Epigone vs Avantgardist

wo reihst Du Dich ein?

  • Epigone

    Stimmen: 8 42,1%
  • Avantgardist

    Stimmen: 11 57,9%

  • Umfrageteilnehmer
    19
Außer tauben Menschen und solchen, die als Kaspar Hauser neben einem Klavier aufgewachsen sind, kann es niemanden geben, der ohne musikalischen Einfluss Musik macht. Selbst um Musik machen zu können, die anders ist als die andere Musik, muss man die andere Musik kennen, und ist daher eben auch von der anderen Musik beeinflußt. Nur eben im negativen Sinn. Soweit zur abstrakten Theorie

In der Realität frage ich mich immer, was für ein armseliges Selbstwertgefühl jemand hat, der sich schlecht oder doof oder minderwertig fühlt, wenn er die gleiche Musik macht wie die anderen.

Ansonsten: meine Musik ist sehr ähnlich zu manch konkretem Musikstück, das ich ggf woanders gehört habe; aber eigentlich ist meine Musik ein Konglomerat aus unterschiedlichsten Musiken, die ich im Lauf meines Lebens wahrgenommen habe. Und ganz schnöde: ganz viele Musik die ich höre, kann ich einfach handwerklich nicht adaptieren (das entspricht ja auch einer Aussage von Kollege @einseinsnull ) Ich sehe mich definitiv als Epigone.
 
Zuletzt bearbeitet:
In der Realität frage ich mich immer, was für ein armseliges Selbstwertgefühl jemand hat, der sich schlecht oder doof oder minderwertig fühlt, wenn er die gleiche Musik macht wie die anderen.

welches selbstwertgefühl haben denn menschen, die überall rumerzählen wenn sie berühmtes kennen?

oder die in einer depeche mode cover band spielen, in denen alle so aussehen wie depeche mode, so reden und tanzen wie depeche mode und ausschließlich depeche mode musik spielen? :P


aber vemutlich sind sich beide extreme ähnlicher als man denken könnte. dem nacheifern und raubmordkopieren können ganz ähnliche motive zugrunde liegen wie dem krampfhaften versuch das rad neu zu erfinden und sich als einzigartig darstellen zu wollen.

vielleicht kommt es bei beidem nur darauf an, ob man das, was man da tut, auch wirklich selbst ist... wenn jemand wirklich denkt er wäre elvis, dann ist er das ja dann auch.


ich habe beides schon gemacht und ich denke, dass das bei vielen so ist. manchmal will man nur mitschwimmen, manchmal vorangehen, manchmal produziert man für märkte und manchmal für die eigene seele.

manche suchen lange alleine herum, bis sie endlich irgendwann den mainstream gefunden haben, andere fangen als kind mit dem nachäffen an und verlassen den pfad dann aber wieder schnell.

dass die eigene entwicklung zu jedem zeitpunkt unvollkommen unvollendet ist, ist unvermeidlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Außer tauben Menschen und solchen, die als Kaspar Hauser neben einem Klavier aufgewachsen sind, kann es niemanden geben, der ohne musikalischen Einfluss Musik macht. Selbst um Musik machen zu können, die anders ist als die andere Musik, muss man die andere Musik kennen, und ist daher eben auch von der anderen Musik beeinflußt. Nur eben im negativen Sinn. Soweit zur abstrakten Theorie
Das ist klar, und fängt ja schon beim Tonsystem an in dem man sich bewegt.
Eines der ersten Stücke an die ich mich erinnere (ca 3Jahre alt) ist House Of The Rising Sun im Radio.
Das markante blecherne synthetische Tremolo blieb in Erinnerung.
Starkes sehr synthetisches Tremolo auf Stimme verwende ich heute noch...
Wird mir erst in diesem Moment klar daß das vielleicht nicht mal Zufall ist.

"Now tell me about your mother" sagt Freud und saugt an der Pfeife.

In der Realität frage ich mich immer, was für ein armseliges Selbstwertgefühl jemand hat, der sich schlecht oder doof oder minderwertig fühlt, wenn er die gleiche Musik macht wie die anderen.
Um besser oder schlechter (fühlen) ging es mir nicht, zwischendurch stand da auch kurz
Sozialist vs Individualist
Dh es geht mehr darum in wie weit man Teil einer Szene ist auch, als Rezipient eher.

Vergleichbar mit einem Autor der zB nur Krimis schreibt - liest er-sie überwiegend selbst Krimis, oder im Gegenteil überhaupt keine?
Auch da gibt es ganz sicher beide Extreme.


