Über welches Synclavier sprechen wir hier? 3200, 6400, 9600, PostPro? Diese Geräte sind sicherlich heute nur noch Monstrositäten, da das, was damals absolut unglaublich war von den technischen Möglichkeiten her, heute jedes Laptop mit Musiksoftware ähnlich bequem machen kann. Klar, die Audioqualität beim Synclavier ist immer noch hervorragend, ebenso die Ergonomie des ganzen Systems, aber ähnlich wie beim PPG war das Ding immer Speerspitze der Entwicklung, und der Benutzer meist unfreiwilliger Betatester. Ich muß immer an Stefan Ingmann denken, der mal vom Kraftwerk-Synclavier erzählte, daß die Band 800.000 US$ für ein System verknattert hat, welches so unzureichend funktionierte, daß das Keyboard hauptsächlich als Masterkeyboard eingesetzt wurde.
Vor einigen Jahren hätte ich ein großes System geschenkt haben können. Ich hätte es nur aus Skandinavien abholen und nach Deutschland verschiffen lassen müssen. Ein Cousin von mir arbeitet bei einer großen Hamburger Spedition, er hatte mir mal einen Preis ausgeknobelt... das wäre auch noch okay gewesen. Ich habe es aber sein lassen, weil ich keine Lust auf drei mannshohe, zentnerschwere und anfällige Trolleys im Studio hatte, die ich hinterher nicht in Gang bekomme, weil irgendwelche Komponenten oder Software nicht mehr funktionieren. Service gibt es immer noch -- zu Originalpreisen. Und wenn man nicht weiß, wo ein Fehler entsteht, kann man auf´s Geratewohl Austauschboards bestellen und sehr viel Geld verbrennen, ohne daß das Gerät am Ende funktioniert. Da würde ich persönlich die Hände von lassen -- vor allem dann, wenn ich selbst nicht genau weiß, was ich da tue.
Das Synclavier 2 als reiner FM-Synthesiser (vielleicht noch mit Sampling-Option) ist da eher interessant, weil der Klang toll ist -- sehr rauh, sehr roh, sehr digital, sehr aggressiv und sehr ballsy. Wahrscheinlich nichts, was man nicht auch ähnlich mit einem FS1R hinbekäme, aber die Bedienung ist durch das schöne Controller Keyboard und das VT-100-Terminal sehr einfach -- wenn man einmal weiß, was man tut. Auch diese Timbre Windows sind sehr praktisch, wenn man Layers programmieren will. Wir hatten es damals Seite an Seite mit meinem PPG 360 verglichen, sehr große charakterliche Überschneidungen festgestellt -- und, daß der PPG das Synclavier sogar noch ein bißchen in den Schatten stellt, was den Druck angeht.
Aber auch hier war das Problem, daß irgendwann irgendwelche nicht näher einzugrenzenden technischen Probleme auftraten, die durch den Austausch von sündhaft teuren Ersazkarten behoben werden sollten -- es aber nicht wurden.
Wenn du also viel Geld in Dein Hobby zu stecken bereit bist und vielleicht auch jemanden kennst, der Dir technisch zur Seite stehen kann, dann ist ein Synclavier das Richtige für Dich. Wenn´s aber für Dich finanziell ruinös werden könnte, würde ich mich ernsthaft fragen, ob ich mir das antun wollte. Träume sollte man sich auf jeden Fall erfüllen, solange man lebt, aber zu Alpträumen sollte es nicht ausarten.
Stephen