Besuch 17.2.18, Köln, WDR Studio für Elektronische Musik zieht um

Nach meinen Beobachtungen, ich habe bisher 9x an den "Klassenfahrten" teilgenommen, ist das Interesse eher bescheiden und konzentriert sich im Wesentlichen auf die Technik, nicht aber darauf, was man damit anfangen kann bzw. angefangen hat.
Das war doch vorher schon klar, das die Leute hauptsächlich wegen dem Gearporn kommen, denn einen Synthi 100 sieht man eben nicht alle Tage.
 
Das kann aber nicht die Grundlage dafür sein, das Studio für Elektronische Musik nun als für jedermann begehbaren Ort zu machen. Das wäre dann die beklagte "Freakshow".
 
"Dummen" oder Unwissenden den Zugang zu einer Kultur- oder Bildungsstätte zu beschränken kann aber auch nicht die Lösung sein. So gesehen ist es besser, hinzugehen, dumme Fragen zu stellen und etwas zu lernen, anstatt dass man sich überhaupt nicht mit der Materie beschäftigt.
 
Mir ist aufgefallen, dass viele der Besucher bei Themen jenseits von exotischer Technik mental auf Durchzug gestellt haben. Etwas Neugierde, was damit gemacht wurde und was die kompositorische Grundlage war, sollte man schon erwarten können. In Mödrath werden die das schon gut machen und nicht alle Besucher werden aus der Synthesizerdudelecke kommen.
 
Herr Müller ist ja Toningenieur, daher lag der Fokus bisher eher auf der technischen Seite. Ich hoffe, dass nach dem Umzug auch ein musikwissenschaftlicher Mitarbeiter vor Ort ist, der die Grundlagen erklärt, die den Kompositionen zu Grunde lagen. Kann man übrigens ganz gut in diversen Büchern nachlesen, sofern Interesse besteht. Man kann übrigens den Synthi 100 auch bei Rehberg ansehen, vielleicht macht er ja einen "dufte Sound" darauf, wie er zu sagen pflegte. Schrecklich.
 
Wenn die Idee vermittelt werden kann, was eine Frage der Vermittlung ist, dann ist es doch eigentlich gut diese möglichst vielen Interessierten zukommen zu lassen. Mit einem kleinen Eintrittspreis wäre sicher auch jeder einverstanden und was ich bei meinen Workshops immer merke - wenn ich erzähle, wie es zu Elektronischer Musik kommt und wie man eigentlich wesentlich feiner seine eigene Definition von Musik und Klang in Technik gießen kann und DANN beginnen kann etwas zu schaffen, das triggert die meisten schon ziemlich. Man fängt halt nicht automatisch bei "12 wohltemperierte Töne" an sondern davor, denn genau darin besteht ja auch der große Unterschied der Elektronik und dessen Vorteil gegenüber anderen Gattungen.

Ich mache mir da nur Gedanken, wenn da der Vermittelnde nur sowas sagt - hier - bitte berühren sie nichts - hat der heilige Dingens mal was gemacht. Das wäre Museum. Aber wenn es GUTES Museum ist und gut gemacht, dann wird vermittelt, was das aus macht und könnte wirklich Leute anfixen - zum Musik machen, zum mit Musik beschäftigen, zum Experimentieren. Das finde ich jedenfalls großartig, wenn einer davon inspiriert ist.

Aber die Bedingungen stellt hoffentlich jeder für sich. Irgendein Geschwurbel und Würdigkeitsnachweis halte ich eher für Quatsch, sowas kann auch einen treffen, der bisher, sagen wir, "Techno"* liebte und gezeigt bekommt, wie die Wurzeln sind. Was für eine Ladung neuer Möglichkeiten… Das würde ich niemandem verwehren.


*Ersetzbar durch alles und jedes andere Genre.
 
Ich kann jedem in gut 7 Minuten erklären, was die Grundlage war, Musik elektronisch herzustellen und bei welchen für diese Musik bedeutenden Kompositionen welche Methoden der Klangerzeugung und Transformation eingesetzt wurden. Das setzt aber grundsätzliches Interesse voraus, was i.d.R. nur in bescheidenem Maße vorhanden ist. Ich weiß, wovon ich spreche. Herr Müller ist die falsche Person, denn die Beispiele, die er vorführt, haben rein gar nichts mit dem zu tun, wie man damals dachte und arbeitete. Blöderweise stehen die entsprechenden Bücher dort im Regal, muss mal mal lesen.
 
