Was sind echte Kreativ-Killer?

Bluescreen schrieb:
Mangel an Frischluft und Tageslicht. Ich könnte niemals in einem Profistudio, wo es ja häufig keine Aussenfenster gibt, arbeiten.

Deswegen gibt es ja eine Menge davon, die all das bieten. Selbst bei mir im Projekt-Studio sieht es nicht so aus, wie sich das Leute so vorstellen. Es sieht nämlich so aus wie es aussieht. Und das heißt Millionen Lux, damit man was sieht von der Musik, die da gemacht wird. Natürlich keine Neonröhren. Fenster, Luft, warm, gemütlich, auch barfuß geht usw. Ich gehe auch in keine externen Studios, bei denen das nicht so ist, von Ausnahmen abgesehen, die das irgendwie anders ausgleichen. Mic hat mal einen Blog verlinkt, wo lebenstaugliche Studios fotografiert sind. Schön!
 
Einer der größten Kreativkiller für mich: Musik als Arbeit zu betrachten. Zu Arbeit wird es meist erst NACH dem Kreativteil. Kann man sich Kreativität erarbeiten?
 
kpr schrieb:
Ja, sehe ich genauso. Unterm Strich auf jeden Fall. Kommen wir also zu den Ausnahmen und damit zur Kehrseite der Medaille, denn der Thread handelt ja von Kreativkillern. Die gibt es unter Mitmusikern nämlich auch und m.E. in diesen Fällen:

- Miesepeter. Arrangeur und Composer kommen mit massig Ideen an und machen Kram, der Miesepeter lässt an nichts ein gutes Haar. Grausam.

- Ladehemmung. Alle Beteiligten sprudeln nur so vor Ideen, nur einer kommt nicht zu Potte. Das muss nicht unbedingt tragisch sein, aber kann bei festzementiertem Rollenverhalten den Fluss stören.

- Unsicherheit. Sind alle Musiker souverän drauf, können ihren Kram und sind einigermaßen selbstsicher, und einer aber traut sich nix zu, dann zieht das u.U. den ganzen Laden runter.

- Over the top. Findet man gerne bei Sängern oder G_itarristen. Sind der Tollste und reißen die Klappe auf, liefern aber Durchschnitt ab. Abtörner, egal ob on stage, im Studio oder im Wohnzimmer.

Gibt sicher noch ne längere Liste :D

Ich könnte noch die Fraktion der undisziplinierten Spaßvögel anfügen. Das sind diejenigen, die fortwährend auf Gitarre, Schlagzeug etc. rumnudeln, während man selber zB etwas besprechen will, sich aber wegen des Lärms erst gar nicht Gehör verschaffen kann. Oder Sänger, die bei solcher Gelegenheit zusätzlich blöde Kommentare ins Mikro nuscheln.
 
Zwischenfrage: Wenn man jetzt alles gelistet hat: Weiss man dann wirklich, was wirklich was bringt? Ich meine als Negativliste und in dieser Form?
 
Für mich persönlich (womöglich mit jeder Menge Wiederholungen):

Negativ:

- Internetzugang (es ist einfach zu einfach Zeit online totzuschlagen, diese Zeit könnte man ebenso für Erholung mit Musik einsetzen)
- Stress (Prüfungen, Finanzsorgen, Sorge um Mitmenschen...)
- Unordnung (auch wenn ich kein besonders ordentlicher Mensch bin, ich arbeite einfach besser in aufgeräumten Umgebungen)
- Computer (weil ständig irgendwas nicht geht)
- Wenig Schlaf (ist schädlich für alles, auch Musik)
- Bewegungsmangel (siehe Schlaf)

Positiv:

- kleines, zugängliches und funktionierendes Setup
- Equipment, das klingt und Spaß macht
 
kpr schrieb:
Natürlich keine Neonröhren.

Meinst Du wirklich Neonröhren oder vielleicht doch Leuchtstofflampen?

