Current 93

in der 80er Szene und auch später war Current 93, Death in June, Fire & Ice die uber-hippe Sache. Sowieso war alles was mit krassen Sachen und Magischem zu tun hatte total Mode. Auf Friedhöfen abhängen mit dem Kassettenrecorder mit den neuesten Mixtapes, das war das Ding. Zeremonien abhalten (eher kindisch, und auch total harmlos), aber Hauptsache, man war dabei, war anders als die anderen.

Ich will das nicht ins Lächerliche ziehen, obwohl es natürlich ziemlich lächerlich war. Die Sehnsucht nach was anderem ist ja verständlich, nach all den Lügen, die uns in den Medien aufgetischt wurden. Alles Bürgerliche widerte an, Punk und Gothic war angesagt, sofern wir nicht über 20 waren oder schon selber Familie und Kinder hatten. :)

Current 93 kennen wohl auch nur diejenigen meiner Generation, somit ist womöglich der emotionale und entwicklungsmässige Hintergrund einigermassen zutreffend.

Die Musik von besagten Gruppen ist gut. Daran will ich nicht rütteln. Was ich hier aussagen möchte ist, dass einige ihrer Vorbilder so eine Art Irrlicht darstellen meiner Meinung nach. Anders ausgedrückt, wenn man sich mit wirklich tiefen Themen auseinandersetzt, dann sollte man sich unbedingt auf gute Quellen berufen. Es gibt da vielerlei Humbug. Nur schon die Rosenkreuzer. Das alte Wissen, das die Rosenkreuzer zu vermitteln haben, zog vielerlei Träumer und gelangweilte reiche Leute in ihren Bann. Mit ihrem Einfluss und Geld haben sie vielerlei Schaden angerichtet. Das wohl berühmteste Beispiel ist Alexander Crowley.

Auf ihn haben sich einige Musikgruppen bezogen. Current 93 ist sozusagen ein Zitat eines Crowley'schen Elaborats, des Liber AL vel Legis. Ich muss zwar gestehen, dass ich es nie gelesen habe. Der Grund liegt darin, das man wohl kaum nur ein Quentchen Wahrheit darin finden dürfte. Man möge da selber urteilen wenn man will. Ich habe manchen anderen Unfug gelesen, das "6. Buch Mose" und ähnlichen Klamauk, mittlerweile erkenne ich den Schabernack schon vom Dampfschiff aus. Die Wahrheit leuchtet sozusagen aus den Buchstaben heraus, sie ist eigentlich leicht zu trennen vom Müll.

Was ich sagen möchte: wie wir jungen Leute, die wir damals Death in June und andere ähnliche Gruppen gehört und bewundert hatten, so waren auch die Musiker selbst irregeführt von einem Phantasten, der im Grunde genommen keine Ahnung hatte von den wichtigen Sachen. Gut, man mag anerkennen, dass er (Crowley) eine gewisse Ahnung hatte, jedoch sie in keiner Weise verstand. Er nutzte die Sachen einfach nur selbstgefällig aus. Und die, die ihn nachahmten, Current 93, Death in June, sogar Rolling Stones, tappten eben auch im Dunkeln. Ich habe ehrliches Mitleid mit solchen verirrten Seelen. Sie haben das Potential gehabt, wurden jedoch von Selbstsucht und Hedonismus ins geradezu Gegenteilige gezogen. Rest in Peace Edward Alexander Crowley.

http://de.wikipedia.org/wiki/Aleister_C ... z.C3.B6nga

Ich habe den Link auf die Kangchendzönga Expedition gesetzt, da dies gut geeignet ist, den Charakter Crowleys darzustellen. Kein Verantwortungsbewusstsein, keinerlei Mitgefühl, ohne irgeindein Credo. Einfach nur Hedonist, in Selbstgefälligkeit verloren. Ohne irgendwelchen Skrupel.

Das soll einfach nur als Negativbeispiel dienen.

Viele suchen nach einem Lehrer, einem Vorbild. Das tu ich auch. Habe da schon einige gefunden, da bin ich enorm dankbar. Es gibt aber auch das Negativbeispiel, also die Menschen, die einem das aufzeigen, das man möglichst vermeiden sollte. Da gibt es in meinem Leben noch viel mehr Beispiele. Für die ich genauso enorm dankbar bin da sie mich lehren, was ich auf keinem Fall tun sollte.

