Gibt es Anzeichen für eine neue (Musik-) Kultur?

@Trigger:
Um die böse Musikindustrie geht es ERST einmal nicht, die kommt erst hinterher, wenn es um
die Verwurstung geht. Mir ging es um eventuell entstehende neue Musikkulturen und ob bereits
Ansätze in Sicht sind. (Natürlich sind auch Seiten-Threads an anderer Stelle möglich).

War Techno wirklich Rebellion? Hab das eher so aufgefasst: „unsere Message ist, dass wir keine haben (also „Auflehnung“ gegen die 68er?). Uns reicht Friede, Freude, Eierkuchen“, was ja auch
Urmotto einer Loveparade war. Passte auch zu den Neunzigern.
Daher glaube ich nicht das eine Systemablehnung in welcher Form auch immer, Voraussetzung
für eine neue Kultur ist. Evtl. könnte auch eine neue Technologie im Musikbereich Auslöser sein.


Die Leute, die Techno initiierten, entstammen ja eher aus einer gesättigten Zeit. Kein Krieg, Hunger,
Arbeitslosigkeit etc.
Eigentlich sollte es mich stutzig machen, dass NDW und Techno mich noch mitgerissen hat. Dann
wars wohl doch nicht rebellisch und innovativ genug???


Zukunftsromantik: ich bin mir ziemlich sicher, dass es innerhalb der nächsten beiden Jahrzehnte
einen neuen Stil geben wird. Ob der uns Älteren gefallen wird ist eine andere Sache…
Vielleicht ist der so dumpf und blöd, dass wir uns darüber aufregen, so wie einst unsere Eltern
sich über Pink Floyd, AC/DC & Co aufregten.

Im Prinzip kann ich mich Deinen gestellten Fragen anschließen.
Übrigens: Jede Zeit hat ihre Tomaten.
 
Um konkreter auf deine Frage antworten und weiter zielgerichtet diskutieren zu können, wäre mir deine Definition von (Musik-)Kultur wichtig, auch warum du diese spezielle Schreibweise bevorzugst.
 
Definitionen können einschränken, wenn man sie zu eng formuliert.
Der Begriff Musikkultur schien mir im Zusammenhang mit der Entwicklung in der Techno-Szene klar genug, bzw. für sich selbst sprechend. Ok, ein Versuch:
Weitere Beispiele für eine Musikkultur wären z. B. HipHop (auch wenn dies absolut nicht mein Ding ist, so stellt sie auch eine Musikkultur dar), Punk, NDW (80er), Krautrock (70er).

Kultur kann aus einem Lebensgefühl heraus entstehen. Um dieses Gefühl umzusetzen, bedienen sich einige Leute der Musik (ich habe den Kulturbetrieb auf Musik reduziert, da sie eben Thema des Forums ist, denn wenn wir z. B. Malerei, Tanz etc. hinzunehmen würde dies den Rahmen des Threads sprengen. Wobei Tanz natürlich auch zu Techno gehört).
Meistens sind es jüngere Leute, die diese Kultur leben und in Bewegung bringen.

Häng Dich nicht an dieser Definition auf; ist sicherlich nicht perfekt.
 
Prima. Da komme ich gerne auf meinen ursprünglichen Beitrag zurück, dass nach meiner Einschätzung aufgrund der beschriebenen Umstände das identitätsstiftende Merkmal verloren gegangen ist und an Stelle von Musik usw. ...

Die jeweils mit Rock'n'Roll, Beat, Flower Power (Blumen Pumen), Punk etc. gleichzeitig einhergehende und sich gegenseitig bedingende Veränderung der Kultur/Gesellschaft in ihrem Selbstverständnis und ihren Zielen (gesellschaftlicher Gegenentwurf) wird sicherlich nicht mehr ihren Ausdruck in Musik finden. Möglicherweise sind die Menschen in ihrem ganzen geistig-kulturellen Mangeldasein durchaus zufrieden. Eigentlich ganz furchtbar. Interessant wären in diesem Zusammenhang die Erkenntnisse von Soziologen.
 