Im Deutschen Museum in München steht ja das alte Siemens-Studio für elektronische Musik in der Ausstellung. Man kann sich schön die alten Schränke und Maschinen ansehen. Ist schon ein paar Jahre her, dass ich dort war, aber soweit ich mich erinnere, gab es eher wenig Info darüber, was das alles im einzelnen ist, auch gab es keine Führung oder so. Im Hintergrund lief leise Musik. Irgendwie habe ich über viele Stationen und Umwege dann eine CD ergattern können, die auch bei Wikipedia gelistet ist: Siemens Kulturprogramm: Siemens-Studio für elektronische Musik, audiocom multimedia 1998 (CD mit Kompositionen aus dem Studio).

Interesse war vorhanden, belesen bin ich auch (als Lausbub habe ich mir den wunderbaren gelben Band von Eimert/Humpert - Das Lexikon der Elektronischen Musik von A bis Z reingezogen und was die Musikbibliothek in FFM sonst noch so hergab). Dumm nur, dass die Hürde mächtig hoch ist, im Museum oder anderswo an weitergehendeInformationen heranzukommen.

Immerhin hat sich in der Zwischenzeit so manches noch online angesammelt und auch entsprechende Musik ist teilweise leichter verfügbar. Ein Massending ist es jedoch nicht.
 
Ich kann jedem in gut 7 Minuten erklären, was die Grundlage war, Musik elektronisch herzustellen und bei welchen für diese Musik bedeutenden Kompositionen welche Methoden der Klangerzeugung und Transformation eingesetzt wurden. Das setzt aber grundsätzliches Interesse voraus, was i.d.R. nur in bescheidenem Maße vorhanden ist. Ich weiß, wovon ich spreche. Herr Müller ist die falsche Person, denn die Beispiele, die er vorführt, haben rein gar nichts mit dem zu tun, wie man damals dachte und arbeitete. Blöderweise stehen die entsprechenden Bücher dort im Regal, muss mal mal lesen.

Das ist gut mit 7 Minuten, wenn das den Job macht (Offenheit vorausgesetzt) - wäre das prima.
Ich denke hier eben auch nicht an das Superwissen sondern an das, was es eben wirklich speziell macht, was elektronische Musik könnte und wie viele Dinge man heute selbstverständlich sieht und theoretisch sich ja auch viele andere Ansätze hätten bilden können, was heute zB ein Synthesizer ist. Wenn das also mal nicht spannend ist…
 
Schade. Es geht darum, Spaß zu haben und Leute zu inspirieren mit diesen 7 Minuten Erklärung der Dinge, die du vorgabst erklären zu können.

Das ist für mich jedenfalls wünschenswert, dass es zündet.
 
Stell dir vor, du bist im Ausland und hörst eine fremde Sprache, ohne auch nur das Geringste zu verstehen. Das kann lustig sein und inspirieren, du bekommst aber nicht das Geringste mit, worum es inhaltlich geht.
Nun zum Haus Mödrath: Mir geht es darum, dass Besucher des Studios wissen, warum und wie die Komponisten damals gedacht und gearbeitet haben, also eine kurze musikwissenschaftliche Erklärung, die sinnvoll ist, um zu verstehen, was es mit dem Studio auf sich hatte, ganz ohne die Absicht, den Besucher zu belustigen oder zu inspirieren: Wissensvermittlung als Grundlage von Verständnis für das Objekt. Das ist sicherlich letztendlich auch die Intention des Förderers des Projektes. Sonst eben die die allseits befürchtete "Freakshow". Das konnte/wollte Herr Müller bisher nicht im notwendigen Maß vermitteln, obwohl sich das jedermann durch öffentlich zugängige Literatur und Tonträger aneignen kann. Ohne Studium der Musikwissenschaft. Zu anstrengend? Kannst ja schon mal dein Badehandtuch auslegen, um deinen Platz zu reservieren. All inclusive. Willkommen in Elektro-Malle.
 
