Neue Compilation: Tangerine Dream / Pilots Of Purple Twilight: The Virgin Recordings 1980-83

"Leute, schaut nach vorne, dann müsst Ihr Euch
nicht mit dem ewig alten Cheddar rumärgern.
Und wenn es kein "vorne" gibt, dann seid selbst das Vorne."

(Alte Wanderprediger-Weisheit; soeben erfunden)
 
[...] Interessant zu lesen und sicherlich hat PPG einige interessante Argumente. Nichtsdesto trotz empfinde ich diese Kollektion als ein absolutes Meisterwerk.
Genau das Heft, welches PPG bemängelt, zeichnet dieses Gesamtwerk doch aus. Ich persönlich habe mich 8 Stunden lang einfach nur gefreut und amüsiert. Es mag sein, dass dies alles nicht so seine Richtigkeit hat aber ich persönlich fühlte mich sehr gut unterhalten. Es war ein schöner Sonntag.

Siehst Du, genau das ist das Problem -- da wird für die Nachwelt eine Faktenlage etabliert, die schlichtweg falsch ist und welche durch sorgfältige Recherchearbeit ganz einfach hätte verhindert werden können, und keinen stört's bzw. derjenige, der einen offenkundigen Mißstand und mangelnde Sorgfalt anprangert, gilt als Spaßverderber -- ärgerlich, gerade weil die Box nichts zu wünschen übrigläßt. Ich habe auch keine "interessante Argumente", ich kenne nur -- im Gegensatz zu Wouter Bessels -- die Zusammenhänge etwas besser -- für Fakten, die allseits bekannt sein sollten, braucht man keine Argumente. Argumente braucht man nur für etwas, das man zu bekräftigen sucht.

Ich zitiere mich nochmal selbst, damit nicht wieder irgendwer irgendwas aus dem Zusammenhang reißt und falsch zitiert -- muß man ja vorsichtig mit sein, heutzutage:

Ich habe lange mit mir gehadert, aber am Ende doch die Hades-Box geordert.

Positiv fällt die sehr wertige Gestaltung auf -- LP-Format, richtig schön schwer, die CDs mit zeitgenössischen Virgin-Label-Designs, sehr umfangreiches Bonusmaterial, Klangqualität durch die Bank hervorragend (zumindest bei den Studioaufnahmen, an die Livemitschnitte habe ich mich noch nicht herangetraut, da ich kein großer Fan der damaligen Dudelorgien bin). Die neuen Stereomischungen von Steve Wilson fand ich auf Anhieb nicht so spektakulär anders, daß ich aufgehorcht hätte (klangen aber deutlich besser als das, was in den 1980ern auf CD erschienen war). Das für mich überraschendste Material war Oedipus Tyrannus, das einige unerwartete Elemente enthält -- ich kannte bis dato nur Fragmente daraus (war also der zweite Grund, die Box anzuschaffen). Interessant auch, daß Teile von Oedipus für die Endsektion von Rubycon Part Two verwendet wurden -- das wußte ich bis dato nicht, und das ist die Art von Geschichtsstunde, der ich gerne folge.

Die Phaedra-Outtakes waren für mich der Hauptgrund, die Box anzuschaffen, da Phaedra für mich mit das wichtigste Album in meiner eigenen elektronischen Sozialisation ist; diese CDs sind eine hochinteressante Geschichtsstunde, weil man a) lernt, wie sich die Band im Studio an das Material herangetastet hat und daß sie b) dabei auch nur mir Wasser gekocht hat. Daß am Ende c) ein solches Stück Musik auf LP landete, ist -- glaube ich -- ein echter Glücksfall.

Die 5.1-Mixe habe ich mir mangels 5.1-Anlage noch nicht angehört (was wohl in nächster Zukunft auch nicht passieren wird, denn ich halte nichts von diesem Schnickschnack), die Filme habe ich mir in Ermangelung eines Blu-Ray-Players ebenfalls noch nicht angesehen, weiß aber, was mich da erwartet.

