Störsignale und Einstreuungen im Studio

soderstrom

Hardlöter
Hallo Forum,

ein befreundeter Komponist hat in seinem kleinen Studio einige Probleme mit Störsignalen und Einstreuungen. Ich möchte ihm dabei helfen und würde gerne hier mit euch das Thema diskutieren.

Die Ausgangslage: Kleines Tonstudio bestehen aus Aufnahmeraum und Regie. Das Equipment ist durchgängig professionell und die Signalführung ist (weitesgehend) symetrisch.

Die Probleme: Es scheinen sich einige Probleme hier zu kumulieren.

1. Die aktive Adam Abhöre brummt schon hörbar bei komplett deaktivertem Studio an einen symetrisch angeschlossen SPL Phonitor Monitorkontroller bzw. Kopfhörerverstärker. Die gleiche Abhöre, mit gleicher Verkabelung direkt am UAD Interface ist ruhig, der Phonitor im Kopfhörerbetrieb oder an einer anderen Abhöre aber auch. Nur die Kombination Adam + Phonitor brummt. Was ist da los?

2. Ein größeres Problem ist das Auftreten von hochfrequenten, hörbaren Störsignalen. Klingt nach einer Mischung von digitalen Artefakten und Müll von Schaltnetzteilen. Ich habe schon einges probiert, bekomme das aber nicht in den Griff.
Ich habe den Eindruck das der Hausstrom das schon mitbringt. Würde ein Trenntrafo hier wirklich Punkte bringen oder bedarf es hier dedizierter Filterschaltungen.

3. Bei weitem das größte Problem ist, das im Aufnahmeraum in jegliche Aufnahme mit Pickups ortsveränderlich Störsignale einstreuen. Völlig unabhängig ob Bass oder Gitarre, Singlecoil oder Humbucker, selbst meine Tele mit Noiseless Pickups, die wirklich ruhig ist, brummt ordentlich an dem Verstärker und in den Aufnahmen. Wie gesagt, man kann das Störgeräusch durch die Position der Gitarre beeinflussen. Das passiert auch, wenn der Rest des Studios deaktviert ist, auch Beleuchtung, alles aus. Hat jemand ne Idee, was man da machen kann. Gibt es Experten die man zu einer Messung einladen kann? Kann einem die "Post" mit nem Messwagen hier helfen?

Nur kurz zu meiner Erfahrung. Ich habe früher fast täglich tontechnische Anlagen (oft kombiniert mit Video und Licht) aufgebaut und betrieben, in allen Größenordnungen. Die Konzepte der Sternverdrahtung des Stromes, Erdfreiheit in der Signalführung durch Übertrager und das Finden von Störquellen ist mehr sehr gut vertraut. Ich habe früher oft in wirklich schwierigen Umgebungen Shows und Aufnahmen erfolgreich realisiert. Das betreffende Studio liegt hier in einer Wohnumgebung und ich bekomme es nicht ruhig! :|

Also, ich würde mich freuen über Input und Erfahrungen euererseits. Welche Stategien bzw. Hilfsmittel habt in der Vergangenheit erfolgreich bei ähnlichen Problemen eingesetzt.

Vielen Dank! :nihao:
 
Zu 3. kann ich nur anmerken, dass bei mir hier der Mähroboter ordentlich einstreut, genauer wird dort die Begrenzung des Mähbereiches durch einen stromdurchflossenen Draht markiert, das ganze passiert wohl bei ein paar kHz. Wenn man das Teil abstellt, dann ist Ruhe.

Verdächtig könnte auch ein Mobiltelefon oder ein DECT Gerät sein, WLAN kommt auch in Frage.

Zu 2. sollte ein Netzfilter oder eine USV mit Netzfilter Abhilfe schaffen. http://www.apc.com kommt da in den Sinn.
 
Was du beschreibst ist ein klassisches EMI Problem. Mögliche Ursachen können sein:

- du hast irgendwo schwebende Potentiale

- Überlagerung der Einkopplungen hochfrequenter und niederfrequenter Signale (E-Feld vs. H-Feld)

- unsauberers Schirmungskonzept


Man kann sich da in epischer Breite auslassen und weiß am Ende nicht wo hinten und vorne ist.