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"Nein : es ist nichts mit einem ‹Volk der Dichter & Denker›; war nie etwas; und kann es nicht sein. Ist es doch, höflich ausgedrückt, eine Naivität – korrekter : eine Frechheit ! – von der Kunst zu verlangen, sie habe sich, per fas et nefas, dem Nie=wo des ‹Volkes› anzupassen; umgekehrt ist es : der Einzelne, der Große Kunst verstehend genießen will, hat sich gefälligst zu ihr hin zu bemühen !"
(Arno Schmidt: "‹Sind wir noch ein Volk der Dichter & Denker?›", 1963)

Ich kann jedem in gut 7 Minuten erklären, was die Grundlage war, Musik elektronisch herzustellen und bei welchen für diese Musik bedeutenden Kompositionen welche Methoden der Klangerzeugung und Transformation eingesetzt wurden. Das setzt aber grundsätzliches Interesse voraus, was i.d.R. nur in bescheidenem Maße vorhanden ist.
Bitte, ich habe ein ehrliches Interesse an diesen "7 Minuten". Was kann ich tun, um diese Erklärung zu hören bzw. zu lesen?
 
Wenn du nicht die von mir angesprochenen Grundlagen kennst, wer denn sonst? Aber wir können das gerne mal per Stoppuhr bei einem der nächsten Treffen machen.
 
Weder kenne ich alle Grundlagen, noch bin ich darin wirklich textsicher – geschweige denn, dass ich das alles so auf den Punkt bringen könnte wie Du.

Aber gut, dann werde ich beim nächsten Treffen mitschneiden.
 
Natürlich geht das auch, nur ist das etwas anders, als dass, was Du gestern geschrieben hast, und was offenbar von wenigstens zwei Personen (Mic und mir) als eine Art Angebot Deinerseits für einen entsprechenden Beitrag missverstanden wurde:
Ich kann jedem in gut 7 Minuten erklären, was die Grundlage war, Musik elektronisch herzustellen und bei welchen für diese Musik bedeutenden Kompositionen welche Methoden der Klangerzeugung und Transformation eingesetzt wurden. Das setzt aber grundsätzliches Interesse voraus, was i.d.R. nur in bescheidenem Maße vorhanden ist.
 
Ich hatte geschrieben, dass ich das kann, ernstes Interesse vorausgesetzt, jedoch nicht, dass ich das unter allen Umständen machen werde. Kann übrigens jeder, der sich mit der Materie beschäftigt, was im Grunde meine Aussage sein sollte. Für Mitschnitte und/oder Interviews stehe ich nicht zur Verfügung, aber das weißt du ja. Ich drücke mich auch nicht darum, jemandem etwas so zu erklären, dass er - je nach Vorbildung - das Gewünschte versteht. Auf einen Wettbewerb im Fachwissen und persönlicher Interpretation, wie bereits mehrfach geschehen, habe ich keine Lust, denn dazu ist mir meine Zeit zu schade.
 
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Um das Thema für mich zum Abschluss zu bringen: Ich halte es für falsch, das Studio auf Technik und technische Verfahren zu reduzieren.
Dass in einem Synthesizer-Nerd-Forum der Fokus in erster Linie auf Technik liegt, ist nachvollziehbar und so sind die Besuche eines Großteils der Forummitglieder auch eher am Interesse an der Technik und nicht an der Musik und der daraus resultierenden historischen Bedeutung des Studios zu verstehen.

Wikipedia:
Ein Museum (altgriechisch μουσεῖον mouseîon[1] ursprünglich ein Heiligtum der Musen) ist „eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt.
 
Um das Thema für mich zum Abschluss zu bringen: Ich halte es für falsch, das Studio auf Technik und technische Verfahren zu reduzieren.
Dass in einem Synthesizer-Nerd-Forum der Fokus in erster Linie auf Technik liegt, ist nachvollziehbar und so sind die Besuche eines Großteils der Forummitglieder auch eher am Interesse an der Technik und nicht an der Musik und der daraus resultierenden historischen Bedeutung des Studios zu verstehen.
Aber bist du nicht auch der Meinung, das so mancher Synthie-Nerd, der sich eigentlich anfangs nur für die Maschinen interessiert, bei einem Besuch im WDR-Studio, vielleicht auch einen Zugang zu dieser Musik und den Komponisten dahinter bekommen kann?
Also, ich denke schon, das diese alte Technik da eine Brücke sein kann.
 