Letztere hab ich im "Studio", keine Probleme damit und spare auch noch Strom. Quecksilber hört sich aber nicht so gut an.

Am produktivsten war ich in einem Kellerstudio mit Dämmung am einzigen Fenster.
Zwar wenig Frischluft, aber keine Ablenkung durch Strassenlärm oder Geschehnisse draussen, kein Rechner mit Internet-Anschluss, dediziertes Studio und nix anderes.
 
sonicwarrior schrieb:
kpr schrieb:
Natürlich keine Neonröhren.

Meinst Du wirklich Neonröhren oder vielleicht doch Leuchtstofflampen?

.

Wir haben die immer Neonröhren genannt, vielleicht muss das ja Leuchtstoffröhren heißen. Ich meine diese hässlichen langen Dinger, gibt´s auch in rund, die in Schulen, Krankenhäusern und Behördengängen an der Decke hängen und ein hässliches weißes Licht machen.

Mic: Diese Negativliste ist gar nicht so schlecht. Zwar ist es immer wichtig zu wissen was für einen GUT ist, aber genauso wichtig ist es zu wissen was einen AUSBREMST. Wie ich hier gelesen habe, ist die Sache mit Zeitdruck und so bei manchen Leuten nicht so gefragt, hat ja aber seine Vorteile. Wenn ich also unter positivem Zeitdruck was erreichen will, dann schalte ich im Vorfeld alle "Gefahren" aus. Oder, falls sich was während der Kreativphase ergibt, bin ich schnell im Kopf und reagiere direkt und lasse mich nicht ablenken von einem Störfaktor. Ist also durchaus praktisch, seine individuellen Kreativkiller zu kennen.
 
die hässlichen leuchtstoffröhren gibt's ja bekanntlich in verschiedenen weißtönen. man kann also getrost einfach die farbtemperatur wählen, die einem gut tut.
ich hab im badezimmer möglichst dunkle, gelbe röhren drin. die erschrecken mich nach dem aufstehen nicht so :)
fürs heimstudio würde ich welche mit möglichst tageslichtähnlicher (wohlgemerkt: ähnlicher) zusammensetzung nehmen - gibt es, lohnt sich!
(ich hatte als teenie jahrelang musikschulunterricht in räumen mit leuchstoffröhren. wenn dort tageslichtröhren drin waren, war das ein unterschied, wie tag und nacht gegenüber den dingern, die da im flur hingen ;-)
 
Also bei mir haben die Dinger nen leichten Gelbtouch (sieht man vor allem auf Digitalfotos) und ich find die angenehm, vielleicht hab ich mich auch nur dran gewöhnt.
In dem genannten Kellerstudio hatte ich auch ne unangenehme weisse Röhre, dazu aber noch so ein gelbes Licht. Wenn beide an waren, war das Licht angenehm und hell genug.

Was man auch nicht unterschätzen darf sind zuwenig Nahrung oder unausgewogene Ernährung. Viel Wasser trinken ist der Konzentration z.B. zuträglich und besonders im Sommer SEHR wichtig.
Warum Wasser? Weil man es literweise trinken muss. Dafür sind alle anderen Getränke so ziemlich ungeeignet, Ausnahmen sind eventuell Eistee und Saftschorlen (wobei da ja auch grösstenteils Wasser drin ist). Wasser enthält auch keinen Zucker und keine Säure und ist daher dem Erhalt der Zähne zuträglich.
 
Zu den Leuchtstoffröhren:
- es gibt die in unterschiedliche Farbwiedergabequalitäten.
- die weißen ('kälteren') Röhren sind da potentiell besser
- je dunkler das Licht, desto gelblicher muss es sein, damit es als farblich angenehm empfunden wird.

=> eher dunkles Licht geht mit Leuchtstofflampen schlecht. Denn dann dominiert eine gelbgrüne Spektralline besonders effektiven Leuchtstoffes die Lichterzeugung.

Weiterer Punkt: Leuchtstofflicht flackert, dagegen helfen allerdings HF-Vorschaltgeräte.