Denn eines bin ich mir klar geworden: es ist kein Mensch besser als ein anderer. Es sind nur unterschiedliche Zustände und unterschiedliche Bedingungen.

Aus meinem Innersten hasse ich Hedonisten wie Crowley. Ich verabscheue sie (ich habe selber heute lebende Hedonisten, Besserwisser, Prahler, Weissager, und andere Idioten kennengelernt), doch das ist einfach nur eine Frage der Entwicklung. Ich bin nach all der Erfahrung treu dem Glauben, dass alle Menschen gleichwertig sind. Falls wir selber tatsächlich etwas besser wissen, können wir das den weniger Wissenden beibringen. Wiederum können wir uns glücklich schätzen, wenn uns jemand etwas beibringt, der uns entwicklungsmässig meilenweit überragt. So funktioniert wohl Entwicklung, Evolution, Leben allgemein.
 
Phil999 schrieb:
[...] Alexander Crowley.[...]

Aleister Crowley.

Current 93 fand ich immer *sehr* seltsam -- ich glaube, ich habe nie die Geduld aufgebracht, mir ein Album bis zum Ende anzuhören. Selbiges gilt für Nurse With Wound. Besonders die Besessenheit mit faschistoider Ikonographie war für meinen Geschmack einfach zu plattes Klischee der Industrialecke. Das haben TG ja ähnlich durchgezogen, dito Boyd Rice.

Ich mag den Gesang von David Tibet auch nicht wirklich.

Das ganze Umfeld der frühen bis mittleren 1980er Jahre beschreibt David Keenan sehr schön in seinem Buch "England's Hidden Reverse", welches leider mittlerweile nur noch zu Unsummen erhältlich ist.

Mir standen COIL immer näher, auch persönlich.

Stephen
 
Punktuell fand ich eher Sixth Comm und Dead in June gut, aufgrund des Pathos, der Getragenheit in der Musik und der tieferen Singstimmen. Textlich/inhaltlich hat mich das Ganze nicht zwingend angesprochen.
 
Dieses Dark-Esoterik-Fascho-Pseudoprovokatinsdingens (Death in June, B. Rice etc.) habe ich schon immer als eher unsympathisch empfunden. Damit konnte ich mich nie identifizieren. Musikalisch gab es hier und da allerdings schon was interessantes.
Komischerweise hatte ich bei Laibach nie dieses Empfinden - musikalisch sind die im Nachhinein aber eher zu vernachlässigen.

Mit Coil kann ich auch wesentlich mehr anfangen - ist für mich aber eher die Rubrik "Skurril" fernab jeglicher Klischees.
 
yep, Coil hat wirklich etwas Gehalt gehabt. Auch wenn es da andersartige Störfaktoren gab. "Horse Rotorvator" zählte lange Zeit zu meinen Klassikern, und beeinflusst mich zweifellos noch heute wegen der damals revolutionären Samplingtechnologie.

"Aleister" ist nur ein keltisierter Kunstname. Der Geburtsname ist Alexander. Sollte er eigentlich berücksichtigen wenn er sich mit Kabbalah, Numerologie und ähnlichem Zeugs beschäftigt. Ein weiterer Hinweis auf Crowley's nicht ganz wahrhaftige Auffassung von der Sache. In dem Zusammenhang kann ich noch erwähnen, dass ich mit Leuten, die so was wie eine zweite Taufe mit einem neuen (spirituellen) Namen angenommen haben stets Probleme hatte. Das hat nach meiner Erfahrung einfach nie funktioniert. Man kann nicht einfach sagen ich bin von heute an der und der und nicht mehr der alte. Das ist verkehrtes Mysterienwissen, Perversion, und wie man am Negativbeispiel Crowley sieht (er starb wie Nietsche in geistiger Umnachtung), bringt es letztendlich nichts. Also besser zum eigenen Selbst stehen und damit zurechtkommen. Alles andere ist grober Unfug. Ausser man ist wirklich berufen, doch danach trachten eben genau die Falschen, und nur wenige sind erlesen.
 
