Samples tonalisieren

JG

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Ich hab jetzt nach einiger Zeit das Sampling am EXS24 wiederentdeckt. Diesbzgl wollte ich mal fragen was es so an Möglichkeiten gibt perkussives selbstgesampeltes Material, z.B. ne Blechbüchse, zu „tonalisieren“. Einfach mit Tune und dem Logicstimmgerät ? Filter zudrehen und Resonanz aufdrehen und so einen Ton reinkriegen ? Das ganze mit einem tonalen Instrument doppeln ?

Wie geht Ihr vor ?
 
Den EXS24 mochte ich anfangs überhaupt nicht, nachdem ich lange mit HALion gearbeitet hatte. Da der HALion aber nicht stabil als AU unter Logic lief, musste ich in den sauren Apfel beißen. Mittlerweile habe ich den EXS sehr schätzen gelernt. Frisst nicht viele Ressourcen, ist schnell und einfach bedienbar und klingt auch gut.

Da gibt es viele Möglichkeiten. Als ein "Roland-Jünger" (Linear-Synthese wie D-50, D-5 etc...) habe ich oft für die Attack-Phase etwas atonales genommen (gesampelte Keksdosen, ein geblasenes "fnnt" von einer Wasserflasche, Bierdosen, Staubsaugerschlauch, auch das Abtropfgitter aus der Küche war mal dabei...) und mit einem passenden tonalen Sound unterlegt. Die Attack-Phase ist imho entscheidend für den Charakter eines Klanges. Hier kann mal durch "Soundstapeln" viele interessante Klänge holen.

Ansonsten probiere ich auch gern mal ein oder mehrere sehr kurze Delays (oder Chorus/Flanger ohne Modulation) mit laaangem Feedback. Klingt halt sehr metallisch und robotnik-mäßig. Kann auch toll sein.

Was ich auch gerne mache: Einen Sound in Hall ersäufen, sampeln und dann aus der Hallfahne einen Sound extrahieren, z.b. durch Filtern.

It's up to you... :)
 
Da empfehle ich einen Audio Editor. Nach dem Attack den Ton loopen und eine gewünschte Tonhöhe aussuchen. Soll es disharmonisch bleiben, dann einen relativ langen Loopausschnitt wählen und mit der längsten Crossfade Time ausstatten, damit der Halteton möglichst wenig eiert. Bei typischen Tin Can oder glockenähnlichen Percussions kann man am Ende der Ausklingphase einen engen Loop erzeugen, der dann eine beliebige Tonhöhe haben kann.

Die von monozelle genannte Alternative ist einfacher und basiert auf dem Layer Verfahren. Der Vorteil dabei ist, dass man sich eine Sammlung an Attack Samples zulegen kann, als One-Shot, und eine, die aus "Body" besteht, also dem Teil, der für den Haltepegel vorgesehen ist. Das können auch Single Cycle Waves sein und alles, was eine Art Wellenform ist. Resultat ist immer diese Abteilung "Fantasia", in dem Fall ist es ein Glockenspielsample plus ne Fläche. Ganze Generationen samplebasierter Synths arbeiten mit dieser Methode.
 
monozelle schrieb:
Hier kann mal durch "Soundstapeln" viele interessante Klänge holen.

Hmm... Legst Du die Sounds im Audioeditor übereinander, oder im Instrumenteditor als Gruppe ?

Was meinste denn mit der Hallfahne ? Z.b. nen Rimshot mit ordentlich Hall aufnehmen, Hallfahne abschneiden und dann in den Sampler hauen ?
 
Das mache ich tatsächlich mal so und mal so. Wenn mir die Inspiration fehlt, lasse ich meine Synths oder Samples als Loop vor sich hinballern, während ich live an den Reglern drehe und/oder Effekte draufschmeiße. Irgendwann kommt immer etwas interessantes dabei raus. Das wird dann aufgenommen, gnadenlos gebounct, in Stücke gehäckselt und in den EXS geworfen.

Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, mache ich das direkt im Sampler, wie Du sagst.

JG schrieb:
Z.b. nen Rimshot mit ordentlich Hall aufnehmen, Hallfahne abschneiden und dann in den Sampler hauen ?

Genau, ein Stück aus der Hallfahne nehmen. Bei so kurzen Sounds wie einem Rimshot wird vermutlich eher was Noise-mäßiges rauskommen, aber in den meisten Percussions steckt irgendwo immer ein Ton drin, den man rausgefischt bekommt. Einfach experimentieren - wie walze ich ein kurzes Sample in die Länge?

Zu Euer aller Erschütterung muß ich sagen, dass ich zum Sample-verbiegen recht viel mit "Macromedia SoundEdit 16" mache. Das ist ein uraltes Programm, mit dem wohl oft Sounds für billige Videospiele gemacht werden / wurden. Gibt's nicht mehr, Firma von Adobe gekauft, läuft unter MacOs Classic mit viel Wackeln und Zittern, hat aber ein paar Features, die genial sind (z.b Pitch-Hüllkurven malen). I love it.

