Sovjet Synthesizer

Moogulator schrieb:
Naja, an welchen hast du denn speziell gedacht?
Na, was ich halt von ebay her so kenne: Poloyvoks, Formanta, Aelita, und andere, auf deren Namen ich grad nicht komme.

Moogulator schrieb:
Dachte eher an http://www.Ruskeys.net
Aber es gibt auch so ganz selsame Sachen, die quasi nur ein paar Mal gebaut wurden. Da würde ich schnell passen.
Danke, ist eine tolle Zusammenstellung.

Wie gesagt interessieren mich nicht technische Daten, die hab ich überwiegend schon selbst gegoogelt, sondern praktische Erfahrungen und Vergleiche.
 
Ich hatte mal einen Polivoks.
Den habe ich immer angeschmissen wenn ich Leute beeindrucken wollte: Hier höa ma, Alder! *braaaatz* :mrgreen:

War schon genial, das Ding. Aber auch sehr eigenwillig, ein sehr spezieller Sound.
 
Jörg schrieb:
Ich hatte mal einen Polivoks.
Den habe ich immer angeschmissen wenn ich Leute beeindrucken wollte: Hier höa ma, Alder! *braaaatz* :mrgreen:

War schon genial, das Ding. Aber auch sehr eigenwillig, ein sehr spezieller Sound.
Also die Soundbeispiele von http://www.Ruskeys.net klingen doch ganz "normal". Das der Sound in gewisser Weise speziell ist, nehme ich doch an, weil ja entsprechend spezielle Bauteile verwendet wurden.

"*braaaatz*" sagt mir jetzt aber nichts. Auch mit dem Minimoog kann ich Sch....-Sounds erzeugen.
 
Ach, jetzt geht´s wieder los mit dem Weinprobenvokabular... :roll: ;-)

Die Oszillatoren haben einen irgendwie "metallischen" Grundklang, und das Filter klingt wie bei keinem anderen Synthesizer. Es gibt einen Punkt an dem die Resonanz anfängt, unsauber zu werden (kein sauberer Sinus, sondern ein instabiler, "kippeliger" Ton), und wenn man über diesen Punkt hinaus ist, wird´s einfach nur laut und unkontrolliert.
Ich hatte einen Limiter am Ausgang des Polivoks hängen, aus Sorge um meine Speaker und um meine Nachbarn.
 
soundmunich schrieb:
Das der Sound in gewisser Weise speziell ist, nehme ich doch an, weil ja entsprechend spezielle Bauteile verwendet wurden.

Soweit ich mich erinnern kann war da v.a. die russische Bezeichnung der Bauteile speziell, nicht aber ihre Bauweise oder Funktion; wir hatten mal einen Polivoks zur Revitalisierung auf der Werkbank, und der klang mit westlicher Austauschware immer noch "echt".

Speziell sind die Schaltungen (keine Angst vor den kyrillischen Serviceunterlagen!) und auf jeden Fall die Magnetschalter-Tastatur, technisch wie auch vom saumaessigen Feel her. Und die CV spreizung ist sehr, sehr speziell ;-), aber dafuer kursiert ein Anpassungsmodul im Netz (fuer externe CV/Gate Steuerung).

Scheinbar verlieren die Knoeppe bei den Dingern gern den Grip, das liegt v.a. an der Diskrepanz zwischen der auesserlichen Plastefassade und der internen wie-russischer-Panzer-Bauform (d.h. die Schalter haben die Knöpfe dann mechanisch ueberlebt). Der Platinenstack ist eine wahre Pracht, da gibt´s Daumendicke Spannungsschienen ;-).

Den Sound empfand ich als ähnlich outstanding wie z.B. ein MS20 (was nicht heisst dass er so klingt, sondern auch so "anders" als viele Analoge). Es mag auch an der optisch exotischen Erscheinung liegen, aber jeder der das Ding die Zeit ueber mal angeklimpert hat war begeistert.
 
