
serge
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Kannst Du haben, hier aus der Reihe "Oldies but Goldies" meine Assoziationsverwilderungen zum…Give me Malaga or give me death.
1975 schlug mir eine meiner Tanten bei einem Besuch dieses Lied um meine kindlichen Ohren: "Wenn die Rosen erblühen in Malaga" von Cindy und Bert.
Malaga-Eis ist mir das Liebste. Es ist auffällig, dass sich in dieser Eissorte zwei Sehnsuchtsorte Deutschlands aus den 50er, 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts vereinen: Italien als Eis-Paradies und Spanien mit seiner Provinz Andalusien, der Heimat des Malagaweins, einem Süßwein.
Da gibt es
• "Malagena" (an Malaga mit seiner Herkunft angelehnt),
• "Split" (damals Jugoslawien, heute Kroatien, und damals wie heute ein beliebtes Urlaubsziel),
• "Capri" (Trauminsel im Golf von Neapel),
• "Dolomiti" (italienisch für den Gebirgszug der Dolomiten),
• "Irish Love" (ein fast schon herrenwitziger Verweis auf die klischeehaft knisternde erotische Leistungsfähigkeit rothaariger irischer Damen, oder um mit Harry Rowohlt zu sagen: "Ein rostiges Dach lässt auf 'nen feuchten Keller schließen!"),
• noch exotischer wird es mit "Miami Flip" (Florida – noch vor Jan Hammer),
• um schließlich mit "Ko Kos" und "Brauner Bär" eher abstrakt auf nicht genauer spezifizierte Sehnsuchtsorte wie "Südsee" und Medienfiktionen a la "Wilder Westen" zu verweisen.
Mit der rasanten Ausbreitung des Massentourismus wurden diese Sehnsuchtsorte aber zunehmend für jeden erreichbar, wodurch sie ihre Funktion als utopische Projektionsfläche verloren und an der massentouristisch-schlichten Realität zerbröselten, so dass sich Langnese genötigt sah, sein Eisproduktportfolio entsprechend zu überarbeiten.
Es ist einsichtig, dass die dafür Verantwortlichen ihre akademische Ausbildung wohl gute zehn Jahre zuvor an Deutschlands Universitäten begonnen haben werden, zur Zeit der sexuellen Befreiung also, und sie waren offenbar fest entschlossen, diesen revolutionären Geist in die Süßspeisenindustrie zu tragen, denn nur so ist zu erklären, was in der Folge über Deutschlands Eislandschaft hereinbrach.
Denn um 1980 herum wurde aus dem seit 1969 am Markt befindlichen "Dingi Star" das "Ed von Schleck", mit einem Imageträger, der an irgendetwas zwischen Nerd und juvenilem Triebtäter gemahnte:
Nur dem Unwissenden wird es als Zufall erscheinen, dass Ed von Schlecks unfassbar lange Zunge an den vergleichbar pompösen Muskel des Bassisten und Sängers Gene Simmons erinnert, dessen Gruppe "Kiss" 1979 – also unmittelbar vor Einführung von Ed von Schleck! – den Hit "I was made for loving you" landete, in dem von allerlei pubertären Fantasien die Rede ist: "Tonight, I'm gonna give it all to you."
Allerdings war Simmons in seiner dämonischen-draculischen Inszenierung der Sexualität doch zu bedrohlich, als dass er ungebändigt auf jugendliche Eis-Interessenten hätte losgelassen werden können (von den horrend hohen Lizenzgebühren einmal ganz abgesehen, die der überaus geschäftstüchtige Simmons für die Verwendung seines Konterfeis wohl verlangt hätte): Die Ketten verweisen auf Sadomasochismus, die Brustbehaarung auf den animalisch-sinnlichen Charakter des Sexualtriebs, und das an Fledermausschwingen erinnerende Augen-Makeup auf den Vampir Dracula, dessen Biss seit den Romanverfilmungen mit Bela Lugosi, Christopher Lee und vor allem Gary Oldman eine für die Gebissene doch rätselhafterweise lustvoll scheindene Komponente innezuwohnen scheint.
