Zerstören wir alle die Musik?

psicolor schrieb:
[...] Und um mich mal als arrogantes Arschloch zu outen. Wir machen die Musik nicht kaputt, wir bereichern sie! Ich höre sehr gerne Musik aber am liebsten höre ich meine eigenen Tracks. Sie erfüllen die Ansprüche, die ich selbst an Musik habe einfach besser, als Highendproduktionen, die aber mit anderen Erwartungen an die Musik gemacht wurden.
Ich mag den Spruch "Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an jeden gedacht" nicht besonders, aber wenn jeder der's kann die "richtige" Musik für sich selbst macht, dann springt dabei sicherlich auch was bereicherndes für die Nicht-Musiker dabei raus.

Dem schließe ich mich an.

Und als arrogantes Arschloch brauche ich mich gar nicht erst zu outen :).

Stephen
 
Das ist an sich schon OK.
Ich höre natürlich auch gerne meine eigenen Sachen, sonst würde ich sie ja nicht machen.
Man sollte darüber nur nicht die realistische Selbsteinschätzung und rationale Qualitätsmaßstäbe verlieren.
D.h. ich weiß ganz klar, was ich kann und was nicht, wer und was schlechter ist aber vor allem auch, wer und was auf einem noch deutlich höheren Niveau ist.
Und das sind keine Geschmacksfragen, wie ja auch bereits neulich in einem anderen Thread angemerkt.
 
audiotrainer schrieb:
und genau deshalb mag ich meine Melodica mehr als jeden meiner Synths - weil's elementar ist (auch wenn ich für meine heißgeliebte Kindertröte belächelt werde) :P
ohne ne menge hall aus der Kiste ist die melodica aber auch schön gruselig :mrgreen:
 
In dem Thread wird manchmal (so jedenfalls mein persönlicher Eindruck) die Beherrschung eines Instruments mit einer Qualität des musikalischen Schaffens vermengt. Falls dem so wäre: das hielte ich für einen schweren Irrtum.
Virtuosität am Instrument ist eine super Sache, macht viel Freude, in vielen Fällen ist das auch der Zugang zur eigenen musikalischen Kreativität. Förderungswürdig, unbedingt. Aber ein guter Instrumentalist ist noch kein guter Komponist (das ist banal, ich sag's trotzdem).
Andreas
 
Also ich finde es gibt mehr Schrott UND gleichzeit bessere Musik. Z.B. viel raffiniertere Melodien, sodaß mir viele 80er/90er Jahre Mukke die ich eins mochte, heute zu plump erscheint. Gibt bestimmt viele Beispiele (für mich) aber gestern gerade drauf gestoßen:


Oder: Gotye - Somebody that I used to know ... Was leider ziemlich durchgekaut wurde, aber einfach auch verdammt viele wirklich gut finden.

In Sachen Klangqualität finde ich das wir übern Limit von schlechter Qualität sind. 1. wie es schon fertig gemastert wird (völlig ruiniert, auf Lautheit gedroschen sodaß es schon unbewußt absolut nervt) und 2. Radio/TV mit Kompressions und Höhengeklatsche das es noch alles noch viel mehr zerstört wird als eh schon wird. :selfhammer:

Vielleicht ein Grund warum immer mehr Leute a) weniger Musik hören und b) Vinyl höhren weil man dort noch physikalisch gesehen diese platte Lautheit nicht draufpressen kann und nur nicht-zerstörtes Material gepresst werden kann.
 
AndreasKrebs schrieb:
In dem Thread wird manchmal (so jedenfalls mein persönlicher Eindruck) die Beherrschung eines Instruments mit einer Qualität des musikalischen Schaffens vermengt. Falls dem so wäre: das hielte ich für einen schweren Irrtum.
Virtuosität am Instrument ist eine super Sache, macht viel Freude, in vielen Fällen ist das auch der Zugang zur eigenen musikalischen Kreativität. Förderungswürdig, unbedingt. Aber ein guter Instrumentalist ist noch kein guter Komponist (das ist banal, ich sag's trotzdem).
Andreas

Je besser man sein Instrument (und sich selbst) beherrscht, desto mehr kann man aus dem Instrument (und sich selbst) herausholen. Zur Beherrschung gehört auch die realistische Erkenntnis, wo die Grenzen des Instrumentes (und seiner selbst) liegen.

Virtuosität unterstützt visionäres Arbeiten (weil man das, was man machen will, besser umsetzen und erreichen kann und das Erschaffene näher an die Vision heranrückt), ersetzt sie aber nicht. Andersrum wird auch ein Schuh draus. Es ist, wie überall, eine Frage des Maßhaltens und der Ausgewogenheit.

