Sollte digital wie Analog klingen?...

mein alter Musiklehrer wollte mich mal ästhetisch-rhetorisch vernichten:

- analog ist alles, was "natürlich" schwingt, also Stimmbänder, Saiten, Rohrblättchen, etc.
- digital ist alles, was Strom zur Tonerzeugung benötigt.
- digitale Tonerzeuger haben keine Obertöne; sie erzeugen daher nur Töne, aber keine Klänge.

Ich konnte das damals nicht kontern. Ein E-Techniker würde sich vielleicht auf den Wechsel von Strom/kein Strom (Zuses Z1 als Synthesizer *ggg*) oder 1/0 als Schwingungsquelle herausreden können, aber heute finde ich Definition meines Musiklehrers hilfreicher, als er es damals vielleicht intendiert hat: egal, ob da Transistoren, 10.000 Relais oder eine CPU werkeln: der Sound muss einfach nur gut sein.

In den 90ern habe ich mich lange mit der Emulation "natürlicher" Instrumente mit Synthesizern befasst. Streicher gingen ja ziemlich früh ganz ordentlich, aber für mich waren die Bläser immer der Knackpunkt. Heute bin ich mir sicher, dass das verschossene Zeit war: wenn ich Bläser brauche, hole ich mir Bläser dazu. Ansonsten habe ich einen Synth-Sound, der eben nur "so ähnlich wie Bläser" klingt - aber mit der Option, was Neues daraus zu machen (Samples immer ausgenommen).

Mittlerweile sehe ich die Diskussion um Analog und Digital auch eher als PR-Argument. Ein neuer (digitaler) Synth oder ein VSTi wird mit derartigen Attributen beworben, um bestimmte Käufergruppen anzusprechen. Sieht man sich das z.B. bei den VSTis mal näher an, heißt "analog" oftmals LowFi, LowGrain, besonders krude/besonders einschmeichelnd, und "digital" irgendwas zwischen DX und Synclavier. Über das, was man mit den VSTis wirklich anstellen kann, sagt es eher weniger aus.
 
- analog ist alles, was "natürlich" schwingt, also Stimmbänder, Saiten, Rohrblättchen, etc.
- digital ist alles, was Strom zur Tonerzeugung benötigt.
- digitale Tonerzeuger haben keine Obertöne; sie erzeugen daher nur Töne, aber keine Klänge.
So habe ich das auch kennengelernt.
Alles was keinen Strom für die Tonerzeugung benötigt ist analog. Demnach wäre ein analoger Synthesizer, ein Klavier. Ich glaube immer noch daran, gehe aber mit der Zeit und belüge mich selbst :D

Der Begriff analoger Synthesizer ist erst entstanden, als man auch dort zwischen zwei Funktionsweisen unterscheiden musste. Da entschied man sich dafür, dass die Tonerzeugung durch Schaltkreise analog sei.
Eigentlich hätte man einen neuen Begriff erfinden müssen, sowas wie "e-analog" oder was auch immer, aber man machte es sich einfach und verlieh den "analogen" Synthesizern einen Titel, der sie endlich zu echten oder ernstzunehmenden Instrumenten machte.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Sanguinea Project: Dein Musiklehrer verwendete natürlich eine unvollständige und nach bestimmten Vorstellungen voreingenommene Definition. Seine Aussagen sind in gleich mehrerlei Hinsicht falsch:
- analog ist alles, was "natürlich" schwingt, also Stimmbänder, Saiten, Rohrblättchen, etc.
Das wäre dann nicht nur analog, sondern zusätzlich auch akustisch. In einem analogen Synthesizer kommt es ebenso zu natürlichen Schwingungen, nur sind es dort Ströme und Spannungen die schwingen. Schonmal den Begriff „Schwingkreis“ gehört? Nennt sich in einem Synthesizer „Oszillator“.
- digital ist alles, was Strom zur Tonerzeugung benötigt.
Das ist natürlich kompletter Quatsch. Es gibt ja zum Beispiel elektroakustische Musikinstrumente (Rhodes) oder elektronische Musikinstrumente (elektronische Orgeln, analoge Synthesizer,..), die komplett ohne Digitaltechnik funktionieren.
- digitale Tonerzeuger haben keine Obertöne; sie erzeugen daher nur Töne, aber keine Klänge.
Keine Ahnung wer diese pauschalisierte 60er-Jahre-Weisheit ursprünglich mal in die Welt gesetzt hat, aber dieser Satz ist so nicht richtig und vermischt Äpfel und Birnen. In der Ton-vs.-Klang-Debatte ist ein „Ton“ tatsächlich als Sinusschwingung definiert. Also hat ein Ton keine Obertöne, soweit korrekt. Dass man auf elektronischem Wege (nicht unbedingt digital!) auch andere Schwingungsformen erzeugen kann, hat dein Herr Musiklehrer geflissentlich unterschlagen. Ein Sägezahn hat selbstverständlich Obertöne und wenn du diesem mittels Filter, Hüllkurven, etc. einen zeitlichen Verlauf gibst, hast du dann auch einen „Klang“.
Der Begriff analoger Synthesizer ist erst entstanden, als man auch dort zwischen zwei Funktionsweisen unterscheiden musste. Da entschied man sich dafür, dass die Tonerzeugung durch Schaltkreise analog sei und alles was softwarebasiert ist, digital.
Vielleicht war das bei Lieschen Müller so, aber das ist natürlich, mit Verlaub, kompletter Quatsch :) In einem analogen Synthesizer schwingen Ströme und Spannungen, und zwar „analog“ zu den Luftschwingungen die am Ende aus dem Lautsprecher kommen. Daher der Begriff. Bei digitaler Klangerzeugung ist das nicht der Fall, da gibt es diese Entsprechung nicht.
 