Hm, reden wir von Thee Temple ov Psychick Youth oder reden wir über Thee Temple ov Psychick Youth?
 
oh, sehr schön! tibet, wakeford, pierce und co. hatten zu meinen goth-wave-zeiten natürlich einen erheblichen einfluss auf mich. den teilweise sehr offensichtlichen und tumben faschismus-sympatisierungen, insbesondere von t.w. und d.p., konnte ich jedoch nur schwer als "künstlerisch-provokativ" abnicken. es gibt dieser insgesamt ja doch eher grob und plump gestrickten pseudo-folk-musik natürlich gerade durch das anrüchig-verbotene den gewissen "kick".
tibet hat sich ja auch schon lange von diesem fascho- und satans-zeuch distanziert und macht nun so christlich-kabbalah-mythischen kitsch.
warum auch nicht.
zu bestimmten zeiten kann ich mir die sachen aus der mittleren schaffensphase aber immernoch gut anhören. wenns draussen richtig kalt ist und tüchtig schneit, ist die "island" durchaus zu empfehlen. björk quäkt da auch im hintergrund mit.
auf "all the pretty little horses" singt der gute nick cave ein schlafliedchen, von dem es wohl kaum "süsse träume" geben wird.

zum thema crowley fällt mir das innencover von killing jokes "brighter than a thousand suns" ein, dort wird crowleys "onion peelings" zitiert. ich muss sagen, dass mich das damals und bis heute sehr im inneren berührt. warum auch immer. vielleicht die erkenntnis, dass auch die gebildetsten eigentlich keine ahnung haben, wovon sie überhaupt reden und dass man das gleichzeitig genauso urkomisch als auch tiefbedauerlich finden kann.

ich habe vor etlicher zeit mal versucht, das zu übersetzen, bin aber nicht sooo dolle darin. vielleicht kanns ja jemand besser. würd mich freuen.



Zwiebelschalen

„Das ganze Universum ist ein einziger Witz des Universellen auf Kosten des Individuellen“,
sprach FRATER PERDURABO und lachte.

Und diejenigen seiner Jünger, die ihm am nächsten waren, fingen an zu weinen,
denn sie erkannten das Universelle Leiden.

Daneben standen gleich die Jünger, die lachten,
weil sie den Universellen Witz verstanden.

Es gab auch noch einige andere Jünger, die weinten.
Und einige, die lachten.
Dann kamen wieder einige, die weinten.
Dann wieder einige, die lachten.
Andere weinten.
Andere lachten.

Als letztes kamen dann die, die weinten, weil sie den Witz nicht verstanden hatten
Und die, die lachten, obwohl sie den Witz nicht verstanden hatten,
aber es für klug hielten, zumindest so zu tun,
als ob sie ihn verstanden hätten.

Aber obwohl FRATER PERDURABO lauthals lachte,
weinte er doch gleichzeitig in seinem Innersten.

Und in Wahrheit lachte er nicht.
Und weinte auch nicht.

Und schon gar nicht wusste er, wovon er überhaupt sprach.

"onion peelings", aleister crowley
 
Ich hab mich nie mit dieser Musik damals beschäftigt, aber zum Philosophischen Aspekt kann ich sagen, daß ich deine Gedanken teile. Ich mag C.G.Jung sehr gerne...
 
Mr.Lobo schrieb:
zum thema crowley fällt mir das innencover von killing jokes "brighter than a thousand suns" ein, dort wird crowleys "onion peelings" zitiert. ich muss sagen, dass mich das damals und bis heute sehr im inneren berührt. warum auch immer. vielleicht die erkenntnis, dass auch die gebildetsten eigentlich keine ahnung haben, wovon sie überhaupt reden und dass man das gleichzeitig genauso urkomisch als auch tiefbedauerlich finden kann.

Ich glaube das passte auch ganz gut auf Killing Joke. Nebenbei... Wie das Vorgängeralbum eine meiner "Einsame Insel" Platten, funktioniert für mich wie anno 86.... Aber ok, hier geht's ja nicht um KJ.
 
"Das ganze Universum ist ein einziger Witz des Universellen auf Kosten des Individuellen"

Damit sagt er doch alles. Sein / das Ego kann den wahren Charakter des Universums und des Universellen nicht ertragen.
 
Crowley war Vermutlich der erste, der östliche und westliche Esoterik theoretisch und praktisch miteinander verbunden hat und ist für mich bis heute *leider* der einzigste Author den ich da für halbwegs für voll nehmen und nachvollziehn kann.

Einfach mal Crowley selbst (und dann bitte nicht nur das ach so böse Liber Al vel Legis) lesen.
 


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