Elektrokamerad schrieb:
Die jeweils mit (...), Punk etc. gleichzeitig einhergehende und sich gegenseitig bedingende Veränderung der Kultur/Gesellschaft in ihrem Selbstverständnis und ihren Zielen (gesellschaftlicher Gegenentwurf) wird sicherlich nicht mehr ihren Ausdruck in Musik finden.

Für den aufgeschlossenen Musikliebhaber wäre das eine Horrorvorstellung.

Dennoch: ich bin mir sicher, dass wieder was kommen wird - irgendwann.
Ich muß zugeben, dass ich HEUTE noch keinen wirklichen Ansatz sehe. Daher
auch dieser Thread, denn manchmal ist man blind und erkennt die Zeichen nicht.

Nachtrag: Die jüngsten Geschehnisse auf der Loveparade könnten z. B. ein Auslöser
für eine Bewegung sein. Einige Leute scheinen aufgewacht, "erwachsen geworden"
oder sonstwas.
 
Sehe ich auch so - bin früher nach Köln oder D'dorf gefahren um Platten zu kriegen (ohne Auto!). Wenn man nach langer Jagd endlich zum "Abschuß" gekommen ist, schätzt man die Beute wohl mehr, als wenn man einfach mal gurgelt und klickklick macht

Im übrigen sehe ich das Thema relativ entspannt, die Jungen werden das schon machen - wir alten etablierten Säcke sind da doch eh außen vor - und das ist auch gut so.
 
sadnoiss schrieb:
wir alten etablierten Säcke sind da doch eh außen vor - und das ist auch gut so.

Andererseits habe ich den Eindruck, dass man gerade die alten Säcke wieder auftaut und auf Rollstühlen
auf die Bühne karrt, da einige der Jüngeren deren Musik jetzt für sich entdeckt.
 
:D dachte im Zusammenhang mit diesem Festival in London mit ELP und ZZ-Top etc.: "Irgendwie scheint Punk nicht stattgefunden zu haben. Alle die wir damalst haßten stehen immer noch auf der Bühne" - Andererseits können ja auch Billy Idol und die Toten Ärzte etc. pp. einfach nicht aufhören immer noch diese Pubertätsmusik zu machen - DAS ist auch traurig.

Aber es gibt immer wieder Lichtblicke, wie vor ein paar Jahren Uffie und diese Szene mich einfach weggehauen haben.
 
Wie gesagt, ist eher ein gesellschaftliches Thema. Musik als Träger von Ideen findet nicht mehr statt.
 
Ich mach da so´n Zeugs, dass wird sicher der neue Kult, das gab´s noch nie:

Avantgardistische elektronische Musik für hauptstädtische Bildungsstätten.

Aber das ist zu lang, deshalb nenne ich es Berliner Schule.
 
dotterl schrieb:
Musik als Träger von Ideen findet nicht mehr statt

DAS hört sich für MICH knallhart und deprimierend an. Ich hoffe, Du hast unrecht.
Warum sollte man etwas verändern wollen, ist doch alles ganz wunderbar cool. Handy, H&M, Starbucks, dazu ein bisschen Bumm-Tschak im Deppen-4/4-Rhythmus mit Basedrum. Die Gesellschaft ist halt "verunpolitisiert" worden. Ich hatte vor Monaten in meiner Signatur stehen "Keine Macht den Doofen", das kam offensichtlich nicht gut an. Dann uertzt mal alle weiter. Ich gehe jetzt mal pissen.
 
XCenter schrieb:
Ich mach da so´n Zeugs, dass wird sicher der neue Kult, das gab´s noch nie:

Avantgardistische elektronische Musik für hauptstädtische Bildungsstätten.

Aber das ist zu lang, deshalb nenne ich es Berliner Schule.