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Die Definitionen sind definitiv falsch.
Digital ist was in diskreten Schritten aufgelöst ist. Von digitus, Finger, Ziffer.
Analog sind dagegen kontinuierliche Signale.
Digitale Tonerzeuger haben natürlich so viele Obertöne wie man will. Das hat nichts mit digital vs analog zu tun.
 
Sagen wir es mal so..

Digital kann aufgrund von eins und null nicht rund. Egal wie viel Mühe man sich mit dem Code gibt und wenn unendlich viel Rechenleistung verfügbar wäre. Der Kreis wäre niemals rund, sondern hätte eine Milliarde und mehr Ecken..
Bleibt die Frage ob man diese feine Quantisierung in der Musik überhaupt noch wahrnehmen wird. Bei Verzerrungen und Obertönen, Filtern kann ich mir das gut vorstellen.. unsere Ohren bzw das Hirn ist seit tausenden von Jahren an natürlich gewöhnt, das kann man nicht so einfach von heute auf morgen stoppen.
 
Sagen wir es mal so..

Digital kann aufgrund von eins und null nicht rund. Egal wie viel Mühe man sich mit dem Code gibt und wenn unendlich viel Rechenleistung verfügbar wäre. Der Kreis wäre niemals rund, sondern hätte eine Milliarde und mehr Ecken..
Bleibt die Frage ob man diese feine Quantisierung in der Musik überhaupt noch wahrnehmen wird. Bei Verzerrungen und Obertönen, Filtern kann ich mir das gut vorstellen.. unsere Ohren bzw das Hirn ist seit tausenden von Jahren an natürlich gewöhnt, das kann man nicht so einfach von heute auf morgen stoppen.
Das stimmt so aber nicht. Da jedes digitale Signal, bevor wir es hören, wieder in ein analoges gewandelt wird, wird es auch wieder "rund" und hat eben keine "Ecken" oder "Treppenstufen", wie viele Menschen fälschlicherweise annehmen. Hatten wir hier im Forum schon hundertmal und es gibt irgendwo auch ein sehr gutes Video dazu, in dem das wissenschaftlich erklärt wird.
 
Das digitale Signal ist letztlich eine virtuelle Kurve die durch diskrete Stützpunkte geht.
Man kann jeder Zeit den Wert zwischen zwei Samples annähern.

Dieser Wert ist eigentlich die Summe aus Sinc Signalen die für sich unendlich lang sind, eine Annäherung ist aber
in der Praxis exakt genug und es reicht eine Spline Interpolation die durch die Punkte geht, bzw eine beschnittene Sinc Funktion.
Bzw Filterung mit einem ausreichend dämpfendem Brickwall Filter bei der Wandlung.

Auch daß man manche Kurven nicht mit einfachen endlichen Schritten exakt berechnen kann spielt letztlich keine
Rolle, die Abweichung kann so klein sein daß es keine Rolle spielt, schon gar nicht eine hörbare.