Simmons gebändigter Wiedergänger wird daher der Nerd, mit Brille und Sonnenschutz der Verlierer auf dem Schulhof und der harmloseste Vertreter aller männlichen Teenager-Typen, der – wenn er nicht gerade scheu die Schul- oder Stadtbibliothek durchstreift, auf der Suche nach der leider ach so spärlich gesäten Literatur über Geheimnisse der Großrechner – bleich in seiner Kemenate über Experimentierkästen brütet oder sich mit Fischertechnik beziehungsweise Lego Technic als wirkmächtig zu erleben sucht.
Pubertären Gefühlen ist er jedoch ebenso hilflos ausgeliefert wie jeder andere Teenager, und durch diese mutiert der Nerd in Gestalt des Ed von Schleck zu einer Karikatur jugendlich-männlicher Sexualität, dessen überaus lange Zunge wohl zu allerlei Unvorstellbarkeiten (von denen Autofellatio wohl nicht die schlimmste ist!) fähig ist.
So erkennt man im Re-Launch von "Dingi Star" als "Ed von Schleck" den Geist der 68er, die das alljährliche spießbürgerliche Urlaubs-Utopia an fernen Gestaden durch etwas deutlich Näherliegendes und täglich Erreichbareres ersetzt haben: die lustvolle Beschäftigung mit der Sexualität. Gleichwohl hätte man damals – wir reden hier immerhin von einer Zeit vor 40 Jahren! – nicht offen zu frei ausgelebter zwischenmenschlicher jugendlicher Sexualität aufrufen können, daher musste das Ausleben dieser Sexualität auf den eigenen Körper beschränkt bleiben: Ein weiterer Grund, warum der einsame Nerd und niemand sonst zum Prototypen des Ed von Schleck werden musste.
Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal ein Ed von Schleck erwerben und Ihnen sich sein rot-geäderter Inhalt aus dem Hohlzylindergehäuse zum lustvollen Verzehr entgegenreckt.
Malaga-Eis ist mir das Liebste. Es ist auffällig, dass sich in dieser Eissorte zwei Sehnsuchtsorte Deutschlands aus den 50er, 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts vereinen: Italien als Eis-Paradies und Spanien mit seiner Provinz Andalusien, der Heimat des Malagaweins, einem Süßwein.

Da gibt es
• "Malagena" (an Malaga mit seiner Herkunft angelehnt),
• "Split" (damals Jugoslawien, heute Kroatien, und damals wie heute ein beliebtes Urlaubsziel),
• "Capri" (Trauminsel im Golf von Neapel),
• "Dolomiti" (italienisch für den Gebirgszug der Dolomiten),
• "Irish Love" (ein fast schon herrenwitziger Verweis auf die klischeehaft knisternde erotische Leistungsfähigkeit rothaariger irischer Damen, oder um mit Harry Rowohlt zu sagen: "Ein rostiges Dach lässt auf 'nen feuchten Keller schließen!"),
• noch exotischer wird es mit "Miami Flip" (Florida – noch vor Jan Hammer),
• um schließlich mit "Ko Kos" und "Brauner Bär" eher abstrakt auf nicht genauer spezifizierte Sehnsuchtsorte wie "Südsee" und Medienfiktionen a la "Wilder Westen" zu verweisen.
Mit der rasanten Ausbreitung des Massentourismus wurden diese Sehnsuchtsorte aber zunehmend für jeden erreichbar, wodurch sie ihre Funktion als utopische Projektionsfläche verloren und an der massentouristisch-schlichten Realität zerbröselten, so dass sich Langnese genötigt sah, sein Eisproduktportfolio entsprechend zu überarbeiten.