Ansonsten: meine Musik ist sehr ähnlich zu manch konkretem Musikstück, das ich ggf woanders gehört habe; aber eigentlich ist meine Musik ein Konglomerat aus unterschiedlichsten Musiken, die ich im Lauf meines Lebens wahrgenommen habe. Und ganz schnöde: ganz viele Musik die ich höre, kann ich einfach handwerklich nicht adaptieren (das entspricht ja auch einer Aussage von Kollege @einseinsnull )

Was ich von Dir gehört hatte war so live ich nenns mal "Flow-Musik" die man idR eher selbst spielt als selbst viel hört. In dem falschen Schema also dann "Avantgardist" - wir suchen immer noch nach den richtigen Begriffen.

MITHÖRER vs FREMDHÖRER
 
Ich würde mich beim Musikmachen gerne selber überraschen, mich also idealerweise so fühlen, als würde ich ein für mich neues Stück hören, also eins, das so klingt wie keins, das ich jemals zuvor gehört habe, mir aber tierisch gut gefällt.

Meistens fällt mir aber schon während des Spielens auf, dass das, was ich mache, mich an etwas erinnert, was ich schon mal gehört habe.

Und dann ist es vorbei mit dem „Flow“, und der eben noch „boah, ist das geil, hört sich an, als könnte ich ja doch was“ schreiende Neandertaler in mir wird ruckzuck von nagenden Zweifeln zerrissen.

Soviel zu meinem inneren Maschinenraum: Wäre gerne Avantgarde, bin aber nur Epigone.

Interessant wäre für mich, warum ich „nur“ schreibe, wenn ich von „Epigone“ rede. Vielleicht würde das ja auch das „armselige Selbstwertgefühl“ erklären, von dem @fanwander schreibt.
 
Sowohl als auch...
Als DJ bin/war ich es gewohnt die Musik anderer Leute zu Spielen und dem ganzen mit der Choreographie des Übergangs meinen eigenen Stempel aufzudrücken.
Dabei bleibt schon einiges hängen, dass man probiert in seinen eigenen Sound einfliessen zu lassen...Eine plumpe Kopie wäre mir jedoch zu billig.
Ich möchte auch da meinen eigenen Spirit soweit als möglich durchsetzen...

Aber auch ein gut gemachtes Mashup kann entzücken!
Wobei ich schon eher zu Hausgemachtem tendiere.

Also, ich bin in einem gewissen Masse beeinflusst, jedoch habe ich meine eigene Vorstellung von guter Musik...

Ich höre ich alles was mir gefällt! Es muss nicht elektronisch sein...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde schon auf mein eigenes Konzert gehen, aber so viele Drogen, wie ich bräuchte, um das zu ertragen, vertrage ich heute einfach nicht mehr.
OT: Ich würde tatsächlich gerne mal wieder auf eins deiner Konzerte gehen!

Ich würde mich beim Musikmachen gerne selber überraschen, mich also idealerweise so fühlen, als würde ich ein für mich neues Stück hören, also eins, das so klingt wie keins, das ich jemals zuvor gehört habe, mir aber tierisch gut gefällt.
Man kann sich auch nicht selbst kitzeln.

Meistens fällt mir aber schon während des Spielens auf, dass das, was ich mache, mich an etwas erinnert, was ich schon mal gehört habe.
Das kenn ich - wer nicht?
Aber oft, wenn ich gezielt mal versuche, irgendetwas nachzuahmen, fällt mir auch auf: "Das klingt ja doch bloß wieder wie der Kram, den du immer machst!", und das fühlt sich genauso doof an.
Dieser nagende Zweifel kann einem den ganzen Spaß verderben...

Um die Frage im OP zu beantworten: Solche Musik, wie ich mache, höre ich nur selten - und wenn, gefällt sie mir meistens nicht besonders.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass mein Kram keine bahnbrechende Musik ist, weder neu noch besonders gut. Aber wenn ich auftrete, erreiche ich meistens ein paar der Zuhörenden (oft diejenigen, die sowas noch nie gehört haben), und das ist doch schon mal was.
Und mir selbst gefällt sie übrigens auch.
So.
Fick dich, nagender Zweifel!
Avanti Dilettanti!

Schöne Grüße
Bert
 
ich bin ne klare epigone, gem. wikipedia "jemand, der in seinen Werken schon vorhandene Vorbilder verwendet oder im Stil nachahmt, ohne selbst schöpferisch, stilbildend zu sein"

allerdings macht mir das wenig aus. wenn ich musik mache, dann ohne ziel und verstand, hauptsache es ist schnell fertig und hat spaß gemacht.
was ich cool finde....ich weiß nie was raus kommt....ist für mich immer eine überraschung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wofür ich auch stimmen würde, es wäre falsch. Schon diese Fremdwörter haben so was Abgehobenes. Selbst Epigone.

