Sei ein Angeber!

P

PySeq

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Dieser Tage ist der große Ennio Morricone (85) auf Tournee. In einem Interview

http://www.spiegel.de/kultur/musik/enni ... 40284.html

heißt es am Ende:
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie noch einen Tipp für junge Filmkomponisten?

Morricone: Ganz viel lernen bei guten Komponisten und immer ein bisschen angeben. Damit holt man sich das Selbstbewusstsein, um protzige und richtig starke Musik zu komponieren.
Diese Antwort hat mir sehr zu Denken gegeben. Ich empfinde die (paar kurzen) Tracks, die ich bisher gemacht habe, nämlich als nicht interessant genug. Ich lehne sonst auch Protz und Angeberei prinzipiell ab, ich habe nicht mal ein Auto.
Aber vielleicht hat er recht, um coole Musik zu machen, muß man vielleicht ein Angeber sein!
Ich meine, Dieter Bohlen tut man wohl wenig unrecht, wenn man sagt, er gibt ganz schön an. Oder John Lennon, vielleicht der größte Komponist des 20. Jahrhunderts - Angeber.
Mein Problem ist, ich halte es eigentlich für eine schlechte Charaktereigenschaft, anzugeben und will daher gar kein Angeber sein. Aber wie soll ich so nur coole Musik machen? Oder muß man sich verstellen?
Was meint ihr?
 
die populären filmkomponisten machen in meinen ohren eine oberpeinliche grütze.
austauschbares orchestergejaulte mit null wiedererkennungswert, oder rafinesse.

bei Grafity wäre ich fast rausgegangen, wegen dieser akustischen beleidigung
 
VEB_soundengine schrieb:
die populären filmkomponisten machen in meinen ohren eine oberpeinliche grütze.
austauschbares orchestergejaulte mit null wiedererkennungswert, oder rafinesse.
Aber das stimmt doch nicht für Morricone! Das Thema zu "Frantic" (für mich der zweitbeste Film aller Zeiten) ist doch großartig! Ähnlich das von "Le Marginal" (mit Belmondo). Oder "It couldn't happen here" mit den Pet Shop Boys. Oder das berühmte "The good, the bad and the ugly". Ich mag auch das Stück aus "Der Clan der Sizilianer". Das ist alles guter Stoff (kannst im Zweifel mit den genannten Begriffen ja mal bei Youtube suchen (man darf das wahrscheinlich nicht direkt verlinken))!

Aber das war auch nicht so sehr die Frage, sondern generell "muß man ein Angeber sein, um interessante Musik zu machen"?
 
Klar, das stimmt.

Weil.. du bist in der Regel nur das, was du von dir selbst hältst. Es geht ja nicht darum, sich fortwährend selbst zu beweihräuchern, aber ab und kann man sich auch mal selbst loben und sich ein bisschen emporheben.
 
PySeq schrieb:
Aber das war auch nicht so sehr die Frage, sondern generell "muß man ein Angeber sein, um interessante Musik zu machen"?

Zum Einen würde mich interessieren was Morricone wörtlich gesagt hat, vielleicht ist die Übersetzung etwas unglücklich.

Ich vermute mal er wollte auf das Phänomen der "falschen Bescheidenheit" hinweisen. Wer von vornherein der Meinung ist dass er eh nur uninteressante Musik macht die keiner hören will der wird auch beim Termin mit dem Produzenten so rüberkommen. Wer also sagt "hier sind meine Tracks ... ich weiss, nix besonderes, das können andere sicher besser, aber vielleicht hörst du dir das mal an, wenn du Zeit hast" der hat von vornherein verloren. Auch wenn man kein zweiter Tomita ist - wen interessierts? Interessieren tut nur das Ergebnis, und das sollte man halt nicht vorher *belasten* sondern in *positiver Weise* ankündigen. Das hat nix mit angeben zu tun.

Ich bin sicher dass er das so gemeint hat.

Servus,
Alex
 
PySeq schrieb:
Dieser Tage ist der große Ennio Morricone (85) auf Tournee. In einem Interview

http://www.spiegel.de/kultur/musik/enni ... 40284.html

heißt es am Ende:
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie noch einen Tipp für junge Filmkomponisten?