Ich finde Leuchtstofflicht in Tageslichtweiß und ordentlich hell am angenehmsten - oder für Abends gleich den trüben Schein einer 40W Funzel. (Helles Licht macht wach.)
 
Was sind echte Kreativ-Killer?

für mich ist erfahrung ein großer Kreativ-Killer

lösungansatz könnten da sein :
kindliche verhaltenweise sich aneigenen beim bedienen der seq. &synths & pianos. auch mal den still wechseln (wieso nicht mal gamelan musik machen ?) sich andere zuhörer holen und kritik geben lassen,

ps.

routine führt zu fehlern(langweile)
audio routing führt zu kreativeren fehlern
mut zur mehr fehlern und weniger routine...

die idee haben ist ja sehr alter begriff und wird wenig eingesetzt ,weil chaos nun mal nicht so "menschlich" ist , aber chaos ist die beste art kreatives handeln zu ermöglichen......

man könnte auch modulare system als grundsätzlich chaotisch betrachten.... diese durch laufen verschieden schichten von mustern (v/okt-raster, filter, hüllenkurven,seq.) um uns zu gefallen...

fusion als still? lautstärke der instrumente haben auch schon stille verändert piano->drums->e-catgut hmmm
 
Bei mir hier in der Nähe ist ein Studio im Tresorraum einer ehemaligen Bank. Also ich beneide die jetzt eher, weil es dort jetzt nicht so scheiß-warm ist. Zum konzentrierten Arbeiten finde ich es immer besser, wenn es nicht so hell ist, das gilt für mich sowohl beim Musikmachen wie auch bei der Programmierarbeit. In meinem Homestudio habe ich zwar ein Fenster, dessen Jalousien sind aber immer unten. Ist allerdings auch unter dem Dach, so dass es dort so auch schon heiß genug im Sommer ist ...

Hitze im Studioraum ist für mich der Kreativkiller Nr. 1. An einem schönen kühlen verregneten Tag macht es mir gleich mehr Spaß überhaupt irgendetwas zu machen.

Ein weiteres Kreativitätshemmnis ist sicher überzogener Perfektionismus. Ideen, die kommen, werden einfach nicht als solche akzeptiert, weil man meint, man müsste es doch eigentlich noch besser können.

LG
Jörg
 
schaf schrieb:
für mich ist erfahrung ein großer Kreativ-Killer

Absolut! Eigentlich sogar der Schlimmste von allen. Manchmal wünschte ich, es wäre möglich, alles, was man über Technik und so weiß, einfach mal für ne Stunde zu vergessen.

Das hat dann aber wieder mit dem Gear zu tun. Elektron zum Beispiel provoziert kindliches Bedienen bei mir.
 
Für mich ist ein echter Kreativkiller dieses Internet. Jedesmal bevor ich Musik machen will hocke ich mich vor dieses Ding und lese meine Mails, schau in diversen Foren oder chatte blöd und sinnlos in der Gegend herum anstatt ins nächste Zimmer zu gehen und meine wunderschönen Synthies anzuschmeißen.... 8)

Natürlich aber auch ein positiver Kreativkiller ist das wunderschöne Wetter das wir gerade haben. Da gehe ich lieber zum Segeln oder zum Baden anstatt Musik zu machen.
 
Ich finde auch das Leute Kreativ-Killer sind, die mir vorschreiben wollen, was ich für musikalisch belanglos halten soll und die mir überhaupt vorschreiben wollen, was ich gutfinden soll und was für Sounds gemacht werden sollen.
Einige Weltsichten sind hier auch so negativ, dass ich manchmal gar keine Lust mehr habe. Ebenso stehen manche hier auf einem derart hohen Ross, was Ihre Intelligenz und Ihr Wissen betrifft, dass ich manchmal nur noch draufballern möchte. Aber ich hab eigentlich keinen Bock mehr Gabber oder Ultra-Hartes Gedöns zu machen.

