Haltbarkeit von Musik - Wie lange wird es dies und das an Musik geben?

Und an dieser Stelle könnte man sogar mit dem Urheberrecht bzw. dem Copyright ins Gericht gehen, denn genau diese rechtliche Moralvorstellung ist durchaus ein großes Hindernis für den Fortbestand von Informationen.
Das Urheberrecht hat im digitalen Zeitalter eh keine echte Existenzberechtigung mehr. Zum einen ist es viel zu einfach, digitales Zeug zu verbreiten, zum anderen sind Anstrengungen, es in die Moderne hinüber zu retten, mit großen Kollateralschäden verbunden, ich sage nur DRM und Uploadfilter. Das Urheberrecht ist zu dem Unterdrückungsinstrument des Geldadels verkommen. Ursprünglich war es als Investitionsschutz für Verleger gemeint, der natürlich ein berechtigtes Interesse daran hatte, dass er die Vorleistung in eine Druckerpresse und der mechanischen mühsamen Arbeit daran wieder refinanziert kriegt.

Die Refinanzierung intellektueller Vorleistung bei Digitalgütern müsste anders erfolgen, nämlich durch partiellen Vorenthalt und gemeinschaftlichem Freikauf des Werkes in seinen wieder-zusammensetzbaren Teilen. Texte könnte man zunächst veröffentlichen als alphabetisch geordneter Wortliste, wo jeder Eintrag noch seine verwendeten grammatikalischen Formen auflistet. Jeder Eintrag hat einen Preis, erst wenn der gezahlt wird, wie und von wem auch immer, werden die Positionen seiner Formen im Text jeweils nachveröffentlicht. Ein Käufer ist also weniger Käufer einer Kopie, als eine Art Kleinstmäzen.

Die ungefähre Entsprechung dieses Verfahrens für die Musik ist technisch möglich, aber braucht leider richtig Rechenkraft. An der Umsetzung der sogenannten Audioscherben in Code arbeite ich zur Zeit (hin und wieder). Verlinke mal jetzt nicht den entsprechenden Thread, kann ja nach suchen, wen es interessiert, denn argumentativ konnte ich da nicht so punkten. Glänze zu gegebener Zeit lieber mit dem Angebot eines entsprechenden Proof-of-concepts unter Open-Source-Lizenz.
 
Vom Standpunkt der Speichermedien aus:

Solange diese eben physisch halten. Dabei haben wir bei digitalen Medien keinerlei Langzeiterfahrung, ein grober Anhaltspunkt ist aber: Je größer die Kapazität, desto geringer die Haltbarkeit:

Steintafeln, Höhlenmalereien, handschriftliche Notizen auf Papier und Papierdruck haben bewiesen, dass sie sehr lange Zeit durchhalten können.
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Lochkarten und Magnetdatenträger können Jahrzehnte durchhalten, ebenso wie Schallplatten.
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CDs und DVDs machen unter Umständen schon nach zehn bis 20 Jahren schlapp.
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Und mikrochipbasierte Systeme "bluten" womöglich ihre Information einfach aus oder gehen durch normale Benutzung innerhalb von 1 bis 10 Jahren kaputt.

Und schlussendlich ist die Wiederbeschaffbarkeit dieser Informationen auch von Technologie abhängig, was eine nicht zu unterschätzende Hürde darstellt. Wie kommt man zum Beispiel ohne Strom weiter?

Vom Standpunkt des Schaffens:

Es wird sich wohl immer jemand finden, der sich für alte Stilrichtungen und den damit zusammengehörenden handwerklichen Methoden interessiert. Youtube ist voll mit Videos, in denen alte verrostete Gegenstände restauriert werden, wo Leute mit primitiven Werkzeugen Dinge bauen oder mittelalterliche oder viktorianische Mode schneidern.