Schwebende Potentiale gleichen sich über Koppelimpendanzen aus. Die Folge sind Fehlerströme die man als Störgeräusche wahrnimmt. Ströme bei Geräte im Betrieb verhalten sich anders als bei Geräte außer Betrieb.

Sind wirklich alle Kabel sauber geschirmt? Manchmal reicht schon ein Kabel aus um als Störquelle zu dienen. Manche Hersteller nehmen es auch nicht so mit den Massen genau. Das ist oft ein Problem. Schirm Massen sollten von Signal Massen getrennt sein. Teilweise sind auch die Störfilter Kreise der Geräte nicht immer im optimalen Bereich, bedingt durch überlagernde Toleranzen der Bauteile. Hochfrequente Signale sind weitere Übeltäter. Die finden Wege an die man gar nicht im Traum denken würde. Da helfen saubere Schirmungen, große Abstände, keine parallele Kabelführungen, usw.

Jegliche Transienten, Phasenanschnitte, sind weitere Faktoren. Sprich die Themen aus der Leistungselektronik und damit einhergehenden Frequenzprobleme. Abhilfe schafft auch nur wieder saubere Filterung, Entkopplung, Ferritkerne usw.

Wird der Strom aller Geräte aus einer Phase oder mehreren Phasen des Versorgungsnetzes gezogen? Auch hier ist das gerne mal ein Störfaktor. Unsymetrische Lasten im Versorgungsnetz allgemein, Einkopplungen ins Versorgungsnetz. Hier zeigt sich dann wie sauber die Geräte in ihren Power Eingängen sind.

Ich will nicht die Schuld nur auf die Ton Geräte schieben, oft sind nicht sauber entstörte und sauber kompensierte Verbraucher im Vorsorgungsnetz (mit) schuld.
 
soderstrom schrieb:
2. Ein größeres Problem ist das Auftreten von hochfrequenten, hörbaren Störsignalen.
Kollege alphabeam hat schon das Meiste skizziert

zu 2.):
Sind die HF-Signale konstant da? Sind sie überall da? Hört man sie zB, wenn die Aktiv-Monitore abgehängt sind in irgendwelchen Kopfhörer-Ausgängen?

Insgesamt wäre interessant, wie das Umfeld aussieht. Ist das ein Einfamilienhaus mit eigenem Erdungsstab, oder sitzt er im Industriegebiet im Keller, und eine Wand weiter ist das Kühllager des Supermarkts vom Erdgeschoss, das auf dem gleichen Hauptanschluss hängt? (Habe ich schon mal erlebt. Das war interessant: Dienstags kam die große Fleischlieferung, da rödelten die Kühlungen wie blöde und das Studio nebendran war unbenutzbar).


Ansonsten kann ich immer nur empfehlen: alles(!!!) abkabeln und systematisch neu anschließen und nach jeder neuen Verbindung den Zustand prüfen. Dauert bei einem mittelgroßen Studio zwei Tage und rentiert sich meistens.
 
soderstrom schrieb:
2. Ein größeres Problem ist das Auftreten von hochfrequenten, hörbaren Störsignalen. Klingt nach einer Mischung von digitalen Artefakten und Müll von Schaltnetzteilen. Ich habe schon einges probiert, bekomme das aber nicht in den Griff.

Das kenne ich noch von meinem alten Emu Interface.
Da hat sogar der angeschlossene Rechner über die USB Leitung selbst die
Störgeräusche eingespeist, je nach Festplattenaktivität, mal mehr mal weniger deutlich bis drastisch.

Aber selbst heute in sehr leisen Passagen habe ich das noch (von woher auch immer) beim neuen / besseren FireWire Interface.
Ich muss / kann wohl oder übel damit leben.
Das heisst gut pegeln und die Aufnahme anschliessend vom Dreck filtern und gaten.