Die Abweichung in analogen Schaltkreisen ist letztlich größer - "Analog kann niemals rund weils immer rauscht und verzerrt"
könnte man auch behaupten.


Die Eingangsfrage war aber ob "analog" das Klangideal für "digital" sein soll.
Ein guter Synth der analog nicht möglich wäre und organischer klingt als vieles was man mit gängigen Analogsynths
hinbekommt wäre der C15, bzw NI Kontour.
Ich denke "analog" ist kein Klangideal per se.
 
da mir bisher nur recht selten Mitmenschen mit Adat-Schnittstelle unter der Nase begegnet sind, würd ich mal behaupten das ein entscheidender Punkt beim "digitalen" Klang die AD/DA-Wandler und insbesondere die TP-Filter hinterm DAC sind.
 
da mir bisher nur recht selten Mitmenschen mit Adat-Schnittstelle unter der Nase begegnet sind, würd ich mal behaupten das ein entscheidender Punkt beim "digitalen" Klang die AD/DA-Wandler und insbesondere die TP-Filter hinterm DAC sind.
Wenn es um die Wiedergabe eines bereits „fertigen“ Audiosignals geht, sicherlich schon. Im Falle von Klangsynthese käme davor noch Auslegung und Qualität der Algorithmen...
 
Digital ist was in diskreten Schritten aufgelöst ist. Von digitus, Finger, Ziffer.
Analog sind dagegen kontinuierliche Signale.
Das ist zweifelsohne richtig. Man kann aber eben auch eine direkte begriffliche Herleitung machen. In der analogen (Audio)technik verlaufen Ströme und Spannungen „entsprechend“ zu einer anderen physikalischen Größe (z.B. Mikrofon—>Spannungsverlauf, oder Oszillator—>Lautsprechermembran—>Luftdruckschwankungen).

Dies aber nur als Ergänzung.
 
Zuletzt bearbeitet:
@kybernaut_01, bevor Du mich für einen Volldeppen hältst: ich habe lediglich die Definition eines Musiklehrers, der Wagnerianer war und mit einem Sticker "Geiger" auf seiner Lodenjacke herumlief, wiedergegeben.
und ja, ich weiß wirklich, was ein Oszillator ist, und sogar ungefähr, wie er funktioniert :):):)
 
@kybernaut_01, bevor Du mich für einen Volldeppen hältst: ich habe lediglich die Definition eines Musiklehrers, der Wagnerianer war und mit einem Sticker "Geiger" auf seiner Lodenjacke herumlief, wiedergegeben.
und ja, ich weiß wirklich, was ein Oszillator ist, und sogar ungefähr, wie er funktioniert :):):)
Auf seine Definitionen sollte sich mein Posting auch beziehen :)
 
Ob digital oder analog .... Ist das nicht völlig Latte ?

Zumindest aus der Sicht eines Musikers, ist man doch immer bestrebt das passendere Instrument einzusetzen
und doch fallen da manche "Gesetzmäßigkeiten" auf, die nicht immer stimmen müssen, aber meistens ist es dann doch so.

- Billig bringt meist undefinierten Wischiwaschi-Klang, Artefakte? Aliasing? Minderwertige analoge Bauteile ?

Keine Ahnung, teuer klingt meistens besser, ob bei Synths, Soundkarten, Mischpulten, Gitarren, Amps, Effekten ....

Es gibt richtig toll klingende, digitale Synths, die sich sehr gut in einen Mix einfügen können, ebenso gibt es
richtig beschissene analoge Synths, die Wischiwaschi klingen, umgekehrt genauso ...

Muss man da nicht eher differenzieren zwischen richtig geil klingenden Instrumenten und eben solche,
die mehr Matsch mit sich bringen als alles andere. Ich verweise nur mal auf den Thread "Warum alle Moog mögen" oder so ähnlich.
Stellvertretend für alle synthhaft teuren Geräte.

Teuer klingt meistens geiler, nur das Ego will´s dann auf Voodoo oder Einbildung des Wertschätzenden schieben.

Digital ? Analog ? Keine Frage von "besser klingen", eher ... anders.
 
