Klaus Doldinger

Das ist tatsächlich sehr schade. Die Titelmelodie zu „Das Boot“ muss sich auch bis heute keineswegs verstecken und ist einfach sehr passend. Und beim Tatort merkt man schon recht gut, was der Mann musikalisch draufhatte.

Die Musik wird glücklicherweise bleiben, und das ist etwas, das jeden Musiker erfreuen könnte und sollte.
 
Mir kommt bei dem Namen tatsächlich als erstes die Melodie von den "Rosenheim-Cops" in den Kopf.

R.I.P.

Edit: Das soll nicht abwertend klingen. War nur das erste was in meinem Kopf mit dem Namen verbunden war/ist.
 
RIP Klaus!

Es wurde schon fast alles gesagt.
Als MPC-60 User gibt es noch einen extra Sympathiepunkt.
 
Noch was aus dem Spiegel:
Zum Tod von Klaus Doldinger
Der Sound der BRD. Von Jurek Skrobala.
Er war viel mehr als nur »Tatort«: Mit seinem Saxofon rebellierte Klaus Doldinger im Nachkriegsdeutschland gegen die Vatergeneration, mit Soul und »Gebrauchsmusiken« wurde die Jazzlegende zum Brückenbauer.Für Millionen Menschen ist er ein Teil ihres Sonntagsrituals. Manchen dieser Menschen war das bestimmt bewusst, andere könnten den Namen des vielleicht bekanntesten unbekannten Komponisten der Bundesrepublik hier zum ersten Mal lesen. Aber auch diejenigen werden Klaus Doldingers alternative Nationalhymne kennen, die – erst mit Bläsern und Streichern, dann mit Bass und Schlagzeug, und immer mit Spannung – sonntags um 20.15 Uhr ins »Tatort«-Gucken einleitet, in jenes so deutsche Ritual.Klaus Doldinger war aber auch viel mehr als die ersten Sekunden vom »Tatort«. Er formte den Sound der BRD mit, auf die subtile Art.Diese Art ist das Erste, was mir einfällt, wenn ich an unser Treffen im Sommer vor vier Jahren denke. Damals empfing Doldinger zum Interview mit dem SPIEGEL bei sich daheim, in einem kleinen bayerischen Ort, zusammen mit seiner wenige Jahre jüngeren Frau Inge, mit der er über 60 Jahre lang verheiratet war und drei Kinder hat. Er nahm sich mehrere Stunden Zeit, führte durch das Haus und sein angrenzendes Studio, und an den Rändern der Räume standen seine Echos. Oder er saß in der Wohnstube, blickte dann bescheiden auf den Tisch (darauf: Kaffee und Kuchen, Rhabarber-Käse oder Mandarine-Schmand), während ich ihm Fragen stellte.Auf die Art fielen auch einige seiner Antworten aus, bei denen ihn seine Frau unterstützte, beide umhüllt von einer feinen Aura des Understatements:

Wie die Musik zum »Tatort« entstanden sei?

»Zwischen Tür und Angel«, sagte Klaus Doldinger.

Wo sich das Bundesverdienstkreuz befinde, das ihm 1978 verliehen wurde?

»Ja, das müssen wir suchen«, sagte Inge Doldinger.

Ob sein Saxofon einen Namen habe – so wie manche Musiker ihren Instrumenten Namen geben?

»Nö«, sagte Klaus Doldinger und lachte. Ab und zu blitzte in seinem Gesicht das verschmitzte Lächeln eines Jungen auf. Das ist das Zweite, woran ich mich erinnere: Witz zog sich durch.»Es gibt natürlich Leute, die fortwährend in höheren Sphären schweben«, sagte Doldinger damals. »Dazu zähle ich nicht.«

Dabei hätte er guten Grund haben können, dazuzuzählen – und dieser Grund hätte nicht »Tatort« heißen müssen und auch nicht »Ein Fall für zwei« oder »Liebling Kreuzberg«, zwei weitere von Doldinger komponierte Fernsehtitelmelodien. Dass er diese Fernseh-Ohrwürmer schreiben konnte, lag vielleicht daran, dass er die Kultur des TV-Mutterlandes USA früh und viel früher als viele andere hierzulande in sich aufgesogen hatte. So gesehen standen sein Leben und sein Werk auch für etwas, das in jüngster Vergangenheit mehr denn je wie etwas Vergängliches wirkt: die deutsch-amerikanische Freundschaft.

