Komposition

MvKeinen

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.... ist ein Thema, was mir schon seit geraumer Zeit auf der Zunge brennt. Besonders in der elektronischen Musik verfließen die Übergänge zwischen Klangerzeugung, -gestaltung und Komposition derart, dass es meiner Meinung nach durchaus mal Wert ist darüber zu diskutieren. Oft beschränken sich kompositorische Mittel hier auf rein- und rausfaden von Sounds oder rythmen. Das ist schade, weil eine "griffige" Komposition meiner Meinung nach den großen Unterschied macht zwischen "Tracks" und "Songs". Und dabei meine ich nicht unbedingt das Festhalten von Formen wie Strophe, Refrain und Bridge oder A B A BB AA, sondern eher die bewusste Verkettung von Formen, die zwar Frei ist aber imo trozdem einer Art von Planung bedarf. Ein Spannungsbogen ist für mich ganz wichtig und lässt den Funken überspringen sozusagen. So kann man Imo auch im Liveact was ja im Idealfall improvisiert ist kompositorisch zu Werke gehen indem man beim Musizieren nicht vergisst sich selbst zuzuhören.

Und da gibt es folgendes "Problem" bei der elektronischen Musik: Man ist anders als bei der akustischen Musik nicht bei jedem Ton der erzeugt wird der Urheber aufgrund einer physischen Aktion die unmittelbar als Hörbare Schallwelle den Klangkörper verlässt. Der Klangkörper ist hier vielmehr der Raum indem sich der Hörer befindet. Imo auch eine der großen Stärken der elektronischen Musik. Die physische Erahrung des Klanges findet eher auf Hörerseite statt was oft durch Erhöhung der Lautstärke noch verstärkt wird.

Nun ergibt sich daraus aber folgendes: Der Musiker lässt hier und da Patterns laufen, erzeugt also Räume deren Wirkung sich nicht direkt auf seine derzeitige Tätigkeit zurückführen lassen, sondern Ergebnisse verschiedener Programmier- und Klangforschungstätigkeiten oder auch dem Besuch eines Musikalienhandels sind. Tätigkeiten währenddessen er sehr weit von der knisternden Stimmung im Saal entfernt ist.

Zwischen dem Musiker und dem Hörer steht also eine Maschine die die musikalische Energie transformiert. Das ist weder gut noch schlecht, sondern vielmehr eine Chance für großartiges, neues, unerhörtes. Um den Funken trotz der Nullen und Einsen springen zu lassen ist imo folgendes erstrebenswert: Man meistert Kompositionstechnik und Harmonielehre erst dann, wenn man sie getrost vergessen kann und genauso ist es bei der theorie die hinter der Klangsynthese steht. Bei mir klappt das wenn ich aufhöre in Parametern zu denken und ich hoffe, dass es irgendwann Maschinen gibt, die das unterstützen.

Falls sich jemand darüber auch schonmal Gedanken gemacht hat, dann wärs doch nett die hier zu teilen....
 
Ja, das Thema ist für uns Elektomenschen ist das schon ein Thema, wobei ich es weniger esomäßig bezeichnen würde: Die Energie-Idee finde ich nicht schlecht, jedoch ist die kreative Energie auf unserer Seite, wenn man inszenieren kann, dass diese auch von dir kommt.

Was bedeutet das? Zeige den Leuten quasi, was du tust und womit. Das kann sogar etwas sein, was garnicht wirklich so ist. Der Katzendärmler hat den Vorteil: Das ist so alt und bekannt, da weiss jeder: Wenn da irgendein fieses Geräusch kommt und ausklingt, muss man an den Saiten zupfen und rummachen.

Es ist auch so, dass BAnds und Einzelperformer wirklich mit Show besser ankommen als wenn sie wirklich live spielen, solange man eben irgendeine Umsetzung der Musik bringen. Das kannst du bei einigen BAnds gut verfolgen, für DICH machst du da andere Dinge als fürs Publikum.

Ja, das ist also eine Diskrepanz, die da entsteht. Das führte dann dazu, dass Elektromenschen gern zu Video und Entertainment greifen oder schlimmstenfalls Formationstanz a la M.Jackson und Boygroup XY anbieten. Natürlich mit Gesang, denn der geht ja wieder und ist sehr körperlich und erkennbar.