Negativ fällt auf, daß im beiliegenden Buch (welches sehr schön gestaltet ist) z. T. völlig kruder Mist geschrieben worden ist (was diesen Wouter Bessels dazu qualifiziert, sich in solchen Werken mit seinem Halb- oder Viertelwissen zu präsentieren, entzieht sich meiner Kenntnis... Käse aus Holland halt) und daß ein gründliches Lektorat und proof-reading keinen Schaden angerichtet hätte -- größter Lapsus: Chris Franke hat laut Schreiberling sein erstes Moog-System von Florian Fricke (Popol Vuh) erworben und dann an Klaus Schulze durchgereicht... was für ein Schwachsinn. Jeder, der sich nur ein bißchen in der Synthesisergeschichte auskennt (und/oder seine journalistischen Hausaufgaben -- sprich: Recherche -- erledigt hat), weiß, daß Schulze seinen Moog damals direkt von Fricke gekauft hat und Franke im Hansa-Studio zufällig über den IIIp gestolpert war, den die Rolling Stones dort hatten stehenlassen. Franke hatte auch anfangs nur deshalb Zugang zu diesem Moog, weil sich die Hansa-Leute erhofften, in Franke jemanden gefunden zu haben, der den Kunden den Moog zusammenstöpselt, weil die Hansa-Techniker selbst keinen Schimmer von der Technik hatten.

Das zweite Moog-System, das Franke bekam, hatte davor den Moody Blues gehört -- auch Synthesisergrundwissen, ebenso, daß Frankes Moogs heute Teil von Hans Zimmers Knopftapete sind.


Naja, heute gilt ja nicht der Kompetente als geeignet, sondern der, der sich am meisten mit seinem Mist hervortut bzw. am lautesten auf seinem Haufen kräht.

Stephen

PS: Die Official Bootleg Series speist sich meines Wissens aus dem Material, das ohnehin schon seit Ewigkeiten für Fans gratis online im Tangerine Tree Netzwerk zu bekommen war. Ob die Klangqualität für die CD-Veröffentlichung noch bearbeitet worden ist, weiß ich nicht.

Bunte Bildchen gucken ist mir zu blöde, aber manche Leute halten ja auch Malbücher für große Literatur.

Stephen
 
Kurze Frage an die Experten: Weiß jemand, welche Rhythmusmaschine bei TD in den frühen 80ern zum Einsatz gekommen ist (z.B. auf "Dr. Destructo" und "Mojave Plan") ? Für mich klingt das schon nach Samples, aber nicht nach der LM-1. Könnte das evtl. der PPG 390 (Drum Unit) gewesen sein?
 
[...] Könnte das evtl. der PPG 390 (Drum Unit) gewesen sein?

Ja, das ist die wahrscheinlichste Erklärung -- Edgar hatte das 340/380 System, zu dem auch die 390 Drum Unit paßte (und mit welchem viele der Sequenzen programmiert worden waren, um dann anschließend über das Analog-Interface ausgegeben zu werden an alle möglichen anderen Klangerzeuger).

TD hatten nie die LM-1, nur später die DMX (White Eagle, Logos, Poland) und die Böhm Digital Drum (Poland). Drumtraks kam auch noch irgendwann dazu, glaube ich.

Stephen
 
Johannes Schmoelling hatte zumindest bei Poland noch ne 808 mitlaufen, ggf. aber auch nur Deko. In dem Livevideo ist sie zumindest zu sehen.
 
Die hatte ich auch nur erwähnt, weil es (glaube ich) 1981 noch keine andere Sample-basierte Rhythmusmaschine gab... ?

Das hatte ich auch so verstanden -- ich finde es nur kurios, daß TD in ihrem High-Tech-Fuhrpark nie die LM-1 hatten, obwohl sie damals state of the art war.

TD hatten allerdings auch nie dauerhaft einen Fairlight, nur kurz zu Probezwecken (irgendein Soundtrack).

Johannes Schmoelling hatte zumindest bei Poland noch ne 808 mitlaufen, ggf. aber auch nur Deko. In dem Livevideo ist sie zumindest zu sehen.

Die 808 spielte auch so ab 1981 eine wichtige Rolle; ich meine, es gab ein paar Liveauftritte, wo sie schon zu hören war, und dann auf Logos und White Eagle, und natürlich die Eröffnungsnummer von Poland.

Das war der Grund, warum ich den Verkauf meiner 808 seinerzeit sehr schnell bereute.

Gabs da nicht auch was von den Roboterwerken? Ich meine im Rack von Franke mal etwas gesehen zu haben.

