Moin,
wie ja schon erwähnt wurde, sind es sicherlich mehrere Faktoren, die den finalen Sound eines Gerätes beeinflussen. Ich entwickle ja selber gerade einen Analogsynth, und meine Erfahrungen zu dem Thema sehen da etwa so aus:
Erstmal bildet man die Physik so ab, dass sie auf dem Oszilloskop annehmbar aussieht. Also ein Sägezahn z.B. innerhalb seiner definierten Grenzen schwingt, keine Peaks bringt und nicht "rund" wird. Und hier ist schon der erste Schritt. Man schaut sich das an, es ist irgendwas nicht ganz so 100%ig, aber wenn man das Problem hier beseitig, kommt woanders ein neues rein. Beispielsweise die Franco-Kompensation eines relaxation oscillators für nen Sägezahn. Lässt man ihn weg, hat man Theater mit dem CV-Scaling bei hohen Frequenzen. Baut man ihn ein, ist der untere Teil des Sägezahns bei hohen Frequenzen nicht mehr ganz sauber (und das ist ja nach Franco eben so gewollt). Dann kommt noch die Reset-Zeit dazu, um den Kondensator zu entladen. Der braucht eine konstante Zeit, bei zunehmder Frequenz wird also im Gesamtbild diese Entladung auch nicht mehr ein senkrechter Strich sein, sondern eben eine fallende Rampe. Genau das kompensiert der Franco dann ja auch, die verlorene Zeit durch "überspringen" dieser Zeit beim Ladevorgang des Kondensators.
Viel Technik, aber das Resultat: Der Sägezahn ist kein reiner Sägezahn mehr. Dann kommen die Waveshaper dahinter. Einen Dreieck aus dem Sägezahn zu machen ist noch relativ trivial. Je nach Technik gibts dann da aber evtl. auch wieder einen gewissen "Dreckfaktor", z.B. passen vielleicht die beiden Teile (ramp up und ramp down) von der Amplitude nicht 100%ig zueinander, oder die Spitzen werden etwas rundlich oder sowas.
Wenn man dann noch nen Sinus draus macht, kommen diese "Macken" dann auch da noch zum Vorschein.
Das Gesamtbild ist also eine Sammlung an Wellenformen, die zwar nah an der Physik sind, also wie sie sein sollten, aber aus technischen Gründen und Kompromissen eben nicht 100%ig dran. Da es hier um die Oberwellenbildung geht, ist also schonmal der Unterschied zwischen den VCOs, die theoretisch alle die gleichen Wellenformen erzeugen, ein wichtiger Faktor bei dem eigenen Charakter des Gesamtkonstruktes.
Der alte Moog 901 (das war glaub der VCO) hat seinen speziellen Charakter z.B. wohl daraus, daß er "jittert". Da gibts ne Seite im Netz, wo das mal jemand mit dem Oszi angeschaut hat und gefilmt hat. Im Prinzip ist dieser Jitter eine Modulation der Pulsweite mit Noise, wenn man so will. Hab das letztens mal ausprobiert. Der unterschied zwischen einem "reinen" Rechteck und einem leicht Jitternden ist im direkten Vergleich nicht extrem, aber eben durchaus hörbar.
Und so zieht sich das dann durch alle Komponenten. Leichte Fehler hier und da, die aus Kompromissen bei der Entwicklung entstehen, sei es um das ganze Gerät wartungsfreundlich zu halten und auf unglaublich viele Trimmer zu verzichten, um alles perfekt einzustellen, oder aus Kostengründen, um noch 2 Opamps einzusparen, oder was auch immer. Vermutlich weniger "gewollt" als viel mehr "akzeptiert".
Ich habe neulich von einem Bekannten mal ne Sammlung Sägezähne seiner ganzen echten Analogen bekommen, leider etwas schwach aufgenommen, aber mit einem Audio-Editor lässt sich da schon ganz drastisch sehen, daß der physikalisch wohldefinierte Sägezahn einfach überall anders aussieht. Der Arp hat übrigens IMHO den saubersten gehabt

Aber hier mal Peaks oben und unten, da zu rund, weil man nicht an den Filtern vorbeikommt, woanders ist die Ladekurve des Kondensators rauszusehen. Und jeder hat dadurch eben seinen eigenen Klangcharakter.
Das Problem an den digitalen Synths ist hier schlichtweg seine "Reinheit". Um all diese Macken da hinzubekommen, muß man sie explizit reinprogrammieren. Und dazu muß man auch schon mal sehr viele Synths angeschaut haben, um das Verhalten zu analysieren. Und ich denke, es ist nichtmal mit einem supertollen Oszilloskop möglich, hier alle Details zu sehen, die den Klang beeinflussen. Setzt man das also in digital um, wird es vielleicht nah rankommen, aber doch nie 100% so sein.
Theoretisch ist es möglich, einen DSP-Synth zu bauen, der all das kann. Wäre es das nicht, wäre es ja auch nicht möglich, das Original digital aufzunehmen und wiederzugeben, und auf einer CD mit 44.1KHz/16bit einen Minimoog wiederzuerkennen.
Alles eine Frage der Rechenleistung und der Ideenvielfalt des Entwicklers.