Und dann wird sich drüber aufgeregt, wenn ich mal zu nem Gerät ne kleine Kritik habe. :dunno:
Zumeist von Leuten, die dann Non-Geräte-mäßig ordentlich Kritik austeilen.
Ich finde es WESENTLICH schlimmer, wenn hier auf Leuten rumgehackt wird, als wenn mal ein Gerät ein bißchen kritisiert wird. Vor allem, wo sonst immer an Magazinen rumgemäkelt wird, die nicht genug kritisieren, sondern alles glattschreiben. Doppelmoral?

Sowas hat schon öfter meine Lust gekillt, Musik zu machen.

Jetzt kommt vermutlich der Einwand, dass man sich doch nicht von anderen runterziehen lassen sollte und blabla. Das schafft aber nicht jeder und ich gehöre nicht zu denen, die es schaffen.

Im grossen und ganzen kann ich sagen, dass das Forum ein grosser Kreativitäts-Killer für mich ist (auch wenn es hier natürlich auch viele nette Menschen gibt).
Langfristig werde ich mich daher etwas zurückziehen (da werden sich aber jetzt einige freuen).
Wenn nicht die Community-Aktivitäten wie HK und so wären, würde ich dem Forum wohl ganz den Rücken kehren. Wär eigentlich auch besser.
 
Moogulator schrieb:
Seh ich komplett gegenteilig. IdR bringen Mitmusiker mehr rein als man alleine kann. Wenn das anders ist, haben die Projekte nie lange überlebt. Von anderen kann man schon einiges lernen. Immer. Auch als alter Sack noch. Ich hoffe es kommt ein Posting von Kollege KPR dazu, schätze der sieht das ähnlich.

kpr und Moogu haben natürlich recht; ich persönlich schätze Zusammenarbeiten mit anderen ebenfalls sehr, weil man immer etwas dazulernt bzw. plötzlich Dinge macht, zu denen man alleine nie imstande wäre oder die einem selbst so nie in den Sinn gekommen wären. Zusammenarbeiten erschließen immer neue Horizonte. Das ist natürlich der erstrebenswerte Idealfall und für mich ein Grund, mit anderen zusammenzuarbeiten. Mit dem ziemlich platten Statement oben würde ich einigen Kollegen, mit denen ich in der Vergangenheit sehr schöne musikalische Erlebnisse hatte, Unrecht tun, was nicht in meiner Absicht liegt.

Um die Liste von kpr noch zu ergänzen und meine Aussage näher zu spezifizieren:

Ich dachte mehr an Mitmusiker, die

- lieber große Töne spucken statt große Töne spielen;

- zur maßlosen Selbstüberschätzung neigen, was ihre eigene Relevanz innerhalb des Zusammenarbeitsverbundes -- sowohl musikalisch, als auch persönlich -- angeht;

- die Plots irgendwelcher Fernsehserien besser kennen als die Bedienung ihrer Geräte;

- lieber durch die Republik eiern, um irgendwelchen Sportereignissen zu folgen, als sich um die Fertigstellung von Releases zu kümmern, sich aber groß aus dem Fenster lehnen und lauthals ihr Mitspracherecht einfordern -- und rumzicken, wenn sie es nicht bekommen;

- teure Geräte als Renommierobjekte rumstehen haben, aber keine Anstrengungen unternehmen, diese auch zu erhalten/instandzusetzen, sondern vielmehr rumjammern, wenn mal was kaputtgeht -- dann sind´s im Zweifelsfalle die anderen Schuld, die einem zu diesem oder jenem Gerät geraten haben;

- andere das Risiko tragen lassen, diese für ihr Engagement auch noch verhöhnen, dabei aber ganz schnell auf der Matte stehen, wenn sie Geld, das andere für sie verdient haben, abgreifen können -- und sich womöglich dafür noch nicht einmal bedanken;

- sich ungefragt an gemeinsam erarbeitetem Material bedienen, andere aber öffentlich verunglimpfen, wenn sie sich selbst ungerecht behandelt fühlen;