Ansonsten hilft natürlich eine weitestgehend symmetrierte Verkabelung im Studio, um die „Verschmutzung" auf niedrigen Niveau zu halten.
Ich halte es inzwischen sowieso für unrealistisch, eine total „saubere“ Aufnahme-Situation zu ermöglichen.
Vielleicht in einem magnetisch geschirmten Atombunker weit unter der Erde..
Aber hier an der Oberfläche unter all den Elektro-smoggern.. nee.

Flugzeuge zum Beispiel .. nerven auch.. Wohne in einer Einflugschneise.. Das gibt immer Störungen im Minutentakt, wenn ich am Rechner einen DVBT Stick benutze. Auch wenn digitales TV glotzen jetzt weniger mit Musik aufnehmen zu tun hat..
 
Bei den Interfaces hilft manchmal, wenn das Interface einen Netzteil-Anschluss hat, diesen auch zu benutzen.
 
Heinz Schnackensiel schrieb:
Bei den Interfaces hilft manchmal, wenn das Interface einen Netzteil-Anschluss hat, diesen auch zu benutzen.

Ja das mag stimmen.

Bei meinem EMU Tracker (usb Stromspeisung + Netzanschluss) war ich zu geizig, mir noch ein optionales Netzteil dazu zu kaufen,
welches es per Werksauslieferung nicht dazu gab. Eigentlich ne Frechheit, wenn es doch definitiv (in zweiter Konsequenz) notwendig ist.
Aber ist ja bei anderen Firmen und Produkten ähnlich. Von daher.. :roll:
 
Beim Rme Babyface hat das externe Netzteil nichts genutzt - der Dreck kam über den USB. Ich glaube mich zu erinnern, das es bei mir die Grafikkarte war - ich hab mir eine extrem sparsame gekauft - jetzt ist es komplett still. Kann also an der Grafik oder am zu stark beanspruchten Netzteil gelegen haben.
 
Hallo Leute, vielen Dank für die rege Teilnahme!

Ich gehe gerade den Beitrag von Alphabeam durch. Hier noch weitere Infos bzw. Antworten:

Die Einstreuungen sind immer da, zeitunabhängig. Das Studio befindet sich in einer reinen Wohnumgebung, der typische mehrstöckige Berliner Altbau. Das Interface ist per Thunderbolt angeschlossen, die Verkabelung sonst durchgängig symetrisch, außer Pickup Instrumente.

Grüße :nihao:
 
soderstrom schrieb:
der typische mehrstöckige Berliner Altbau
Dann gibt es mit 99%iger Sicherheit keine echte Erdung. Da geht fast garnichts. Ich hatte das auch (nur steht der Gründerzeit-Altbau in München). Erst nach einer Vollrenovierung der gesamten Hauselektrik vor zehn Jahren hatte ich mein "Studio" einigermaßen störsignalfrei.

Ich würde einen Elektriker fragen, ob man die Schutzerde für das Studio nicht an eine Wasserleitung hängen kann.
 
Moderne Netzteile sind heutzutage sogenannte "switched Power Supplies" oder Schaltnetzteile. Der Vorteil ist die geringe Baugröße, hoher Wirkungsgrad aber durch die Wandlung und Erzeugung der Gleichspannung entstehen die Störfrequenzen im Spektrum. Die Qualität der Netzteile hat man meist nicht in der Hand. Daher ist ein Durchprobieren oder ein qualitativ hochwertiges Netzteil die Lösung.


Altbau ist das Stichwort. Da sind dann die Fragen, von wann ist der Bau, was wurde wann saniert? Gerne mal wurde noch bis mitte der 70er noch klassisch genullt. Zum Glück verboten. Kurze Erklärung warum das so ist.

