Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurück ?

Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Trigger schrieb:
mal so als these, zum nachdenken und wirken lassen.
Damit rennst du bei mir offene Türen ein - da bin ich ganz bei dir.

Edit: Eine Ergänzung dazu:
„Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, keine Tatsache. Alles, was wir hören, ist eine Meinung, nicht die Wahrheit.“ Marcus Aurelius
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

tmk009 schrieb:
Wo ist bitte Bach kompliziert? Das ist der Guetta des 17./18. Jahrhunderts.
Darüber ließe sich bei Bachs "Die Kunst der Fuge" trefflich streiten.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Klangbasis schrieb:
Alph4 schrieb:
Warum soll Kompliziertes besser sein als Einfaches?
Warum "Kompliziert" nicht als "Raffiniert, Durchdacht, Erfahren, Überlegt)
Ich sehe eher einfache Sachen die gefallen als raffiniert, durchdacht und erfahren an, deswegen setze ich diese Eigenschaften nicht mit kompliziert gleich.

Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren ist für mich gute Kunst.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Alph4 schrieb:
Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren ist für mich gute Kunst.
Das hieße, das Bauhaus hätte allein durch Konzentration auf das Wesentliche künstlerisch bessere Bauwerke hervorgebracht als die Gotik. Ist auch ein eher rutschiges Terrain.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

serge schrieb:
Alph4 schrieb:
Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren ist für mich gute Kunst.
Das hieße, das Bauhaus hätte allein durch Konzentration auf das Wesentliche künstlerisch bessere Bauwerke hervorgebracht als die Gotik. Ist auch ein eher rutschiges Terrain.
Was aber im Umkehrschluß auch hiese, zB Gieger hätte bessere Kunst gemacht als Dali, Warhol etc.
Auch schwierig.


Edit:
Oder noch besser:
Jarre ist künstlerisch deutlich besser als Kraftwerk :mrgreen:
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Alph4 schrieb:
Man darf auch nicht vergessen dass man damals viel jünger war und was man in der Prägephase mit bekommt ist schon nicht zu unterschätzen. Diese antrainierten Hörgewohnheiten lassen doch eh jede Objektivität zerbröseln. Ich kann jetzt keine Musik vergleichen, dafür gibt es einfach zu viel von heute. Ich habe den Überblick längst verloren. Ich weiß aber dass es mehr als EDM, Dubstep usw gibt. Aber ich bin mir sicher dass die Menschen nicht an Ideenarmut erkranken werden.

Genau das denke ich auch. Ich glaube schon das die heutige Musik besser geworden ist. Hier im Forum gibt es aber anscheinend sehr viele "alte Säcke" ( Mich eingeschlossen ). Die eben von der "alten" Zeit geprägt sind.
Mir fällt es auch schwer neue Musik an mich ranzulassen. Wenn ich mir aber einen neuen Track anhöre und denke, hey gar nicht schlecht.... Und dann mal weiterdenke wie hätte ich den 1990 gefunden ? Glaub ich wäre auf die Knie gefallen vor Freude.
Ich bin jedenfalls sehr froh mit den heutigen Möglichkeiten genau die Musik machen zu können die ich damals schon wollte, mir aber wegen fehlender Geräte nicht so möglich war. Finde meine alten Tracks naiv betrachtet immer noch gut. Liegt aber warscheinlich auch daran weil persönliche Erinnerungen daran geknüpft sind. Meine neue Musik ist auf jeden Fall komplexer, fetter, besser abgemischt, stimmiger als früher geworden mit deutlich weniger Aufwand. Ich hab früher hunderte Stunden damit verbraten die Technik zu überlisten. ( Effektgerät erst so verkabelt, aufgenommen, alles wieder umgebaut usw.). Heute reichen 2-3 Mausklick dafür und ich kann mich auf das wesenliche konzentrieren. Den Song.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc


wenn klaus opern singt hör ich die Engel singen
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

serge schrieb:
Das hieße, das Bauhaus hätte allein durch Konzentration auf das Wesentliche künstlerisch bessere Bauwerke hervorgebracht als die Gotik.
Ja natürlich, aber nur was KLARHEIT und MATERIALAUTHENTIZITÄT angeht!

Es gibt keinen fortschritt in der kunst - es gibt nur den wechsel/veränderung der blickrichtung - und somit kann es auch keinen rückschritt geben!?
(Die zentralperspektive war z.b. schon in der gotik bekannt, aber nicht wichtig)

Ich glaube, worauf der threadstarter abzielt ist auch eher soziologisches problem als ein problem der kunst...
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

So kann man auch nicht in die kunst den fortschritt einführen oder gar fordern - das wäre dann technik und nicht kunst.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Zu dem Disput Bauhaus/Gotische Kathedralen , Bach/Guetta:
In der Kunst gibt es kein besser oder schlechter. Es gibt nur "besser / schlechter nach meinem Dafürhalten", oder wenn man ehrlich ist "ist mein Geschmack" / "ist nicht mein Geschmack". Die Bewertung von Kunst ist subjektiv. Selbst wenn es darüber ggf eine vergleichsweise breite Übereinkunft gäbe.
Eine gotische Kirche oder eine Bauhaus-Gebäude sind nur dann schlecht, wenn sie beim ersten Sturm einstürzen. Gut und schlecht gibts nur im (Kunst-)Handwerk, aber nicht in der Kunst.