Das Polivoks Filter bekommt man ja sogar als Modul, es klingt komischerweise entweder lieb und schön mit BPF und so und ab einer bestimmten Resonanz klappt das radikal um. Aber der Reiz des Originals ist schon anders. Alisa und Aelita bieten durch interessanten KLang aber eine fürchterliche Tastatur. Ich habe so 3 Dinger als Favoriten, achja und der RITM2 ist auch nicht übel.
 
ron schrieb:
Soweit ich mich erinnern kann war da v.a. die russische Bezeichnung der Bauteile speziell, nicht aber ihre Bauweise oder Funktion; wir hatten mal einen Polivoks zur Revitalisierung auf der Werkbank, und der klang mit westlicher Austauschware immer noch "echt".
Na ja, was die russische Rüstungsindustrie übrig ließ war schon speziell. Oder anders herum: Man hat Bauteile nachgebaut und in allen möglichen Geräten getestet, bis man eine für die Rüstungsindustrie taugliche Qualität hatte. Absolut übel war das im Halbleiterbereich. Natürlich hat man Bauweise und Funktion nachgeahmt, aber so ganz klappte das nie (außer eben auf Rüstungsniveau). Es war ja schließlich egal, was die Schwarzmeerflottenmusiker beim Sound-Kreieren und auf der Bühne erlebten. Gemessen an dem ansonsten unendlichen Nichts war ja jeder Quieker schon was.

ron schrieb:
Speziell sind die Schaltungen (keine Angst vor den kyrillischen Serviceunterlagen!) und auf jeden Fall die Magnetschalter-Tastatur, technisch wie auch vom saumaessigen Feel her. Und die CV spreizung ist sehr, sehr speziell ;-), aber dafuer kursiert ein Anpassungsmodul im Netz (fuer externe CV/Gate Steuerung).
Da sieht man wieder, dass auch das Lesenkönnen des Patents von Herrn Moog noch nicht die praktische Realisierung ergibt. Wie vorher geschrieben, dienten alle diese technischen Bereiche (z.B. Musikinstrumente) nur der Erprobung von rüstungstauglicher Technologie.

ron schrieb:
Scheinbar verlieren die Knoeppe bei den Dingern gern den Grip, das liegt v.a. an der Diskrepanz zwischen der auesserlichen Plastefassade und der internen wie-russischer-Panzer-Bauform (d.h. die Schalter haben die Knöpfe dann mechanisch ueberlebt). Der Platinenstack ist eine wahre Pracht, da gibt´s Daumendicke Spannungsschienen ;-).
Tja, auch die Kunststoffindustrie kam mit dem Abschauen alleine nicht hin. Dafür waren die Russen bei allem was man schmieden konnte 1a.

ron schrieb:
Den Sound empfand ich als ähnlich outstanding wie z.B. ein MS20 (was nicht heisst dass er so klingt, sondern auch so "anders" als viele Analoge). Es mag auch an der optisch exotischen Erscheinung liegen, aber jeder der das Ding die Zeit ueber mal angeklimpert hat war begeistert.
Auch technisch "Sonderbares" hat ja seinen Reiz, und gerade Musiker suchen ja immer nach dem individuellen Sound, den kein anderer hat und kann. Mit solchen Kisten ist man da sicher auf dem richtigen Weg. Von den Soundbeispielen unter dem Link http://www.Ruskeys.net her ist mein Eindruck, dass die Sounds etwas "rauher oder rauchiger" klingen wie die üblichen Synths. Teilweise könnte man auch sagen "lebendiger", was ja leicht durch Instabilität erreicht werden kann. Nur, wie ist es dann mit der Zuverlässigkeit der Bauteile (der originalen meine ich; ich denke, dass der Sound sich schon ändert, wenn man westliche oder fernöstliche Supplemente einsetzt).
 
Moogulator schrieb:
Das Polivoks Filter bekommt man ja sogar als Modul
Was heißt das?

Moogulator schrieb:
Aber der Reiz des Originals ist schon anders.
Mein ich ja.

Moogulator schrieb:
Alisa und Aelita bieten durch interessanten KLang (...) achja und der RITM2 ist auch nicht übel.
Hör ich mir die Beispiele noch an

Moogulator schrieb:
aber eine fürchterliche Tastatur
Wenn die Tastatur völlig aus Stahl sein könnte, wäre die russische Bauart nicht zu toppen ;-) . Aber so gibt es eben Probleme mit dem Kunststoff z.B. beim Lagern, bei der Stabilität, bei der Steifigkeit, etc.

Moogulator schrieb:
Ich habe so 3 Dinger als Favoriten
Verrätst Du die?
 
1) Bei Marc Bareille bekommst du das Filter des Polivoks halt als Modul für ein Modularsystem, dh du kannst es nachbauen, fertige gibt es aber auch bereits zu kaufen. Wenn du also zB diesen Filtersound willst, dann so.

Übrigens ist er natürlich kein Miniclone, er ist sehr eigenständig, wie die meisten, inspiriert sind einige von etwas, aber sind schon immer eigen genug.