Noch eine Methode, Samples "tonal" zu bekommen: Perverses Time Stretching in die Länge, bis Aliasing und Artefakte nur so dröhnen, und daraus Loops schnippeln... :D
 
Klingt interessant !

Aber wie genau stimmst Du die Samples später ? Also so, dass man später über Keyboard was musikalisches spielen kann ?
 
JG schrieb:
Aber wie genau stimmst Du die Samples später ? Also so, dass man später über Keyboard was musikalisches spielen kann ?

Im Sampler. Ich hab Dir hier mal ein kleines Beispiel gezimmert, ausgehend von einer Timbale aus dem RY30, so hört sie sich furztrocken an:

Timbale 1

Nach dem von mir geschilderten "perversen Time Stretching" (in SoundEdit16) hört sich das schon ganz anders an. Ich habe sie 4-mal hintereinander auf 200% Länge gewalzt. Ich liebe diese schrottigen Artefakte:

Timbale 2

Jaul... Klingt schon sehr interessant, da kann man schon was draus machen. Nun eiert das Ganze tonal noch ziemlich hin und her. Ich will es aber auf einen einzigen Ton kriegen. Hierzu habe ich den Voice Transformer von Logic genommen und auf einen Ton (C2) gestellt. Dazu jede Menge Hall, damit es schön verschwimmt:

Timbale 3

Erinnert hier noch irgendwas an eine Timbale? ;-) Klingt eher wie eine Sitar oder sowas.
Dann packe ich es in den EXS und fange an, herumzuwursten. Hier habe ich einfach die Original-Timbale als Attack drübergeklebt und eine kleine Sequenz eingespielt. Und ein bißchen Delay drauf...

Timbale 4

Das wäre nur ein Beispiel. Beim Timestretchen weiß man nie, was so an Verwertbarem hinten rauskommt. Einfach probieren.
 
kann es sein, dass das interne timestretching von logic wesentlich besser ist als bei cubase sx? auch die "artefakte" hören sich imho wesentlich cleaner, besser an als bei mir.

sehr interressantes topic btw. mehr soundfiles wären nett, ich probiere auch mal was.
 
Ich glaube Monozelle hat es es in Soundedit gestreched...
Bei mir in Logic klingts aber ähnlich. Hab aber auch schon mal gehört das die Time&Pitch-Engine in Logic besser sein soll...

Hab auch was neues probiert: Es gibt in Logic die Funktion "In Soundtrack öffnen", wenn man die Datei auf der Spur markiert...
Da lassen sich auch alle möglichen Schweinereien anstellen... Z.B. einen Ausschnitt der Audiodatei markieren. Läd man jetzt ein Plug-In
und drückt unten auf "anwenden" wird das Plug auf diesen Abschnitt gerechent... Sehr schön um einfach rumzuglitchen :)

Im EXS24 machen sich auch gut samples von metallisch-hohlem find ich. Mülltonne oder Dose... Ist super für House/Techno
 
JG schrieb:
Hab aber auch schon mal gehört das die Time&Pitch-Engine in Logic besser sein soll...

Kommt drauf an, was man erzielen will. Wenn man es qualitativ möglichst "gut" (also im Sinne von: Man merkt nix) haben will, nimmt man am besten die Apple-Loops, da kann man ziehen und stauchen, was das Zeug hält.

Im aktuellen Cubase soll das aber noch geiler gelöst sein, hab ich mir erzählen lassen - gibt es da nicht die Funktion, Audioregionen direkt im Arrange-Fenster zu stretchen? Tja, manchmal frag ich mich, warum ich umgestiegen bin...

Ich stehe aber gerade auf diese fürchterlichen Artefakte, die bei schrottigen Timestretching-Algorithmen auftreten, wie eben im SoundEdit. Modernere Algorithmen sind mir für sowas einfach zu perfekt. :D

JG schrieb:
Hab auch was neues probiert: ...

Wow! Darüber bin ich noch nicht gestolpert. Muss ich demnächst gleich mal austesten. Danke für den Tipp!
 
monozelle schrieb:
gibt es da nicht die Funktion, Audioregionen direkt im Arrange-Fenster zu stretchen? Tja, manchmal frag ich mich, warum ich umgestiegen bin...
/quote]

gibt es, ja. das timestretching von cubase ist aber an sich nicht so besonders..
 
Interessantes Thema!

Zwei Fragen meinerseits:

1. Was gibt es denn unter VST / Cubase für Möglichkeiten, um einen Sound halbwegs auf eine Tonhöhe zu fixieren, wie es Monozelle mit dem Logic Voicetransformer gemacht hat?

2. Wie sieht Eure "Arbeitsteilung" zwischen Sampler und Wave-Editor aus?
Ich arbeite mit Halion, habe aber immer wieder das Problem, daß man für das finale Sample immer nur einen kleinen, geloopten Teil der Urpsungsaufnahme benötigt, diese aber dafür mit EQ, Kompressor etc. massiv bearbeitet.
Dies vorab in einem Waveeditor tun ist nicht optimal, da ich vorher noch nicht weiß, wie (und ob) ich loope. Daher kann ich das Sample vorab auch nicht zurechtschneiden...
Wie loopt, schneidet und "effektiert" ihr Samples?