Geboren wurde Doldinger 1936, im Berlin der Nationalsozialisten. Von 1940 bis 1945 wohnte seine Familie – der Vater NSDAP-Mitglied und Richard-Wagner-Fan – in Wien, unweit von Baldur von Schirach. Doch zu der Musik, die ihn (und die er) prägen sollte, fand Doldinger weder über Wagner noch über Wien, er musste dafür mit seiner Familie erst vor der Roten Armee nach Bayern fliehen: Im Mai 1945 spielten in einem Schrobenhausener Gasthof amerikanische Soldaten Jazz. Er habe diese Musik inhaliert, sagte er mal, eine Musik, zu der man »nicht in Reih und Glied marschieren oder die Hacken« hätte zusammenschlagen können. Er, der erst ganz klassisch am Konservatorium in Düsseldorf Klavier und Klarinette lernte, würde sich seinem Sehnsuchtsinstrument Saxofon widmen, einem unbändigeren Instrument, Ventil der Rebellion gegen die Vatergeneration.Doldinger spielte Jazz, bis in die frühen Morgenstunden trat er in Düsseldorfer Klubs und Restaurants auf, etwa im »Csikôs«, wo auch Günter Grass auftrat (damals noch nicht Literaturnobelpreisträger, sondern Kunst studierender Waschbrettspieler). Doldinger spielte weiter, so weit, bis Coca-Cola ihn durch das Land touren ließ, aus dem Coca-Cola und Doldingers Sehnsuchtsmusik kamen. In New Orleans wurde Doldinger bereits zu einem Zeitpunkt Ehrenbürger, zu dem ein deutscher Kritiker schrieb, die Bundesrepublik sei im Hinblick auf Jazz noch »ein Entwicklungsland«. Doldinger änderte das, und er änderte auch sich, spielte immer weiter, entwickelte sich weiter. »In Deutschland«, sagte Doldinger dem SPIEGEL 1967, »darf ein Jazzer nur Jazz spielen, und möglichst nur eine Richtung.« Auch das änderte er; auch wenn das der sogenannten »Jazzpolizei« nicht gefiel.

Unter dem Namen Paul Nero machte er »Unterhaltungsmusik«, wie es zur damaligen Zeit hieß, unter dem Namen The Motherhood wurde es psychedelisch, und mit seiner Band Passport, die Jazz mit Rock verband, veröffentlichte Doldinger in den Siebzigerjahren, dem Jahrzehnt, aus dem auch die »Tatort«-Melodie stammt, das erste Album einer deutschen Band bei der renommierten amerikanischen Plattenfirma Atlantic Records, künstlerisches Zuhause fantastischer Platten von Jazzgiganten wie John Coltrane oder Charles Mingus. (2021 erschien eine Werkschau der Gruppe mit dem verschmitzten Namen »The First 50 Years of Passport«, die einen guten Eindruck davon gibt, wieso Passport da landen konnten, wo sie landeten.)Übrigens, eine Vorband von Passport hieß mal AC/DC, und, übrigens, der Schlagzeuger von Passport hieß mal Udo Lindenberg, aber das können in einem Nachruf auf Klaus Doldinger nur mit »übrigens« eingeleitete Randbemerkungen bleiben, denn später würden noch Namen hinzukommen wie Wolfgang Petersen, für dessen Film »Das Boot« Doldinger die Musik beisteuerte, oder Michael Ende, der Petersens Verfilmung seiner »unendlichen Geschichte« zwar nicht so mochte, Doldingers Filmmusik aber schon, oder Steven Soderbergh, der Doldingers »Soul Town«, ein wunderbar zeitloses Stück Soul made in Germany, für den Schluss seines Blockbusters »Ocean’s 13« auserkor, vielleicht ja als kleinen Ausdruck einer künstlerischen deutsch-amerikanischen Freundschaft.

Doch es passt zu Doldinger, dass er sich noch viel unterschwelliger, unterbewusster, subkutaner, subtiler in die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik hineinkomponiert hat, noch subtiler als mit dem »Tatort«, mit »Ein Fall für zwei« oder »Liebling Kreuzberg«, in Form von »Gebrauchsmusiken«, wie er das nannte – Jingles für Fa und Pril, Odol und Persil, Ernte 23 und Marlboro, die alte große amerikanische Sehnsuchtsmarke.