Es ist einsichtig, dass die dafür Verantwortlichen ihre akademische Ausbildung wohl gute zehn Jahre zuvor an Deutschlands Universitäten begonnen haben werden, zur Zeit der sexuellen Befreiung also, und sie waren offenbar fest entschlossen, diesen revolutionären Geist in die Süßspeisenindustrie zu tragen, denn nur so ist zu erklären, was in der Folge über Deutschlands Eislandschaft hereinbrach.
Denn um 1980 herum wurde aus dem seit 1969 am Markt befindlichen "Dingi Star" das "Ed von Schleck", mit einem Imageträger, der an irgendetwas zwischen Nerd und juvenilem Triebtäter gemahnte:
Nur dem Unwissenden wird es als Zufall erscheinen, dass Ed von Schlecks unfassbar lange Zunge an den vergleichbar pompösen Muskel des Bassisten und Sängers Gene Simmons erinnert, dessen Gruppe "Kiss" 1979 – also unmittelbar vor Einführung von Ed von Schleck! – den Hit "I was made for loving you" landete, in dem von allerlei pubertären Fantasien die Rede ist: "Tonight, I'm gonna give it all to you."

Allerdings war Simmons in seiner dämonischen-draculischen Inszenierung der Sexualität doch zu bedrohlich, als dass er ungebändigt auf jugendliche Eis-Interessenten hätte losgelassen werden können (von den horrend hohen Lizenzgebühren einmal ganz abgesehen, die der überaus geschäftstüchtige Simmons für die Verwendung seines Konterfeis wohl verlangt hätte): Die Ketten verweisen auf Sadomasochismus, die Brustbehaarung auf den animalisch-sinnlichen Charakter des Sexualtriebs, und das an Fledermausschwingen erinnerende Augen-Makeup auf den Vampir Dracula, dessen Biss seit den Romanverfilmungen mit Bela Lugosi, Christopher Lee und vor allem Gary Oldman eine für die Gebissene doch rätselhafterweise lustvoll scheindene Komponente innezuwohnen scheint.
Simmons gebändigter Wiedergänger wird daher der Nerd, mit Brille und Sonnenschutz der Verlierer auf dem Schulhof und der harmloseste Vertreter aller männlichen Teenager-Typen, der – wenn er nicht gerade scheu die Schul- oder Stadtbibliothek durchstreift, auf der Suche nach der leider ach so spärlich gesäten Literatur über Geheimnisse der Großrechner – bleich in seiner Kemenate über Experimentierkästen brütet oder sich mit Fischertechnik beziehungsweise Lego Technic als wirkmächtig zu erleben sucht.
Pubertären Gefühlen ist er jedoch ebenso hilflos ausgeliefert wie jeder andere Teenager, und durch diese mutiert der Nerd in Gestalt des Ed von Schleck zu einer Karikatur jugendlich-männlicher Sexualität, dessen überaus lange Zunge wohl zu allerlei Unvorstellbarkeiten (von denen Autofellatio wohl nicht die schlimmste ist!) fähig ist.
So erkennt man im Re-Launch von "Dingi Star" als "Ed von Schleck" den Geist der 68er, die das alljährliche spießbürgerliche Urlaubs-Utopia an fernen Gestaden durch etwas deutlich Näherliegendes und täglich Erreichbareres ersetzt haben: die lustvolle Beschäftigung mit der Sexualität. Gleichwohl hätte man damals – wir reden hier immerhin von einer Zeit vor 40 Jahren! – nicht offen zu frei ausgelebter zwischenmenschlicher jugendlicher Sexualität aufrufen können, daher musste das Ausleben dieser Sexualität auf den eigenen Körper beschränkt bleiben: Ein weiterer Grund, warum der einsame Nerd und niemand sonst zum Prototypen des Ed von Schleck werden musste.
Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal ein Ed von Schleck erwerben und Ihnen sich sein rot-geäderter Inhalt aus dem Hohlzylindergehäuse zum lustvollen Verzehr entgegenreckt.