Gruß,
Rallef
 
Interessantes Thema!

Zwei Fragen meinerseits:

1. Was gibt es denn unter VST / Cubase für Möglichkeiten, um einen Sound halbwegs auf eine Tonhöhe zu fixieren, wie es Monozelle mit dem Logic Voicetransformer gemacht hat?

2. Wie sieht Eure "Arbeitsteilung" zwischen Sampler und Wave-Editor aus?
Ich arbeite mit Halion, habe aber immer wieder das Problem, daß man für das finale Sample immer nur einen kleinen, geloopten Teil der Urpsungsaufnahme benötigt, diese aber dafür mit EQ, Kompressor etc. massiv bearbeitet.
Dies vorab in einem Waveeditor tun ist nicht optimal, da ich vorher noch nicht weiß, wie (und ob) ich loope. Daher kann ich das Sample vorab auch nicht zurechtschneiden...
Wie loopt, schneidet und "effektiert" ihr Samples?

Gruß,
Rallef
 
Ich reanimiere diesen Thread mal, da ich in letzter Zeit sehr viel Fieldrecording betreibe und nun versuche, daraus tonal spielbare Samples zu gewinnen. :)

Zwei Fragen:
1. Inwieweit bearbeitet ihr Aufnahmen mit EQ, Kompressor oder anderen Tools, um einen sustained-sound zu gewinnen, der tonal und geloopt spielbar ist? Gibt es hier generische Tipps? Oder lieber hinterher den fertigen Sound im musikalishen Kontext bearbeiten, nicht das Roh-Sample?

2. Habt ihr gute Loop-Tricks? Ich habe bei ursprünglich geräuschhaften Aufnahmen fast immer das Problem, das ich keine brauchbare Loop hinbekomme, die auch nur entfernt etwas Charakter beibehält. Single Cycle Loops klingen ruckzuck charakterlos-digital und künstlich. Für das Beibehalten von "originalem" Rauschen, Hauchen oder anderen charakterstiftenden Bestandteilen müßte die Loop länger sein, aber dann knackst und eiert es bei mir, trotz Crossfade und natürlich Loop im Nulldurchgang.

Für das Beispiel etwa habe ich zwei Abende gebraucht, bis die Loop halbwegs kaschiert war:


Der vocal-artige Leadsound ist entstanden aus dem Anfahren eines Dieseltriebwagens. ;-)
Bitte den musikalischen Aspekt hierbei ignorieren - das sind quasi ein paar improvisierte Töne. Nur den Sound beachten. :)

Gruß,
Rallef
 
Das Rohsample bearbeite ich schon so weit, wie es irgend geht. Doch eigentlich im Konzept bereits vor der Aufnahme, denn die spätere Absicht es zu loopen muss da schon berücksichtigt werden.

Alles was abklingende Lautstärke und/oder Obertongehalt betrifft, wird schwierig zu loopen sein. Zumindest nicht ohne ein fettes Pfund Crossfade, das sonst unweigerlich ewig lang sein muss, sonst kriegt man keine durchgängige Amplitude.

Ein Trick ist, einen tonalen Klang drunterzulegen, der dann auch loopbar ist. Funktioniert oft.

Mit zu kurzen Samples kommt man bei komplexem Klanggeschehen nicht weiter, dann belässt man es lieber beim klassischen One-Shot und den ungeloopt und am Ende ausfaden, wenn man das schöner findet als Klang abreißen lassen.
 
bevor Du die Autoloopfunktion benutzt, den DC offset entfernen, da sonst die Nulldurchgänge oft nicht gefunden werden.

abklingende oder sich verändernde Lautstärken kannst Du entweder mit crossfades relativ gut glattbügeln oder zb. die Audiospur doppeln, verschieben und mit Hüllkurven anpassen, bis Teile sich ergänzen oder so überlagern, dass der sustain insgesamt länger wird.
Hab ich zb. bei einem synthchor mal erfolgreich gemacht.

Bei künstlichen sounds kann auch drastischer Einsatz von Effekten den Sound "loopbarer" machen. Mit dem EQ zb. drastisch Frequenzbereiche entfernen. Oder ganz extrem: Granulareffekte usw.
Der Experimentierfreude sind hier keine Grenzen gesetzt.

Noch ein Tip für Loops: entweder ganz kurz oder sehr lang. Die mittleren funktionieren meist nur dann gut, wenn Du eine einigermaßen gleichmässige sustainphase hast. Ansonsten leiern die nämlich spätestens ein paar Töne höher fürchterlich. Wenn Du ganz kurze Loops machst, immer mindestens einen vollen cycle nehmen, sonst ändert sich die Tonhöhe in der Loop.

Ach ja, noch ein Tip zum Schluss: ich hab die Erfahrung gemacht, dass man das Sample am besten im sampler, und insbesondere auch die tiefen Noten mal komplett durchhört, da hört man oft noch Fehler (zb. leichtes Knacksen), die man in der Originaltonhöhe nicht wahrnimmt.
 


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