3) Lohnt! Aber die Dinger sind schon ziemlich klapperig, ggf. sollte sich mal jemand dem annehmen und die solide umbauen. Und halt nur die Essenz der guten Teile.
Ggf kannst du von OLO GARB bei Youtube auch Demos finden, ich mag den Kerl irgendwie, nennt sich da Jexus.

4) Ich befürchte, die waren schon beim Kauf Schrott, ist allgemein bekannt. Wenn es technisch geht ist ein Austausch ratsam, jede Remoteschüssel ist da besser. Aber das bitte nicht als Ostbashing verstehen, es ist nunmal der Schwachpunkt JEDES Russen den ich bisher gespielt oder gesehen oder berührt habe so.

5) Formanta Polivoks, Kirovski Ritm2, Luberetski Alisa 1387
und dieser Aelita mit so "Fernseher 1978-Stationstaster-Feeling":
https://www.sequencer.de/pix/cccp/aelita.jpg
Alle in der SynthDB, dh Aelita noch nicht.
Es gibt noch einige, die ich nicht gehört habe, daher ist das keine vollständige Liste aber das sind die, die klanglich eine Rolle spielen. Die anderen fand ich zu simpel oder klanglich nicht interessant genug oder würde einen "normalen" Synth vorziehen, der einfacher zu beschaffen ist.
 
Schau dir den Estradin Altair 231 an, das ist ne gute Minimoog-Kopie. Die Tastatur ist so naja.. aber Sound ist gut.
Dafür hast du mechanisches Tastenvibrato, 3 Oszis und nen Griff zum wegtragen.. ;-)
 
Hallo Leute!

Für Euere Mühen und die vielen hilfreichen und fundierten Informationen ganz herzlichen Dank. Ich glaube, ich mach mich mal dran, für mich den richtigen zu finden, und halte Euch auf dem Laufenden.
 
...Man hat Bauteile nachgebaut und in allen möglichen Geräten getestet, bis man eine für die Rüstungsindustrie taugliche Qualität hatte. Absolut übel war das im Halbleiterbereich. Natürlich hat man Bauweise und Funktion nachgeahmt...
...Tja, auch die Kunststoffindustrie kam mit dem Abschauen alleine nicht hin...
...Nur, wie ist es dann mit der Zuverlässigkeit der Bauteile (der originalen meine ich; ich denke, dass der Sound sich schon ändert, wenn man westliche oder fernöstliche Supplemente einsetzt)...
...Da sieht man wieder, dass auch das Lesenkönnen des Patents von Herrn Moog noch nicht die praktische Realisierung ergibt...

Die Russen sind mit Sicherheit keine Dummen gewesen bzw. sie haben und hatten auch gute Ingenieure. Auch hat man nicht alles vom "Klassenfeind" kopiert, wie es die westliche Propaganda (es ist nun einmal so) verkündete. Aber das nur am Rande. Was die Halbleitertechnik selbst angeht, so hatten die Russen eine extrem breite Anzahl an Bauteilen. Teilweise ganz Ausgezeichnete, was letztendlich jede Nation (weil immer Menschen mit Köpfchen dahinter stehen) geschafft hat. Die gab es natürlich nicht unbedingt in Massen beim Elektronikhändler um die Ecke, was hier nicht viel anders ist, oder zumindest bei Verfügbarkeit einen gewissen Preis hat. Ich rede nicht vom 50cent-Typ im Plastgehäuse. Nehmen wir an, ein wissenschaftliches Gerät sollte in Russland entwickelt werden. Dann hat man nicht geguckt, was an Bauteilen alles verfügbar war, sondern man hat oft die Bauteile nach den Anforderungen erst entwickelt und produziert. Das macht es auch heute nicht ganz so leicht, westliche Bauteile reinzupacken. Gerade bei den Russen. Weil die eben nicht, wie behauptet, Alles wild kopiert haben. Ein Austausch von Standartbauteilen mag funktionieren, aber schon bei einen OPV im TO99-Gehäuse ist mit Problemen (Daten und Pinkompatibilität) zu rechnen. Die Bauteile selbst sind ebenso so zuverlässig wie wie jeder NSW-Typ. Zumindest Vieles :mrgreen:

Ich schicke heute hin und wieder Bauteile aus Russland und der Ex-DDR in verschiedene Länder, wie USA, Spanien, Dänemark, Griechenland, Italien etc., weil es dort Leute gibt, die auf bestimmte Dinge (meistens Analogtechnik) schwören und, man stelle sich vor, die damit noch Entwickeln. Selbstverständlich ist das keine Massenware. Auch gibt es zunehmend immer weniger Leute, die sich wirklich noch damit auskennen, da diese Generation langsam alt wird.