Zur Ausgangsfragestellung von Zolo ist zu sagen: auch hier fehlt die Berücksichtung des subjektive Aspekts. Man findet einen Aspekt komplexer/besser/anspruchsvolle oder weniger komplex/schlechter/anspruchsloser, der einem in den ersten Erfahrungungen bedeutsam/unbedeutsam war. Das ist eine rein subjektive Wahrnehmung. Im Prinzip sehe ich da ein typisches "Früher war alles Besser"-Getue, das einfach nur auf die Unflexibilität des Bewertenden hinweist.

Man muss sich nur die Reaktionen auf das wirklich gute Beispiel von resurgam mit dem "Yo Motherfucker" ansehen. Die Reaktionen zeigen doch sehr schön, dass da eine Menge Leute gar nicht mehr kapieren, um was es da geht. Das ist viel zu komplex für die.

Das gleiche gilt für Bach: der leistet innerhalb seines Wertekanons äußerst bemerkenswertes Kunsthandwerk. Aus künstlerischem (also nur subjektiv zu bewertenden) Aspekt macht Bach auch Melodien und musikalische Athmosphären, die mir persönlich sehr gut gefallen. Aber Bachs musikalischer Wertekanon war viel zu beschränkt um sich so eine Freiheit wie parallele Sexten zu erlauben. Aus der Rückschau bezeichnen manche die parallelen Sexten bei Haydn und Mozart als eine Simplifizierung. Aus der Sicht von Bach waren sie eine unerträgliche verkomplizierung des harmonisch Erlaubten.

Ich glaube die Welt wird immer komplizierter, aber je älter die Leute sind, um so weniger sind die in der Lage, die Komplexität zu erkennen.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Ne ich glaube was ich meine liegt nicht am Älter werden. MIr fällt es auch immer wieder auf mit was für billigen melodien und Akkorden sich die Jugend von heute zufrieden gibt. Von Melodien her, gibts heute gar kein "untalentiert" mehr. ALLES wird akzeptiert wenn der Sound stimmt.

Es gibt viele geile neue sachen. Die mir auch viel mehr zusagen als älter Musik.

Bach war nicht unbedingt rafinierter oder besser, aber kompiexer. Oder sagen wir besser mehr Inhalt für ein Song. Halt nicht nur 4 Akkorde.

Hab über das Thema eine Doku gefunen (siehe Oben) und dort wird gesagt dass je mehr Möglichkeiten wir haben desto simpler wollen wir es haben.

Ich für meinen Teil kann mir keine Klassik anhören. Also ich mag Orchester usw. Aber ich kann mir die Melodien gar nciht merken, weil es mir einfach zu viele sind. Geb ich ganz offen zu.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Zolo schrieb:
Ne ich glaube was ich meine liegt nicht am Älter werden. MIr fällt es auch immer wieder auf mit was für billigen melodien und Akkorden sich die Jugend von heute zufrieden gibt.
Nochmal: die sind nach DEINEM Wertesystem "billig". Für Bach wären sie wahnsinning komplex.

Und wenn wir uns in Dein Wertesystem begeben, dann überlege Dir mal wie billig die uns noch überlieferte Wirtshausmusik des 17 Jahrhunderts war. Die auf wurde auch Borduninstrumenten in einer einzigen Tonart gespielt und es gab Tamburin auf die 1, 2, 3, und - sie dürfen jetzt raten - 4.



Ich kann zB halbe Beethoven Symphonien singen und ich hör ganz viel Wiener Klassik / Streichquartette (swissdoc hat das auf der Fahrt zum Synthorama am eigenen Leib gespürt ;-) ), trotzdem steh ich total auf reduzierten House oder auf Dubtechno. Auch hier: handwerkliche Befähigung hat nichts mit kunstbezogenem Geschmack zu tun. Und Komplexität oder Einfachheit hat nichts mit gut oder schlecht zu tun.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Nochmal: uns gefällt vielleicht Einfachheit mittlerweile besser ?
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Zolo schrieb:
Nochmal: uns gefällt vielleicht Einfachheit mittlerweile besser ?
Dir gefällt einfachheit mittlerweile besser. Es gibt gleichzeitig jemanden anderes, dem das Einfache irgendwann auf den Keks gegangen ist, und dem jetzt kompliziertes besser gefällt. Und Ihr zwei gleicht Euch aus.