Stimmt, der ist im Rack, aber ich meine, der wäre in erster Linie zur Triggerung von Sequenzern eingesetzt worden -- und wahrscheinlich für die analogen Simmons-Module und womöglich für diese Syntec Digital Drums (was auch immer das war).

Stephen
 
Zuletzt bearbeitet:
Gestern gekommen und, leider geil. Ich war in FFM Höchst Jahrhunderthalle mal auf einem Konzert. PPG in den Racks und am Schluss kamen die Jungs in Affenkostümen auf die Bühne. Das Publikum waren zu 99% Amis aus der FFM Airbase. Das muss die Exit Tour gewesen sein. Gibt es in irgendwelchen Fan-Foren zu diesen Touren noch weiter Informationen oder gar Bilder?
 
ich finde es nur kurios, daß TD in ihrem High-Tech-Fuhrpark nie die LM-1 hatten, obwohl sie damals state of the art war.

Geht mir genauso... na ja - one man's Linn is another man's Palm. ;-) Irgendwie klingen diese Sample-Drums ja schon seltsam, aber für mich passt das. Ich könnte mir z.B. "Mojave Plan" auch überhaupt nicht mit einer Rhythmusspur aus fetten Linn-Samples vorstellen...

Aber um nochmal kurz auf das Boxset zurückzukommen: Hat hier jemand die "Daydream/Moorland"-Vinylsingle? Mich würde mal interessieren, ob vor allem die A-Seite der Originalsingle auch so eiert wie auf dem Boxset - ich frage mich schon die ganze Zeit, ob das so sein muss oder ob da beim Transfer/Mastering was schiefgelaufen ist...
 
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Hat hier jemand die "Daydream/Moorland"-Vinylsingle? Mich würde mal interessieren, ob vor allem die A-Seite der Originalsingle auch so eiert wie auf dem Boxset - ich frage mich schon die ganze Zeit, ob das so sein muss oder ob da beim Transfer/Mastering was schiefgelaufen ist...
Ja, das gehört so.

Habe mir die Single damals gekauft. Heute habe ich diese nur noch als eigene Überspielung auf CD (ca. 1995 oder '96 gemacht) hier. Auch die Bootlegs mit dem Titel klingen, als ob sie eiern würden.
 
Dankeschön @qwave / @Chromengel ! Vielleicht gab es wirklich bei der Single ein Fertigungsproblem (ich habe den Verdacht, dass die beiden Stücke für das Boxset auch vom Vinyl transferiert wurden)... Bei youtube habe ich gestern einen Mitschnitt aus "Formel Eins" gefunden, der nicht eiert und im Abspann des "Miriam"-Krimis (WDR-Mediathek) hört es sich auch normal an... Na ja, egal - es gibt wirklich Wichtigeres auf dieser Welt! ;-)
 
Nicht nur die Moderation ist kreativ. Die Deko und die Präsentation ist ja voll genial. Hey Tanner, lass uns das mal auf die Jalousie projizieren. Und am Schluss korrigiert sich Peter noch: Fenster -> Treppe.
 
Dankeschön @qwave / @Chromengel ! Vielleicht gab es wirklich bei der Single ein Fertigungsproblem (ich habe den Verdacht, dass die beiden Stücke für das Boxset auch vom Vinyl transferiert wurden)... Bei youtube habe ich gestern einen Mitschnitt aus "Formel Eins" gefunden, der nicht eiert und im Abspann des "Miriam"-Krimis (WDR-Mediathek) hört es sich auch normal an... Na ja, egal - es gibt wirklich Wichtigeres auf dieser Welt! ;-)
Nope, das Original "eiert" auch so, da lag wohl etwas LFO zu viel auf den Oszillatoren :)
 
Nope, das Original "eiert" auch so, da lag wohl etwas LFO zu viel auf den Oszillatoren :)

Neulich vor 37 Jahren:

"Franke, schmeiß den Sequenzer an, wir müssen noch vor den Mittagessen eine Tatort-Single im Kasten haben. Schmoelling, was waren nochmal die Akkorde, die Du letztens weggeworfen hattest? Okay, los geht's... oh, zu viel LFO, aber macht nichts, hört ja eh keiner"

Stephen
 


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