Da wünsche ich mir einen in der Sache kompetenten und musikwissenschaftlich vorgebildeten Sprecher, der in kurzen, aber verständlichen Worten auf eine spannende Weise den Zugang vermittelt. Herr Müller kann das nach eigenen Angaben nicht, er sei ja lediglich Toningenieur. Du hast dich im Nachhinein sicherlich ordentlich in die Fachliteratur eingelesen, die Musikstücke der damaligen Zeit mehrfach aufmerksam durchgehört und verstanden, was und wie die damaligen Komponisten gedacht und gearbeitet haben. Kannst Herrn Serge das ja alles mal erklären.
 
Also ich lerne sehr gerne und wäre einfach auf die 7 Minuten gespannt, sollte ich derer nicht würdig sein, so finde ich das schade.

Ich finde es aber durchaus auch tragfähig, Leute die nicht alles kennen und wissen damit zu interessieren. Das ist und soll ein positiver Funke sein. Sollte dieser Funke nur bei jedem dritten zünden, würde ich diesen für 10 Pfennig Heinz nennen und mich freuen, denn das wäre mehr als vorher.

Muss nicht, kann, wäre pima, wenn nicht — warten wir auf einen der da weniger Eingangswiderstand hat und Bock™

Ich fände allein die Werkesammlung mit den 12 Kanälen großartig, mehr als Sys100 gucken. Und so eine Musik sagt auch viel wenn man sie hört. Ggf gibt es ja Leute, die das auch näher bringen, die Auswahl darf vielfältigst sein. Offen..

Und — ich denke es sollte nicht elitär sein, sondern eher offen — „wir zeigen euch alles was geht. Was ihr daraus macht...“

unterschätze nicht die Leute die eben nicht aus einer bestimmten oder akademischen Richtung kommen. Ich glaube daran, dass es eben auch die begeistern kann, inkl Kinder, sogar sehr gern Kinder, Jugendliche, die BOCK HABEN.
 
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Für mir sympathische Menschen, die ernsthaft Interesse zeigen und sich im Vorfeld entsprechend schlau gemacht haben, mache ich das gerne, sofern das Umfeld dafür geeignet scheint. Interesse wecken, sehe ich nicht als meine Aufgabe, da ist das Gegenüber in der Bringschuld. Hat nichts mit Widerstand, sondern mit Lebenserfahrung gerade bei diesem Thema zu tun. Thema meinerseits beendet.
 
Was dem Wikipedia-Artikel fehlt und was wohl in Deine 7 Minuten auch nicht reinpassen würde, ist die Vorgeschichte. Das "wie hat sich Musik und der Anspruch des Komponisten über die Jahrehunderte, aber insbesondere über die ersten fünzig Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelt". Denn die gesamte "Elektronische Musik" der 50er bis 70er Jahre ist ja vorallem eine Konsequenz daraus, dass ein Schaeffer oder ein Stockhausen für sich nichts mehr mit der bisherigen Entwicklung der Musik anfangen konnten. Hätten die beiden kurz nach Orlando di Lasso gelebt und elektronische Geräte gehabt, hätten sie vermutlich Kompositionen ala Bach mit Sounds ala Wendy Carlos gemacht.
 
Ich würde bei der 2. Wiener Schule beginnen, weiter über Serielle Musik und die die daraus ergebenen Ansprüche von Stockhausen, auch die Klangfarbe in Reihe zu setzen, also "komponieren" zu können und Musik losgelöst vom Interpreten als autonome Musik zu gestalten. Dauert 2 Minuten. Für Stockhausen war die Elektronik nicht Selbstzweck, sondern Mittel. 5 Sekunden.
 
Ich würde bei der 2. Wiener Schule beginnen, weiter über Serielle Musik und die die daraus ergebenen Ansprüche von Stockhausen, auch die Klangfarbe in Reihe zu setzen, also "komponieren" zu können und Musik losgelöst vom Interpreten als autonome Musik zu gestalten. Dauert 2 Minuten. Für Stockhausen war die Elektronik nicht Selbstzweck, sondern Mittel. 5 Sekunden.
Hast Du da Hörbeispiele dabei? Bist Du Dir sicher, dass Deine Rezipienten wissen, was die "1." Wiener Schule war?
 


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