht weil ich in zu einfachen systemen denke :!:
wie wär's mit mehr hören & weniger labern mc4?
dat sind alles keine popsongs die sich auf der wanderaxt sonstwohin transponieren lassen :!:
 
leedoeslala schrieb:
:lol: hilfe ich verstehe den zusammenhang von pitch & klang nicht weil ich in zu einfachen systemen denke :!:

...was den Thread auch irgendwie interessant macht. Unterschiediche Ansichten +
Vorgehensweisen können bereichern (mitunter auch verwirren).

wie wär's mit mehr hören & weniger labern mc4?

Einige konkrete Beispiele hatten wir schon.

Das was Du als "einfaches System" beschreibst würde sicherlich auch
den Einen oder Anderen interessieren.
 
Ah, geil!

Aber was pumpt denn da den Klang an, bzw. rhythmisiert?
Besagte Hüllkurven?
 


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