Morricone: Ganz viel lernen bei guten Komponisten und immer ein bisschen angeben. Damit holt man sich das Selbstbewusstsein, um protzige und richtig starke Musik zu komponieren.
Diese Antwort hat mir sehr zu Denken gegeben. Ich empfinde die (paar kurzen) Tracks, die ich bisher gemacht habe, nämlich als nicht interessant genug. Ich lehne sonst auch Protz und Angeberei prinzipiell ab, ich habe nicht mal ein Auto.
Aber vielleicht hat er recht, um coole Musik zu machen, muß man vielleicht ein Angeber sein!
Ich meine, Dieter Bohlen tut man wohl wenig unrecht, wenn man sagt, er gibt ganz schön an. Oder John Lennon, vielleicht der größte Komponist des 20. Jahrhunderts - Angeber.
Mein Problem ist, ich halte es eigentlich für eine schlechte Charaktereigenschaft, anzugeben und will daher gar kein Angeber sein. Aber wie soll ich so nur coole Musik machen? Oder muß man sich verstellen?
Was meint ihr?

1: darf man davon ausgehen dass morricone das mit einer gewissen ironie gemeint hat
2: was hat denn bitte der besitz eines autos mit angeberei zu tun ? (ich habe übrigens selber keines)
3: warum solltest du nur weil du eine aussage von morricone gehört hast ab nun ohne angeberei keine guten tracks mehr machen können ?

:)


aber eines ist klar - wer vollkommen unfähig ist in der eigenvermarktung wird wohl äusserst selten was erreichen.
insofern ist musik eben nicht nur "ein track" sondern ein gesamtpaket und wie man da punktet muss jeder für sich selber herausfinden.
 
Man muss nicht angeben - man muss nur zur richtigen zeit - am richtigen ort sein und dann auch noch die fähigkeit haben das richtige zu sagen.

Das reicht - für die meisten legenden!
 
Peter Uertz schrieb:
Man muss nicht angeben - man muss nur zur richtigen zeit - am richtigen ort sein und dann auch noch die fähigkeit haben das richtige zu sagen.

Das reicht - für die meisten legenden!

Sehe ich auch so. Dann vielleicht die Connections und dann erst das Talent. So funktioniert es zumindest kurzzeitig. Wirklich wertvolle Musik (Kunst, Kulturbeitrag?) erkennt man, meiner Ansicht nach, erst nüchtern rückblickend, und dann scheiden 99,9% besagter Künstler aber aus. Wird wegen der unsäglichen Presse/Internet immer drastischer. Die Hype-Zyklen werden immer kürzer und alles dadurch immer mehr "egal". Muss schlimm sein ein Künstler zu sein. Großes Ego hilft natürlich.
 
Mir ist aufgefallen das gerade in Deutschland sehr schnell die Worte Angeber und auch Neid fallen. Das ist in anderen Ländern oft anders. Wenn einer was erreicht ist der Neid schnell da und wird auch schnell als Angeber abgestempelt. In anderen Ländern klopft man einem auf die Schulter und das gönnen kommt vom Herzen.
Da ist auch klar das man sich hier vorsichtiger bewegt und man selbst beim positiv verkaufen schon ein Schlechtes Gewissen bekommt.
Ein bischen angeben muß man eigendlich bei allem.
Um eine Frau/Mann zu bekommen, einen guten Job, Musik an die Leute bringen...

Und ja, auch beim Musik machen spiegelt sich die Innere Einstellung schon im Track nieder. Wenn man zu pessimistisch ist bastelt man einen Track oft kaputt weil man zu lange drann sitzt und zuviel denkt.
 
blumenhofen schrieb:
Und ja, auch beim Musik machen spiegelt sich die Innere Einstellung schon im Track nieder. Wenn man zu pessimistisch ist bastelt man einen Track oft kaputt weil man zu lange drann sitzt und zuviel denkt.
das hat was, ich nenne es jetzt einfach mal den mut zur lücke.

und richtig präsentieren sollte man seine stücke, selbstbewusst oder neutral und ohne worte, aber nicht unsicher. so in der art, ja das habe ich gestern abend gemacht, ich war nicht so gut drauf und ist auch nur eine skizze, meinst du man kann sich das anhören etc... die meisten zuhörer werden dann schon vorher den eindruck haben das ist nix. dasselbe wenn man von seinem liveset spricht...