- andere der Unredlichkeit bezichtigen, ohne sich dabei an die eigene Nase zu packen, die sich z. B. darüber aufregen, daß irgendwelche bösen Russen die eigene Arbeit illegal ins Internet stellen, sich selbst aber irgendwelchen Kram aus dem Netz ziehen, der dort gewiß nicht unter Beachtung aller Urheberrechte gelandet ist;

- lieber hunderte Sampling-CDs von Drittanbietern auf´s Geratewohl durchforsten bzw. Readymades oder Werkspresets im Dutzend abrufen, statt selbst *einmal* kreativ zu werden, das aber selbst für eine grandiose, kreative Meisterleistung halten;

- andere Beteiligte Konzerte an Land ziehen lassen, aber selbst nicht imstande sind, sich entsprechend vorzubereiten, technisch wie musikalisch, ihr Mitwirken und ihren Anteil an der Gage aber ganz selbstverständlich einfordern -- und beleidigt sind, wenn man es wagt, sie auch noch für nicht erbrachte Leistung zu kritisieren;

- glauben, es würde ausreichen, sich eine Woche vor einem Konzert hinzusetzen und mal ein bißchen rumzududeln, während andere Beteiligte seit Monaten mit den Vorbereitungen beschäftigt sind, damit alles glatt geht und alles daran setzen, sich nicht auf der Bühne zu blamieren;

- die nicht imstande wären, ein Konzert notfalls allein zu spielen, obwohl sie sich damit brüsten, daß *ihretwegen* Gäste aus dem In- und Ausland von weit her einfliegen;

- Zeit mit Kabeltreterei und Gestümper vergeuden, sich aber gleichzeitig über andere erhaben fühlen, sich lauthals beschweren und mit dem Finger auf sie zeigen, wenn sie Fehler machen oder irgendwo was schiefläuft;

- ewig auf sich warten lassen, und dann kommt doch nichts... "after years of waiting / nothing came..." (Radiohead)

Das sind so ganz spontan die Fälle, in denen ich mir überlegen würde, vielleicht doch noch meine guten Vorsätze über den Haufen zu werfen (Fälle gibt es sicherlich noch viele mehr). Denn merke:

"Sich Federn in den Arsch zu stecken, macht einen noch lange nicht zu einem Huhn." (Tyler Durden / "Fight Club")

Aber andererseits: Solange für mich immer schön die anderen die Arschlöcher sind, ist für mich die Welt ja in Ordnung. Was rede ich hier also so geschwollen :twisted: ? Solange es gut für diese Art Mitmusiker funktioniert, *so* clever zu sein, wollen wir mal hoffen, daß es auch weiterhin für sie so gut funktioniert.

Stephen ("Beißender-Spott-Modus" aus)
 
Stimmt wohl alles was du schreibst PPG360, aber natürlich sollte man vorher abklopfen ob die Chemie paßt.

Ich denke das so mancher auch Angst vor Kritik hat, der vorher alleine im stillen Kämmerlein für sich rumfrikelte und sich dann auch selbst mit seinem "Talent" einbringen muß. Wer dabei insgeheim an sich selbst zweifelt, oder noch schlimmer, sich für den Größten überhaupt hält, wird natürlich auf Schwierigkeiten stoßen. Nicht immer sind die Mitmusiker das Problem und ein gesunder Blick in den Spiegel, kann nicht schaden.

Wenn man das berücksichtigt, können Mitmusiker sehr inspirierend und eine Bereicherung sein.
 
Neo schrieb:
ein gesunder Blick in den Spiegel, kann nicht schaden.


Eine weise Erkenntnis.