Oh, manno, Du weißt doch, das BS für mich ein Reizthema ist!
Ok, halt mich zurück, sonst steck ich wieder Prügel ein :mrgreen:
 
Weiß ja nicht ob ihrs schon kennt/wisst aber es gibt auch noch schnelleres als Techno. Hardtek, Freetek, Hardcore, Mental Tekkno, Breakcore, Speedcore usw. diese Musikrichtungen sind sehr gefragt in OStdeutschland. Im Westen kennt man das gar nicht oder selten. Wenn dann nur Gabba. Diese Musikrichtungen gibt es hier schon sehr "lange"(ung. 8-10 Jahre), also nichts neues, aber halt im Untergrund. Es werden Soundsysteme kollektiv zusammengespart und Partys an nicht legalen Plätzen gefeiert(Wald,Feld). Der Platz wird immer aufgeräumt - auch von Partygästen. Darin zeigt sich das ja schon das Sie auch diese Musik lieben und weiter auf diese Partys gehen möchten. Aber halt alles unkomerziell. CDs werden verschenkt usw. Teilweise ist da nur die kostendeckung wichtig. Dann wird halt mit nem Klingelbeutel rumgerannt und Solidaritätsbeiträge eingesammelt. Das wird auch nie in die Richtung komerz gehen - schon weil es meiner Meinung nach überhaupt nicht massentauglich ist.

Denke in der komerziellen Musik werden neue Musikstile entstehen indem sich die Vorhandenen vermischen.
Das beispiel Frittenbude wurde ja genannt. Das ist Electro-Punk mit Rap
Sieht man ja auch bei vielem anderen: Hip Hop mit Housekick bzw. synthieklängen, Pop mit erkennbaren Houseeinflüssen usw...
Finde das ehrlich gesagt super das die Musik immer unkommerzieller wird. Musik ist doch freies Gut. (Meine das im bezug auf die CD-Verkäufe) Ein guter Musiker kann dann mit Live-Auftritten oder halt Vinylkäufen(DJs kaufen ja Vinyls wenn sie gut sind) seine Brötchen verdienen.
PS: Möchte noch erwähnen das ich 22 bin.
 
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Vielleicht sollten wir lieber über Kult-Uhren diskutieren.
 
dotterl schrieb:
Gibt es Anzeichen für neue Sub-/Musikkulturen?
Ist Euch "was" aufgefallen?
Wo seht Ihr Impulse?

Jo. Klangkreuzfahrten...das nächste große Ding.
Live improvisiertes Avantbientro. Nix Computer.
 
Moogulator schrieb:
Aber deinem Post entnehme ich, dass das böse Internet noch schuldiger ist?


früher hat man schon erkannt das übermässiges TV ansehen kinder verblöden lässt. relativ.
und das internet hat nun mal heutzutage das TV verdrängt..
ist das gleiche schema. man konsumiert anstatt kreativ zu sein. die überinformation macht platt.
jajaja,das internet ist nich nur böse. schon klar. ist ja auch ein markt.wo geld verdient wird.
die kommunikation und information ist ja mittlerweile nur ein nebeneffekt.
mir wäre es ganz lieb gewesen du wärest auch auf meine anderen argumente eingegangen..
und nicht nur diese herauspicken die dich vermeintlich treffen.

haszt du kinder? ich schon. und ich seh was für ein stellenwert das www bei denen hat.
es werden auch übelste falschinformationen gezogen.zb VT und 2012. massenhaft kids werden angesprochen.
früher wäre das ein kleiner teil gewesen die zugang zu bestimmter lektüre gehabt hätten oder eben in bücherreien abhängen.die anderen haben halt fussball gespielt. dann kam peter vorbei und hat gesagt" ey leute,ich hab ne egitarre von meinem onkel harry geschenkt bekommen."
alle so : "coooooooool!"
usw
 
Elektrokamerad schrieb:
Musik als Träger von Ideen findet nicht mehr statt.

Z. Zt. -> Es wird immer weitergeh´n.
Da gebe ich Sadnoiss recht: das Jungvolk wird es schon richten. Der/die nächste Kult/ur wird kommen und alle werden sich wieder an den Kopf schlagen und sagen "Das ich da nicht selbst drauf gekommen bin!" und ganz fürchterlich drauf abfahren oder es anhassen. Gab´s immer, gibt´s immer, wird immer wieder passieren. Weil sich die Menschheit ändert, wie die Zeiten, die sie belebt.
 