Ich betrachte mich lieber unvoreingenommen als, hmm, experimenteller Autodidakt. Ein Urteil über meinen musikalischen Output werden sich andere bilden, wenn überhaupt, wenn er überhaupt je fremde Ohren anttrifft. Da verschlüsselt, sind das wahrscheinlich keine musikalisch vorgebildeten Ohren.

Selbstbeurteilung ist eh in den seltensten Fällen korrekt, glaubt man ja letztendlich internalisierten Bezugspersonen von anno dazumal und labert ihnen nach.

EDIT: Als Autodidakt ist die Vertonung existierender Noten mein häufigstes Geschäft. Also gehöre ich eher in das Lager der Epigonen und habe mangels Alternativen das gewählt. Aber ... pssst, hoffentlich liest das niemand.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber oft, wenn ich gezielt mal versuche, irgendetwas nachzuahmen, fällt mir auch auf: "Das klingt ja doch bloß wieder wie der Kram, den du immer machst!", und das fühlt sich genauso doof an.
Kommt mir bekannt vor. Ich höre was, denek, das kann ich auch mal versuchen, aber am Schluss kommt was komplett anderes dabei raus. Aber dann ist es auch was eigenes (also fast sowas wie ein Jodeldiplom).

Dieser nagende Zweifel kann einem den ganzen Spaß verderben...
Nö - denn bei mir kommt ja was eigenes dabei raus. und das macht mir Spass.

Hiermit allerdings gibst du mir ein Rätsel auf:
Solche Musik, wie ich mache, höre ich nur selten - und wenn, gefällt sie mir meistens nicht besonders.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass mein Kram keine bahnbrechende Musik ist, weder neu noch besonders gut. Aber wenn ich auftrete, erreiche ich meistens ein paar der Zuhörenden (oft diejenigen, die sowas noch nie gehört haben), und das ist doch schon mal was.

Und mir selbst gefällt sie übrigens auch.
Wie passt das beides zusammen???
 
Es gibt ja den Begriff Eklektiker: Man sammelt sich aus allen Bereichen schick etwas zusammen.

Nennt man einen Amerikaner so, freut er sich: ja, er hat einen guten Geschmack, abgerundetes Wissen und vielfältiges Ausdrucksspektrum.

Dass in Europa bei dem Begriff immer '... kann nichts Eigenes' mitschwingt und im Duden daher 'bildungsbürgerlich: abwertend' dabei steht, das weiß der Ami nicht ;-)

In dem Sinn bin ich Eklektiker.
 
  • Daumen hoch
M.i.a.u.: oli
In der Realität frage ich mich immer, was für ein armseliges Selbstwertgefühl jemand hat, der sich schlecht oder doof oder minderwertig fühlt, wenn er die gleiche Musik macht wie die anderen.

Interessant, von der Warte des Selbstwertgefühls habe ich es noch nicht gesehen.
Ich glaube, es ist tendentiell ein normales Gefühl, dass man im kreativen Prozess versucht etwas Neues zu erschaffen und dann vielleicht frustriert ist, wenn man woanders landet.
Eventuell bisschen wie im echten Leben, dass es mit den selbstgesteckten Zielen oft nicht so klappt, wie man es gerne hätte.
Sollte man mit klarkommen oder sich zur Kompensierung neue Hardware zulegen ;-):cheer:
 
Ich glaube, es ist tendentiell ein normales Gefühl, dass man im kreativen Prozess versucht etwas Neues zu erschaffen.
Das ist ein rein mitteleuropäisches Künstler(selbst)verständnis und auch dieses gibts erst seit der Aufklärung. In fast allen anderen Kulturkreisen ist das möglichst perfekt imitative Schaffen das höchste Ziel. (Deswegen ja die Problematik, dass das Kopieren von Waren in China, von den meisten Chinesen als überhaupt nicht kritisch betrachtet wird; es gilt als hohes Lob, wenn jemand anderes Dein Werk kopiert).
 
  • Daumen hoch
M.i.a.u.: Cee
Das ist ein rein mitteleuropäisches Künstler(selbst)verständnis und auch dieses gibts erst seit der Aufklärung.
Dieses Verständnis hatte also mehrere Jahrhunderte Zeit, sich in mitteleuropäischen Köpfen festzusetzen.