perfektionisten (die nie zufrieden sind) sollten dann einfach mal ruhig sein. auch in diesen thread passt das nietzsche zitat: "Es ist ein Jammer, dass die Dummköpfe so selbstsicher sind und die Klugen so voller Zweifel."
da muss man auch mal darüber stehen können, sonst haben angeber typen tatsächlich schon im voraus gewonnen.
 
blumenhofen schrieb:
Mir ist aufgefallen das gerade in Deutschland sehr schnell die Worte Angeber und auch Neid fallen. Das ist in anderen Ländern oft anders. Wenn einer was erreicht ist der Neid schnell da und wird auch schnell als Angeber abgestempelt. In anderen Ländern klopft man einem auf die Schulter und das gönnen kommt vom Herzen.
In Deutschland ist das echt so.
Hat man gesundes Selbstvertrauen, weil man weiß, wer man ist, was man erreicht hat und was man kann, wird man hier gleich als Angeber abgestempelt.
Hat man jahrelang gespart und sich dann mal ein neues Auto gegönnt, ist man auch gleich ein Angeber und eine Umweltsau.
Besitzt man drei Synthesizer mehr als andere, wird einem gleich musikalische Inkompetenz an die Fersen geheftet, denn man ist ja doch nur ein Angeber.

Das viele Menschen sich ihren sozialen Status mühsam mit harter Arbeit erkämpft haben, wird dabei gerne übersehen, den wenigsten fällt die Kohle einfach so in den Schoß.
Was ist denn so schlimm daran, wenn man sich auch mal ein kleines bischen Luxus gönnt, mal lecker essen geht oder sich sonstwie verwöhnen läßt?

Ich sag nur: "Armes Deutschland, hier steht die Wiege von Missgunst und Neid!"
:opa:
 
Bernie schrieb:
blumenhofen schrieb:
Mir ist aufgefallen das gerade in Deutschland sehr schnell die Worte Angeber und auch Neid fallen. Das ist in anderen Ländern oft anders. Wenn einer was erreicht ist der Neid schnell da und wird auch schnell als Angeber abgestempelt. In anderen Ländern klopft man einem auf die Schulter und das gönnen kommt vom Herzen.
In Deutschland ist das echt so.
Hat man gesundes Selbstvertrauen, weil man weiß, wer man ist, was man erreicht hat und was man kann, wird man hier gleich als Angeber abgestempelt.
Hat man jahrelang gespart und sich dann mal ein neues Auto gegönnt, ist man auch gleich ein Angeber und eine Umweltsau.
Besitzt man drei Synthesizer mehr als andere, wird einem gleich musikalische Inkompetenz an die Fersen geheftet, denn man ist ja doch nur ein Angeber.

Das viele Menschen sich ihren sozialen Status mühsam mit harter Arbeit erkämpft haben, wird dabei gerne übersehen, den wenigsten fällt die Kohle einfach so in den Schoß.
Was ist denn so schlimm daran, wenn man sich auch mal ein kleines bischen Luxus gönnt, mal lecker essen geht oder sich sonstwie verwöhnen läßt?

Ich sag nur: "Armes Deutschland, hier steht die Wiege von Missgunst und Neid!"
:opa:

Dazu kommt die 'Schadenfreude' - ein deutsches Wort und ein Verhalten, für das es in vielen Sprachen nicht einmal eine Übersetzung gibt.
 
Burt schrieb:
Dazu kommt die 'Schadenfreude' - ein deutsches Wort und ein Verhalten, für das es in vielen Sprachen nicht einmal eine Übersetzung gibt.


naja . da werden ja wieder die allgemeinplätze überstrapaziert

1: gibt es das wort schadenfreude in (anzumehmen) jeder sprache (kann man ja in wörterbüchern nachlesen)
2: sind diese antideustchen klischees ebenso falsch wie alle anderen klischees dieser art
 
In deutschland haben wir eine Ego Gesellschaft, in der jeder sich selbnst der nächste ist. Darum gönnt einer dem anderen nichts. Und schon gar nicht Erfolg.
 
Neid bekommt keiner geschenkt - Neid muss man sich erarbeiten!
 


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