Auszug aus Wikipedia (der erklärt es ganz gut):
Die Nullung ohne besonderen Schutzleiter, allgemein als klassische Nullung bekannt, führte um etwa 1913 die damalige AEG ein. Zuvor (etwa um 1885) war wohl die Schutzerdung in Systemen ohne Neutralleiter (also in Netzen mit 3 × 220 V, in denen zugleich ein metallenes Wasserrohrnetz zur Verfügung stand) das älteste bekannte Schutzsystem. Die klassische Nullung birgt enorme Gefahren für Lebewesen und Güter in sich. Wenn der PEN-Leiter unterbrochen wird und der Außenleiter weiterhin mit einem Verbrauchsmittel verbunden ist, liegt an berührbaren Gehäusen die Spannung des Außenleiters gegen Erde an, also in der Regel 230 V. Auch im normalen Betrieb liegt an den Gehäusen eine gewisse Spannung gegen Erde an, die nach dem Ohmschen Gesetz durch den Widerstand des PEN-Leiters und den durch ihn fließenden Strom verursacht wird. In mehrphasigen Installationen kommt es außerdem bei ungleichmäßiger Belastung der Außenleiter zu Nullpunktverschiebungen. Dies ist dem Spannungsabfall auf dem Nullleiter geschuldet. Bei Unterbrechung des Nulleiters kann die volle Spannung zwischen den Außenleitern (bis zu 400 V) am Gerät anliegen.

Aus diesen Gründen ist die klassische Nullung in Deutschland seit dem 1. Mai 1973 für Neuanlagen verboten (für in Bau befindliche Anlagen gab es eine Übergangsfrist bis 31. März 1974).


Szenario: Pizza in den Ofen vom E-Herd geschoben und beim Kühlschrank öffnen zwickt es in den Fingern.

Daher ob Schutzerde an Wasserleitung möglich ist, da sollte man erstmal schauen wie das Netz im Haus aussieht. Das darf auch nur ein zugelassener Elektriker abnehmen.

Ich kenne viele Freunde die aus Wut, weil gebrummt hat, den PE an der Versorgungssteckdose abgetrennt haben. Kann man machen, ich würde es aus heutiger Sicht nicht empfehlen.

Wenn ein Gerät nicht sauber Signal und Gehäusemassen trennt, oder über das Gehäuse HF Anteile ins Stromnetz führt, dann hat man die beschriebenen Probleme. Die meisten Hersteller gehen davon aus, das keine Nullung vorliegt. Weil dann kommen auch keine unerwünschten Frequenzen zurück.

Die Frage ist wie der Signalweg und die Schirmung der Thunderbolt Interfaces aussehen. Wie ist die D/A Wandlung am Interface ausgeführt? Die Fragen kann man meistens nicht beantworten, ohne tiefe Kenntnisse vom Design zu haben. Bei einem Computer kommt neben Netzteil und Bussysteme noch der Prozessor und die Grafikabteilung dazu.

Mein Tip ist wie auch mein Florian geraten hat, systematisch vorgehen und den Elektriker fragen der die Sanierung durchgeführt hat (wenn möglich).

Messen von Feldern bringt nichts, du weißt ja eh schon das du welche hast. Im Studio überlagern sich zu dem noch ausgestrahlte und induzierte Emissionen.
 
Moin,

hat jemand einen Tip?

Mein Kühlschrank (nicht neu, aber auch kein Relikt) haut ab und zu mal so ein Peak durch mein Stromnetz.
Wenn ich dann was aufnehme ist es mit in der Audio Aufnahme.
Gibt es irgendwas Hardware mäßig, dass man zwischen Kühlschrank und Stromdose stecken kann?

THX
 
Mein Kühlschrank (nicht neu, aber auch kein Relikt) haut ab und zu mal so ein Peak durch mein Stromnetz.
Der Peak wird beim Einschalten des Kühlschrankkompressors verursacht.
Dem Kompressor ist im Normalfall ein Störschutzkondensator zugeschaltet, welcher diese Peaks beim Einschalten auffangen sollte.

Um Deine Elektronik vor solchen Peaks zu schützen, gibt es sogenannte Netzfilter, welche die Störungen herausfiltern können.
Ob das bei Dir den gewünschten Effekt bringt, musst Du mal ausprobieren.

PS: Nachfolgende Beispiele gelten für Deine Aufnahmegeräte, nicht für den Kühlschrank.

Hier mal zwei Links:
Netzfilter Steckdosen Test
und
Dynavox HiFi-Netzfilter X4100B, Mehrfach-Steckdose mit 8 Steckplätzen, mit LED-Kontrollleuchte für korrekte Phasenlage, Schwarz
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