Bin etwas spät dran. "Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von allen."
Es gibt vieles an Interstellar, das ich mag.
Nichts gegen space-opera-Science-Fiction, nichts gegen Action-Spektakel - aber Filme, die versuchen, nicht Science Fantasy, sondern Science Fiction zu sein, kriegen von mir quasi automatisch einen Pluspunkt. Die Raumschiffe sehen gut aus, die Zerstörung der Raumstation sowie die anschließende Docking-Szene - das ist state-of-the-art, die Roboter haben Humor, der in Nolan-Film eher rar gesät ist. Die beiden Planeten sind fabelhaft. Renderings von Schwarzen Löchern in IMAX-Qualität? Fein.
Was ich nicht mag: am Ende wirft der Film alle guten Ansätze in Sachen harter SF über Bord und wird zur Fantasy. Ein schwarzes Loch wird zur Brücke zwischen Raum und Zeit, wird letztlich eine Zeitmaschine. Zeitreise in harter SF? Das ist gewagt.
Cooper entkommt dem Schwarzen Loch. Gerade noch rechtzeitig, um seine greise Tochter noch einmal zu sehen. Hätte er ihr die Lösung nicht einfach zeit-morsen und zuhause bleiben können? Zeitloop geschlossen. Wer hat das Wurmloch in die Saturnumlaufplan gebracht? Der Zufall? Im Film sieht es nach Aliens oder der zukünftigen Menschheit aus, oder habe ich das falsch verstanden? Aber warum übermitteln die der Menschheit dann nicht einfach: fliegt zu diesen Koordinaten, um einen habitablen Planeten zu finden! Macht das und das gegen die Pflanzenfäule! Sowas handelt man sich mit Zeitreise ein.
Der Film scheint sagen zu wollen: "Liebe durchdringt die Grenzen von Raum und Zeit." Bei Lichte betrachtet erzählt der Film jedoch die Geschichte von Menschen, die verlassen werden (Tochter von Cooper) oder belogen (Tochter von Michal Caine) - also das emotionale Gegenteil dessen, was Botschaft ist. Auf diesen Widerspruch kann ich mir keinen rechten Reim machen.
Das raubt mir jetzt nicht die Freude am Film. Nolans technische Meisterschaft ist beeindruckend. Als
deep sehe ich den Film nicht. Eher als Kitsch auf höchstem Level.
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PS:
um etwas Küchenpsychologie auszupacken. Folgendes wiederkehrende Thema bei Nolan fällt mir auf:
Interstellar: Vater wird von Tochter getrennt.
Inception: Leonardo DiCaprio ist von seinen Kindern getrennt.
Batman: ist Waise.
Tenet: der Sohn von Kenneth Branagh und Elizabeth Debicki und die angedrohte Trennung ist unterschwellig ein Dreh- und Angelpunkt der Handlung.
Geht da grad meine Fantasie mit mir durch oder ist da was dran?