Bauteile klingen nicht. Manchmal sind "schlechtere" Daten, rein subjektiv empfunden, positiv und gewünscht, gerade bei der Klangwahrnehmung. Stichwort Röhre und Germanium bei Gitarrenverstärkern zB.
Ich selbst verbaue russische, tscheschische, polnische, ungarische, DDR, NSW-Halbleiter und moderne Bauteile gemischt auf meinen Modulen. Manchmal stehen diese dicht beieinander und die vertagen sich 8)

Gruss
 
...zum Thema Polivoks gab es einen Artikel in der letzen SOS...

...und im Raum München lasse ich meinen Polivoks auch gern mal befummeln...meiner hat MIDI und ist damit - für mich - superklasse zu spielen...die Tastatur ist nur zum Wegwerfen...

...bin immer noch am überlegen, ob ich nicht mal noch einen kaufen, zerlegen und dann als 19"-Rack-Modul ohne Tastatur wieder zusammensetzen sollte...
 
Hallo! (erster post heut, lese schon länger mit)

Elena Tikhonova schreibt in ihrem Aufsatz "Synthesizer für die Massen" Folgendes:

"Anfang der 1980er Jahre, am Höhepunkt des sowjetischen Wirtschaftsdefizits, erhielten jene Betriebe, die für die Rüstungsindustrie arbeiteten, die Weisung, neben Kriegsgerät auch Güter für die zivile Nutzung, 'für das Volk' herzustellen: Teekocher, Eimer und Töpfe, aber auch elektronische Geräte wie Radioempfänger und Kassettenrekorder wurden neben Patronen, Raketenköpfen und Radargeräten produziert. [...] Problematisch bei sowjetischen elektronischen Musikinstrumenten war, dass bei der Herstellung oft nur jene Bauteile zur Verwendung kamen, die die Qualitätskontrolle in sensiblen Bereichen (etwa der Kriegs- und Luftfahrttechnik) nicht bestanden: also minderwertige Elemente und Aussschussware. So waren diese Geräte von Anfang an fehlerhaft und unberechenbar – keines glich dem anderen. [...]" In: Zauberhafte Klangmaschinen. Von der Sprechmaschine bis zur Soundkarte, hg. v. IMA Institut für Medienarchäologie, Mainz 2008, S. 186-187.
 
(auch für mich first post!, hallo!)

Mehrmals fast einen Polivoks gekauft; überlege es auf jedenfall schon längere Zeit(allerdings, midi = must), aber irgendwie fühlt das Teil sich ziemlich zerbrechlich an, daher meine zweifel. Doch: klingt einfach unglaublich gut und eigen, die filter sind crazy. Habe auch andere vintage Soviet synthies versucht aber irgendwie bleibt nur Poli mir immer bei.
 
littlewhiteflowers schrieb:
(auch für mich first post!, hallo!)

Mehrmals fast einen Polivoks gekauft; überlege es auf jedenfall schon längere Zeit(allerdings, midi = must), aber irgendwie fühlt das Teil sich ziemlich zerbrechlich an, daher meine zweifel. Doch: klingt einfach unglaublich gut und eigen, die filter sind crazy. Habe auch andere vintage Soviet synthies versucht aber irgendwie bleibt nur Poli mir immer bei.
Jou, der Polivoks ist der coolste! Trotz klappriger Tastatur hat er was, der Sound ist schon krass.
 
Elena Tikhonova schreibt in ihrem Aufsatz "Synthesizer für die Massen" Folgendes:

"Anfang der 1980er Jahre, am Höhepunkt des sowjetischen Wirtschaftsdefizits, erhielten jene Betriebe, die für die Rüstungsindustrie arbeiteten, die Weisung, neben Kriegsgerät auch Güter für die zivile Nutzung, 'für das Volk' herzustellen: Teekocher, Eimer und Töpfe, aber auch elektronische Geräte wie Radioempfänger und Kassettenrekorder wurden neben Patronen, Raketenköpfen und Radargeräten produziert. [...] Problematisch bei sowjetischen elektronischen Musikinstrumenten war, dass bei der Herstellung oft nur jene Bauteile zur Verwendung kamen, die die Qualitätskontrolle in sensiblen Bereichen (etwa der Kriegs- und Luftfahrttechnik) nicht bestanden: also minderwertige Elemente und Aussschussware. So waren diese Geräte von Anfang an fehlerhaft und unberechenbar – keines glich dem anderen. [...]" In: Zauberhafte Klangmaschinen. Von der Sprechmaschine bis zur Soundkarte, hg. v. IMA Institut für Medienarchäologie, Mainz 2008, S. 186-187.


