Nur OnTopic Elektronische Musik der 90er vs. heute

Der Sound einer Zeit definiert sich u.a. auch durch die technischen Möglichkeiten und Beschränkungen dieser Zeit.
Die Produktionen waren auch noch nicht so überproduziert.
Da stand nicht der laute Mix im Vordergrund, sondern die musikalische Idee und deren Umsetzung.
Besonders auffällig ist das bspw. bei vielen alten Detroit House Sachen.
Die sind teilweise so - euphemistisch gesagt - "roh" in ihrem Sound und trotzdem funktionierte die Mucke. ...aber vielleicht auch gerade deshalb.
Heutzutage hört man oft völlig überproduzierte Scheiße, mit Bässen die zwar die Fensterscheiben rausdrücken können, aber am Ende nur darüber hinwegtäuschen, daß der Rest nur fades, einfallsloses und in Wurstform komprimiertes Gedudel ist.
Damit sind wir wieder bei meiner ersten Aussage, denn in den letzten 2 Jahrzehnten haben sich die technischen Möglichkeiten grundsätzlich gewandelt.
Der überbordende Einsatz von zig Plugins auf jeder Spur war damals so noch nicht möglich, die meisten Künstler hatten ein recht überschaubares Arsenal an Technik mit dem sie klarkommen mußten.
Heute kann selbst der kleinste Hobbyproduzent Plugins stapeln bis der Arzt kommt. Viel hilft viel, scheint da vorzugsweise das Motto zu sein.
Ich denke einer der Schlüssel zum Sound und Feel der 90er liegt in der bewußten Reduktion auf das Wesentliche beim Einsatz von Dynamik Effekten.
In den 90ern wurde auch überwiegend noch analog auf Band aufgenommen, das macht auch viel aus.
Mit bissel schöner Bandsättigung klingt doch alles gleich viel satter, also warum nicht einfach mal Bandsättigung ein Kassettentape nutzen, statt Kompressor.
Aber auch die verwendeten Modulations Effekte haben einen Einfluß.
In der Nachbetrachtung aus heutiger Sicht spielen natürlich auch die Synths/Sampler und auch wie sie verwendet wurden eine entscheidende Rolle.
Die Hauptverantwortung tragen hierbei neben den Künstlern aber auch die Gerätentwickler und Sounddesigner von Werkspresets die den Sound der 90er durch ihre Arbeit und Kreativität entscheidend mitgestaltet haben.
Mein Lieblingsbeispiel für den Signature Sound der 90er ist da zb der Korg M1. Was wären die 90er ohne dieses drahtige Piano (Piano 16") von der M1. Oder die Orgel mit dem B3 Sample (Organ 2).
Auch die Arbeit mit Samples war damals eine andere.
Da ist viel Groove passiert nur durch Pitch/Geschwindigkeitsanpassung und dann die richtigen Loop Punkte finden bis es schiebt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die heutigen Optionen - theoretisch je nach individuellen Skills - in wenigen Minuten einen Loop, Teile eines Tracks oder Layer zu erstellen gab es noch nicht in dem Maße bzw. nur mit entsprechender Vorbereitungszeit. Da - so wie ich verstehe - vieles über Emu/Akai/Roland/Yamaha-Sampler abgewickelt wurde, hat man im Sampler schon vorgemischt, Lautstärken angepasst und geschaut wie Klänge generell und in welcher Tonhöhe miteinander funktionieren. Natürlich sind in dem Kontext nur beschränkt Optionen gegeben und daher würde ich als 2. Faktor auch die Sorgfalt und eine Fokussierung sehen, den Klang schon optimal vorzubereiten und ggf. auch nicht zu überfrachten. Layern von Einzel-Shots bis der Arzt kommt ja, im Track selbst aber den Elementen Platz lassen, dann laut machen aber weiterhin mit Dynamik im Klang.

Btw - in der Liste fehlt mir übrigens ganz klar die "Millennium Fever" von Apollo 440. Der Track "Film me & Finish me off" ist so für mich eine klangliche Referenz.


https://www.youtube.com/watch?v=e5r3GoTAXcE
 


Neueste Beiträge

News

Zurück
Oben