Das alles ist imho ein deutlich größeres Thema und beschränkt sich nicht nur auf die Musik, die sicherlich einen enormen Teil der kulturellen Hinterlassenschaft darstellt. Wie man Informationen dauerhaft, sicher und leicht reproduzierbar speichert ist die große Herausforderung unserer Zeit. Ein Feuer, ein Erdbeben oder Terrorismus auf eine Serverfarm können Daten unwiederbringlich zerstören. Unsere einzige Strategie besteht derzeit aus Redundanz und stetem weiterkopieren. Und an dieser Stelle könnte man sogar mit dem Urheberrecht bzw. dem Copyright ins Gericht gehen, denn genau diese rechtliche Moralvorstellung ist durchaus ein großes Hindernis für den Fortbestand von Informationen.
Die Informationsspeicherung ist eine Sache, die Wiederherstellung / Wiedergabe eine andere. Jeder, der mal in einer Firma ein IT-System abgelöst hat und sich um eine 10 Jahresarchivierung Gedanken machen musste, weiß wovon ich rede. In welcher Form lagert man die Daten aus, damit sich auch innerhalb der 10 Jahre zugreifbar sind? Migration auf das neue System? Auslagerung z.B. in ein Dokumentenmanagementsystem?
Wenn man über Zeiträume von 100 Jahren redet, wird das noch komplexer. Gibt es in 100 Jahren noch funktionierende Geräte, die CDs abspielen können? Gibt es die Datenformate, Codecs, etc. dann überhaupt noch? Usw.
 
In der Langzeitarchivierung - damit bin ich beruflich unter anderem befasst - geht man hier zeitinkrementell in kleinen Schritten vor. Man sichert immer das wichtigste, nachrangig das unwichtigere um auf neuen, aber schon am Markt etablierten Speichermedien, und zwar in regelmäßigen Zeitabständen.

Was man mit den Daten später noch machen kann, ist natürlich wieder eine andere Geschichte. Die Software-Umgebung, in der die Daten einen Sinn ergeben, können teilweise emuliert werden. Teilweise könnte man die Software theoretisch neu schreiben, wenn der ursprüngliche Quellcode vorliegt und verständlich ist. Oder vielleicht hat man ja Glück und die Daten liegen in Textform (ASCII oder Unicode), vielleicht gar als XML vor. Bei binären Formaten hat man schon einen schwereren Stand. Darum bin ich auch nicht so ein Fan von MIDI in der Beziehung.
 
Soweit ist ja alles klar, würde ich mal sagen. Es muss - wenn man denn der Meinung sich anschließt - archiviert werden. Aber wer zahlt das dann, wenn es nicht staatlich gemacht wird? Ich setzte ja immer noch darauf das es Leute interessiert was dann in vergangenen Epochen oder so gemacht wurde und die würden dann vermutlich auch dahingehend dafür zahlen, aber sicher kann man dem sich ja auch nicht wirklich sein, denn wenn das keinen mehr interessiert, dann kann es ja auch weg - finde ich zwar gruselig die Vorstellung, aber wenns so kommt, dann läuft das wohl so.
 
Du scheinst zu vergessen, dass die Geschichte von jeher von den jeweiligen Siegern irgendwelcher Kriege geschrieben wird. Ebenso ist es mit den Trophäen aus Plünderungen oder Geschenken jedweder Art. Welche Besitztümer präserviert und vor den Widrigkeiten der Gegenwart und der voraussichtlichen Zukunft geschützt werden, hängt davon ab, wie wichtig sie dem Besitzer sind, was auch immer dessen Wertemaßstäbe sein mögen.

Dem Gros der Bevölkerung ist Musik leider nicht so wichtig. Sie ist heute weithin nur noch dazu da, die Stille zu vertreiben oder ideologische Claims abzustecken. Was es auf archive.org zu hören gibt und in anderen nichtkommerziellen Mediatheken angeboten wird, hat die besten Chancen. Der Rest ist auf die Urheber und auf die Schutzreflexe der Käufer physischer Medien angewiesen.
 