Keine Ahnung, teuer klingt meistens besser,
Da widerspreche ich doch sehr.
Mein erster Moog hat 50,- oder 150,- DM gekostet, weiß nicht mehr genau - gut er war ein bisschen im Eimer aber egal -

Was sagt uns das nun? Daß er schlecht klang? Daß er heute 20 mal besser klingt als damals?

Gut Du schreibst meistens, aber guter Klang ist keine Frage des Preises - kaum jedenfalls -
sondern eine Frage der Ingenieurskunst, und auch des glücklichen Händchens, und letztlich auch des Geschmacks.
 
Ja - das Beispiel war etwas blöd, aber es hätte genausogut ein neu erworbener MFB Kraftzwerg sein können.
Ich bezweifle daß Du einen Unterschied gehört hättest.

Was guten Klang an geht, glaub mir das einfach:
eine Frage der Ingenieurskunst, und auch des glücklichen Händchens, und letztlich auch des Geschmacks.
Das weiß ich aus eigener Erfahrung und wenn ich all die Produkte der Konkurrenz so sehe, incl derer die ich selber habe.
Der Preis hat da erstmal wenig mit zu tun, auch wenn es sehr schöne hochpreisige und sehr schlechte Billigprodukte gibt, natürlich.
 
Oh, Schwanzvergleich ? Das ist flach ...

Du kennst meine audiophilen Möglichkeiten ebenso wenig wie ich die deinen...
 
Das ist schön für dich. Während du Musik misst, machen andere Musik als Folge
ihrer Erfahrungen, ohne je gemessen zu haben.
 
Um noch mal auf dem Ausgangspunkt zurück zu kommen.... Es gibt durchaus auch viele denen das Schrauben also wie man nun den Klang formt ob mit der Maus, Controller oder doch per Hand an Hardware nicht das Wichtigste ist. Und es gibt Leute die weniger Platz haben. Gibt auch Leute die einfach so Musik machen ohne die Schrauberei. Gibt auch Leute die nicht ausschließlich reine Electroniche Musik machen und den Synthesizer Sound auch nur als Zutat zu ihrer Musik sehen. Bei House zb. ist auch viel anderes bei. Saxophon, real Bass, Piano, Vocals usw.
Von daher macht es schon auch sind wenn im Digitalen Software Vst Bereich auch Analog Sound nachgebildet wird. Und für Schraub faule ordentlich Presets zur Verfügung stehen.
Die Leute sind verschieden und machen auf unterschiedliche Art und Weise ihre Musik.
Denke ich.
 
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Keine Ahnung ob es hier schon genannt wurde:

Ich habe den Eindruck, dass "analoge Hardware" oft unbewusst gleichgesetzt wird mit "kann man anfassen". Einige (mich eingeschlossen) kommen nicht damit klar mit der Maus Musik zu machen. Die "analoge Arbeitsweise" ist intuitiver, meistens ist es WYSIWYG.

Für mich ist das eines der Hauptkriterien. Wenn es toll klingt aber für mich nicht gut bedienbar ist, dann werde ich es nicht benutzen. Wenn es toll klingt und die Bedienung für mich stimmig ist dann ist es mir sowas von egal welche Technik da drin steckt.
 
Ein weitere Pluspunkt der an die Hardware geht ist das Unvermögen sich Vorstellen zu können, Software sei vom Wert her ebenbürtig.
Hardware wird immer als Wertiger empfunden. Jedenfalls von vielen hier im Forum. Jemand der nicht in der Softwarebrange tätig ist
wird sich kaum die Mühe der Programmierung vorstellen können, die dahinter steckt.
 
Bei House Musik zb. Schrauben die meisten gar nicht so viel rum. Die suchen eigentlich nur einen passenden Sound für ihren Track.
Und da reichen gute emulierte plugins Ansich aus. Und einspielen tun den Sound ja den auch auf Hardware.;-)
 
Bei House Musik zb. Schrauben die meisten gar nicht so viel rum. Die suchen eigentlich nur einen passenden Sound für ihren Track.
Und da reichen gute emulierte plugins Ansich aus. Und einspielen tun den Sound ja den auch auf Hardware.;-)
Finde ich ok, wenn jemand schnell zu einem brauchbaren Ergebnis kommen will oder einfach nur am Komponieren interessiert ist. Nicht alle wollen von Grund auf an eigene Sounds programmieren um diese in der Produktion einzusetzen.
 


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