Sprich: Man muss sich wohl Gedanken machen als "Hinterm Keyboard-Steher" oder die Sache entsprechend inszenieren und aufbauen, dies muss nicht aufwendig sein, es kann halt auch eine Geste sein - Sowas sieht man manchmal bei DJs, die ja auch oftmals noch Hände frei haben.

Schwer sind auch Controller und Co, die nicht immer klar erkennbar etwas bestimmtes auslösen..

Das alles ist jetzt vorallem LIVE ein Problem, ansonsten muss man mit Traditionen und Elektronik immer wieder schauen, was man will.
Dazu können wir auch noch ein ähnlich langes Posting basteln..
Das wichtige ist nur: Es muss schmecken™ und anmachen.
 
Ein gutes Thema.

Man ist anders als bei der akustischen Musik nicht bei jedem Ton der erzeugt wird der Urheber aufgrund einer physischen Aktion die unmittelbar als Hörbare Schallwelle den Klangkörper verlässt. Der Klangkörper ist hier vielmehr der Raum indem sich der Hörer befindet. Imo auch eine der großen Stärken der elektronischen Musik.

Das beschreibt die eigentliche Klangerzeugung, gelle? Die Saiten der Geige, Metallplatten des Glockenspiels, Fell der Djembe usw. Überall spielt ein wichtiger Faktor mit: Luft.

Ganz am Anfang, als ich mit dem Musizieren angefangen habe, gab's bei mir keine Kabel, sondern nur einen VL-1, ein Mikrofon und ein Tonbandgerät mit Echo. Der Zauber des Moments kam dabei direkt mit dem Faktor Luft immer zum Tragen: Ein Auto rauschte beim Aufnehmen vorbei, ein Vogel piepte, ein Telefon schellte. Große und kleine Störungen und Interferenzen wirkten sich sofort auf die Stimmung aus und beeinflussten das 'Komponieren'.

Kaum führte ich Kabel in den Prozess ein, fehlte plötzlich die Luft und somit auch der natürliche Raum. Das empfand ich als einschneidendes Erlebnis, genauso wichtig wie die Entdeckung, dass ich 2 Spuren nacheinander aufnehmen konnte. Technische Möglichkeiten wirken sich also direkt auf das Ergebnis, die Komposition, aus.

Heut kann man mit Computern componieren und sich mit Before- und Aftertouch ausdrucksstark ausdrücken. Musiktheorie ist gut zu wissen. Wer's nicht weiß, kann sich im Netz alles in Ruhe rauspicken und sich Unglaubliches zusammenbauen. Man muss kein Virtuose sein, um sauber zu komponieren.

Nullen und Einsen

Spontan fällt mir ein: Kann man die Nullen und Einsen ein bisschen als eine Art "Moderne Notation" sehen? Die Informationen werden irgendwo notiert, festgepappt und können wieder abgerufen werden, genau wie Noten. Mensch oder Maschine muss sie dann lesen können und wiedergeben.

Wenn eines Tages Maschinen unsere Nullen und Einsen nicht mehr lesen können, was dann? Dann müssen sich unsere Nachfahren aber was einfallen lassen, rauszubekommen, wie wir in unserer Zeit am Klingen waren.

Zurück zur Komposition: Darüber grübel ich auch viel und kein Stück geht raus in die Welt, das nicht irgendeine Art Strrrukturrr hat, ebenso wie ich niemandem was kochen würde, wo der Nachtisch irgendwo neben der Pizza liegt und dat Süppken ohne Sinn und Verstand übers Brot tropft und die Tischdecke als Geisterverkleidung rangenommen wird.

Aber ohne Struktur macht auch Spaß und man kann sich überraschen lassen und Grenzen überschreiten. So entsteht schließlich auch was Neues, denn man muss vorsichtig sein und sich nicht in eine Gruft-Ecke manövrieren. Das wäre ein Jammer, immer auf Nummer sicher, jedes Stück 80 Takte lang, 8 Instrumente und jede Spur in Dur? Pah.

Dazu gibt es einen alten Spruch: In einen Auflauf und eine Ehe sollte man nicht zu genau reinschauen. Das gilt glaube ich auch für Komposition. Ordnung ist das halbe Leben, es darf aber auch gezaubert, geschummelt, getrickst, geschmiert und geklappert werden - nur passen muss et. Und wie erreicht man das? Schnickschnack. Das weiß ich nicht und hoffentlich bleiben noch ein paar Geheimnisse übrig, sonst ist doch alles fad und für die Katz.