Du scheinst zu vergessen, dass die Geschichte von jeher von den jeweiligen Siegern irgendwelcher Kriege geschrieben wird.
Das mag so gewesen sein. Nur gibt es, in dem Zusammenhang, ja keinen Sieger. Von daher wäre der Erhalt doch des Kulturgutes nicht falsch. Das betrifft uns doch alle und ist keine Frage von Siegern oder nicht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Manche Sachen werden einfach irgendwann weg sein und vielleicht noch in irgendwelchen Archiven rumgammeln, aber für die Allgemeinheit uninteressant sein. Beispiel Star Trek. Gab es ja viele Serien von. Kennt noch einer von Euch Deep Space Nine? Gab es noch auf DVD, aber nicht mehr auf Blu Ray. Das Aufnahmematerial ist scheinbar nicht hochwertig genug, um es noch sinnvoll zu transferieren. Und selbst wenn man es noch halbwegs auf HD bekommen würde, auf die nächsten Stufe UHD und dann 8K... keine Chance. Sprich: alleine durch die mangelnde Qualität des ursprünglichen Materials ist der Weg in die aufgerüstete Zukunft langfristig nicht gegeben.
 
Kennt noch einer von Euch Deep Space Nine? Gab es noch auf DVD, aber nicht mehr auf Blu Ray. Das Aufnahmematerial ist scheinbar nicht hochwertig genug, um es noch sinnvoll zu transferieren.

TOS wurde halt komplett (incl. Special Effects) auf 35mm gedreht, das kann man relativ einfach auf Blu Ray bringen.

Bei TNG hat man aus Kostengründen zwar auf 35mm gedreht, aber die die Special effects hat man dann auf der reduzierten Grüße gamche, aus Kostengründen. Das war aber noch mit vertretbaren Aufwand zu machen und man die Special Effects dann neu gerechnet, in höherer Auflösung.
Bei DS9 sind es aber soviele Effekte, dass das einfach teuer werden würde. Deswegen gibt es derzeit nur max. DVD.
TNG und DS9 sind halt aus der Zwischenzeit: Special Effects sind machbar, aber aus Kostengründen noch nicht in der Auflösung, die man bräuchte. Es gab - im Gegensatz zu TOS - nie einen 35mm-Master, der alles enthielt.

Bei den neueren hingegen ist man wieder soweit, alles in hoher Qualität rendern zum können.

Und ja, ST9 kenne ich, bin gerade bei der letzten Season. :)

Grüße
Omega Minus
 
Glaube mittlerweile, das vieles in den Schubladen vergammeln wird - also fernab von gut oder schlecht. Es wird fieles untergehen und nie mehr das Tageslicht erblicken. So wirds laufen. Zumal sich auf den Erhalt der Files/Daten keiner für zuständig fühlt. Schade, aber davon gehe ich mittlerweile aus.
 
Die Refinanzierung intellektueller Vorleistung bei Digitalgütern müsste anders erfolgen, nämlich durch partiellen Vorenthalt und gemeinschaftlichem Freikauf des Werkes in seinen wieder-zusammensetzbaren Teilen. Texte könnte man zunächst veröffentlichen als alphabetisch geordnete Wortliste, wo jeder Eintrag noch seine verwendeten grammatikalischen Formen auflistet.
Da stand nämlich ... "oh mo ne la sa mit los fett fett brat brat" ... oder so ähnlich. :)
 
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Kennt das noch jemand? In knapp 80 Jahren ist 'eh alles vorbei, das heißt, die Hits von vor 80 Jahren interressieren 'eh keinen mehr.
Sowas wie Mozart und Beethoven wird natürlich bleiben.


https://www.youtube.com/watch?v=aPQ4zAghJKs


Ich hab' mich auch schonmal gefragt, ob Madonna und Michael Jackson in 200 Jahren dann als die Musik des 20. Jahrhunderts angesehen werden.

Aber ehrlich gesagt, sogar die Lieder der Beatles lassen in der Wirkung schon nach und fangen an zu altern.
Das Problem wird weniger die Speicherung sein, als daß die Menschen der Zukunft sich nicht für die Musik der ferneren Vergangenheit interessieren, abgesehen von dem, was als "klassisch" anerkannt sein wird.
"Last Christmas" vielleicht. :schweinachten:

Ok, Boomer.

Bestenfalls wird jemand mal eine so liebevolle Hommage an die alten Zeiten machen wie diese:


https://www.youtube.com/watch?v=lo4C9KpyCCo
 
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Hansel << großer mitch murder Freund…und hommage-nicht als ewig gestrige Nostalgie-nicht-Ablehner.

Früher war alles besser.

Ach ja, boomer!
 


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