Die meisten wirklich richtig guten Musikerkollegen, die ich kenne jedenfalls, sind sich ihrer Qualitäten genauso bewusst wie ihrer Schwächen. Und dieses einigermaßen stimmige Selbstbild sorgt dann durch die Bank für pragmatische Einstellungen wenn es um die reale Arbeit geht, Demut vor dem Herrn wenn es um die Rüberbringe der eigenen Gefühle geht und passende Bühnenpower wenn es heißt: "Showtime!". Unterm Strich bedeutet das, dass alles seinen Platz hat und es nur dann blöd wird, wenn jemand das verwechselt. Showtime hat im Proberaum oder Studio nix verloren, und Sanftmut ist on stage auch fehl am Platz außer bei Balladen. Musiker die das elegant auf die Reihe kriegen, haben auch in der Regel ein vergleichsweise problemloses Sozialleben mit ihren Kollegen. Von Ausnahmen abgesehen, die da heißen Tagesform, private Sorgen oder Stress mit der Freundin des Drummers :D
 
Neo schrieb:
Nicht immer sind die Mitmusiker das Problem und ein gesunder Blick in den Spiegel, kann nicht schaden.

Ja, da hast Du natürlich recht, es gehören immer zwei dazu.

Mein größtes Problem scheint zu sein, daß ich sehr viel von anderen und noch mehr von mir selbst verlange. Das scheinen viele nicht ernstzunehmen, oder es überfordert sie ganz einfach. Die scheinen zu glauben, daß ich es mit meinem Hobby übertreibe. Ist ja bloß´n Hobby... oder im Zweifelsfalle Wahnsinn, Obsession, Zeitverschwendung, mangelnde Zurechnungsfähigkeit oder was auch immer an Unverständnis da herangezogen wird, um mein Handeln zu interpretieren.

Ich sehe das so: Wenn ich Oldtimer restaurierte, würde ich sie auch fahrtüchtig machen und mit ihnen Ausflüge unternehmen wollen. Und nicht bloß ewig in der Garage vor ihnen sitzen, sie anglotzen und mir in den buntesten Farben ausmalen wollen, wie toll es jetzt wohl wäre, wenn man denn mit ihnen fahren könnte, wenn man sie jetzt betriebsbereit hätte und man nicht stattdessen in der Glotze etwas Bequemeres finden würde, für das man sich nicht die Finger schmutzig und den Rücken krummachen müßte usw. usw. Konjunktive alleine machen noch keine Arbeit. Geschweige denn, Lebensqualität.

Ansonsten gebe ich allen recht: Mitmusiker können definitiv eine enorme Bereicherung sein, die einem u. U. das ganze Leben (positiv) auf den Kopf stellt -- und wo wäre ich kleines Licht heute ohne Cosmic Hoffmann, Mark Shreeve oder Markus Reuter? --, aber eben auch the biggest pain in the arse. Auf letzteres stehe ich nur begrenzt, und alles, was keine Hämorrhoidensalbe mehr kuriert, verursacht mir dann schon größeres Ungemach. Da hilft dann nur noch ein chirurgischer Eingriff bis weit ins Gesunde... ;-)

Stephen
 
ppg360 schrieb:
Mein größtes Problem scheint zu sein, daß ich sehr viel von anderen und noch mehr von mir selbst verlange.

Ist ja kein Einzelfall.

Dazu kenne ich 2 Perspektiven.

Die eine ist die, dass manche Musiker vorgeben hohe Ansprüche zu stellen und leistungsbereit zu sein, das dann aber schuldig bleiben. War also heiße Luft und Wunschdenken der Betreffenden. Vielleicht auch ein verzerrtes Selbstbild.