Auf dem Album Alpha Centauri (oder war's woanders) von TD stand einst der flotte Spruch eingemeißelt: "The music material of this album was felt by Tangerine Dream". Das ist doch mal nett gesagt. Was heißt das aber, "Felt"? Gefühlt, erlebt, empfunden, wahrgenommen? Wurde die Musik etwa nicht komponiert, erdacht, strukturiert, zusamnmengeschnitten, aufgebaut und fürs Album auf die richtige Länge geschnippelt? Ich wäre gespannt, die volle Wahrheit über die gefühlte Musik zu erfahren.

Übrigens, the Bla in this text was felt by moognase.

:sumo:
 
Undergrind schrieb:
.Und dabei meine ich nicht unbedingt das Festhalten von Formen wie Strophe, Refrain und Bridge oder A B A BB AA, sondern eher die bewusste Verkettung von Formen, die zwar Frei ist aber imo trozdem einer Art von Planung bedarf. Ein Spannungsbogen ist für mich ganz wichtig und lässt den Funken überspringen sozusagen.

Zum Aufbau von Cluborientierter Elektronik (und "Spannungsbögen") gabs in der KB mal einen Aufsatz von Nikolai Kaeßmann, da wurden sehr anschaulich verschiedene Möglichkeiten dargestellt:

http://www1.keyboards.de/magazine/m0902/clubtrax.html

Hier der Link zum (kostenpflichtigen) Download:


http://premium-link.net/$26151$0$/dl.ph ... 64_003.pdf

Auch wenn man keine cluborientierte Musik macht, so kann man mE durchaus einige Anregungen mitnehmen.


Nun ergibt sich daraus aber folgendes: Der Musiker lässt hier und da Patterns laufen, erzeugt also Räume deren Wirkung sich nicht direkt auf seine derzeitige Tätigkeit zurückführen lassen, sondern Ergebnisse verschiedener Programmier- und Klangforschungstätigkeiten oder auch dem Besuch eines Musikalienhandels sind. Tätigkeiten währenddessen er sehr weit von der knisternden Stimmung im Saal entfernt ist.

Zwischen dem Musiker und dem Hörer steht also eine Maschine die die musikalische Energie transformiert. Das ist weder gut noch schlecht, sondern vielmehr eine Chance für großartiges, neues, unerhörtes. Um den Funken trotz der Nullen und Einsen springen zu lassen ist imo folgendes erstrebenswert: Man meistert Kompositionstechnik und Harmonielehre erst dann, wenn man sie getrost vergessen kann und genauso ist es bei der theorie die hinter der Klangsynthese steht. Bei mir klappt das wenn ich aufhöre in Parametern zu denken und ich hoffe, dass es irgendwann Maschinen gibt, die das unterstützen.

Sorry, das ist mir zu wirr und die ganze Diskussion driftet mE arg in Richtung Esoterik ab. Nur ein Beispiel: Du erzeugst mit einem Musikinstrument - auch einem elektronischen - zB niemals Räume, sondern Töne. ;-)
 
Funky40 schrieb:
der analoge modular unterstützt das !

am ehesten! Da dauerts bei mir aber noch mind. ein halbes Jahr bis ich das als Instrument einsetzen kann.

Ausserdem bei Liveauftritten hatte ich bisher folgende Schwierigkeit:

Habe den Anyware M-Pole für die Drums verwendet. seine Filterfrequenz wurde vom EvolverOsc moduliert welcher wiederum von den Drums per envfollower gesteuert wurde. Auf solche "Rückkopplungen" steh ich, weil dadurch die Steuerspannungen eine Art musikalische "Relevanz" bekommen.

Das klingt in etwa so:



in der theorie ja ganz nett. Nun geht es aber hierbei darum bei mehreren Potis genau diesen Millimeter zu treffen der ganze Klangwelten ausmacht, was Live durchaus schief gehen kann. Da stimmt mal hier der Bühnensound nicht ganz, dann ist man da wiederum etwas nervös und dann vergisst man auch mal den Muteknopf hier....