Stephen
 
Zu einem Synthesizer gehört zur Beherrschung aber auch das klare Verständnis seiner Komponenten, viele spielen Synthesizer wie Orgeln oder sowas und spielen eben nicht den Sound angemessen oder bewegen den Klang nicht, während sie bei akustischen Instrumenten wild alle Möglichkeiten der Manipulation einsetzen. Das wäre ein unfairer Vergleich, wenn man nicht auch beim Synthesizer ALLES gibt und einsetzt und natürlich auch einschätzt, was sinnvoll ist. Selbstverständlich muss man nicht immer alles klanglich mögliche Ausfahren, aber die Virtuosität steigt enorm, wenn der Musiker jeden Winkel genau kennt und gezielt einzusetzen weiss.
 
Ich arbeite in der Musikindustrie und ich kann sagen, dass es noch genügend guter Musik gibt. Nur muss man sich die Mühe machen, diese auch zu finden. Ich kann nicht erwarten, dass mir das Radio oder TV großartige und massenkompatible Musik präsentiert. Das hat so noch nie funktioniert. Und man darf nicht vergessen, dass die Musikindustrie genau eines ist: eine Industrie. Die schmeißen so lange Produkte raus, bis sie sich nicht mehr gut verkaufen. Danach kommt etwas anderes aus der großen Musikfabrik. Letztendlich ist es so, dass eine Redaktion bestimmte Künstler und Songs aus dem großen Pool pusht, wobei es immer ums Verkaufen geht.
 
leedoeslala schrieb:
im jazz passiert doch auch schon lange nix mehr...
die rotzen doch auch nur noch die Standards ab
Gegenbeispiele gerne willkommen!!!

Die Jazz-Scene ist nur nicht so gut im Erfinden immer neuer Schubladen damit am Ende jeder seine eigene hat.
Ich finde z.B. dass nach wie vor aus nordischen Ländern viel guter Jazz kommt und das noch lange nicht so öde ist wie die 10.000 Variation eines vor 20 Jahren mal neu gewesenen Dancefloor-Hits. Wie war das mit "Standards abrotzen"? Standard-Sounds/Instrumente/Loops/Beats, "wie baue ich den Track von XXX nach" usw. das sind doch Standard-Themen im Forum
 
DamDuram schrieb:
ppg360 schrieb:
Je besser man sein Instrument (und sich selbst) beherrscht, desto mehr kann man aus dem Instrument (und sich selbst) herausholen. Zur Beherrschung gehört auch die realistische Erkenntnis, wo die Grenzen des Instrumentes (und seiner selbst) liegen.

Virtuosität unterstützt visionäres Arbeiten (weil man das, was man machen will, besser umsetzen und erreichen kann und das Erschaffene näher an die Vision heranrückt), ersetzt sie aber nicht.

virtuosität unterstützt da rein gar nichts. das ist einzig die technische vorraussetzung, um überhaupt ideen umzusetzten, die möglicherweise komplex sind. ansonsten unterstützt das nicht unbedingt visionäres arbeiten - vielleicht sogar eher tendentiell das gegenteil, weil man sich auf gute technik verlässt. beispiel gibt es in der klassik ja genug, wo japanische wunderkinder sich zu reinen abspielrobotern mit reichlich dünner werkauffassung umfunktionieren lassen.
andreas hat völlig recht.

Wenn Du mich schon zitierst, dann bitte richtig und vollständig: "Es ist, wie überall, eine Frage des Maßhaltens und der Ausgewogenheit."

Stephen
 
Moogulator schrieb:
Zu einem Synthesizer gehört zur Beherrschung aber auch das klare Verständnis seiner Komponenten, viele spielen Synthesizer wie Orgeln oder sowas und spielen eben nicht den Sound angemessen oder bewegen den Klang nicht, während sie bei akustischen Instrumenten wild alle Möglichkeiten der Manipulation einsetzen. Das wäre ein unfairer Vergleich, wenn man nicht auch beim Synthesizer ALLES gibt und einsetzt und natürlich auch einschätzt, was sinnvoll ist. Selbstverständlich muss man nicht immer alles klanglich mögliche Ausfahren, aber die Virtuosität steigt enorm, wenn der Musiker jeden Winkel genau kennt und gezielt einzusetzen weiss.


Aber ich hab das gefühl es umgeben einen nur noch preset sounds. Oder fertige samples aus diversen samplelibaries. Dann kommt heute überall nen ducking drauf, und fertig. Ich denke selbst mit synthesizern befasst sich so heut keiner mehr.

Was das thema Jazz angeht kann ich so nicht mitreden, aber da gesagt wurde das sich da nichts tut in komposition, kommt mir das so vor wie in der black metal szene, in der seit den mitte 90ern nur noch schnelligkeit zählt.

Was stimmt ist ( und das aus eigener erfahrung gesprochen ) das wenn man sein Instrument (gitarre, bass etc) beherst, automatisch das niveau der eigenen komposition paralell zum persönlichen "skill" steigt. Wenn jetzt aber, und ich rede jetz ma von der breiten masse, nur durchschnittsmusik im radio, tv usw kommt, woher sollen sich dann die kids oder andere musikschaffende inspirationen holen. Somit bleibt trotz des "skills" die musik anhand der eigentlich vorhandenen möglichkeiten auf der strecke. Und die meiste Musik die mann gut findet und die dich inspiriert kommt zu dir, die findet man selten auf zwang durch suchen.
 