Was vielleicht auch noch hinzu kommt: Je älter Du wirst, um so mehr fällt Dir auf wieviel Einfach-Gestricktes in der Welt existiert. Wie Du jung warst, warst Du vollauf mit dem Komplizierten beschäftigt. Heute ist das komplizierte für Dich ein "ach, kenn ich schon"-Ding, und dann versuchst Du Deinen Horizont zuerweitern und siehst, dass verdammt viele Leute da draussen, etwas machen oder mögen, was Dir zu naiv ist. Das wird aber Anton Georg Graf Apponyi auch so gegangen sein, nachdem es ihm zu doof geworden ist Joseph Haydn zu beauftragen.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

fanwander schrieb:
Man muss sich nur die Reaktionen auf das wirklich gute Beispiel von resurgam mit dem "Yo Motherfucker" ansehen. Die Reaktionen zeigen doch sehr schön, dass da eine Menge Leute gar nicht mehr kapieren, um was es da geht. Das ist viel zu komplex für die.
Den Teil hab ich wohl nicht so wirklich verstanden :?
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Zolo schrieb:
fanwander schrieb:
Man muss sich nur die Reaktionen auf das wirklich gute Beispiel von resurgam mit dem "Yo Motherfucker" ansehen. Die Reaktionen zeigen doch sehr schön, dass da eine Menge Leute gar nicht mehr kapieren, um was es da geht. Das ist viel zu komplex für die.
Den Teil hab ich wohl nicht so wirklich verstanden :?
Wenn ich gehässig sein wollte, würde ich sagen: Eben!

resurgam sagt, dass hinter der simplen Zeile "Yo Motherfucker" heutzutage ein riesiger Kontext steckt, den man nur mit gesalzenen Kenntnissen zur Hip-Hop-Kultur und zu amerikanischer Sozial- und Kultur-Geschichte erfassen kann. Wenn das ganze dann noch von jemandem verwendet wird, der garnicht aus diesem gesellschaftlichen Kontext kommt, sondern es als Zitat verwendet, um eine Attitude zu brandmarken, dann ist das verdammt kompliziert (beispiel, wenn sich Deichkind damit über jemanden lustig machen, der aus Blankenese kommt und einen auf Compton-Homie macht).
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Bedeutet das auch, daß ein Atheist die Kunst Bachs nie ganz erfassen kann, weil er sie ja gar nicht in Gänze dekodieren kann?
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

V au schrieb:
Bedeutet das auch, daß ein Atheist die Kunst Bachs nie ganz erfassen kann, weil er sie ja gar nicht in Gänze dekodieren kann?
Klar. Die Wahrnehmung von Kunst ist immer subjektiv.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

V au schrieb:
Bedeutet das auch, daß ein Atheist die Kunst Bachs nie ganz erfassen kann, weil er sie ja gar nicht in Gänze dekodieren kann?

Es ist grundsätztlich kein Mensch dazu in der Lage künstlerische Erzeugnisse anderer Menschen vollständig zu erfassen. Das geht nur bei eigenen Werken und dann auch nur wenn man vorab mit einem Konzept arbeitet, sich vollständig daran hält und keinerlei Random oder Pseudorandom Elemente unterbewusst oder auf Basis von "das fühlt so richtig für mich AN" einstreut.

Wir wissen das wir nichts wissen und nie etwas lernen können. Geht nicht. Wir sind nur Menschen.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

fanwander schrieb:
resurgam sagt, dass hinter der simplen Zeile "Yo Motherfucker" heutzutage ein riesiger Kontext steckt, den man nur mit gesalzenen Kenntnissen zur Hip-Hop-Kultur und zu amerikanischer Sozial- und Kultur-Geschichte erfassen kann.
Mir erfasst sich da halt so gar nichts bei Yo Motherfucker :mrgreen:
Deswegen komm ich nicht so ganz mit ;-)
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Ich denke seit 3 Tagen darüber nach, welches Album der letzten 5 Jahre ich richtig "grosse Kunst" finde.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Doldrums gefällt mir, das ist - für mich - wie WhiteMagic oder Warpaint, die ich beide sehr mag

Mir wären sonst noch Dakha Brakha, Joanna Newsom und Björk.eingefallen.
Haxan Cloak noch (obwohl...) . Und Micachu (va die dj sets ;-) gross! :lol: )


Habe heute einen schönen Satz gelesen, nach dem vieles an Pop keine Kunst sondern
Ästhetische Dienstleistung ist.
 
Re: Kunst. Warum entwickeln wir uns seit Jahrhunderten zurüc

Psychotronic schrieb:
V au schrieb:

http://electronicattack.de/showthread.php?t=89817

Kann aber sein das der Kram für dich zu abwegig ist.

So macht man das! Einfach ein paar tolle Sachen posten! Ein paar Sachen von Holly Herndon kannst du auch noch rein packen, ist aber auch nicht ganz so melodisch wie dort. FKA Twigs vielleicht. Ist vielleicht aber nicht ganz im Sinne des Threads. Möglicherweise.
 


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