Jetzt ist der musikalische transatlantische Brückenbauer Klaus Doldinger gestorben. Er wurde 89 Jahre alt.
 
Auch ich erinnere mich an unzaehlige Stunden mit Passport im Aachener Audimax.
Man war manchmal schon fast draussen auf dem Vorplatz, da ging es auf der Buehne noch mal los.
Iguacu, Ataraxia und Garden of Eden hoere ich bis heute immer mal wieder gerne.
R.I.P.
Mensch da war ich damals auch, an diesen Pulten, Iguacu mit Hendrik Schaper an den Keys…….und Doldinger vor Minimoog und Prophet 5 , meine letztes Mal war 2016 in der Kölner Philharmonie und meine Frau hat meinen Sohn und mich abholen wollen , sie war sauer weil Klaus einfach nicht aufhören wollte, wie immer und wir konnten nicht gehen vor dem letzten Ton ….
 
Seine Live-Auftritte mit Curt Cress, Hendrik Schaper, Hermann Weindorf, Kevin Mulligan und Dieter Petereit damals im Audimax der TH Aachen sind für mich unvergesslich und haben meinen Musikgeschmack auf Dauer geprägt. Viele seiner Kompositionen sind absolut zeitlos. Habe dieser Tage noch mal mein Lieblingsalbum IGUACU gehört, als hätte ich's geahnt...
Yeah, in dieser Formation muss ich Klaus Doldinger irgendwann in den 80ern in der Stadthalle Bonn Bad Godesberg erlebt haben... aus der Erinnerung heraus kann ich bestätigen, dass das ein spannender Abend für mich war.

R.I.P.
 
Mein erster öffentlicher Auftritt mit Keyboards (1985 auf meiner offiziellen Abiturfeier) begann mit der "Boot"-Melodie, gespielt auf einem Yamaha SK10. Dankenswerterweise existieren davon keine Aufnahmen.
Und ich hatte mal einen Pro-One, der angeblich mal Herrn Doldinger gehört haben sollte und auf dem angeblich die "Ein Fall für zwei"-Melodie eingespielt worden sein sollte, was ich nie veri-/falsifiziert habe.
Und eins der Modelle für den "Boot"-Film war in meinem Heimatort Finkenwerder gebaut worden.

Drei winzigkleine Berührungspunkte im Leben, aber darum geht's ja letztlich...

RIP, Klaus Doldinger!

Schöne Grüße
Bert
 
[...] Beschämend ist die Tatsache, dass Doldinger jetzt von den Medien reduziert wird auf "Schöpfer der Tatortmelodie" oder "Das Boot" & "Die unendliche Geschichte". Der Mann hatte so vieles mehr zu bieten.

Ist das nicht immer so?

Klaus Schulze war zeit seines Lebens Mitgründer von Tangerine Dream und Godfather of Techno -- wenn diese Rolle nicht gerade Kraftwerk zugeschrieben wurde. Alles andere hätte gründliche Recherchearbeit und tiefgehende Kenntnis der Materie vorausgesetzt. Wo soll denn ein Feld-Wald-und-Wiesen-Journalist sowas nun her haben?

Dafür müßte er sich doch erstmal mit der Materie beschäftigen, und welcher Schreiberling hat da schon die Zeit für (oder bekommt die Recherchearbeit angemessen bezahlt)? Dann doch lieber Allgemeinplätze abschreiben, Fundstücke aus dem Internet verbraten und mit so wenig Arbeit wie möglich das Honorar einstreichen.

Da die Rezipienten i. d. R. noch blöder sind als die Schreiberlinge, fällt das nur ein paar wenigen auf, und wen interessieren die schon?

Stephen
 
So dysfunktionieren Massenmedien und machen damit die Menge der ohnehin schon viel zu zahlreichen Lemminge leider noch größer, zum Schaden aller.

Und dann treffen sich die Lemminge zum Tanzen in Parookaville und tanzen den Tanz der Lemminge:



Auf diesem Album spielte übrigens auch Jimmy Jackson mit, ebenfalls ein Gast bei Passport und verantwortlich für die Orgel-Overdubs (Farfisa Professional Duo) auf Tangerine Dreams Electronic Meditation.

So klein ist die Welt.

Stephen
 

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