Die andere ist die, dass z.B. Geschwindigkeit in der Umsetzung von Ideen relativ ist. Sitze ich neben dem Kollegen und der bastelt an seinem Part rum, dann kommen mir 20 Minuten vor wie 2 Stunden. Wenn ich selber den Take zum 49. Mal aufnehme und dafür eben 1 Stunde brauche, dann merke ich das gar nicht, weil ich in einer zeitlosen Seifenblase drinstecke. Der Kollege neben mir sieht das sicher anders, falls er auf mich warten muss :D

Das ist aber noch nicht alles. Craig Anderton hat mal in Keyboards einen klasse Artikel verfasst über die verschiedenen Musikertypen und wie die so ihren Output haben. Craig kommt auf 7 Grundtypen. Darunter ist der, der den ersten Take macht und das ist ein Geniestreich. Bei solchen Leuten sollte man immer den Record Button gedrückt haben, gerade eben beim ersten Take. Danach kommt nichts mehr für 1 Stunde oder auch in alle Ewigkeit. Dann gibt´s den Musiker, der einen lange Anlaufphase braucht, bis er auf Touren kommt und dann aber in der Lage ist, den Hammerpart abzuliefern. Hier lohnt sich also Geduld. Oder es gibt den Kollegen, der so eine Art Wellenbewegung hat, wenn er kreativ sein soll. Da kommt mal ein Higlight, dann ne Weile nur Quatsch, dann wieder ein Highlight und danach nur Käse. Selbst nach 2 Stunden am Stück kann dann am Ende nochmal eine Ultrafunke passieren, hier sollte man also eine ganz ulkige Geduld haben und den zwischendurch immer wieder mal anfeuern.

Waren jetzt nur 3 Typen, Craig hat noch 4 mehr auf Lager und das echte Leben sowieso.

Also mir hatte das mehr als nur einen Gedankenanstoß gegeben und seitdem sehe ich das, nicht nur was mich selber betrifft, mit ganz anderen Augen. Ich bin der Typ, bei dem man den ersten Take nehmen sollte, das kann DAS Ding sein, und dann geduldig warten, denn der 52. Take kann dann einen draufsetzen. So isses nicht immer, aber trifft es in etwa.
 
Das eigentliche Aufnehmen kann auch schon eine Art Kreativkiller sein.

In den letzten Tagen habe ich lauter Tonbandaufnahmen mit der Kantele gemacht, meiner geliebten, also richtig mit Spulenband und Mikrofon dran. Beim Spielen ohne Aufnahme klingt es fein, aber sobald Record gedrückt ist, kommt so eine Spannung auf, und dann ist man irgendwie so drauf aus, so frei rumzuspielen wie gerade eben. Und das klappt nicht immer auf Anhieb. Also, das ist eigentlich nicht die Schuld des Tonbandgeräts oder eines anderen Aufnahmemediums, sondern so eine seltsame Vorstellung, die man hat, dass es halt so frei und gut gespielt werden soll, ohne Zwang. Aber ist trickreich, ne!

Was auch nicht gut ist, sind kalte Hände. Oder verschwitzte Hände. Also aufwärmen und abregen.

Also, einfach so spielen ohne Aufnehmen ist ja auch gut. Nicht dass da hinterher wer anderes was von hätte. Aber muss ja auch nicht.

... Aber wenn es dann gelingt, dann kann so ein Bandgerät endlos laufen, und man kann sofort festsellen, wie viel Band noch frei ist. Das geht beim kleinen Display eines Minirecorders nicht so gut. Und die lustigen unbeabsichtigten Phasing-Effekte und Dropouts beim Bandgerät sind nicht so übel.

Am besten, man macht sich nicht verrückt. Dann geht alles leichter von der Hand und man sagt sich einfach: Passt scho, gell, Seppi.
 
moognase schrieb:
Das eigentliche Aufnehmen kann auch schon eine Art Kreativkiller sein. (...) Beim Spielen ohne Aufnahme klingt es fein, aber sobald Record gedrückt ist, kommt so eine Spannung auf, und dann ist man irgendwie so drauf aus, so frei rumzuspielen wie gerade eben.

Dagegen hilft: just roll tape! Einfach Band moeglichst oft sowieso mitlaufen lassen, dann gibts keine Rotlichtspannung. Kann man ja wieder notfalls loeschen. :)

Roadrunner
 
Schlecht verkabeltes Equipment.
Ich habe gerade wieder festgestellt wie bitter es ist wenn nur mal eben was aufnehmen will und dann erstmal teile neu verkabeln muss.