Was Elena Tikhonova, Filmregisseurin, Drehbuchautorin, Cutterin hier beschreibt, ist die ganz normale Selektion von Halbleitern. Im Osten landete das normale Zeug in der Konsumgüterproduktion. Auch betrifft das nur bestimmte Bauteile und längst nicht die gesammte Palette. So wurde der B165H/V = L165 mit den "schlechteren Daten" im Osten zum A2030H/V oder A2030H1/V1 = TDA2030. Sie vergleicht hier Space-Qualifided Produkte mit Ware, die für den Massenmarkt bestimmt ist. Hierzulande landet normale Ware bei Reichelt und Co..
Was kostet ein Space-Qualifided LM741HM heute? Etwa 150$. Ich bezweifle, dass Frau Elena Tikhonova hier fundiertes Wissen besitzt, oder weiss, dass ein 3EX5 auch ein KP303E ist und warum das so ist. In einem Buch klingen ihre Sätze natürlich besser :mrgreen: Ganz so einfach ist es also nicht.

Die "minderwertige Ware" bzw. die "Ausschussware", welche E. Tikhonova hier beschreibt, ist aus Sicht der Massenmarktware bzw. Konsumgüterproduktion "tolles Zeug", sofern es aus der selben Charge stammte. Aus Sicht der Kriegs- und Luftfahrttechnik natürlich ein Risikobauelement unter den streng vorgegebenen Anforderungen an die Daten. Die Nasa macht das nicht anders wenn nicht noch strenger. Wäre ja auch fatal, wenn anhand eines Bauteiles, welches zB. wegen Übertemperatur das Handtuch vorzeitig wirft, ein Milliardenprojekt unkontrolliert im Orbit treiben lässt.

Manche Codierungen (wenn überhaupt vorhanden) auf militärischen oder anderen Sonderbauelementen sind selbst heute nur schwer zu interpretieren, da diese, wie die Bauteile bzw. die Projekte selbst, streng vertraulich behandelt wurden/werden. Das war immer so und wird immer so bleiben. siehe:

gt310.jpg


Russicher GT310b, Germanium, PNP, 160MHz, Space-Qualifided und in der Satellitentechnik eingesetzt gewesen. Miniaturbauform.

Halbleiter und deren Daten sind stark von den jeweiligen Chargen und von den Produktionsstätten selbst abhängig. Ich kenne jemanden, der anhand der Vergussmassen, der Bedrahtung und der Becherform von metalverkappten Transistoren sagen kann, woher ein Bauelement stammte, wann es produziert wurde und welche davon quasi von "minderer" Qualität sind und welche für seine Zwecke KlasseA-Ware sind. Ein BFY90 ist noch lange kein BFY90 nur weil BFY90 draufsteht.

Erstklassige Bauteile haben ihren Preis. Sowas verbaut man nicht in rauhen Mengen in Konsumware (Wer soll das freiwillig bezahlen?):

MD6003-Quartett.jpg


MD6003 auf Sockel, selektiertes Quartett, original Motorola

Noch ein Beispiel (siehe Tabelle unter "AD589 Model Options"):

http://www.analog.com/en/references/vol ... oduct.html

Welche davon sind Ausschuss? Es kommt eben immer auf die Anforderungen an. Echter Ausschuss landet in der Tonne. Dabei spielt es keine Rolle, in welchen Land die Tonne steht. In der Zone (Ex-DDR) landete ausselektierte Ware als "billiger" Basteltyp mit entsprechender Kennzeichnung "S1" in den Bastelläden. Voll funktionsfähig, aber bestimmte daten wurden nicht erreicht.
Gruss
 
Vielen Dank für den aufschlussreichen Kommentar! Der Aufsatz von Frau Tikhonovo mutete mir von Anfang an etwas halbgar an. Wollte ihn dennoch als Diskussionsbeitrag einstreuen. Der ganze Band kommt leider nicht über einen groben Überblick hinaus.
 
Hallo,

möchte jemand einen seiner Russen loswerden bzw. verkaufen??

Suche zuvorderst:

Faemi-1M

oder

Maestro (den am liebsten ;-)

Mitunter gibts ja welche bei ebay, aber diese Einfuhrsteuer-Zollgeschichte nervt, wenn sie aus RU stammen u. macht einen Kauf extrem unattraktiv,. Zumal man nicht weiß, wie gut in Schuss die Dinger aus Novgorod o. sonstwoher sind.
 


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