(Deswegen ja die Problematik, dass das Kopieren von Waren in China, von den meisten Chinesen als überhaupt nicht kritisch betrachtet wird; es gilt als hohes Lob, wenn jemand anderes Dein Werk kopiert).
Ich halte handfeste wirtschaftliche Interessen für die weitaus größere Motivation hinter Produktpiraterie.
 
man/wir/die thread-frage sollte wohl streng zwischen anspruch und ergebnis unterscheiden.

betrachtet man nur "was machst du tatsächlich" wird nämlich schnell klar, warum nicht jeder künstler das trautonium erfunden oder so revolutionäres zeugs gemalt hat wie michelangelo.

das geht schlichtweg nicht, dass alle, oder auch nur viele, immer ganz besonders sind und vom median abweichen, und ohne klar abgesteckte felder gibt es auch keine grenzgänger.


wir kennen sie doch alle, diese musiker, die sich hinstellen und eine dreiviertelstunde lang rauschen und quietschen zum besten geben und sich dabei für ganz furchtbar einzigartig halten.

"das ist minimal!" "das ist noise!", erklärt der künstler sein werk.

ja klar, ist aber trotzdem langweilig, wenn ich dieses jahr schon drei deiner kollegen gesehen habe, die alle das gleiche gemacht haben.

auch wenn das in der gesamtsumme immer noch nur 0,01% der musik ist, die von gleicher art ist, und keinesfalls mainstream.

aber einzigartig kannst du nur alleine sein, nicht in horden oder als mitglied irgendeiner philosophischen bewegung.

das gilt auch dann, wenn du der erste warst und der anführer der gruppe bist...
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieses Verständnis hatte also mehrere Jahrhunderte Zeit, sich in mitteleuropäischen Köpfen festzusetzen.
Klar.

Ich halte handfeste wirtschaftliche Interessen für die weitaus größere Motivation hinter Produktpiraterie.
Klar sind die im Exportmanagement klipp und klar so gegeben, aber eine befreundete Sinologin hat mich mal im Gespräch zu dem Thema daraufhingewiesen, dass es auch inländisch das gibt: z.B. in Nord-China eine Fabrik, die dediziert für sich damit wirbt, "echt südchinesische Wurst" (oder was auch immer) herzustellen. Wie gesagt: nicht ein Händler belügt seinen Kunden über die Herkunft, sondern der Hersteller wirbt mit damit ein exaktes Plagiat zu produzieren.
 
Klar.


Klar sind die im Exportmanagement klipp und klar so gegeben, aber eine befreundete Sinologin hat mich mal im Gespräch zu dem Thema daraufhingewiesen, dass es auch inländisch das gibt: z.B. in Nord-China eine Fabrik, die dediziert für sich damit wirbt, "echt südchinesische Wurst" (oder was auch immer) herzustellen. Wie gesagt: nicht ein Händler belügt seinen Kunden über die Herkunft, sondern der Hersteller wirbt mit damit ein exaktes Plagiat zu produzieren.

Wir brauchen auch nicht das Unsymp-Bild China hochzuhalten -- das kommt in aktuellen Zusammenhängen sowieso immer negativ behaftet rüber, und das sicherlich nicht ganz ohne Grund:

Womit haben die Japaner ihren wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Krieg begonnen? Mit dem Nachbau europäischer Produkte -- da wußte man, was man hat.

Womit hat Tomita seine Erfolge erzielt? Mit nachgespielter europäischer Klassik. Da wußte man... naja, und so weiter.

Was gilt heute noch in Japan als musikalisches Maß aller Dinge, dem es nachzueifern gilt? Tonsetzerkunst aus Europa.

Stephen
 
Was gilt heute noch in Japan als musikalisches Maß aller Dinge, dem es nachzueifern gilt? Tonsetzerkunst aus Europa.

und das ist in china exakt genauso.

allerdings beschränkt sich das nacheifern in beiden fällen dann doch oft eher darauf die kompositionen vom blatt abzuspielen, und nicht etwa neue konzerte zu komponieren.
 
kompositionen vom blatt abzuspielen, und nicht etwa neue konzerte zu komponieren.
Das ist in den europäischen Konzerthallen genauso. Nach einem Stockhausen oder Ligeti muss nochmal ein Mozart oder Strauß kommen, um das Publikum wieder zu beschwichtigen.

Und bei reinen Konzerten für abgefahrenen Jazz oder neue Musik sitzen meistens auch nur wohlwollend nickende Menschen in Rollkragenpullovern da (früher noch mit Pfeife und Hornbrille).
 
ich denke in europa gibt es viel mehr leute, die klassik komponieren als in china.

stockhausen und ligeti gehören allerdings nicht mal ansatzweise dazu, die sind eher das gegenbeispiel.
 
Japan hat seit Jahrzehnten ein äußerst lebendige, junge und vielfältige Jazzszene. In China wird komponiert, eigenes Kram, bis hin zu Riesenopern. Dem korrekten Hinweis Florians folgen hier leider auf Unkenntnis basierende kulturelle Stereotypen.

Und auf Synths rumphiepen kann man auf der ganzen Welt, mit oder ohne Tonsatz...
 


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