Unter "(Musik-)Kultur" verstehe ich nicht ein Genre, einen Hype, sondern eine gesellschaftspolitische Ausrichtung mit einer Sichtweise, die mit Bisherigem bricht und sich in Musik manifestiert. Die Beispiele Rock'n'Roll, Beat, Flower Power etc. hatte ich ja schon genannt. Das bedeutete nicht Schmalzlocke, lange Haare, Blumen im Haar etc, sondern Jugendrebellion, Loslösen von der Herrschaft der Erwachsenen, friedliche Gegengesellschaft (Vietnam-Krieg) etc.
Um was Neues fordern zu wollen, muss einem das Alte erst so richtig stinken. Arbeits- und Perspektivlosigkeit beispielsweise scheint z.Zt. nicht ausreichend zu schmerzen, nutzen doch alle mediale und technische Schmerz- und Beruhigungsmittel.
 
XCenter schrieb:
Elektrokamerad schrieb:
Musik als Träger von Ideen findet nicht mehr statt.


wenn ich so drüber nachdenke kann ich das nachvollziehen.
träger von ideen sind heutzutage eher virtuelle sachen. mein blog,mein forum,mein website,mein youtube,mein myspace,usw
man kann ganz gut sich ausdrücken und ein minimales bis maximales feedback erreichen.quasi zuhause vom chefsessel aus. in unterhose und ungeduscht. und die hand am sack,kurzer weg zum kühlschrank.easy living.
für kids ist feedback ja wichtig für entwicklungsprozesse. nur,welche feedbacks kommen den so in den portalen.
"ey,deinemudda. " oder "baoh, nen iphone,geil!"

vielleicht passiert was neues in ein paar jahrzenten wenn die folgegeneration die schnauze voll hat und das virtualverhalten ihrer eltern als unnatürlich und abstossend empfindet. eingebettet im natürlichen abnabelungsprozess.
setzt aber voraus,das alle eltern zumindest der grossteil virtuallisiert ist. wie damals der spiesser.

wir sind 2010-? in der virtuellen warteschleife.


und,es entsteht keine neue musik, wenn zb klassische ausgebildete instrumentalisten oder jazzer,elektroniker,weiss der geier mit der unteröwisheimer guggemusiktruppe fusioniert.
am reissbrett entstehen nunmal keine revolutionen,auch keine musikalischen.
vielleicht irre ich mich. möglich.
aber ehrlich, musikalische revolutionen werden ja auch von der industrie relativ kontrolliert... was auf den markt kommt und was nicht.
wobei,es gibt ja internet, die demokratisierung der information und vermarktung.
ok,ich sag meinem bub er soll mal ne revolution starten und ein clip auf YT posten. ok,erledigt.
hm,da sind so viele clips. shit,die anderen machen das ja auch.

ergo- überinformation. belanglos. konsum. stumpfsinn.


ps. ab sofort wirds bunt! :gay:
 
Elektrokamerad schrieb:
Arbeits- und Perspektivlosigkeit beispielsweise scheint z.Zt. nicht ausreichend zu schmerzen, nutzen doch alle mediale und technische Schmerz- und Beruhigungsmittel.

Zumal mittlerweile doch alles grenzenlos ist. Auch die Kinder und Jugendlichen. Wenn es niemanden mehr gibt gegen den man rebellieren muß, weil man sowieso schon alles macht was man will...gibts auch keine neue Entwicklung mehr. Es sei denn die grenzenlose Generation besinnt sich wieder auf das Gegenteil und wird wieder konservativ.
Römische Verhältnisse. Dekadenz. Satt.
Neuester Trend bei den Teenies...Komasaufen. Weil sie sich langweilen.
 
Monokit schrieb:
... besinnt sich wieder auf das Gegenteil und wird wieder konservativ.
... und besinnt sich wieder auf Bildung und gesellschaftlich relevante Werte.

So möchte ich das lieber ausgedrückt sehen. Das ist nicht konservativ, da das Gegenteil bekanntlich nicht progressiv ist.

Ein Miteinander und Füreinander zeigt sich nicht im gemeinsamen Feiern bei Verdummungsmusik. Schaut euch mal Videoclips zum Montery Popfestival 1967 an. Da lag was in der Luft, und ich meine nicht Haschischschwaden.
 


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