Aber die Richtung ist es schon glaub ich, und da kommt ein Faktor ins Spiel der in der Elektromusik im Gegensatz zu anderen Spielarten oft zu kurz kommt: Üben.

Ein anderer Faktor ist das Spielen. Ein großer Irrtum ist find ich, dass Menschen oft meinen, dass Spielen was für Kinder sei. Es ist einfacher jemandem zu erklären man Spiele Klavier. "Ich spiele Synthesizer" hört man auch verhältnismäßig gesehen viel seltener.

;-) ;-) "Ich spiele Computer" schon garnicht. "Watt? Killerspiele auf der Bühne?? ;-) ;-)

Ich träume von einem Analogen interface für analoge Klangerzeuger. Diese "Steckbox" mit Licht- und Bewegungsensoren ist schonmal ein Schritt. Dann sollte aber noch anderes dazukommen. Theremin ist wiederum nichts für mich...

maja mal schauen was da noch so kommt.
 
frag ich mich auch grad ;-) ;-)

aber es hat ja schon was miteinander zu tun. Soundprogrammierung und Komposition ist bei elektroinscher Musik ja nicht zu trennen. Es geht eben ums Musizieren, was mir machmal fehlt. Aber ich gebs schon zu. Etwas zerfleddert hier ;-)
 
Undergrind schrieb:
.... So kann man Imo auch im Liveact was ja im Idealfall improvisiert ist kompositorisch zu Werke gehen indem man beim Musizieren nicht vergisst sich selbst zuzuhören.

Nö, also dem kann ich persönlich nicht zustimmen. Ich empfinde es absolut nicht als "Idealfall", dem Maschinenbediener auf der Bühne dabei zuzusehen, wie er grad eine neue Komposition entwirft (oder Klangmodulation mit Musik komponieren verwechselt?). Ich hoffe, ich habe Dich da falsch verstanden. Ansonsten wäre mir das zu chaotisch. Ich möchte die Stücke, die ich im Idealfall von diesem Künstler kenne, auch in der Form der Bühnenpräsentation noch wiedererkennen.

Was das üben angeht: Ja, das erwarte ich schon von jemandem, der auf einer Bühne jeder Art was-auch-immer öffentlich aufführen möchte, dass er sich da vorher mal mit beschäftigt hat :)

Tja und sonst sehe ich nicht recht, was Filterverläufe und Modulationen mit der Komposition an sich zu tun haben, zumindest nicht im traditionellen Sinne. Ich bin da wohl eher konservativ...

Ist wirklich nicht ganz leicht Dir da gedanklich zu folgen. Ich hoffe, ich hab Dich da verstanden? ;-)
 
Tja schwere Sache dem ganzen mit Worten beizukommen.

Es gibt ja immer Mischformen. Komposition, Improvisation usw. lässt sich ja nicht alles in klare Grenzen verweisen. So ibt es zB Kompositionen die "erimprovisiert" wurden.

Das Filterbeispiel sollte in meinem Fall nur verdeutlichen, dass ich das intuitive Musizieren mit Modularsystemen auch nicht so einfach finde.

Improvisation ist seit fast 100 Jahren (wenn nicht noch länger) nicht mehr aus der Musik wegzudenken. Und tut der Elektromusik sehr gut.

Wenn ich auf ein Konzi gehe wünsche ich mir, dass der Funke überspringt und sozusagen mein Herz bewegt. Ob das durch Improvisation oder Komposition passiert ist zweitrangig.
 
Ich seh schon, ich habe dich doch falsch verstanden :)

Gegen Improvisation ist ja nix einzuwenden...und wenn sie in einem Konzert in bestehende Stücke eingestreut wird, klar - im Gegenteil, das ist dann wieder höchst erwünscht! Ob das in dem Moment dann allerdings Komponieren ist oder eben nichts weiter als spontane Improvisation? Tja, weiß ich auch nicht, vielleicht ist das aber auch nicht so wichtig.

Also geht es Dir - wenn ich mal das Filterloopbeispiel nehme - dann auch um die Schwierigkeit, das im Studio ausgetüftelte auf der Bühne ebenfalls spontan und mit einem gleichwertigem Ergebnis umzusetzen? Spielt das denn eine Rolle, wenn es dann ein bisschen anders klingt? Das kann doch auch wieder spannend sein...
 


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