Eigene Unentschlossenheit
Ist wahrscheinlich man ganz persönliches Problem, aber ich kann mich nie endgültig entscheiden, ob ich nun alles mit Hardware machen soll oder nachdem die Ideen in den Hardware Kisten eingespielt sind diese in den Rechner zu überspielen.

:roll:
 
Roadrunner schrieb:
moognase schrieb:
Das eigentliche Aufnehmen kann auch schon eine Art Kreativkiller sein. (...) Beim Spielen ohne Aufnahme klingt es fein, aber sobald Record gedrückt ist, kommt so eine Spannung auf, und dann ist man irgendwie so drauf aus, so frei rumzuspielen wie gerade eben.

Dagegen hilft: just roll tape! Einfach Band moeglichst oft sowieso mitlaufen lassen, dann gibts keine Rotlichtspannung. Kann man ja wieder notfalls loeschen. :)

Roadrunner

Genau so wird es gemacht!
Ohne Druck das etwas vernünftiges raus kommen muss.
Einfach mal laufen lassen...
 
sich mit unkreativen dj,s unterhalten sowie sich in einer

unkreativen scene aufhalten in einer unkreativen stadt ..

also das ist ein kreativitäts killer ....
 
DATA BOY schrieb:
sich mit unkreativen dj,s unterhalten sowie sich in einer

unkreativen scene aufhalten in einer unkreativen stadt ..

also das ist ein kreativitäts killer ....
ich glaube nicht, dass es unkreative Städte gibt; in jeder gibts leute und Ecken wo die Kreativität nur so sprudelt :D
 
kreativkiller:
- zu viel Unausgegorenes (projekte, angefangene songs)
-> keine Ergebnisse -> kein Feedback -> kein Erfolgserlebnis
lieber was fertigmachen oder es wegschmissen als immer denken, dass man das "irgendwann" noch besser macht.
- unklares Gerätesetup (Zeug was immerwieder anders aufgestellt und angeschlossen wird)
- Unordnung (sowie am Arbeitsplatz als auch im Rechner)
- Angst vor Misserfolg
- Jammern

entgegen der Meinung von vielen hier sehe ich aber Dinge wie Sorgen, Geldnot usw. bis zu einem bestimmten Grad als nicht kreativtötend an. Kann sogar teilweise inspirierend sein. Natürlich gibts eine Schwelle ab der das nicht mehr funktioniert. Auch Zeitdruck find ich manchmal Kreativitätsfördernd.

Ebenfalls kreativfördernd:
- Mal durchatmen. Ab und zu 2 Tage weg von der Technik. Im Hirn macht man ja sowieso irgendwie weiter und man öffnet dadurch neuen Raum für Ideen.
- Mal Freunde treffen die nicht unbedingt was mit Musikmachen zu tun haben.
- Nichtmusikern seine Musik zeigen.
- Bedienungsanleitungen lesen :)
- Experimente
- Live spielen
- Jammen
- Tanzen
- Freiheit
Edit:
Im allgemeinen muss ich sagen, dass verschiedene Herangehensweisen, Instrumente, Umgebungen usw. nicht kreativhemmend oder -fördernd sein können sondern eher wie man außerhalb dieser Materie lebt und sein Hirn behandelt. Durch alles was man tut entwickelt man sich ja und formt seinen Geist, daher spielt alles ne Rolle. Wenn man zB die ganze Zeit am Jammern ist, dann muss man sich nicht wundern, wenn man nur Jammerhaftes hinkriegt. Wenn man sich nur auf die Unanehmlichkeiten des Lebens konzentriert und nicht merkt wie frei man sein könnte, dann wird auch die Musik oder die Sounds keine Grenzen überschreiten.

Edit2:
Kreativhemmend:
- wenns mal nicht läuft das Problem außerhalb von sich selbst zu suchen (Schlechte Stadt, Synth, Zimmer, Kabel, Usb :)
 


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