Es ist schon von Vorteil sein Instrument/Werkzeug zu beherrschen, nur muss das jetzt nicht unbedingt den klassischen Vorstellungen eines Musikinstruments entsprechen, fuer das man (im Schweisse seines Angesichts) div. manuellen Fertigkeiten entwickeln muss.
 

Das man mit genau diesem auch geile innovative sachen machen kann ist bewiesen.
...

Ich denke, es kommt alles aus der "Vorstellung" heraus, wenn man keine hat, braucht man auch keine skills und genau diese vorstellung bestimmt, was man braucht und nix anderes.

Und wenn man überhaupt irgendwas kapputt macht oder machen will, dann muss man die "vorstellung" von leuten kaputt machen oder diese unter einem brand/logo führen.

Es gibt sonst nichts was die musik kaputt machen kann, weil alles (auch unausgewogenheit) zum kreativen werkzeug werden kann, selbst das "schweigen" :)

...

Im übrigen git es zu jeder zeit genau gleich viel "gute" musik, in der heutigen zeit ist die ablenkung davon nur massiver und penetranter!
 
the acid test schrieb:
Aber ich hab das gefühl es umgeben einen nur noch preset sounds. Oder fertige samples aus diversen samplelibaries.
(....)
Somit bleibt trotz des "skills" die musik anhand der eigentlich vorhandenen möglichkeiten auf der strecke. Und die meiste Musik die mann gut findet und die dich inspiriert kommt zu dir, die findet man selten auf zwang durch suchen.

Schlussendlich is Musik nicht nur Geschmacksache und Hörgewohnheit: Manche Sachen funktionieren einfach gut und manche nicht und das führt dazu, dass die gut funktionierenden Dinge einfach oft verwendet werden.
Dazu ist nichtmal Nachahmung erforderlich! Der gemeine Musiker entwickelt durch Ausprobieren und Überlegen ständig eigene Methoden und Sounds um dann irgendwann festzustellen, dass es andere Musiker schon lange vor ihm die exakt identischen Methoden und Sounds verwendet haben.

Ich denke jedem Sequenzerforianer würde hierzu eine Anekdote aus seiner eigenen Musikergeschichte einfallen, die diese Behauptung unterstützen.
 
beispiel gibt es in der klassik ja genug, wo japanische wunderkinder sich zu reinen abspielrobotern mit reichlich dünner werkauffassung umfunktionieren lassen.

Spieltechnik ohne Seele bringt es natürlich überhaupt nicht. Wurde etwas anderes hier behauptet ? :?
Nur die Leute die sich allzuschnell darauf berufen, haben oft weder das eine noch das andere. Darum ist ja der Begriff Künstler so beliebt, weil faktisch kaum zu definieren und praktisch unangreifbar. Ich glaube das die konzentration auf immer mehr Technik ein Irrweg ist und unter anderem auch der Grund dafür, das Musik und deren Macher kaum noch Wert beigemessen wird. Zum Beispiel Vince Clarke kann auch nicht besonders spielen, aber er kann gut programmieren. Bei vielem was ich so in die Ohren gezwängt bekomme, haperts da aber schon, denn dafür braucht es auch musikalisches Verständnis und Talent. 80% der Macher, im Hobbyelektrobereich, spreche ich so ein Talent ab.
 
the acid test schrieb:
[...]Aber ich hab das gefühl es umgeben einen nur noch preset sounds. Oder fertige samples aus diversen samplelibaries. Dann kommt heute überall nen ducking drauf, und fertig. Ich denke selbst mit synthesizern befasst sich so heut keiner mehr. [...]

Richtig. Spätestens, seit die Disco- und Werbeproduzenten in den späten 1970ern gemerkt haben, daß man mit Synthesisern schneller und rationeller produzieren kann, ist der Synthesiser und seine Peripherie (Drumcomputer, Sequenzer, Computer, Sampler) immer mehr zu einem Convenience-Produkt für Leute geworden, die keine Lust mehr haben, sich mit biersaufenden Mitmusikern oder timingschwachen Schlagzeugern rumzuschlagen. Die wenigsten interessiert noch das klangliche Potential, das in einem Instrument steckt. Dieter Bohlen ist es wurscht, ob er einen Prophet 5 oder eine Oasis-Hupe besitzt, Hauptsache, der nächste Hit kann damit gemacht werden.

Deswegen sieht man auch verhältnismäßig wenige Buchlas oder Serges außerhalb von Nerdzirkeln, sondern stattdessen Yamaha Gyros, Korg Tritop oder ähnliches.

Stephen
 


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